frieden erklären. Nach den ungeheuren Opfern, die wir gebracht haben, an Menschen sowohl wie an Hab und Gut, müssen wir mehr fordern." Am Schluß sagte er, daß er im Namen zahlreicher Herren- Hausmitglieder gesprochen hätte. sLebh. Hört, hört!) Wir müssen uns sagen, es wurde eine Gelegenheit, auf den Frieden hinzuwirken, nicht ausgenutzt. Wir von der Opposition wollen versuchen, was uns als unsere Pflicht erscheint, zu erreichen und erreichen wir es nicht, so haben wir das Gefühl, das im Jnter- esse des deutschen und des internationalen Proletariats Notwendige getan zu haben. Wir wollen, daß aus unserer großen Partei nicht, wie Kolb es in seiner Denkschrift„Am Scheidewege" gewünscht hat, eine natwnalsoziale Partei werde, sondern wir wollen sie ausrecht- erhalten als die alte sozialistische Partei, als die Partei des inter - nationalen Sozialismus.(Lebhafter anhaltender Beifall und Händeklatschen bei der Opposition.) Scheidemann : Ich glaube, von vornherein durch mein Referat die Schaffung einer Grundlage versucht zu haben, die eine diel ruhigere und sachliche, von Angriffen freie Aussprache ermög- licht hätte. Leider muß ich im Schlußwort auf viele Dinge eingehen. In der Behauptung, daß, wenn wir die Steuerpolitik der Arbeits- gemeinschaft gemacht hätten, die Arbeiter auch noch die Kriegssteuer hätten bezahlen müssen, sehe ich nichts Demagogisches, sondern ledig- lich eine Tatsache. Ich habe über die Tätigkeit der Arbeitsgemein- schaft nur in geschlossenen Mitgliederversammlungen geredet. Ein Genosse hat ja hier auch unter allgemeiner Heiterkeit gesagt, er lehnt solche Steuern ab und wartet, bis bessere kommen. Die an- ? Übliche Denunziation Dittmanns, damit er eingezogen werde, liegt o, daß der Geschäftsführer in einer Weise, die keiner mehr der- urteilt als ich, an das Kommando geschrieben hat, als ein anderer Redakteur eingezogen werden sollte: Nehmen Sie nicht den, der wird hier notwendiger gebraucht, nehmen Sie lieber den Dittmann! (Dittmann: Viel schlimmer ist es gewesen. Er war Ihr Ver- trauensmann!) Nein, das ist nicht mein Vertrauensmann, sondern ein Parteigenosse wie jeder andere. Wenn wir den Beschwerden über Einziehung Reklamierter nachgehen, dann heißt es immer, daß die Reklamation für ein. bestimmtes Geschäft hinfällig wird, sobald der Mann das Geschäft verläßt. Ungerechtigkeiten verurteilen wir selbstverständlich ebenso scharf, wie den ganzen Belagerungszustand. Die Fahrt nach der Westfront war wirklich keine Vergnügungsfahrt, sondern eine sehr strapaziöse Tour, die wir im Interesse der Ar- beiter und Soldaten draußen gemacht haben. Erst vorgestern sind wir aus dem Osten aufgefordert worden, hinzukommen.(Große Unruhe der Opposition.) Wenn es meine Zeit erlaubte, würde ich selbstverständlich diesem Wunsch sofort entsprechen.(Lebhafter Bei- fall bei der Mehrheit.) Schon für das, was wir bisher an Ort und Stelle tun konnten, sind unS die Leute draußen sehr dankbar.(Bei- fall bei der Mehrheit.) Man spricht so viel von den„Massen". Die zwei Versamm- lungen, die ich in meinem Wahlkreis jetzt abhielt, waren so überfüllt, daß kein Apfel zur Erde fallen konnte. Daraus wurden Schlußfolge- rungen gezogen, die mich nichts angchen. Das Parteiorgan sagte aber, das waren nicht die Massen, das war Krethi und Plethi.