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r. 18.- 1917.

Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Der Stickstoff als Kriegshelfer.

liche Stidstoff Sauerstoff Berbindungen zu finden.

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V

Freitag, 19. Januar.

Der Frauenabend in Brüssel  .

dt.

Freilich Natur und Innigkeit. Clewing war ein staatlich schöner Lüde. war die auf diese Weise gewonnene Menge nur gering. Die farblosen Rollen des Sohnes und von Ingers altem Freunde wenn man eine gewöhnliche Bogenlampe verwendete. Je länger lagen in den Händen der Herren de Vogt und Kraußnet. Die Man muß es dem englischen Blockadeplan lassen, daß er ge- der Lichtbogen war, um so mehr Stickstoff wurde chemisch Aufnahme war, wie nicht anders zu erwarten, tühl. fdidt ersonnen war und allem Anschein nach hätte Erfolg haben gebunden. Es galt also, Bogenlampen zu bauen, die einen viel müssen; daß er letzten Endes doch versagt, liegt an einem Umstand, längeren Lichtbogen aufwiefen als die gebräuchlichen. Mit Hilfe der der bei seiner Aufstellung übersehen wurde, weil er unwesentlich hohen Spannungen vermochte das die Elektrotechnik mit Leichtigkeit. schien: nämlich daran, daß es den Engländern nicht möglich Eine solche Hochspannungsbogenlampe hat einen Lichtbogen bis zu Ein merkwürdiger Faschingsbrauch wird am 19. Januar in ivar, uns die Luft abzusperren. Daß das unwesentlich fünf Meter Länge, der in einer Glasröhre brennt, durch die dauernd Brüssel geübt. Es ist dies der sogenannte Frauenabend, der zwar erscheinen sollte, wird wohl nicht leicht einleuchten; denn eine heftige Luftströmung geht. Zum Leuchten ist eine solche Lampe durch die Kriegszeit eine erhebliche Einschränkung erfahren hat, der man wird doch denken, Luft sei die Hauptsache zum Leben, freilich nicht zu brauchen; denn der Lichtbogen fladert wie aber auch in diesem Jahre nicht vergessen bleibt. An diesem Tage aber doch war es Samals fo; denn die Luft ließen ein Licht im Sturme, aber dazu ist sie ja auch gar nicht bestimmt. üben die Frauen allein im Hause die Herrschaft aus, die Glocken uns die lieben Vettern ruhigen Gemütes, weil sie dachten, sie hätten Dafür gibt fie aber eine sehr reiche Ausbeute an Stidstoffverbinder St. Gudulakirche läuten ihnen zu Ehren, und in vielen Familien uns alles andere, was zur Kriegführung gehört, so gründlich gedungen, aus denen man je nach dem, was man herstellen will. pflegt man ein kleines Festmahl abzuhalten, nach dem die Frauen nommen, daß dieses nicht schaden tönne. Vor allem dachten sie an Ammoniak oder Salpetersäure macht. Die weitere Umwandlung in zum Scherz ihre Männer wegtragen müssen. Ueber den Ursprung die Lebensmittel und an den Schießbedarf, und ivenn jemand ihnen eines der gebräuchlichen Düngemittel, schwefeliaures Ammoniat oder des Brauches berichtet eine alte Sage, ein Burgherr von Brüssel Damals gejagt hätte, daß. die Deutschen   sich beides aus der Luft falpetersaures Kali, ist dann leicht. Allein die Möglichkeit, auf diese oder einer benachbarten Stadt habe durch seine Grausamkeit und holen würden, so wäre er wohl gewaltig ausgelacht worden. Und Weise die erforderlichen Düngemittel zu gewinnen, hat uns den Erpressungen den Haß der ganzen Gegend auf sich gezogen, jei dann doch ist dies inzwischen Tatsache geworden, und das, was damals englischen Aushungerungsplan zuschanden machen lassen, sonst hätte in seinem Schlosse belagert worden und habe sich endlich zur Ueber­ein fleines Loch schien, ist zu dem großen Loch geworden, das den unsere Landwirtschaft aus Mangel an Dünger längst nicht so viel gabe genötigt gesehen. Da die Feinde aber keine andere Bedingung gangen Ententefriegsplan zerreißt. erzeugen fönnen, wie wir gebrauchen. zugestehen wollten als die, der Burgfrau zu erlauben, mit ihrer Aber die so gewonnenen Stickstoffverbindungen haben noch eine kostbarsten Habe, die sie auf einmal tragen fönnte, das Schloß zu ganz andere, äußerst wichtige Bestimmung. Unsere neuzeitlichen verlassen, so steckte diese ihren Ghemann in eine Kiste und trug ihn Sprengstoffe find durchweg Verbindungen der Salpetersäure, also auf ihrem Rücken zum Tor hinaus. Man begegnet also auch hier stickstoffhaltig; auch sie hätten wir ohne die Aushilfe durch den Luft- demselben Sagenstoffe, der in der von so vielen deutschen Dichtern stiditoff gar nicht herstellen können, wenigstens nicht in dem ge- verherrlichten Sage von den Beibern von Weinsberg   vorliegt. Nach waltigen Ausmaß, wie es dieser Krieg verlangt. Daß der ganze einer anderen in Brüffel verbreiteten Darstellung soll dieser Abend Krieg wesentlich eine Munitionsfrage ist, hat ja fürzlich auch Hin- das Erinnerungsfeit an den 19. Januar 1101 darstellen, an dem denburg gesagt, man könnte noch weiter gehen und sagen, daß er unerwarteterweise die Brüsseler, die den Gefahren und Leiden des eine Stiditofffrage ist. Wer am meisten Stichstoff hat, tann es am ersten Streuzzuges entronnen waren, nach Hause zurückkehrten. Die längsten aushalten. Nun wird es klar, weshalb das scheinbar so Freude der Frauen, die ihre Männer bereits als tot beweint hatten, fleine Loch im englischen Kriegsplan diesem so verhängnisvoll sei so groß gewesen, daß fie nach dem Willkommenmahl die Männer werden konnte und ihn schließlich ganz zerriß. auf den Rücken genommen und bis ins Schlafgemach getragen haffen.

