ZK. 17. 34.
Stilndf des Juntärts" Öttlintr PilMIntt
Dsmtttstas. 18. Javllllr 1917.
Zwangsweise Massenspeisung und Lebensmittelkarten. Non Theodor ThomaS- Frankfurt o. M. In den letzten Wochen ist die Diskussion über die Ein- führung der zwangsweisen Massenspcisung nicht zur Ruhe gekommen. Aber immer wieder wurde von den Beteiligten abgewinkt. Zwei große Strömungen stehen sich hier schroff gegenüber: Einmal das Interesse, das die Masse des Volkes an der ZwangSsveisung hat. mit ihr verbunden die Mängel der LebenSmittelverteilung, und auf der anderen Seite die technischen Schwierigkeiten und die Gegenströmung der Kreise, die zu Hause noch genügende Vorräte haben und in den Wirtschaften für ihr Geld noch genug bekommen. um auf die Kriegsküchen verzichten zu können. Diese beiden Widerstände wird man zunächst nur schwer überwinden. Dagegen erscheint es mir als spielend leicht, einen anderen Vorschlag durchzuführen, der ein erster Versuch wäre, den Weg zur Zwangsspeisung Vorzuberesten. Von einem bestimmten Tage an darf in allen Wirtschaften, Hotels, Speisehäusern usw. nur ein EioheitSgericht abgegeben werden, das der Massenspeisung entspricht. Also hätten von diesem Tage an die großen Spcisenkarten zu verschwinden und dafür dürste nnr eine ein- zige Speise verabreicht werden. Damit würde folgendes er- reicht: Die schönen Vorräte in diesen Lokalen könnten der Oeffentlichkeit zugänglich gemacht werden und für die Zukunft brauchten dort die Ansammlungen von Lebensmitteln nicht mehr zu sein. Dadurch würden mit einem Schlag viele ?älhrungsmsttel frei, die heute durch alle möglichen Hinter- türchen in diese Lokale geschmuggelt werden. Ein westerer Vorteil würde sein, daß die für das Einhestsessen ein- gerichteten Betriebe auch an andere abgeben könnten, da ihre Einrichtungen einmal geschaffen sind, die Zahl der Küchen dadurch ohne technische Schwierigkeiten verzehnfacht werden könnte.• Dabei müßte eine Einteilung getroffen werden. daß minderbemittelte Kreise das Essen für 40 Pf. haben können, diejenigen, die etwa ein Einkommen von über 3000 M. haben, 80 Pf. für das gleiche Gericht zahlen und eine dritte Stufe endlich, bei einem Einkommen von über SOCV M., 1,30 M. zu zahlen hat. Dabei immer vorausgesetzt, daß die verab- reichten Gerichte an Güte gleich sind, daß aber die Menge unbeschränkt ist, soweit eben die Lebensmittelkarte reicht. Die Lebensmittelkarte wird vereinfacht. Zeder, der in der Kriegsküche, im Hotel oder Wirtschaft essen will, erhall einen gleich um den dort zu beziehenden Teil gekürzten Ausweis und eine Speisekarte, die dreißig Mittag- und dreißig Abendscheine ent- hält, in der die rationierten Lebensmittel einheitlich zusammen- gefaßt sind, so daß der Gast nur eine einzige Karte(außer Brotschein) abzugeben hat. Diese Karte umschließt, wie ge- faßt, seinen Anteil au Fleisch. Kartoffeln, Fett, Teigwaren, Hülsenfrüchten usw. Gegen Rückgabe dies« Karten«hallen dann die Wirtschaften ihren Anteil von der Gemeinde. Die Karten werden je nach dem Einkommen in drei Farbe« auS« gegeben, wobei man die Lokale von vornherein frei wählen kann, wo man essen will. Die Verrechnung und der Ausgleich findet in den LebenSmittellommisstonen statt, die auch den Durch- schnittswert des EssenS festsetzen. Nämlich so: Nach festgelegten Ernährungsgrundsätzen, die der Arzt, der Kaufmann und die Lebensmittelkommission bestimmt, wird der Preis ge- regell, den die Wirte vergütet bekommen. Er soll beispielS- mäßig auf 45 Pf. für Februar festgesetzt werden. In der Kriegsküche eines reinen Arbeiterviertels ergibt sich also eine reine Differenz von fünf Pfennigen, die die Stadt drauf legt, in den übrigen Wirtschaften wird ein Ueberschuß sein, da die ersten und zweiten Klassen ein Mehr gezahlt haben. Davon werden die größeren Aufwendungen für oaS Lokal rückvergütet, der Rest fließt in die Stadtkasse. Dieser Vorschlag kann sofort durchgeführt werden, da