(Hört! hört! Ditturann: Das ist aber richtig!) Sind also die Massen für eine Sache, die Ihnen nicht gefällt, dann sinds Krethi und Plethi— wahrlich die beste Art, Leute von der Partei abzustoßen.(Dittmann: Ist aber doch Krethi und Plethi gewesen, waren keine Parteigenossen!) Es ist nicht wahr, daß wir alle in dem von Legien und Thimme her- ausgegebenen Sammelwerk in Harmonie schwimmen. Ich z. B. schreibe, daß wir das freie Wahlrecht erkämpfen müssen. Ist das Har- monie? Die ganzen Oppositionsbehauptungen vom Parteiverrat usw. sind schon immer angewendet worden, von Bakunin gegen Marr und Engels, auch von den„Jungen".(Der Redner belegt das durch Zitate aus Bakunin .) Sie würden uns einen Gefallen tun, wenn Sie wenigstens mal ein neues Schimpfwort erfinden würden! (Große Heiterkeit. Zuruf: Mit denr Witz löschen Sie das auch nicht aus!) Wenn wir leider noch nicht gemeinsam zusammenarbeiten können, dann muß jeder von uns wenigstens alles vermeiden, waS uns noch weiter auseinandertreiben muß zum Schaden der Arbeiter- klasse. Gegen Meinungsäußerungen von links oder rechts haben wir nicht vorzugehen, aber wir sind verpflichtet einzugreiieii. wenn durch Taten die Organisation ntißbpauckit wivdf und dergleichen."(Zuruf: Südekum im Nationalausschuß!) Das ist'doch gerügt worden.(Zu- ruf: Wer nicht öffentlich?) Sollen wir denn noch mit Derartigem an die Oeffentlichkeit treten? Die Spielarten in der Minderheit organi- Eieren sich besonders, die in der Mehrheit bleiben zusammen und »alten Disziplin— das ist der Unterschied.(Zustimmung bei der Mehrheit.) Nicht um„stumme Sunde" handelte es sich, was ein starkes Wort, aber kein starkes Argument ist, sondern darum, die Fraktion wieder arbeitsfähig zu machen. Bei Liebknecht sagte man sich, es ist nur ein Mann, nachher aber war die Fraktion vollkommen lahmgelegt und hätte nicht weiterarbeiten können. Der Beschluß machte die Genossen auch nicht zu stummen Hunden, sondern gab ihnen volle Diskutierfreiheit in der Fraktion; es war erklärt, daß der- jenige nicht in eine Kommission geschickt werden oder als Fraktions- redner im Plenum austreten kann, der Gegner dessen ist, was die Fraktion für richtig hält.(Lebhafter Widerspruch bei der Opposition.) Wenn Parteispalwng erfreulich gefunden wird, dann könnte man sich doch viel besser als auf Frankreich auf Rußland und Polen berufen. Wenn wir uns hätten eine polnische und russische Taktik, die gar nicht für uns paßte, aufdrängen lassen, dann hätten wir soundsoviele Par- teien statt einer großen Partei.(Sehr richtig! bei der Mehrheit.) Die Erbitterung wurde hervorgerufen durch die Art der Spaltung. Wir hatten beschlossen, zum Notetat nicht zu reden, während einige von uns im Seniorenkonvent waren, legte Haase die letzte Feile an seine fertige Rede, und dann, als der Präsident in den Saal trat, sagte Haase zu mir: Ich werde jetzt reden, wir lehnen den Notetat ab. (Hört! hört! bei der Mehrheit.) Niemand war über diese Ueberrum- pelung mehr empört als die intimsten Freunde von Haase selbst. (Ledebour: Namen nennen!