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An der Schwelle des dritten Kriegsjahres.
Von Richard Gädke.
In den folgenden Betrachtungen müssen alle politischen Gesichtspunkte ausscheiden, die Beginn, Durchführung und Ende des Krieges unaufhörlich beeinflussen, alle politischen Möglichkeiten, die uns mit Hoffnung erfüllen fönnten, alle harten Notwendigkeiten, die sich vor uns auftürmen, außer Betracht bleiben. Sie dürfen nur die großen militärischen Gesichtspunkte festhalten, die in dem Gange des Arieges sichtbar werden und seine Entwickelung beschleunigt oder verzögert haben. Wenn man diesen Maßstab an die rückschauende Betrachtung der zu Ende gegangenen zwei schweren Kriegsjahre anlegt, muß man gestehen, daß eine endgültige Entscheidung des gewaltigen Ringens unmöglich in dieser Zeitspanne gefallen sein konnte, die uns so unendlich lang dünkt; und man wird sehr vorsichtig sein, wenn man einen Blick in die Zukunft zu werfen versucht, die verhüllt von schweren Wolfen vor uns liegt. Niemand von uns mit Leib und Seele mitbeteiligten Zuschauern, die wir nicht im Mittelpunkt der Maschine sizen und vielleicht selbst die nicht, die den Hebel in der Hand halten, kann wissen, ob wir den Höhepunkt des blutigen Krieges bereits überschritten haben, ob wir uns ihm erst nähern, oder ob ein Ende in erreichbare Nähe gerückt ist. Die Kräfte, die gegeneinander ringen, sind zu gewaltig, das Gleichgewicht ist noch so wenig gebrochen, die Entscheidungen, welche fallen werden, sind so verhängnisvoll und schicksalsschwer, der Wille und die Entschlossenheit auf allen Seiten ist noch so hart, daß wir uns auf viele weitere Stämpfe, auf ein allmähliches Weißbluten, auf ein langsames, dem prüfenden Auge kaum merkbares Sinken der Wagichale nach der einen oder der anderen Richtung gefaßt machen müssen, wenn wir uns nicht großen Täuschungen aussehen wollen.
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Wenn wir den Gang des Krieges richtig verstehen wollen, dürfen wir nie außer acht lassen, daß wir gegen die eine Hälfte der Welt im Kampfe liegen und die andere mindestens nicht für uns haben. Die Bolkszahl unserer Gegner ist uns so gewaltig überlegen, sie führen alle unterworfenen Rassen, Inder und Annamiten, Araber, Maroffaner, Neger, so bedenkenlos gegen uns heran, daß sie ihre oft geschlagenen, durch schwere Verluste geschwächten Heere immer wieder auffüllen, ja selbst stärker machen fonnten als sie im Beginn des Krieges waren. Dazu kommen die Waffenlieferungen der Vereinigten Staaten . und Japans , ohne die der Krieg schon längst eine für uns entscheldende Wendung genommen hätte; ohne sie wäre Nußland im ersten Halbjahr 1916 gar nicht befähigt gewesen, seine neuen großen Heere auszurüsten, die jetzt in Wolhynien und Ostgalizien vorwärts drängen. Dazu kommt endlich als höchst gewichtige Tatsache die Seeherrschaft Englands, die durch den ruhmvollen Sieg unserer Flotte am Stagerrad kaum erschüttert, jedenfalls nicht beseitigt ist. Rann es doch gerade jezt den Fischfang der Holländer in der Nordsee unmittelbar vor unseren Häfen unterbinden, um uns einen weiteren Nahrungsstoff zu entziehen.
Unter diesen erschwerenden Umständen konnte das zweite Kriegsjahr den verbündeten Mittelmächten den Sieg noch nicht bringen, so verheißungsvoll sich sein Beginn auch anließ. Am Schlusse des ersten Jahres war die große Offensive der vereinigten Heere Deutschlands und Desterreich- Ungarns im Gange, die Galizien fast ganz vom Gegner befreite, Polen , Litauen , Aurland eroberte und dem russischen Heere die furchtbarsten seinen Bestand bedrohenden Verluste zufügte. August und September 1915 setten das Werk mit steigendem Erfolge fort; 134 Millionen Gefangener füllten die Lager der Mittelmächte, die Beute an Material war unermeßlich, die stärksten Festungen fielen vor dem unwiderstehlichen Anlauf unserer Scharen.