er keinerlei technische Schwierigkesten zu über winden hat. Damit würde man zweifellos einen außerordentlich großen Teil schlimmer Ungerechtigkeiten auS der Welt schaffen und unsere Lebensmittel wirklich strecken. Die guten Erfolge werden nicht ausbleiben. Zweitens wäre unter allen Umständen die Sch»lkii»d«speis»«g durchzuführen, die in ihren Schulen Mittagbrot gereicht bekommen müssen. Am besten gleich in ihren Unterrichtsräumen oder in den Turnhallen. Die Kosten dieser Speisung w«den von der Stadt bestritten, das Kind hätte wiederum je nach den Einkommensverbältnissen der Eltern seinen Teil beton tragen, der 10, 25 und 40 Pf. betragen könnte. Da durch würden mst einem Schlage Tausende von Familien entlastet und die Kinder während der Mittagspause in warmen, behaglichen Räumen untergebracht, was aber noch wichtiger ist. ihre Ernährung gesichert. Die Speisung in den Schulen ist technisch wiederum durch- führbar und auf der Lebensmittelkarte der Eltern leicht zu er- fassen. Auch hierdurch wütden sofort größere Massen von d« Speisung ersaßt werden und das Ziel der allgemeinen Durchführung näher herangerückt. Durch diese beiden Lorschläge ist meines ErachtenS d« erste Schritt getan, der uns zu gerechterer Verteilung bringt. Hand in Hand mit ihm muß gehen, daß die Privatgeschäfte in Lebensmitteln nicht mehr auf eigene Rechnung, sondern gewissermaßen nur als Vertrauensleute der Gemeinde- Verwaltung die Waren verteilen und kein einziger Artikel ohne Marken abgegeben werden darf. Zu diesem Zweck hört die einzelne Benennung der Artikel in der Lebensmittelkarte aus. e s wird nur noch eine Karte mit Zahlen- foldern ausgegeben. Monatlich braucht erne Person z. B. die Zahl 1000 an Lebensmitteleinheiten, mit Zulagen für Schwerarbeiter. Eine Liste, die in allen Geschäften aus- hängt, sagt, wieviel von der Karte entwertet wird, wenn man 1 Pfund Butter, Fleisch. Kartoffeln. Reis, 1 Liter Oel, Bier, Wein usw. kauft. Mit dieser neuen Einteilung kann man alles erfassen, weil nur nach Ziffern gerechnet wird, vom Kaviar bis zur grünen Waschseife. Zeder kann für seine 1000 Einheiten kaufen, waS er will, wer viel Bier verbraucht, muß mit weniger Fisch oder Fleisch vorlieb nehmen, und wer
Lust hat. teure Hühnchen zu essen, kann dafür aus Reis, oder Butter verzichten. Wer auswärts mittags ißt. bekommt statt 1000 nur 700 Einheiten und 30 X 10 als Mittagskärtchen zur Abgabe bei der Massenspeisung, wer mittags und abends in der Wirtschaft sein muß. bekommt 400 Einheiten 30 X 10 für Mittag-, 30 X 10 für Abendbrot. Der Rest ist für Milch, Seiie, Butter usw.. das er noch bedarf. Dieser Vorschlag müßte verbunden sein mit Kundenlistcn, damit der Bedarf" geregelt werden kann. Mit diesem Vorschlag hören sofort die vielen Einzclkartcn auf, verschwinden die unmöglichen Berechnungen auf diesen oder jenen Artikel, damit kann man in Kiel und Berlin , in Straßburg und Köln sich einrichten, denn die Karten gelten für den Monat in dem die Farbe ausgegeben wird, eben überall. Es würde sofort die Extra- Ver- proviantterung wegfallen. da es gar nichts ohne Nummerabgabe gibt, das wäre eine Erleichterung für Käufer und Verkäufer, für Behörden und Publikum, für alle, denn auch die Rückvergütung der Händler an die Gemeinden wird wesentlich erleichtert. Die Durchführung dieser drei Vor- schlage würde eine gewalttge Entspannung unseres Lebens- mittelmarktes herbeiführen und eine regelrechte Verteilung garantieren.