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Nr. 113.

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für 1894 unter Nr. 6919.

Vorwärts

11. Jahrg.

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Fernsprecher: Amt 1, Nr. 1508. Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin !

Berliner Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Sonnabend, den 19. Mai 1894.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

Arbeiter! Parteigenossen! Trinkt kein boykottirtes Bier!

Roeliche& Cie.

Fürstenwalde, und der Verkäufer war Herr Auguft Zimmer-| sirung der politisch und gewerkschaftlich organisirten Ars mann, der erste Direktor von Tivoli. beiterschaft, das ist das Zeichen der Zeit, das ist der Gang Die Schloßbrauerei Schöneberg rechnet der beste Kenner der Entwickelung. Der Leibhusar der Berufsgenossenschaften, Herr Richard der Gründerzeit schon zu den grausamen Gründungen", Jm Brausteuergebiet gab es 1873 noch 10 927 gewerbs liche Brauereien. Rösicke, dessen nie versiegender kapitalistischer Muth sich in sie ist ein Werkt des berufenen Hermann Schuster. Damals betrug die Biererzeugung den stürmischsten Zeitläuften zu Ehren des Unternehmer- Wie heute spielten auch damals schon die Tantièmen, 16 102 000 Hektoliter. Im Jahre 1891/92 gab es nur gewinns bewährt, das wildliberale Mitglied des Reichstags die Vorstand und Aufsichtsrath erhielten, eine bedeutende noch 7785 gewerbliche Brauereien; es wurden 32 632 000 für den 1. anhaltischen Wahlkreis( Dessau ), macht bekannt- Rolle. Das Böhmische Brauhaus, das der frühere Besitzer Hektoliter produzirt. Die Zahl der kleinen Braue die lich nicht nur in Bier( Schultheiß und Tivoli), in faust- Gerichtsassessor a. D. Armand Knoblauch von F. W. Krause reien, 60-300 Mart Brauftener entrichteten, Mittlere Justizrath Ahle- betrug 1873: 3343, 1891/92 aber 1721. dicken Verschmelzungen großer Betriebe und Auflösung u. Ko., Kommerzienrath B. L. Wrede, Justizrath Ahle- betrug 1873: Kleiner Unternehmungen. mann u. f. m. gründen" ließ, z. B. zahlte an die Brauereien, die 600 bis 1500 M. Brausteuer zahlten, gab Dieser Ehrenmann- sie sind ja alle, alle ehrenwerth Aktionäre 85 000 Thlr., an Vorstand und Aufsichtsrath es 1873: 1930, 1891/92 blos 1476. Dagegen stieg die macht auch in Arbeiterfreundlichkeit. Beim Himmel, 15 000 Thaler; Schultheiß 50 000 bezi. 11 000 Thaler; Bahl der Großbrauereien, die 6000 bis 15 000 m. Brau­das gehört heutzutage zum Geschäft. Wer ein Unternehmer Tivoli 125 000 beziv. 21 000 Thlr. Die Leitung solcher steuer zahlten, von 299 im Jahre 1873 auf 490, die der großen Stils heißen will, darf seinen Profit nur mit dem Brauereien auf größter Stufenleiter, die über 15 000 m. vorschriftsmäßigen sozialpolitischen Augenaufschlag ein­Brausteuer entrichteten, von 162 im Jahre 1873 auf 374 säckeln und muß von praktischem Christenthum triefen wie ein im Jahre 1891/92. Brautessel von Würze.

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Alle Schranken reißt solch ein Bierkapitalist nieder, wenn er nur seiner Seele heißen Drang, Gutes zu stiften und den sozialen Frieden zu fördern, aus Herzenslust be­friedigen tann. Er tritt die Koalitionsfreiheit mit Füßen und sperrt organisirte Arbeiter zu Hunderten aus, er giebt sich unter dem rauschenden Beifall aller bürgerlichen Boli­tifer als unumschränkten Selbstherrscher vom Wirbel bis zur Zehe, der den Pöbel mit Gewalt beglückt und Menschen formet nach seinem Bilde.

Unternehmungen ist ein recht profitlicher Beruf. Mit Be­lastung der Unternehmungen, Anlage großer Bauten, Au­fauf kostspieliger Terrains zögerten die tapferen Gründer nicht. Das Böhmische Brauhaus ließ der ersten Emission von 600 000 Thirn. 1873 eine zweite von 200 000 Thlen., 1874 die dritte von 300 000 Thlr. folgen. Doch fand die dritte Emission teinen Antlang mehr, und Herr Armand Knoblauch mußte sie selbst übernehmen.