Die Zentralmächte konnten daran denken, die Einschnürung durch ihre Gegner an einem Punkte zu durchbrechen, die eine fange Zeit bedrohte Grenze Defterreich- Ungarns zu sichern, die schwer ringende Türkei zu befreien, die Verbindung mit ihr herzustellen und die politischen Verhältnisse der Balkan halbinsel zu ihren Gunsten umzugestalten. In einem gloreichen Feldzuge von zwei Monaten ward Serbien unterworfen, sein Heer zertrümmert, die Bahn Wien- Nisch eröffnet. Wenig später fiel Montenegro in die Hand der Sieger, Albanien ward bis auf Balona erobert, wohin die Italiener noch rasch eine beträchtliche Streitmacht warfen. Im Dezember ward das spät und zögernd gesammelte Heer der Franzosen und Engländer, das vor Saloniki nordwärts borgerüdt war, am Wardar von den Bulgaren geschlagen und über die griechische Grenze zurückgeworfen. Endlich gaben unsere Gegner auch das schmählich mißglückte Gallipoli- Abenteuer auf; am 20. Dezember 1915 verließ die erste, am 9. Januar 1916 die legte Abteilung ihrer Truppen die blutgetränkte Halbinsel. Inzwischen war auch durch die Niederlage von Atesiphon am 23. November der englische Angriff auf Mesopotamien völlig gescheitert.
Bergebens versuchte das englisch - französische Heer im Westen am 24. September 1915 durch eine Offensive, zu der es gewaltige Massen und 5000 Geschüße in sorgfältigen Vorbereitungen gesammelt hatte. Einfluß auf den Gang der Dinge
Montag, den 31. Juli 1916.
Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplak, Nr. 151 90-151 97.
im Often zu gewinnen. Schon am 2. Oktober war der Durch
Meldung des Großen Hauptquartiers. Meldung des Großen Hauptquartiers.euch in der Champagne und im Artois gefcheitert,
Amtlich. Großes Hauptquartier, 30. Juli 1916.( W. T. B.)
Weftlicher Kriegsschauplah.
Das feindliche Feuer ist zwischen Ancre Bach und Somme zu größter Heftigkeit gesteigert. Englische Teilangriffe bei Pozières und Longueval blieben ergebnislos. Südlich der Somme und östlich der Maas lebhafte Artilleriekämpfe.
Bei La Chalade( Westargonnen) sette Leutnant Baldamus seinen fünften Gegner im Luftkampf außer Gefecht, außerdem wurde je ein feindliches Flugzeug am Ostrand der Argonnen und östlich von Sennheim abgeschossen.
Deftlicher Kriegsschauplah. Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Hindenburg .
Stärkere feindliche Patrouillen wurden durch Feuer am Ueberschreiten der Düna gehindert. Bahnanlagen an der mit Truppentransporten belegten Strecke Wilejfa-- Molodeczno - Minsk , sowie vor der Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern .
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die Bahnhöfe Pogorjelzy und Horodzieja wurden erfolgreich mit Bomben belegt. Am Abend brach ein russischer Angriff füdlich von Skrobowa in unserem Feuer restlos zusammen.
Heeresgruppe des Generals v. 2infingen.
Die feindlichen Angriffe haben an Ausdehnung und Stärke noch zugenommen. Sie erstreckten sich mit Ausnahme einzelner Abschnitte auf die Front von Stobychwa ( am Stochod nordöstlich von Kowel ) bis westlich von Be resteczko . Sie find unter ungeheuren Verlusten für den Angreifer meist im Sperrfeuer gescheitert, nur an wenigen Stellen der großen Front ist es zum Nahkampf gekommen, eingedrungener Feind wurde durch Gegenstok wieder zurückgeworfen oder seinem Fortschreiten ein Ziel gesezt. Nachts wurde die längst beabsichtigte zurücknahme der Truppen aus dem nach Osten vorspringenden Stochod- Bogen nördlich der Bahn Kowel- Rowno auf die kurze Sehne ohne Störung durch den Gegner durchgeführt.