— Zurufe: Hoch!) Die Behandlung der Soldaten wurde sehr ausführlich in der Kommission besprochen und der Kriegsminister versprach, einen sehr scharfen Erlaß sofort hinaus- zugeben. Eine öffentliche Verhandlung im Plenum hätte weder un- seren Soldaten noch unserem Lande genützt und wäre nur ein ge- fundenes Fressen für das Ausland gewesen. Die ftanzösischen Flieger hätten eS ebenso gut über unsere Truppen abgeworfen, wie jetzt alle Reproduktionen der Flugblätter. Die Verlesung der Friedens- ziele hätte eine große Debatte von ungünstigster Wirkung für unser Heer hervorgerufen, und hätte nur den ausländischen Kriegshetzern einen Dienst erwiesen.(Sehr richtig! bei der Mehrheit.) Später haben wir unsere Friedensziele veröfsentlicht. Dann ist noch von der Friedensinterpellation vom S. Dezember 1915 gesprochen worden. In der Fraktion wurde sie mit 93 gegen 5 Stimmen angenommen. Sie entsprach auch vollständig der damaligen Situation; der Reichskanzler konnte damals angesichts des Verhaltens der gegnerischen Staatsmänner unmöglich erklären, daß er überhaupt nichts wolle. Die Formulierung unserer Interpellation gab immerhin die Möglichkeit einer Antwort, wenn wir auch alle ge- wünscht hätten, er hätte sich deutlicher ausgesprochen. Ferner sollen wir die Bedrängnis der Regierung nicht zum Erwerb politischer Rechte ausgenutzt haben. Haase selbst hat am 19. März 1315 gesagt, die Sozialdemokratie denke nicht daran, für ihre Abstimmungen vom 4. August und 2. Dezember eine Gegengabe zu fordern. Wenn die LcmdeZverteidipung eine Pflicht ist, so erfülle ich sie, wenn das Vaterland in Gefahr ist. und kann nicht sagen, ich erfülle sie nur dann, wenn ich soundsoviel dafür bekomme. Solch politischer Kuh- Handel wäre unserer Partei unwürdig.(Ledebour: Das ist auch unsere Auffassung!) Dann bestreitet Haase, daß die Mehrheit in der jetzigen Zeit mehr gebunden sei als die Minderheit. Aber wir müssen sehr rücksichtsvoll Ihnen gegenüber sein, weil unter Umständen dem einen oder anderen Unannehmlichkeiten er- wachsen könnten und auch, weil Sie uns leicht den Vorwurf der Denunziation machen können; dagegen umgeben Sie sich immer mit einem Schleier des Geheimnisses, das uns zum Frieden führen könnte. Auch vertrauliche Mitteilungen dürfen wir nicht preisgeben, wir würden sonst solche Mitteilungen nicht mehr bekommen. Haase wirft uns vor, daß wir uns auf Staatsmänner.berufen. Ex selbsf ober beruft sich auf„Männer in angeschenster Stellung", die die
Mitteilung von den Verhandlungen zwischen dem Staatssekretär Helfferich und den sechs WirtschaftsverbäNden zur Versöhnung mit dem Reichskanzler gemacht haben sollen. Die„Deutsche Tages- zeitung", das Hauptblatt der sechs Wirtschaftsverbände, aber de- mentiert diese Nachricht. Also meine Gewährsmänner sind mir noch lieber als die, die ich nicht kenne.— Dann der schwere Vor- Wurf, daß wir selbst es den Franzosen unmöglich gemacht haben, mit uns zusammenzukommen, weil es in unserer Erklärung heißt: „Wenn das Ziel der Sicherung erreicht ist und die Gegner zum Frieden bereit sind." Ja, sollen wir denn für unser Land auch nicht die Spur von Empfinden haben? Auch deshalb sollen wir nicht zu Friedensverhandlungen mit den Franzosen kommen können, weil wir die Parole ausgegeben haben: Durchhalten bis zum Siege. Das Wort„durchhalten" habe ich aus dem„Vorwärts" übernommen, der