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DeilliU Ks Jiraräls" fittliiift Buteliliiff.
Dleustag, 29. August 1916.
Chronik des Weltkrieges. 29. August 1914. Generalobersi von hlndenburg hat die vom Rare« vorge gangene russische Armee in der Stärke von 3 Armeekorps und 3 Kavalleriedioisionen in dreitägiger Schlacht in der Gegend von Gilzcnburz und Ottelsburg geschlagen. Seine Truppen versolgen die Russen über die Grenze. Die große Schlacht in GaNzlen nimmt ihren Fortgang. Bei Helgoland kam es zu einem Begegnungsgefecht zwischen Streitkräften der deutschen und englischen Flotte. Von deutschen Schiffen sank„Ariadne ". doch konnte der größte Teil der Be- satzung, etwa 230 Köpfe, gerettet werden. Auch das Torpedoboot ..V 187" wurde durch feindliche Kreuzer und Zerstörer oersenkt. Auch hier wurde ein beträchtlicher Teil der Besatzung gerettet. Die kleinen Kreuzer„Köln " und„Mainz " werden vermißt. Nach einer Reuter-Meidung aus London sind sie gleichfalls im Kampfe mit überlegenen Gegnern gesunken. Ein Teil ihrer Besatzung scheint durch englische Schiffe gerettet worden zu sein. Nach der gleichen englischen Quelle haben die englischen Schiffe schwere Be schädigungen erlitten. Das neue französische Bkinisterinm hat einen Aufrus an die Bevölkerung gerichtet, in dem es heißt es: „Ein sicher großer, aber nicht entscheidender Kampf beginnt. Wie auch der Ersolg sein wird, der Krieg wird fortdauern. Frankreich ist nicht eine leichte Beute, wie sich ein unduldsamer Feind eingebildet hat. Franzosen! Die Pflicht ist tragisch, ober einfach: den Eindringling zurückzuwerfen, ihn zu verfolgen und unseren Boden von seiner Gegenwart und die Freiheit von seinen Fesseln zu befreien, und auszuhalten bis zum Mög- lichsten, bis zum Aeußersten auszuhalten, falls nötig bis zum Ende." 29. August 1915.
Auf dem westlichen Kriegsschauplatz Siellungskämpse. Im Osten weiterer Vormarsch der deutschen und österreichischen Truppen. Die Zahl der österreichischen Gefangenen in den Kämpfen bei Wladimir-Wolynskij und an der Zlota-Lipa hat sich auf 10000 erhöht. An der Jsonzofconk heftige Kämpfe, bei denen die Italiener keine Erfolge zu erzielen vermochten.
Um Jaurös.
Die Trauer um Jaurös erfüllt noch heute die Herzen der französischen Sozialisten. Der Verlust dieses Mannes in einer Zeit, wo er für die französische Partei, für das gesamte internationale Proletariat, unersetzlich war, bedeutete für sie und für uns alle einen schweren Schlag. Am Jahrestage seines Todes versammelten sich in Paris die Sozialisten aller Sckzattierungen in dem geineinsamen Wunsch, den Toten zu ehrew sein Bild und sein Wesen lebendig zu halten. Jaurds beherrscht die Gedanken der französischen Ge- nassen so vollständig, dah sie sich bei jedem Schritt von be- sonderer politischer Tragweite fragen: wie würde Jaurds ge- handelt haben, was würde er uns raten, wenn er lebte. Alles das ist begreiflich. Aber das Beugen vor dem Genie eines Menschen birgt auch die Gefahr in sich, daß die Verehrung zu einem Kult wird, der kein Wort der Kritik mehr verträgt, der die Verehrenden mit sanfter Gewalt in der Situation fest- bält, in der er starb. Das Leben um sie geht weiter, die Er- eignisse überstürzen sich. Sie sehen es wohl, aber nur wie durch einen Schleier, für sie bleibt dennoch die Zeit maß- gebend, in der sie mit dem Toten zusammen waren. Mag sich die Politik ihres Landes ändern, sie richten ihre Aktion nach der Politik, die war, als der Tote noch lebte. Taraus entsteht die andere Gefahr, die Lehre deS Toten den eigenen Handlungen anzupassen, das heißt die politische Haltung der Partei als im Sinne des Verstorbenen liegend zu begründen an der Hand von Aussprüchen und Schriften, die zu anderer Zeit unter anderen Voraussetzungen entstanden sind. So wird aus der Ehrung des Toten eine Herabwürdi- gung zum Teckmantel für die Politik seiner Nachfolger.