Armee des Generals Grafen v. Bothmer
Auch gestern haben russische zum Teil starke Angriffe nordwestlich und westlich von Buczacz keinerlei Erfolg gehabt.
Balkan - Kriegsschauplak. Keine wesentlichen Ereignisse.
Oberste Heeresleitung.
Der öfterreichische Generalstabsbericht.
Wien , 30. Juli. ( W. Z. B.) Amtlich wird verlautbart: Russischer Kriegsschauplas.
Die Schlachten in Ostgalizien und in Wolhynien bauern unvermindert heftig an. In O ft galizien wurde namentlich bei Molodylow, nordwestlich von Kolomea , und im Westen und Nordwesten von Buczacz erbittert gekämpft. Der Feind setzte seine Angriffe Tag und Nacht über fort. Alle seine Anstrengungen scheiterten unter den schwersten Verluften. Ebenso brachten ihm die zwischen Bercfteczko und Stobychwa am Stochov angesetzten Angriffe trot größten Menschenverbrauches teinerlei Erfolg. Meist gebot den gegnerischen Sturmkolonnen schon das Artillerieund Infanteriefener der Verteidiger Halt. Wo es den Ruffen wie westlich von Luck, bei der Armee des Generalobersten v. Tersztyanszky- vorübergehend gelang, in unsere Gräben ein zubringen, wurben fie im Gegenangriff geworfen.
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Bei Kaszowka am Stochnd wurde die Verteidigung nach Abwehr mehrerer ruffischer Stöße in die Sehne bes weit vor. fpringenden Stochobbogens verlegt.
Italienischer Kriegsschauplas.
Auf den Höhen füdwestlich von Baneveggio wurde der Angriff eines italienischen Bataillons abgewiesen. Sonft in einzelnen Frontabschnitten lebhaftere Geschüßkämpfe.
Unverändert.
Südöstlicher Kriegsschauplah.
Der Stellvertreter des Chefs des Generalstabes: v. Hoefer, Feldmarschalleutnant.
Angriff auf viele Monate aussichtslos geworden. Rein besserer Erfolg blühte den Italienern, die im Oktober, November, Dezember in der vierten und fünften Isonzoschlacht alle Kräfte vergeblich angespannt hatten, um den unerschütterlichen Wall unserer Verbündeten zu überwinden. Der Verfuch, zu dem sich die Russen am Heiligabend des Jahres 1915 aufrafften, aus der passiven Haltung, die ihnen aufgezwungen war, von neuem zum Angriff in Ostgalizien und an der beffarabischen Grenze vorzubrechen, scheiterte ebenso wie ihr zehntägiger Anlauf gegen Hindenburgs schlachtenerprobte Heere vom 18. bis 28. März 1916. Beide Angriffe dienten nur dazu, ihre ohnehin riesigen Verluste um einige hunderttausend Mann zu vermehren.
Um diese Zeit war die Kriegslage der Mittelmächte eine glänzende; manche frohen Hoffnungen regten sich damals, daß die verheerende Geißel des Krieges neuer friedlicher Arbeit im Dienste der Gesittung und zur Heilung der schwärenden Wunden in absehbarer Zeit weichen könne.
Es schien möglich, dem Kriege, der uns meistens von Erfolg zu Erfolg, von Sieg zu Sieg, von Eroberung zu Eroberung geführt hatte, auch im Westen die entscheidende Wendung zu geben, die unsere Hauptgegner zu Boden werfen und zur Annahme unserer Friedensbedingungen zwingen sollte.
Am 22. Februar begann der Angriff einer starken deutschen Armee gegen die französischen Stellungen zu beiden Seiten der Maas , der unsere tapferen Truppen in stürmischem Drange bis hart an und schon in die starken Hauptstellungen der Festung Verdun führte. Am 14. Mai trat dann eine überraschend in Südtirol versammelte Streitmacht unserer Verbündeten zu einem Angriffe an, der sie über die italienischen Grenzen und dicht bis an die venetianische Tiefebene führte.