im September 1314 schrieb, gleichviel wie man in den Krieg hineingekommen sei, jetzt müsse unter allen Umständen durchge- halten werden und man müsse siegen. Auch in der„Neuen Zeit" wurde das für selbstverständlich erachtet. Und habe ich denn bei dem„Durchhalten bis zum Siege" etwa an Eroberungen gedacht? Ich glaube, ich war der erste, der diesen Firlcfanzereien von Er- oberungen auf das entschiedenste auf den Leib gerückt ist. Stets bin ich für einen Frieden eingetreten, der keinem Land unehrenhafte Bedingungen stellt. Uebrigens hat ja auch Haase in Königsberg vom Durchhalten bis zum ehrenvollen Frieden gesprochen.(Haase: Ehrenvoller Friede ist etwas anderes als Niederschmetterung der Gegner!) Hat etwa einer von uns von der Nieoerschmetterung der Gegner gesprochen oder geschrieben? Kann das etwa auf mich bezogen werden?(Haase: Nein!) Dann wirken Sie doch daraus hin, daß die Genossen mit dieser albernen Parole nicht weiter hausieren gehen! Nachdem wir so oft die Hand über die Grenze ausgestreckt hatten, forderten die englischen Sozialisten im„Daily Citizen" Tag für Tag die Arbeiter auf, sich als Rekruten zu stellen, jeden Tag forderte Hyndman auf, daß Italien in den Krieg ziehen solle, Genosse Vaillant, der der Kriegspsychose mehr und mehr ver- fallen war, forderte die Japaner dazu auf. Viviani, damals Ministerpräsident erklärte in der Kammer als Kriegsziel: Elsaß : Lothringkz« muß unter allen Umständen französisch werden. Und fügte hinzu: Wir wollen einen ruhmvollen Sieg erkämpfen ohne Gnade! Die französische Fraktion schwieg dazu und in der„Hu- manite" stand, sie habe diese Losung akzeptiert. Wir aber im Reichstag erklärten, wir wollen den Frieden, wir strecken die Hand aus, wir schreiben Briefe an die Genossen und schicken ihnen Send- boten �— und dann diese Haltungl Da sagte ich, man muh den auswärtigen Parteigenossen zu verstehen geben, daß wir uns auch nicht wie Hunde behandeln lassen wollen. Wir wollen den Frieden, wenn Ihr ihn nicht wollt, zwingt Ihr uns zum Durchhalten.— Dann warf Haase in die Debatte, was der Reichskanzler über Belgien gesagt hat. Wer Haase erklärte damals dem Reichskanzler sofort, daß er glaube, seine Mitteilungen beruhigen uns sehr wesentlich(Hört! hört! bei der Mehrheit.) Daß die deutsche Re- gierung und speziell der deutsche Kaiser an dem Kriege keine Schuld tragen, hat auch die„Neue Zeit" und das andere Zentralorgan der Partei, der„Vorwärts", anerkannt. Der„Vorwärts" schrieb, daß wir häufig einen bitteren Kampf gegen den temperamentvollen Träger der Krone führen mutzten, daß wir aber unumwunden an- erkennen, daß Wilhelm II. sich durch seine Haltung namentlich in den letzten Jahren als aufrichtiger Freund des Völkerftiedcns bewährt hat. Kann man dem Kaiser ein größeres Vertrauensvotum aus- stellen? In der Broschüre von sunivZ alter steht ausdrücklich, daß der Reichskanzler bis zur letzten Stunde bemüht tvar, unbe- kümmert um die militärischen Folgen den Krieg um jeden Preis zu� verhindern. Bernsteins Stellung ist mir absolut unverständlich. (Sehr richtig! bei der Mehrheit.) Er hat uns wissenschaftlich be- wiesen, daß wir für die Kriegskredite stimmen müßten und er hat den Entwurf für die Erklärung ausgearbeitet.