__ die gewerkschaftliche Internationale. linier diesem Titel veröffentlicht Genosse August W innig in der Parteiprefse einen bemerkenswerten Aufsatz. Winnig hat jede Hoffnung auf eine Tätigkeit der sozialistischen polt tischen Parteien im feindlichen Ausland zugunsten des Friedens verloren. Nachdem er die bekannten Gründe dieser Eni täuschung näher ausgeführt hat. fährt er fort: .Je größer die Enttäuschung über dieses Verhalten der Sozialisten ist, umso freudiger wird man von dem Ergebnis der Weihnachtstagung der französischen Gewerkschaften Kenntnis genommen haben. Wenn die durch die»Internationale Korrespondenz" wiedergegebenen Berichte schweizerischer und französischer Zeitungen über den Verlans dieser Tagung halbwegS zutreffen, so hat sich hier ein sichtbare« Abrücken deS französischen GewerkschaftSbnndeS von der NiederkämpfungSpolitik derRegierung vollzogen... Die Reden, die Iouhaux und La Guery auf der Konferenz gehalten haben, lassen den Umschwung dentlich erkennen.»Wir haben unS die Parole des Kriege» bis zum Ende nie zu eigen gemacht— da« Ziel der Arbeiterklasse ist ein Frieden ohne Annexionen," sagte La Guerh. Iouhaux erklärte in Beantwortung von Fragen, die an- wesende Vertreter deS schweizerischen GewerkschastSbundeS schon vor- her schriftlich festgestellt hatten, daß die sranzlifische» Gewerkschaften bereit seien, an eine« van de» Deutsche »«mbrruseue« internationalen Gewettschastskangreß teilzunehmen. In der ein- stimmig beichlosienen Resolution fordert man einen Frieden, der »die Unabhängigkeit, die GebietSunveriehrthett und die politische und wirtschaftliche Freiheit der großen und kleinen Nationen" sichert. Di« vertretenen Organisationen verpflichteten sich,.diese Idee zu unterstützen und in den Lrbeitermossen zu verbreiten". Die ftan - zösische Regierung soll Wilsons Note in günstigem Sinne beantworten und.ihrerseits die Initiative ergreifen, um die Stunde des Frieden« zu beschleunigen". .Man darf an dieser Kundgebung der französischen GeWerk- schalten nicht achtlos vorübergehen. Sie kann der erste Anfang einer gemeinsamen Arbeit deutscher und französischer Organi« saiionen für den Kriedxn werden. Die im vorigen Jahre von den skandinavischen Organisationen angeregt« Abhaltung eines i n t e r-- nationalen Gewerkschaftskongresse» ist damals ver- tagt worden, um die Borbedingungen dafür noch gründlicher zu prüfen. Läßt dt« noch unvollständige Berichterstattung über den Verlauf der französischen GeverkschastSkonserenz auch noch keinen sicheren Schluß zu, so ergibt sich aus den bisher bekannten Tatsachen doch die Wahrscheiulichleit, daß die Abhaltung eine« internationalen ÄewerlschaftSkougrrffe» möglich sein wird. Kann ein solcher Kongreß stattfinden, so wird er fich nach der ganzen Lag« der Dinge auch mit der Frage nach rascher Herbeiführung des Frieden« beschäftigen müsien. Das ober wäre ein Anfang, in dem die duldenden Völker das Frührot einer besseren Zeit begrüßen dürften. In den Er- klärungen der französischen GewerlschaftSkonserenz ist die Mög lichkeit einer Verständigung gegeben. Mehr als das kann man sreilich noch nicht sagen." Mit demselben Thema beschäftigt sich auch die»Dach decker-Zcitung". Sie schreibt: .Nun scheint uns aber auch der Zeitpupkt gekommen zu sein, wo sich die Arbeiter oller Länder darauf besinnen müssen, daß«S jetzt für sie höchste Pflicht ist. tätig einzugreifen. Die französischen Gewerkschaften haben fich schon bereit erklärt, an Verhandlungen teilzunehmen. Die deutschen Gewerkschaften sollten jetzt noch einmal den Versuch wagen, eine BerständigungSakiion vorzubereiten. Biel könnte dadurch gut gemacht werden, was beiderseitig da» Vertrauen zueinander erschüttert hat. Viel müßte sich aufklären und der Weg, den wir doch gemeinsam gehen müssen, schon jetzt von allen häßlichen Sperrschranken freigemacht werden." .Die Aufgabe der Gewerkschaften bei dem FriedenSwer! wird viel größer fein, als man glaubt. Die Gewerkschaften haben sich als«in unendlich sicherere« Bollwerk gezeigt, ol» die in allen Ländern zerbröckelte Sozialdemokratie, die durch lauter prinzipielle Streiterei stark an politischem Einfluß verloren hat. Deshalb müssen die Gewerkschaften eingreifen, vielleicht können sie die Bahn frei machen, auf der sich die internationale Arbeiterschaft wieder treffen kann."