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Ich wies im Eingange darauf hin, daß die uns gegenüberstehenden Kräfte ziffernmäßig zu stark waren, um sich schon jetzt als geschlagen zu bekennen. Die Franzosen setzten mit einer Tapferkeit und opferwilligen Entschlossenheit, die der Gegner anerkennen muß, die leßten Quellen ihrer Volfskraft daran, sich um Verdun zu behaupten und dieses Bollwerf nicht in die Hände der Deutschen fallen zu lassen. Die Engländer führten mit harter Entschlossenheit die Wehrpflicht durch und sammelten allmählich ein Heer von weit über einer Million Streitern in Nordfrankreich an. Das riesige Russenreich aber benutte den Winter und das Frühjahr, wo die Kräfte der Mittelmächte in anderer Richtung gefesselt waren, um die unerschöpflichen Scharen seiner Bauernschaft in neue gewaltige Heere zusammenzupressen, für die die anderen Verbündeten die Instruktoren, das Ausland die Waffen lieferte.
Masse, Bahl, Beit und Industrie feierten ihre Triumphe, zeigten ihre gewaltige Bedeutung für das kriegerische Ringen gegenüber der Tüchtigkeit, der Organisation, der entschlossenen Hingabe einer ringsum belagerten Minderheit. Nach langen Reibungen gelang es unseren Gegnern, die„ Einheit der Front" in der Gemeinschaftlichkeit ihrer Anstrengungen und nahezu die Gleichzeitigkeit ihrer Angriffe herzustellen.
So hub das Ringen, das zugunsten der Mittelmächte seinem Ende entgegenzugehen schien, gegen das Ende des zweiten Kriegsjahres mit neuer Wut an zu toben. Alle unsere Erfolge wurden von neuem bestritten, mit neuer Zuversicht suchten die Gegner in der Verlängerung des Kampfes die Grundlage ihres schließlichen Sieges.
Im Juni und Juli rollten von Ost und West zwei gewaltige Wogen gegen die Schutzdeiche an, die unsere Heere aufgeworfen hatten, und suchten sie mit der Masse des Blutes zu überfluten. Die Verluste unserer Gegner in diesen zwei Monaten find riesig, mehr als fünf Viertel Millionen Männer fofteten ihnen die Massenstürme, die doch nicht ohne jeden Erfolg waren, weit über viermalhunderttausend blühende Leben sandten unsere mörderischen Waffen in den Tod. Aber der Kampf geht weiter!
In dieser Lage treten wir in das dritte Kriegsjahr ein; wir sind mitten in dem vielleicht schwersten Streite, den wir bisher zu bestehen hatten, und sein Ende ist noch nicht abzusehen.
Aber aus den ewig denkwürdigen Taten, die unser unvergleichliches Volksheer bisher mit unauslöschbaren Zügen in eines der gewaltigsten Blätter der Menschengeschichte eingetragen, schöpfen wir Hoffnung, Kraft und Zuversicht auch für die Zukunft. ( z)
Der französische Tagesbericht. Paris , 30. Juli. ( W. T. B.) Amtlicher Bericht von Sonnabend nachmittag. An der Front an der Somme versuchten zwei starke deutsche Abteilungen sich den französischen Linien westlich von Vermandovillers zu nähern. Sie wurden durch Gewehrfeuer abgewiesen. Auf dem linken Ufer der Maas scheiterte ein deutscher Angriffsversuch an der Höhe 304 im Feuer. Auf dem rechten Ufer wurden im Laufe der Nacht atvei deutsche Angriffe auf eine Schanze an der Schlucht füdlich von Fleurh durch Sperrund Infanteriefeuer unter ernften Verlusten gebrochen. Bei weiteren Einzelunternehmungen nahmen wir einige Schüßengrabenstücke nördlich von Chapelle- Sainte- Fine und in der Gegend des Werkes Thiaumont, wobei mir ein Maschinengewehr erbeuteten. Der