(Hört! hört!) Er hat uns direkt zur Stellungnahme verpflichtet, die wir jetzt einge- nommen haben. Was die belgische Frage betrifft, so hat Bernstein früher geschrieben, es wäre eine selbstverständliche Pflicht der Strategie, sobald der Krieg unvermeidlich geworden ist, ihn so bald wie möglich in Feindesland zu tragen.(Hört! hört!) Der echte Engländer Bernhard Shaw hat in der New Uörker„Times" ge- schrieben: Was Deutschland mit Belgien tat, hätten die Alliierten auch tun müssen und getan, falls sie die Gelegenheit dazu gehabt hätten.(Hört! hört!) Wir haben aber doch keine Ursache, englischer als Shaw und belgischer als Vandervelde und Brouckere zu sein. (Sehr richtig!) Kautsky sagt: Früher hätte er noch Vertrauen zum Parteivorstaud gehabt, während die Massen es nicht hatten, und er habe den Massen deshalb zugerufen: Habt Vertrauen! Jetzt hat Kautsky kein Vertrauen mehr und sagt nun auch den Massen: Habt kein Vertrauen! Die Parteigenossen sollen sich also orientieren nach Kautsky , je nachdem er Vertrauen hat oder nicht. Nach dem gestrigen Debacle des Genossen Kautsky werden sich die Genossen sehr hüten, sich in Zukunft einzig und allein noch nach ihm zu richten.(Sehr gut! bei der Mehrheit.) Die Hauptsache, ist, daß wir keinen Eroberungskrieg führen und wie wir zum Frieden kommen. Der ganze Verlauf des Krieges beweist, wie falsch es ist, diesen Krieg einen Eroberungskrieg zu nennen. Das haben auch viele Eroberungsschwätzer schon«ingesehen. Der Krieg ist geblieben, was er von Anfang an gewesen ist, ein Verteidigungskrieg, in dem Deutschland um seine nackte Existenz kämpft. Denken Sie daran, was der Sozialist Thomas, der französische Munitionsminister, als Antwort auf die FriedenSrede des Kanzlers gesagt hat: Vom Frieden reden, heiße um Frieden betteln!(Lebhaftes Hört! hört! bei der Mehrheit.) Wir wollen den Frieden durch Verständigung lieber heute als morgen. Aber wenn wir den Frieden nicht um jeden Preis wollen, dann muß auf der anderen Seite doch wenigstens eine Spur von Entgegenkommen gezeigt werden. Auch heute rufen wir über die Grenze: hier ist unsere brüderliche Hand. Schlagt ein. Wenn aber die Aufforderung abgelehnt wird, dann können Sie nicht verlangen, daß wir den Buckel krumm machen, damit die andere Hand uns nun den Buckel verprügelt.(Sehr richtig! bei der Mehrheit.) Wenn die anderen uns erst völlig besiegen wollen, nun, dann sagen wir ihnen: Ihr irrt Euch, wir wollen nicht, daß uns von Euch geschieht, was Euch mit unserem Willen nicht geschehen soll.(Sehr gut! bei der Mehrheit.) Unsere Friedensliebe kann nicht bezweifelt werden. Ich wünschte, daß unsere Freunde im Ausland unseren Ruf hören möchten: Schlagt ein in unsere Hand, erinnert auch Ihr Euch an das Wort: Proletarier aller Länder, vereinigt Euch!