_ Bus Industrie und Handel. Allgemeines Einfuhrverbot. Die Einfuhr aller Waren über die Grenzen des Deutschen Reiches ist durch eine neue Bundesratsverordnung verboten worden, es sei denn, daß eine G c n e h m i- gung des Reichskommissars für Ein« und Äuesuhrbewilligung(Berlin W. 10, Lützowufer 8) vorliege. Ausnahmen werden nur für die Einfuhr von Gegenständen im kleinen Grenzvcrkehr und in dem Leredlungsvcrkehr gemacht. Unter Vcredlungs- Verkehr versteht man die Einftchr von Waren, die in Deutsch - land zu einem höherwertigen Produkte verarbeitet und dann wieder an das Ursprungsland ausgeführt werden sollen. Ebenso ist frei die Einfuhr von Sendungen an Kriegs-
oder Zivilgefangene, von Liebesgaben und Postpoketsendungen, für die ein k o n s u l a r i i ch e r Ausnahmeschein ausgestellt worden ist. Be- sonders bemerkenswert ist, daß S ch m u ck s a ch e n, auch wenn sie von der Person des Reisenden selbst getragen werden. unter allen Bedingungen von der Einsuhr ausgeschlossen sind. Zu Gebrauchsreisegut. das einfuhr- frei ist. gehören auch Fahrzeuge. Wegzehrung, Mustcckarten. Proben usw. Das Einfuhrverbot ist bereits am 16. Januar in Kraft getreten. Güter, die bis zum 16. Januar im Aus- lande zur Beförderung angenommen wurden, gehen, sofern kein anderer.Hinderungsgrund vorliegt, frei ein. Die Ursache des tief iu alle Wirtschaftsbeziehungen ein- greifenden, die Handelsverträge nahe berührenden Einfuhr- Verbotes— Oesterreich-Ungarn ist bereits vor Wochen mit einer ähnlichen Maßregel vorgegangen— ist der Wunsch. durch eine Verminderung der Nachfrage nach und für Deutsch - land nicht uichedingt notwendigen Waren auch die Nach« frage nach ausländischen Zahlungsmitteln zu Venneiden, ihren Preis dadurch nicht weiter in die Höhe schnellen zu lassen und einen Schutz der deutschen Währung zu versuchen. Mit der neuen Bundesratsverordnuna ist Deutschland im„geschlossenen Handelsstaat" Füchtes angelangt— ein Kriegsergebnis, das niemand am i. August 1914 geahnt hat. Aus dem Berliner Wirtschastslebcu. In Berlin hat sich am Montag ein Verein Deut- scher Papiergarn-Spinnereien gebildet. Die Berliner Eis-Fabriken haben den Preis für den Zentner Eis von 1,10 Mk. auf 1,40 Mk. erhöht. Die bereits jahrelang besihende Berliner Eiskonvention ist zu einem Syndikat ausgestaltet worden, d. h. an die stelle der losen Preis- und Lieferungsverobredung ist ein gemeinsamer Vertrieb der Erzeugnisse eingetreten, wodurch erheblich an Selbstkosten gespart und die Gewährung von Sonder- begünstigungen unmöglich gemacht wurde. Ein Kriegsschicksal. Der VereinchemischerFabrikeiiin Zeitz kann seine Dividenbe von 2 auf LO Proz. erhöhen. Gleichzeitig wird das Aktienkapital durch Ausgabe von Gratisaktien um l Million auf 4 Millionen Mark erhöbt. Das Unternehmen, das im Frieden Supcrphosphat« erzeugte, hat. nachdem es eine Zeitlang 8 Proz. Dividende verteilte, vew sagt, so daß das Grundkapital von d auf 3 Millionen herabgesetzt werden mußte. Der Kurs war Ende Juli 1314(31,50. Im Kriege ist das Unternehmen zur Herstellung von Fettsäure und Glyzerin übergegangen und hat dabei so glänzende Ergebnisse erzielt, daß sich der im SteuerkurSzettel ausgewiesene Preis der Aktie fast versechsfacht hat. Interessant ist, daß die Atdienmajorität im Februar 1014 von der Badischen Anilin- und Soba-Fabrik zu 130 bis 150 Proz. übernommen wurde. Die Badil-be Anilin- und Soda-Fckbri? hat das Unternehmen während des Krieges zu 250 Prozent verkauft. Da durchaus nicht gewiß ist. ob die Glbwriri- und Fettsäure. Produktion auch nach dem Kriege nock) so rentabel sein wird wie heute, so besteht die Möglichkeit, oder besser die Wahr- scheinlichkeit, daß die augenblicklichen Kurse der Aktie zu mechanisch nach der Kapitalisierung der Dividcmde bestimmt sind und die �n- kunftsaussichten zu wenig beriicksichiigen. Jedenfalls ist sehr auf- fällig, daß ern Unternehmen, wie die Bad. Anilin- und Soda- Fabrik die Aktienübernahme als SpekulationSobjekt behandelt""-at.