Die uns umgebende Luft, die, soweit wir auch im Ballon oder Flugzeug aufgestiegen sind, immer in derselben Zusammeniegung vorhanden ist, besteht zu vier Fünfteln aus Stickstoff und zu einem Fünftel aus Sauerstoff. Wir haben alle schon in der Schule gelernt, daß der Sauerstoff die zum Leben unbedingt erforderliche Gasart fei, während der Stickstoff gar feinen Wert habe, höchstens eine Milde­rung des allzu scharfen Sauerstoffes darstelle, da die lebenden Wesen, in reinen Sauerstoff gebracht, sich schon in sehr kurzer Zeit verzehrten und zu Grunde gingen. Auch die Wissenschaft stand auf diefem Standpunkte; der Stickstoff schien nahezu überflüssig zu sein, wenn nicht gar schädlich, wie ja sein Name jagt. Freilich war schon durch die wissenschaftlichen Arbeiten des großen Chemifers Justus Liebig   eine Wandlung in diesen Ansichten angekündigt worden; denn Liebig gezeigt, die Pflanzen bei ihrem

samstum jehr weſentlich auf den Stiditoff angewiefen feien, ja daß

Kleines Feuilleton.

In Nordbrabant   ist der Montag nach dem Feste der heiligen drei Könige, der in einem großen Teile der Niederlande   Nasmontag ( der rasende, tobende Montag, auf denselben Ursprung führt auch der Rosenmontag in Köln  , der Fastnachtsmontag, feinen Namen zurüc) genannt wird, der Tag, an dem die Frauen ganz und gar Herrinnen im Hause sind und von ihren Männern beschenkt werden müssen. Es handelt sich hier wie bei dem Brüsseler Frauentage um Ueberreste der alten Weiberfastnacht, die einst allgemein in deutschen Landen begangen wurde und bei der die Frauen die alleinige Herrschaft im Hause ausübten. Spuren dieser Weiber­fastnacht haben sich in einigen Gegenden Deutschlands   bis zum heutigen Tage erhalten, so besonders in der Eifel  , nur knüpft sich hier die Weiberfastnacht an andere Tage der Faschingszeit an als in Flandern  . Man erjieht auch hieraus wieder, daß sich viele alte Deutsche Bräuche in Flandern   viel treuer bis zum heutigen Tage erhalten haben als in Deutschland   selbst.