(Stürmischer Beifall und Händeklatschen bei der Mehrheit.) Nachdem Ebert wegen der vorgerückten Zeit auf das Schluß- wort verzichtet hat, folgen persönliche Bemerkungen. D i tt m a n n- Solingen: Mcerfeld und Noske haben be- hauptet, ich wäre auf der Redakteurkonferenz im September 1314 für die Politik der Fraktionsmehrheit eingetreten. Ich habe am 4. August allerdings für die Kredite gestimmt, lege aber Vcrwah- rung dagegen ein, daß man die Politik des Chauvinismus, die jetzt getrieben wird, als die Politik des 4. August bezeichnet. Dann hat Scheidemann gesagt, ich hätte mich selbst reklamiert. Die Rekla- mation ist aber nur aus formellen Gründen von mir unterschrieben, da der Geschäftsführer sich geweigert hatte, mich zu reklamieren. Preßkommission, Aufsichtsrat und Geschäftsvorstand waren sich über meine Reklamation einig. Der Geschäftsführer, der Veranlassung gegeben hat, daß ich sofort eingezogen wurde, ist noch heute im Kreise für die Scheidemannsche Politik tätig.(Hört! hört!) Eduard Bernstein : Die Behauptung Scheidemanns, die englischen Sozialisten hätten Tag für Tag zur Rekrutierung auf- gefordert, weise ich in deren Interesse zurück. Keir Hardie , Snowden, Macdonald haben ein glänzendes Beispiel internatio- naler Solidarität gegeben. Frau Zietz: Gegenüber Sindermann stelle ich fest, daß ich vom ersten Tage an gegen die Kreditbewilligung und für eine selbständige sozialdemokratische Politik im Parteivorstand und Ausschuß eingetreten bin. Scheidemann unterstellte mir, ich hätte dafür plädiert, daß wir der Regierung mit Gott weiß was für Maßnahmen hätten drohen müssen, um Einfluß auf sie auszuüben. So naiv bin ich nicht. Ich habe vielmehr gesagt, daß, wenn wir eine
l selbständige Politik betrieben hätten, die Regierung gewußt hätte, daß sie die Sozialdemokratie'nicht so in der Hand' hat wie jetzt. Dr. Davßd: Ggenüber der Darstellung Stadthagens ver- weise ich darauf, daß ich in der Kommission zugunsten Liebknechts gesprochen habe. Ich habe die bürgerlichen Vertreter ersucht, nicht so nervös gegenüber starken Worten zu sein. In diesem Zusammen- bang habe ich an das Wort erinnert: Hunde, die bellen, beißen nicht. Das bekannte Flugblatt„Hunde", das den Gedankengang Stadl- Hägens vertritt, verkehrt mein und Landsbergs Auftreten zugunsten Liebknechts in unerhörter Weise in das Gegenteil. Hätte ich unter Hinweis auf die Uebereinstimmung dieses Flugblatts mit den Aus- führungen StadthagenS etwa gesagt, daß Stadthagen mit einem fremden Kalbe gepflügt habe, dann würde ich nach der Logik Stadt- Hagens ihn selbst ein Kalb genannt haben.(Heiterkeit.) N o s k e: Ich habe nicht von Haascs persönlicher Ehrenhaftigkeit und Uneigennützigkeit gesprochen, hier war lediglich die Rede von seiner politischen Betätigung von der Art, wie er seine Kollegen mit dem Gebot der Stunde überfiel, wie er, ohne der Fraktion auch nur Mitteilung vorher zu machen, ihrem Beschluß entgegenhandelte. Meer seid: Hätte Haase die Geschichtsauffassung gestern so vorgetragen wie heute, so hätte ich ihm nicht entgegentreten brauchen. Dittmann bestritt, in der Redakteurkonferenz die Politik der Frak- tion verteidigt zu haben. Er tat es so glänzend, daß selbst Heilmann sagte, besser könnte er es auch nicht tun. Hilden b ran d: Haase wollte die Absplitterung von der Fraktion mit Ausführungen' über den Magdeburger Parteitag be- gründen. Dort aber sagte er, die Förderung, daß die Mehrheit ihr Erkämpftes preisgeben soll zugunsten der Minderheit, sei die ver- kehrte Welt. Ferner sagte er, über das Interesse der Partei kann nur die Mehrheit entscheiden, sonst höre die Geschlossenheit und Einigkeit auf, und es müsse zur Auflösung kommen. Und dieser