— Die Welt genießt dann das Schauspiel, daß mehrere Gruppen den Verblichenen für sich reklamieren, daß eine der anderen vorwirft, sie handele nicht in seinem Geiste und schmähe durch ihre Taten sein Andenken. Tie Erkenntnis dieser Gefahr scheint auch in Frankreich zu erwachen. Eine Frau, die Genossin Jeanne Halb- wachs, findet als erste den Mut zu sagen, wie wenig Ge- fallen Jaurds an einer solchen Art der Verehrung finden könnte. In einem Aufsatz„Jaurds Dieu"(Gott Jaurds) schildert sie, wie der Tod ihn mit den Flammen der Apotheose umgab, deren Widerschein die Vergangenheit in fast über- natürlichem Glanz erstrahlen ließ. „Alle die Zeugen des tragischen Kampfes zwischen dem Frieden und dem Kriege im Juli 1914 bewahren das Bild Jaurds als Friedenskämpfer, durch den Krieg zu Boden ge- schleudert, der, wie man gesagt hat, über seinen Körper hin- wegschreiten mußte, um passieren zu können. Sie haben die menschliche Hoffnung wie eine zu schwere Bürde seinen Händen entgleiten sehen, und die Menschen, die auf das Glück verzichteten, stürzten sich die einen auf die anderen, um sich zu zerreißen.... Unser verzweifelter Glaube klammerte sich an den toten Jaurds: er würde es verstanden haben? er würde es gekonnt haben! Das war wie eine Tröstung für unsere Ohnmacht.... Sein Tod wurde der Zufall, den niemand vorhersehen konnte. Unsere berechtigte Demut hielt uns davon zurück, etwas anderes an seine Stelle zu setzen, denn wir sind Menschen und er ist Gott ." Aber das Leben steht nicht still..Es war nötig, seine Arbeit, die sozialistische Arbeit wieder aufzunehmen. Was würde der Meister getan haben? Die Gläubigen sind da, aber es vereint sie nicht das gleiche Gebet. Die Rufe und die Antworten sind verschieden, weil die Menschen ihre Leiden- schaften mit in den Tempel genommen haben.„Nicht Jaurds und seine Wahrheit suchen diese Menschen, denen Jaurds die Mission übertragen hatte, den Krieg zu verhindern, sie suchen sich selbst. Sich selbst und ihre Schwäche wollen sie heiligen, sie bieten sich selbst ihrer Anbetung dar.... Hört Renaudel, wie er uns fromm einige Seiten von Jaurds im Trocodero vorliest. Ex schmeichelt ohne Schonung den Leidenschasten
des Moments. Jaurds hatte euch gesagt, den Deutschen zu mißtrauen, Jaurds befiehlt euch, die Menschen, die das Schiedsgericht verweigert haben, zu verachten und zu hassen.... Das Werk Jaurds ist jetzt eine Bibel, in der jeder blättert. Er kommt zurück mit einem Text, der eine Waffe gegen den Gegner sein wird." Jede der kämpfenden Parteien betrachtet Jaurds als ihren Gott.„Die Sozialisten des Friedens wie die des Krieges sagen: Gott ist mit uns, und sie setzen sich nirgends der Gefahr aus, wo der Meister noch nicht gegangen wäre. Allen verbirgt der Gott den Menschen. Jaurds würde geschaffen haben. Es war not wendig, daß er schuf.... Jede Stunde seines Lebens fand ihn neu wie ein Kind. Er wurde, so scheint es, bei jedem Er eignis aufs neue geboren. Er war frei, vollkommen frei Frei von Vorurteilen, frei von der Rasse, der Partei, vom Alter, frei von der Vergangenheit.... Jeder Gedanke war Tat. Er ließ sich nicht durch Worte täuschen, nicht von der Gewohnheit feschalten. Ihn unserem Krieg dienstbar machen, ihn, der nicht darin gelebt hat, heißt ihn und sein ganzes Werk verraten Die Lehren Jaurds haben heute keinen Wert, weil Jaurds nicht Gott ist, weil er nicht Gott sein wollte, und nicht den Menschen ewige Gebote vorschrieb." Die heutige Welt ist nicht die seine. Wir haben kein