Deutsche Lehrer in Japan   während des Krieges.

sie ohne ihn an Stickstoffbunger rettungslos zugrunde gehen müßten. Aber diesen Stickstoff nahmen sie nicht aus der Luft, sondern im Gegenteil aus dem Boden, aus Steinen und Erdarten, die in irgend­einer Form Stickstoff enthielten. Es schien also immer noch der Stid- Kgl. Schauspielhaus: Frnu Jnger auf Gestrot". stoff der Luft ein überflüssiges Gebilde; denn es war auf feine Wenn nicht etwa an einem Beispiele gezeigt werden sollte, daß Beise möglich, ibn für die Ernährung der Pflanzen auszunügen. man den Marschallstab dramatischen Genies in dem Tornister tragen Im den Stickstoffhunger der Pflanzen zu befriedigen, war man fönne, ohne bei den ersten Gehversuchen auf den Brettern auch nur vielmehr darauf angewiesen, ihnen stickstoffhaltige Steine und Erden ein Spürchen davon au verraten, ist es schwer, einen Grund zu als fünstlichen Dünger zu geben. Dadurch kamen die riesigen finden, weshalb dies Jbsensche Jugendstück aus der Mitte der fünf­Salpeterlager Chiles   erst gu richtiger Ausbeutung; denn ziger Jahre noch einmal ausgegraben wurde. Kein Zug und feine Salpeter ist weiter nichts als eine Verbindung von Kalium Wendung, die Widerhall im Herzen weckte und zu nachsinnendem oder Natron mit Sauerstoff, etwas Wasserstoff und viel Verweilen einlädt Vor allem auch ein merkwürdiges Fehlen jedes Stidstoff. Dadurch war für uns freilich eine Abhängigkeit Augenmaßes für das Bühnenmäßige. Der Dichter, der in seinen vom Auslande gegeben, die stets drüdend empfunden wurde. bürgerlichen Dramen mit solcher Meisterschaft die Vorgeschichte in Die deutiche Chemie spannte daber alle Kräfte an, um sie zu deren dunklen Tiefen Tun und Handeln der Personen wuracit, im befeitigen. Für diesen Zwed bct sich ihr ein geeignetes Gre Dialog als ein Moment dramatischer Entwicklung selbst lebendig zeugnis in dem in allen deutschen Gaswerken und Kokereien ge- werden ließ, ergeht sich hier in endlosen Berichten des Vergangenen, wonnenen Ammoniat, meistens Salmiafgeist genannt. Das ist eine die, unorganisch eingeflict, ermüden und verstimmen. Statt flarer Verbindung, die zum großen Teile aus Stidstoff besteht, die aber Gliederung Herricht hier ein Wirrwarr von Anschlägen, Intrigen, Vor einigen Monaten wurde berichtet, daß die deutsche Schule freilich in der ursprünglichen gasförmigen Gestalt nicht zu ver- Abenteuern, in denen der Hörer jia nicht mehr auskennt. in Yokohama   auch während des Weltkrieges ungestört fortbestehe, ja, wenden ist. Berfezt man ihn aber mit Schwefelsäure, so ergibt sich. Kämpfe, die Roitwegen für seine Unabhängigkeit im ersten daß die japanische Behörde auch nach Eintritt ihres Landes in das ein fester Störver, das schwefeljaure Ammoniat  , das sich als ein Drittel des 16. Jahrhunderts mit Dänemark   und Schweden   zu be- Lager unserer Feinde weder eine Aenderung des Unterrichtsplanes vortreffliches Düngemittel erwies. So konnte der Düngerbedarf stehen hatte, bilden den Hintergrund. Inger, die Herrin auf noch auch nur ein Beaufsichtigungsrecht ihrerseits beansprucht habe. der deutschen Landwirtschaft zum großen Teile mit deutschen