selbe Haase hat die Verantwortung für die Sprengung der Fraktion. Haase: Meerfeld bemerke ich, daß ich Selbstverständlichkeiten in meinem Referat nicht vortragen wollte. Bei Hildenbrand sehe ich nur, wie doch Genossen aneinander vorbeireden können. In Magde - bürg führte ich zunächst den Regelfall an und sprach dann von Aus- nahmen unter ganz bestimmten Bedingungen, und diese liegen jetzt vor. Noskes Ausführungen klangen jetzt anders als am Vormittag: aber auch meinen politischen Charakter anzugreifen hat niemand das Recht. — Wenn ich gesagt habe, die Erklärungen deS Reichskanzlers über Belgien seien wesentlich beruhigend für uns gewesen, so' habe ich doch auch in demselben Zusammenhang gesagt, wir dürften dadurch nicht auf den Gedanken kommen, daß der Reichskanzler gegen jede Annexion sei. Was Scheidemann über den Ueberfall mit der Rede zum Notetat gesagt hat, trifft zwar im wesentlichen zu, aber es muß anders bewertet werden. Ich habe ihm in Uebereinstimmung mit meinen Freunden nur deshalb nichts von-meiner Absicht, gegen den Notetat zu sprechen, mitgeteilt, weil er sonst loyalerweise dies im Seniorenkonvent hätte mitteilen müssen, und dann hätten die bürger- lichen Parteien sicherlich meine Absicht vereitelt. Sie können von Ihrem Standpunkt aus sagen, daß war nicht korrekt, aber Sic können mir nicht Vorwürfe machen wie Treubruch und Ueberfall. (Zurufe: Hoch hat es gesagt!) Daß Hoch damals leidenschaftlich und aufbrausend etwas gesagt hat, was er nicht verantworten konnte, das begreife ich menschlich und ich mache ihm daraus keinen Vorwurf. Gegenüber Scheidemanns Bemerkungen über den Bericht der „Königsberger Volkszeitung" weise ich darauf hin, daß ein Sieg immer in sich die Niederlage eines andern schließt und darum etwas ganz anderes bedeutet als ein ehrenvoller Friede, bei dem kein Teil gedemütigt wird. Ledebour: Landsberg und andere Genossen haben darauf verwiesen, daß ich einmal in einer vertraulichen Aussprache im Ber - liner Zcntralverein gesagt habe: wenn die Russen an der Oder stän- den, so müßten auch wir die Kriegskredite bewilligen. Ich habe in jener Sitzung die Genossen, die im Gegensatz zu mir für die Kredite gestimmt haben, in Schutz genommen gegen den Vorwurf, sie hätten Parteiverrat getrieben. Ich habe� den Genossen gegenüber, die zu ihren Vorwürfen aus den Gedankengängen des Verteidigungs- Nihilismus kamen, gesagt, daß unter Umständen die Bewilligung von Kriegskrcditen nicht den Beschlüssen der Parteitage und internatio- namen Kongresse zu widersprechen Brauche. Als ein krasses Beispiel dafür habe■ sich gesagt:. wenn die Run«: an der Oder und. die Fran- zosen am Rheine stehen. Das. sollte aber nicht heißen,. daß. nran so lange warten müßte. �(Zurufe von der Mehrheit: Das ist ja noch besser!) Dieses krasse Beispiel sollte darlegen, daß es sich dann um einen Verteidigungskrieg handeln würde. Für den gegenwärtigen Krieg halte ich aber diese Voraussetzung nicht für gegeben. Keil: Stadthagen hat unter vielen andern persönlichen An- griffen auch behauptet, ich hätte im Reichstag mit Bezug auf Lieb- knecht den Zwischenruf gemacht:„Niederträchtiger Kerl",„raus mit ihm" und mit Bezug auf Haase:„Liebknecht Nr. 2". Ich stelle fest, daß an der Behauptung Stadthagens kein wahres Wort ist. Sie ist lediglich seiner trüben Phantasie entsprungen..