Recht, uns im Krieg dessen zu bedienen, was Jaurds im Frieden gedacht hat. Angesichts des Krieges würde er ge> schaffen, gekänipft haben. Das ist die einzige Gewißheit, die uns erlaubt ist. „Er würde uns sagen: seid meinen Worten untreu, damit ihr meinem Geist treu bleibt.... Ihr feiert mich in Vers und Prosa. Ihr tragt mein Bildnis im Medaillon ihr betet mich an. aber es ist eure Feigheit von vor zwei Jahren und eure Schwäche von heute, die ihr anbetet. Ich habe vom Krieg gesprochen während des Friedens, vom Vaterland während des Friedens, von der Jnternatio nale während des Friedens. Ihr, die ihr im Kriege seid, sckwut ihn an: dort, Auge in Auge, ohne Furcht, wie ich es getan haben würde. Ihr verschanzt euch hinter meinem Leichnam, um nichts zu sehen." Uns scheint diese Ehrung Jaurds, das Lob seiner schöpferischen Tätigkeit, die beste zu sein, die wir lasen. Nicht über uns ergehen lassen sollen wir den Krieg und seine Schrecken. Wir sollen ihm ins Auge sehen und lernen, wo wir neu schaffen müssen, um ihn zu überwinden.(z) «« Romain Rollanü und Iaurös. Nach dem„Avanti* vom 11. August hat Romain Rolland gelegenllich seiner Pariser Erinnerungsfeier zu Ehren von JauräS folgenden Brief an L o n g u e t gerichtet Lieber Longuet I Ich schließe mich Eurer Gedächtnisfeier von ganzem Herzen an. I a u r ä S ist wie einer jener Berge, die um so höher erscheinen, je weiter sie von unS entfernt sind. Der gewaltig« Lärm und Tumult der letzten zwei Jahre hat nicht vermocht, die ungeheure Leere aus zufllllen, die durch das Verstummen dieser machtvollen Stimme hervorgerufen wurde. Ich, der ich in ständiger Verbindung mit den freien Geistern aller lriegführenden und neutralen Nationen g* blieben bin, habe während dieser beiden Jahre die Einmütigkeit im Schmerz und in der geradezu religiösen Verehrung feststellen können, die den Namen von Jean Jauräs und die Erinnerung an ihn um- geben. Ucberall die gleiche Klage:.O wenn doch JauräZ noch lebte." Ueberau dieselbe offen ausgesprochene oder vorausgesetzte Neber. zeugung:„Wäre er am Leben geblieben, er hätte allein all dieses Unheil verhütet". Ob et eS wirklich vermocht hätte oder nicht, das will ich hier nicht erörtern. ES genügt, daß diese Ueberzeugung, mag sie berechtigt oder übertrieben sein, daS glühendste Lob ist, das einem Menschen zu teil werden kann. Sein Tod war seine Ber- herrlichung. Die legendäre Erinnerung an ihn wird sich von nun an erhalten wie die Vorstellung eines Helden, eine» Heros, der allein, so wie AtlaS die Säulen des Himmel» über der alten Welt trug, dem Krieg, der auszubrechen drohte, widerstand. Die einzige Tatsache, an die ich heule erinnern will, ist diese, welch hohe Bedeutung in der heutigen Welt eine Persönlichkeit haben kann. Seit einem halben Jahrhundert verkennt der Sozia. lismus diesen Umstand. Er gibt vor, daß heute nur noch die großen Gesamlströmungen, die breiten namenlosen Masienbewegungen und ihre Gesetze Geltung haben. Indessen die Geschichte der beiden letzten Jahre hat bewiesen, daß diese kollektiven Kräfte blind und unsicher bleiben, daß sie von ihrem Wege abirren und zurück� fluten oder in sich selbst zusammenbrechen, wenn sie nicht von einem unerschütterlichen bestimmten Bewußtsein geleitet werden, da? ihr Auge, ihre Stimme, ihre Vernunft und ihr Glaub« ist. Statt die Aufgab« des Individuum» zu leugnen, sollte der Sozialismus besten Kraft verhundertfachen, denn er bedarf der Männer, die in sich die ganze zerstreute Energie der Völker zu- ammenfasten und sie zu einem mächtigen Strahlenbündel klarster Erkenntnis vereinigt auf ihren Weg richten. So einer war JauräS. Und das Unglück der Letten war, daß er ein Einzelner war.