Er- Destrot, die difter und verfchloffen dem Ausbruch des Krieges ent- Heute fann nun weiter nach zuverlässigen Mitteilungen berichtet zeugnissen gedeckt werden. gegen harrt, empfängt deir Sendling   des Dänenfönige, den glatten werden, daß auch alle diejenigen deutichen Lehrer, die, zum Teil Freilich gaben sich die Chemiler damit nichi zufrieden; nach wie Diplomaten und skrupellofen Herzensbrecher Lüde. Nachdem er seit Jahrzehnten, an japanischen höheren Schulen von Staats­bor war ihr Bestreben darauf gerichtet, den Stichstoff der Luft irgend ihre jüngere Tochter betört und in den Tod betrieben, erprobt er wegen angestellt waren. gleichfalls bis auf den heutigen Tag in pie uzbar, zu machen. Es ist ja flar, daß ein daraus gewonnenes feine Berführungsfünfte nun an Chline, der älteren Von einem ihren Stellungen belajjen worden sind, sofern sie nicht felbft Düngemittel besonders billig werden mußte, schon weil der Vorrat Bauernaufstande erwartet Inger das Signal zum Bosschlagen und die Lösung ihres Dienstvertrags herbeigeführt haben. Ihre Auf­an dem Rohstoff völlig unbegrenzt war. Aber allen solchen Versuchen setzte träumt: ihrem unehelichen, fern von ihr aufgewachsenen gabe ist die Wermittelung der notwendigen Kenntnisse des Der Stickstoff einen äußerst hartnäckigen Widerstand entgegen. Er ist Sohn die Krone auf das Haupt zit feßen. Der junge Mann, der Deutschent an Zöglinge höherer Lehranstalten, die sich für nämlich ein ungewöhnlich träger Körper, d. h. er hat keinerlei Neigung, fich Vater und Mutter nie gekannt, langt am mit einem Schreiben, das bestimmte Berufe, zu deren Erlangung fie der Beherrschung mit anderen Körpern chemisch zu verbinden. Erst die Entwicklung über seine Abstammung Auskunft gibt, gerät indes an Lücke, der der deutschen Sprache in Wort und Schrift unbedingt bedürfen, der Elektrotechnik und die Nutzbarmachung besonders hoher Spannun- ihm den Brief ablockt und nun die raffiniertesten Intrigen fpinnt. bereits entschlossen haben. Zu diesen Berufen gehören bor gen konnten diesen Widerstand des Stickstoffes brechen. Man machte Durch eine Häufung wunderlichster Birrnisse tommt es am Schluß allem die des Arztes und des vorwärtsstrebenden Offiziers, fremde, Jüngling, der an der Spize von Frau dann in bedingtem Umfange der des Juristen und in neuerer Salpeteriäure, also eine Stidstoff- Sauerstoff- Verbindung bildete; offen- Ingers bar vermochte die ungeheure Hize des Lichtbogens die beiden Gase, ins Schloß zurüdgetrieben, daselbst auf Jugers eigenen Befehl ge­die in der Luft nebeneinander vorhanden sind, ohne sich miteinander tötet wird. Bu spät erkennt sie, daß er ihr Sohn war. Was dann zu verbinden, doch zu verschmelzen. Diese Beobachtung wies den den Anlaß zu großen Wahnsinnsmonologen gibt. Weg, den Luftstickstoff nutzbar zu machen. Man mußte einen fräf- Tilla Durieug glänzte in der Titelrolle mit Virtuosenkunst, tigen Luftstrom durch eine Bogenlampe jagen, dann konnte doch ohne daß es ihr gelungen wäre, die Last des Unlebendigen in man fiber fein, darin immer Salpeteriäure oder ähn- der Figur zu tilgen. Frl. Thimig lieb den Liebesworten Güinars