(Hört! hört!) Scheidemann hält Haase gegenüber seine Ausführungen über die Friedensfrage aufrecht.... Stadthagen : David ist im Irrtum, wenn er sagt, meine Logik in der Sache Liebknecht sei verkehrt. Ich sagte nicht, daß die Mehrheit die Absicht gehabt habe, Liebknechts Verurteilung herbei- zuführen, sondern ich sprach, von den Wirkungen, die solche Be- merküngen von der Mehrheitsseite. haben. Hoch: Es ist mir überaus unangenehm, hier vor. der breiten Oeffentlichkeit auf den rein persönlichen Zusammenstoß zwischen, den Genossen und Haase und mir einzugehen. Haase ist ein Mann, mit dem mich ein ganzes Menschenalter Freundschaft verbindet und dem ich heute noch als einem Ehrenmann nicht nur in persönlicher, son- der» auch in politischer Beziehung meine Achtung schenk«. Scheide- mann nötigt mich aber, die Zurückhaltung aufzugeben, weil er ziem- lich deutlich gesagt hat, daß Haases Verhalten von seinen lvsten Freunden am schärfsten verurteilt worden sei. Gewiß habe ich in leidenschaftlicher Erregung damals gehandelt, aber was ich getan habe, das kann ich verantworten. Der Parteivorstand hat jenen Vorgang in einer für den Parteiausschuß bestimmten Schrift mitgeteilt und dadurch gerade die Mißverständnisse hervorgerufen. Ich habe dem Vorstand den Tatbestand eingehender dargestellt und gezeigt, daß die Sache dadurch eine andere Wendung nimmt. Ich hat den Partei- vorstand, nur im inneren Kreise für Aufklärung zu sorgen, und ich bedauere es sehr, daß Sie(zur Mehrheit) mich genötigt haben, die Zurückhaltung, die ich und die auch Haase beobachten wollte, auf- zugeben.(Haase: Es ist ja erledigt mit dieser Bemerkung, nun weiß doch jeder, woran er ist.) Ich glaubte Haase diese Aufklärung schuldig zu sein. Wenn er aber damit einverstanden ist, kann ich mich auf die Erklärung beschränken, daß ich das, was ich damals getan habe, für meine Pflicht hielt als Freund und Parteigenosse, und daß kein Grund vorliegt, deshalb einen Stein auf Haase zu werfen.(Bei- fall bei der Opposition und Unruhe.) Vorher wird folgende Erklärung zur Kennwis genommen: Wir sind der Ueberzeugung, daß es dem Wesen der Partei- konferenz und der Auffassung weitester Partcikreise widerspricht, daß Beschlüsse, die der Partei politische Richtung geben sollen, gefaßt werden. Wir sind überzeugt, daß Resolutionen, wie die von Auer und Genosse:: und von Dr. David und Genossen zur Bindung der Parteigenossen ausgenutzt werden können. Wir sind endlich überzeugt, daß die Resolutionen David und Auer, die Partei der Einheit und Geschlossenheit nicht ent- gegenführen werden. Aus diesen formalen und sachlichen Gründen lehnen die Unterzeichneten trotz mannigfacher Verschiedenheit der An- schauungen die Teilnahme an der Abstimmung über diese Reso- lutionen ab. Schneider, Jmhold, Stein, Thielmann, Scherffig, Schmidt- Meißen, Antrick, Hoch, I. Simon, L. Emmel, Hüttmann, Brandes, Fuchs, Albrecht, Raute, Edm. Fischer, Mich. Hierl, Kurt Ei.sner, Peirotes, Limbertz, Budde, Krätzig, H. Will, Gg. Trummert, Gothe, Stark, Liedelmeier, Pöschmann, Klement, Hgffmann- Kaiserslautern, Giermann, Hügel, Panzer, Wolf Braun, Erd- mann, Ewald.