Der Zentrelverimtd deS Deutschen Großhandel« teilt mit, daß die sich au« dem Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst er- gebenden Möglichkeiten einer Schließung und Zusammenlegung von Betrieben namentlich für den Handel nicht schon jetzt zu erwarten sind.__ Mus Groß-öerliu. Polizeipräsident und Verkehrsnot. Wie jetzt bekannt wird, hat der Polizeipräsident von Berlin bereits am 6. Januar auf die E i n g a b e d c s M a- gtstrats, die vom 3. Januar datiert war. geantwortet. Nach eineni Hinweis auf die inzwischen bereits eingeführten Verbcsserungen führt der Polizeipräsident über die Gründe der Verkehrsbeschränkung folgendes aus: Ich möchte aber bei dieser Gelegenheit darauf hinweisen, daß die Frage, ob durch die getroffenen VerkehrSeinschränkungen eine mehr oder weniger große Kohlenersparnis erzielt wird, nicht mehr von ausschlaggebender Bedeutung ist. Ich gebe un- bedingt zu, daß bei einer nicht inS Gewicht fallenden Kohlenersparnis eine Verkehrsbeschränkung gegenüber dem bisherigen Straßenbahn verkehr schwer sich recht« fertigen läßt, zumal angesichts der Tatsache, daß schon dieser kaum noch den Ansprüchen genügte. Ausschlaggebend für die Roiwendigkeit einer Einschränkung des StraßenbetriebeS ist jetzt(!) vielmehr der Umstand geworden, daß die Große Berliner Straßenbahn fortgesetzt durch Einziehungen zum Heeresdienst ge- schulte Lewe verliert. Ihre Angestellten werden daher von Tag zu Tag unzulänglicher an Zahl wie an Vorbildung, zugleich auch ihr Wagenpark und die sonstigen Betriebsmittel immer mangel- hofter, weil olle Kräfte zu Ausbesserungen fehlen. Die Gesell- schaff steht daher anscheinend an der Grenze ihrer Leistung«- sähigkeit. wenn sie diese nicht schon überschritten hat. Sie hat mir mitgeteilt, daß sie die jetzt genehmigten Verkehrseinschränkungen ganz unabhängig von der Frage elektrischer Krastersparnis aus den genannten Gründen vorzunehmen gezwungen gewesen sein würde, ja im TageSverkebr voraussichtlich noch weitere Linichränkungen in« Auge fassen mutz. Dem Magistrat werden die dahingehenden Mitteilungen der Großen Berliner Straßenbahn in der Presse nicht entGangen sein. Ich Hab« meinerseits in der Voraussicht der Un- zuträglichkeiten, die für den Straßenbahnbetried infolge des immer stärker werdenden Ersatzes eingearbeiteter Männer durch ungeschulte und nicht so leistungsfähige weiblich« Kräfte sich notgedrungen einstellen mußten, schon seit längerer Zeit die Zurückstellung der ihr noch verbliebenen. bcereSpflichtigen Angestellten auf das dring- lichste, aber vergeblich befürwortet. ES wird und muß dahin gc- strebt werden, der Schwierigkeiten Herr zu werde». Vielleicht lassen sie fich schon durch die Wirkungen des HilsSdiellstgeietzes besser überwinden. Ich habe geglaubt, bei dieser Gelegenheit auf diese Schwierigleite» hinweisen zu müsien, da in erster Linie die für die Einschränkung des Straßenbahnverkehrs ausschlaggebend ge- worden sind, und nicht mehr so seh» die Absicht. Kohlen zu er- sparen, dabei leitend war. Di« Oeffentlichkeit ist sich offenbar über diese Umstände noch nicht genügend klar geworden." Zum Schluß bittet der Polizeipräsident, falls noch weitere Beschwerden bestehen, ihm diese mitzuteilen. Dieser Bescheid wirkt nicht sehr überzeugend. Nachdem die für die Berkehrsbeschränkungen als Grund angegebene Kohlenersparnis sich als so geringfügig erwiesen hat. daß man die Beschränkungen hätte im wesentlichen zurück. ziehen müssen, verschanzt sich die»Große Berliner" hinter die