die Beobachtung, daß sich in der elektriſchen Bogenlampe immer etivas dahin, daß er tech chweben siehen soll, burch Lüdes Verbündete Zeit in fortschreitendem Maße der des Technifers und Jugentene.

1]

Es ist sehr möglich.

Von Heinrich 3icho!! e.

Daß der Japaner auch in der jebigen Zeit die Unterweisung seiner voranstrebenden Jugend in der deutschen Sprache und damit die Verbreitung deutscher Stultur in seinem Lande nicht nur duldet, sondern mit Staatsmitteln nach Möglichkeit weiter fördert, scheint dafür zu sprechen, daß er diese Dinge später noch sehr benötigen werde.

ihn, wenn es ihm entschlüpft war, den Folgen davon weiter nach Umständen, bald von lauter Engeln, bald von lanter nachzuforschen, und es berichtigte oder bestimmte dann feine Teufeln bevölfert. Ansichten der Dinge und leitete demzufolge seine Handlungs- Das begegnet mir wohl wider Willen, auch jetzt noch! weise. Das Sprichwort übte also über seine Dentart, über sagte Frig.

sein Tun und Lassen und über den Gang seiner Schicksale Das ist sehr möglich, antwortete der Staatsrat, Senn Der kürzlich verstorbene Staatsrat Stryf führte fast bei einen großen, entscheidenden Einfluß. Wer follte dies glauben? ein junger Mensch, der nicht in diesen Irrtum verfällt, hat jeder Gelegenheit die ihm zur Gewohnheit gewordene Redens- Gerade von einem Manne von Verstand und Einsicht glauben? entweder nie ein ganz reines oder fein warmes Herz gehabt. art im Munde: Es ist sehr möglich. Nicht selten lief sie so lind doc) war es sehr möglich". Man muß einmal da hindurch. Nun weiter. Ich mußte gar in seine amtlichen Vorträge mit unter, die er über Ver- Er selbst wußte dies von sich wohl. Dennoch blieb er lange unentgeltlich arbeiten, che ich einen Titel und waltungsgegenstände dem Landesherrn schriftlich, oder im nicht nur seinen vier Worten getreu, sondern wollte jogar in endlich ein Aemtlein mit magerem Gehalt empfing. Das Streise der übrigen Amtsgenoffen und der Minister machte. vollem Ernst, daß sich sein einziger Sohn diefelben ange- ist so der Lauf der Dinge. Jah wußte es voraus. Man Dann gabes, auch bei den allerernsthaftesten Anlässen, wöhnen sollte. Der junge Mann, der, wie es junge Leute zu durfte nicht wissen, daß ich arm sei; sonst hätte ich bei. ein stilles Lächeln, wie ein Lächeln bei des Nachbars   haben pflegen, sich einbildete, in mancherlei Dingen beffer zu Hohen und Niedern weit weniger Achtung genossen, als ich Schwächen zu sein pflegt. Das fonnte nicht fehlen. Gewisse sehen, als der alte Herr, sand solche Zumutung etwas verdiente. Ich war also beständig äußerst sauber gefleidet, Leute sehen des Nachbars Schwächen mit stets verjüngtem sonderbar. was man damals galant hieß, jest elegant. Ich wohnte in Vergnügen. Ihnen verzeiht man die kleine Eigenheit gern, lieber schönen Zimmern; ich erschien in den vornehmsten Gesell­Inzwischen war und blieb der Staatsrat Strut ein an- Vater, sagte er, aber an mir würde man sie lächerlich finden, schaften. Ich scheute mich fogar nicht, von Zeit zu Zeit gesehener, hochachtbarer Mann. Die nacheinander folgenden weil sie offenbar Nachäffung und eine recht absichtlich und frei fleine Luftpartien mitzumachen, die ettvas Geld kosteten. Landesfürsten schäßten ihn, und zogen ihn immer wieder her- willig angenommene Redensart wäre. Dabei war ich ohne Schulden, und das wollte von jungen bor, weil er mit seinen Stenntnissen, mit seiner Gewandtheit Das ist sehr möglich, lieber Frig! versetzte der Staats- Herren meines Afters und Standes viel sagen. Ich in Geschäften wesentliche Dienste leisten konnte. Jedermann rat: Aber was ist daran gelegen, wenn solch ein paar Wörter stellte mich überall wohlhabender, als ich war. Und das gab zu, er fei ein gelehrter Mann, ein Mann von Takt, wie dir Ruhe, Gleichmut, Besonnenheit und Lebensglück geben? alles bewirfte ich mit wenigen Gelde. Niemand wußte, inan ihn wegen der ihm eigenen Menschenkenntnis nannte, Der Gewinn ist zu groß. Und willst du das Wort nicht laut daß ich das ganze Jahr hindurch magerer lebte, als ein die er, so richtig anzuwenden wußte. Ja, man hielt ihn für jagen, aus Furcht vor Spöttern, so beschwöre ich dich, denke Baugefangener. Salz und Brot und Wasser, nebst Milch gelehrter, als er war, für flüger, als er war; felbst gute es wenigstens bei jeder Gelegenheit für dich im stillent. war meine beständige Kost. Bei allem dent war ich sehr Stöpfe hatten nicht nur Ehrfurcht und Achtung für ihn, sondern Aber, Väterchen, wozu das? Ihre Vorliebe zu dieser glücklich, weil mein Herz vollen Genuß hatte, nicht nur im Togar eine gewiffe Scheu, weil sie denen nicht recht trauen, Redensart geht doch beinahe zu weit, wie es mir vorkommt. die flüger sind als sie. Und doch war der Staatsrat Stryk Kind, ich habe für die Redensart nicht so viel Vorliebe, ein grundredlicher, offener, gewissenhafter Mann, dem man als für dich; darum wünsche ich sie und mit ihr meine nichts Böses nachsagen konnte. Aber eben daß man das Seelenruhe, méin inneres Glück auf dich zu vererben. Glaube nicht fonnte, galt wieder als ein Beweis feiner Erg doch nicht, daß mein Sprichwort mir ganz zufällig zur Ge feinheit, und als triftiger Grund, sich vor dem Maune wohnheit geworden sei. Nein, es war ursprünglich eine recht in acht zu nehmen. Der Glaube an feine Slugheit ging fo absichtliche und freiwillig angenommene Redensart. Ich ver weit, daß man ihn allgemein für den weitsehendsten Poli- danfe ihr aber alles, was ich bin und habe.