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politische Ueberstcht. Alldeutsches. Die in Mainz erscheinenden„Alldeutschen Blätter" befassen sich in ihrer Augustnummer mit der von der sozialdemokratischen Partei in München veranstalteten Jaurösseier. In den Auslassungen des alldeutschen Organs finden sich folgende Krafstellen:„Aber nehmt Euch die Kerle her— tut's unS Soldaten zuliebe— und rüttelt diese Schlaf- rockstrategen, diese Pantoffelsozialisten I Rüttelt und schüttelt sie, daß ihnen die kraftlosen Knochen klappern und die seifen- wassrigen Adern platzen. Und dann begrabt diese Helden in der deutschen Erde, die viel zu gut für sie ist." Diese Probe alldeutschen Geistes muß genügen. Wenn auch noch manche liebliche Redewendung über daS„Friedens- gesühl der Daheimgebliebenen" folgt, die Wucht der oben- angeführten Worte erreicht der Artikelschreiber nicht mehr. Das Selbstbestimmungsrecht— eine„gedankenlose Phrase"! Dem Reichstagsabgeordneten Dr. M ü l l e r- M e i- ningen, der kürzlich eine Broschüre„Belgische Ein-.
drücke und Ausblicke" veröffentlicht hat, ist vom Ge- neralgouverneur v. B i s s i n g nach der„Freisinnigen Zeitung" folgendes Schreiben zugegangen: „Ich habe Ihre Ausführungen mit steigendem Anteil gelesen und freue mich, Ihnen mitteilen zu können, daß ich Ihrer An- ficht in jeder Hinsicht beipflichte. Eine besondere Genug- tuung hat es mir gewährt, daß Sie die gedankenlose Phrase von dem Selbstbestimmungsrecht der Völker in ihrer ganzen Hohlheit aufgedeckt und auf die vollständige praktische Unbrauchbarkeit und Un- möglich k e r t dieses Grundsatzes so nachdrücklich hin- gewiesen haben. Wenn man, wie ich, genötigt ist, die Behandlung der belgischen Frage in der Preiie zu verfolgen, und in einem Teil derselben immer wieder Darstellungen und Forderungen findet, die durch keinerlei Sachkennlnis getrübt sind, ist eS wahr- Haft herzerfrischend, eine so vorzügliche Schilderung wie die Ihrig« kennen zu lernen. Ich bin Ihnen siir die Freude, welche Sie mir mit der Uebersendung des Buches bereitet haben, zu besonderem Danke verpflichtet." Nun kann sich also Dr. Paul L e n s ch bei seiner Hetze gegen die„Selbstbestimmuugs-Flause" auf die Autorität des Herrn v. Bissing berufen, der dieselbe Meinung wie Lensch mit erfrischender Offenheit vertritt. DaS Ende des JcsuitengesetzeS? Der Reichstagsabgeordnets Reinh. Mumm veröffentlicht in dem christlich.sozialen„Volt"(Nr. ISO) eine Erklärung für die Aufhebung des Jesuitengesetzes, das prakiisch keine Bedeutung mehr habe. Er habe Grund zu der Annahme, daß keine Partei des Reichstages eine Beseitigung des Jesuiten « gesetzeS bekämpfen werde. Tie„Kölnische VolkSzeitung" begrüßt dies«„dankenswerte Er- klärung" des protestantischen Kanossagängers und hofft, daß die zahlreichen mit dem Eisernen Kreuz geschmückten Jesuiten am Tage des Siege? nicht als„beargwöhnte Subjekce", sondern als voll- berechtigte deutsche Staatsbürger durch das Brandenburger Tor mit einziehen. Die Sozialdemokratie ist bekanntlich seit jeher für Aufhebung des Ausnahmegesetze» gegen die Jesuiten eingetreten. .Der ProduktionSzwang in der Landwirtschast. Vielfach ist in letzter Zeit die Frage erörtert worden, ob nicht durch Einführung des staatlichen Zwanges die landwirtschaftliche Produktion erhöht werden könnte. Die Meinungen über die Vorteil« haftigkeit der Anwendung eines gewissen Zwanges gehen auseinander. In den„Mitteilungen der Landwirtschaftsgesellschast" begründet Dr. Walter D i x die Einführung eincS Befähigungsnachweises jür land« wirtschaftliche Betriebsleiter mit folgendem: „Werden doch nicht nur kleine Anwesen von unfähigen Leitern und Inhabern bewirtschaftet, sondern sind noch viele von den großen und sehr großen Gütern Besitzern und Leitern anvertraut, die alles Mögliche studiert oder nicht studiert haben, meist lange Jahre Offizier gewesen sind und dann plötzlich die Leitung eines großen Gutes übernehmen müffen. Die Zurückgebliebenen find doch meist deshalb zurückgeblieben, weil ihnen die Vorbildung für ihren Beruf fehlt. Sind sie nur aus Mangel an Geldmitteln zurückgeblieben, so bedarf eS wohl kaum eines Zwanges, um sie zu zweckmäßigen Aenderungen ihres Betriebes anzuhalten." Anderer Ansicht ist der Deutsche LandwirtschastSrbt, der zu der angeschnittenen Frage mit folgender Erklärung Stellung nimmt: „Der Vorstand der Gesellschaft wünscht nach Abschluß dieses Meinungsaustausches seinerseits ausdrücklich hervorzuheben, daß er getreu den bewährten Grundsätzen der deutschen Landwirtschafts-� gesellschaft für den zu erstrebenden Fortschritt auf dem Gebiete der landwirtschaftlichen Güiererzeuguug die aus dem Gefühl eigener Veranlworlung enlspringende Selbsthilfe und solche Maß- nahmen, die diese anregen, in den Vordergrund stellt. Der dauer« hafte Fortschritt gründet sich nach seiner Ansicht in erster Linie auf die stetige und planmäßige Arbeit des einzelnen Betriebsleiters und der landwirtschaftlichen Körperschaften, die nach den Er- fahrungen der letzten Jahrzehnte durchaus feste und gesunde Grundlagen für den landwirtschaftlichen Fortschritt geschaffen haben und für die Zukunft die sichere Gewähr weiterer Erfolg« geben. Zwangsmaßnahmen, die die Eigenart der einzelnen Landwirtschaftsbetriebe nicht berücksichtigen, zerreißen, wie die Erfahrung lehrt, wichtige wirtschaftliche Zusammenhänge, be- unruhigen und hemmen auf die Dauer die Gütererzeugung zum Schaden der Allgemeinheit." Für die Dauer wird man um Zwangsmaßnahmen nicht herum- kommen, namentlich deshalb nicht, weil aus agrarischen Kreisen immer wieder die Drohung kommt, man werde den Anbau ein- schränken müssen, wenn nicht höhere Preise bewilligt werden.
das tägliche Srot. Die Ernte 1919 und die Volkseruährung. Amtlich. Berlin , 23. August. (W. T. B.) Nach dem Ergebnis ber vorläufigen Ernteschätzuug von Brotgetreide ist das Kuratorium der Reichsgetreidestelle im Einverständnis mit dem Präsidenten des Kriegsernährungsamts in der Lage gewesen, die Ar beiter-Brotzu lagen, welche in den berben letzten Monaten des alten Erntejahres— hauptsächlich wegen des Kartoffelmangels— als Sonderzulagen gewährt waren, nunmehr als dauernde Vermehrung der Brotport ionen zuzubilligen, und außerdem allen .ugendlichen Personen zwischen 12 und 17 Jahren vom 1. Oktober ab eine Zulage von 5 Ü G r a m m M e h l für den Tag zu gewähren. *« � Amtlich. Berlin , 28. August. (W. T. Die Brotgetreideernte des Jahres 1916 ist. als eine mittlere Ernte zu bezeichnen, die über das Ergebnis der vorjährigen Mißernte nicht unwesentlich hinauAgeht. Sie übertrifft die vorjährige Ernte nicht in demselben Maße wie die Ernte an Futter- Mitteln, insbesondere an Hafer und Gerste, sie hat es aber ermöglicht, wie die Mitteilungen der Neichsgetreidestelle an anderer Stelle ergeben, eine nicht unerhebliche Verbesserung der Brotversorgung der Bevölkerung vorzunehmen. Die recht erheblichen Zulagen, welche in den letzten beiden Monaten des alten Wirtschaftsjahres den Schwerarbeitern, insbesondere wegen der Stockungen in der Kartoffelversorgung, bewilligt worden sind, können als dauernde für das ganze neue Ernte- fahr in Aussicht gestellt werden, und daneben wird ein all- seitig geäußerter Wunsch, der Jugend mit'ihrem erhöhten Ernährungsbedürfnis in der Hauptzeit ihres Wachstums eine Zulage zu bewilligen. Rechnung getragen. In der Bemessung der Brotration zurzeit noch weiter zu gehen, ist nicht möglich. Es muß vor allen Dingen vermieden werden, dgß etwa später