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tifer, für einen wahren Propheten hielt. Und an dem allen Was bewog Sie denn, diese Eigenheit anzunehmen? Sie

war seine sprichwörtliche Redensart schuld: Es ist sehr möglich!

Bewußtsein erfüllter Pflichten oder in jugendlichen Hoffnungen von einer goldenen Zufunft, sondern auch sonst noch. Ich war überall willkommen und geliebt. Die Weiber hatten mich gern. Unter den Männern war ich wohl gelitten. Allein von allen Männern hatte ich nur einen einzigen auserwählten, geprüften Freund, einen Advokaten Schneemüller. Wir waren beide ein Herz und eine Seele. Schon auf der Hochschule hatte er sich in einem Duell für mich beinahe aufgeopfert. Er bewies fich in Not und Weh bewährt. Von allen Frauzimmern galt Das Unglüd meiner Jugend und die Verzweiflung. Nur mir nur eins über alle. Es war die Tochter des Generals ban durch diese elenden Wörter richtete ich mich wieder empor Inten. Sie hieß Philippine. Ich liebte sie jahrelang Es wird unseren Lesern nicht unangenehm sein, folgende und ward meiner selbst Meister. Deine Großeltern waren schweigend; liebte, ohne zu wissen, wie ich liebte. Es war Beiträge zur Charakteristik dieses in der Geschichte seines herrliche, gottesfürchtige Personen; großes Vermögen aber beinahe nur stumme Abgötterei; aber mein ganzes Leben Vaterlandes merkwürdigen Mannes zu erhalten. Wir ver- besaßen sie nicht. Was ich von ihnen erbte, reichte zur Not ward durch diese Liebe geheiligt. Niemand erfuhr den Zu­danten sie seinen nächsten Verwandten. Zum Teil gab er sie hin, daß ich meine Lehrzeit auf der hohen Schule anständig stand meines Innern: ich wagte feinem davon zu sprechen. felber in einer Art Tagebuch, das er in früheren Jahren zubringen fonnte, und noch einige Jahre darüber hinaus zu Denn was dem Gemüt das Allerheiligste ist, wird durch heu fleißig unterhielt. Das Wichtigste bleibt immer sein Sprich leben hatte. Ich war ein junger, unverdorbener Mensch, hatte Laut des Wortes, auch des reinsten, gleichsam entweiht. Da­wort, das er überall anbrachte: Es ist sehr möglich! brav gelernt und war zu edelsinnig, weil ich nur unter den her spricht niemand gern einem andern von seiner Liebe, und Denn wenn es ihm zuweilen, ihm selbit unerwartet, ent- Urbildern des Höchsten und Edelsten lebte. Das brachte mir niemand gern im gesellschaftlichen Leben von seiner innersten fuhr, sprach er es doch nie gedankenlos. Oft veranlaßte es viel Unheil; denn ich verkannte die Welt, und glaubte sie, je Religion. Forts. folgt.)