Das Wachsthum des Großbetriebes geht, wie aus diesen amtlichen Zahlen erhellt, Hand in Hand mit der Ent­wickelung der modernen Form des Großbetriebes, der Aktien­gesellschaft.

Die

Es wächst der Kapitalist mit seinen höheren Zwecken, Immer mehr hat sich in der Bierbrauerei der Groß- er wird selbstherrlicher, unverfrorener, frivoler. betrieb entfaltet, die Maschinerie hat mehr und mehr die Die Berliner Arbeiterschaft hat mit dem Brauerei­geschickte Handarbeit verdrängt. Die Erzeugung ist von kartell wieder einmal abzurechnen. Sie wird zeigen, geworden. der Auf hoher daß Uebermuth der Jahr zu Jahr intenfiver Arbeiterfreunde, Stufenleiter produzirt heutzutage das Braukapital, den Volksrechten Gewalt authun und deren Sozial­nur lebensfähig ist, wenn wenn es mit möglichst politik So entfaltet er seine Gaben, so gebraucht er alle Macht das fich dem nach Grundsatze ins Leben mittel, so tettet er das schwächliche Kroopzeug der kleinbräuer- großen Mitteln nach allen Regeln der modernen fett: Bereichert Euch! endlich einmal die wohlverdiente lichen Kapitalisten an den Ring, worin er der Meister ist. Ausbeutungstechnik wirthschaftet. Der Kleinbetrieb ver- gründliche Lehre empfange. Blättern wir doch ein wenig in der Geschichte der Berliner schwindet, der Großbetrieb herrscht vor, die Aktiengesell- Denn der Zäsarenwahnsinn der Herren vom Darrboden Brauereien! Kaum hatten wir das Aktiengesetz vom 11. Juni schaft, die Grund- und Bodenspekulationen mit der Er- und Sudhaus überschreitet Damm und Deiche. 1870, da ging auch in Berlin das Gründen an. Die zeugung von Attienjauche anmuthig verbindet, tritt in den Brauerei Schultheiß wurde gegründet vom Kommerzienrath Vordergrund. Die Dividendenjago spornt zu festerem Zu Wilhelm Herz, dem früheren Reichstags- Abgeordneten Gustav sammenschluß an, die Berufsgenossenschaft liefert den Farb­Müller, dem Konsul Georg Marchand, dem Kommerzienrath malzbaronen die bequeme Grundlage neuer Organisation, Benjamin Liebermann, Herren Oskar Heinauer, Julius die sich zu einem echten und rechten Unternehmerverband Schiff, Adolf Rösicke und IHM, dem früheren Mitvorbesitzer auswächst. von Schultheiß, dem ungekrönten Aktienbierkönig Richard Rösicke . Das Grundkapital von Tivoli, der jetzigen Schwester brauerei des Schultheiß- Unternehmens, betrug bis 1870 1 Million Thaler. Bis 1876 hatte Tivoli es schon auf 2 600 000 Thaler gebracht. 1871 ward eine zweite Brauerei zugekauft und glänzend bezahlt. Sie lag in

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Feuilleton.

Der Jude.

Deutsches Sittengemälde

aus der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts. Von C. Spindler .

Berauschende Gründergewinne, hohe Dividenden, Massen­produktion, ein bethlehemitisches Morden der Kleinbetriebe, Kartellbildung, Auswucherung und Schuldknechtschaft der Schankwirthe, die gleich den Kleinbrauern zu Vasallen und Dienstsassen des Aktienkapitals gemacht werden, Monopoli­firung des Biergeschäfts, das von den Großbrauereien selbst oder durch Pächter in Bierpalästen betrieben wird, Brutali­

Herzogshut, der andere ein einfach Piret trägt, wenn auch der eine in des Lebens Herbst, der andere erst in dessen Frühling tritt." Er stand auf und schüttelte traulich Dagoberts Hand." Fürwahr!" fuhr er fort: diese Hand werde ich früher gebrauchen, als Ihr wohl denkt, und auch den Kopf, meine ich; wenn Ihr anders nichts da 41 gegen habt."

Verlogen ist die Kampfesweise dieser Leute, die recht gut wissen, daß sie ein faules Spiel treiben, daß die Sympas thien der großen Masse für die Arbeiter, gegen die Brauer­barone find. Auf den Rösicke die richtige Antwort! Auf einen Schelm anderthalbe!

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Auf die schnöde Aussperrung der klassenbewußten Ar­beiter der regelrechte, planmäßige Bierboykott! Auf das Kartell der Unternehmer das Kartell der sozial­demokratischen Arbeiter!

3wölftes Rapitel.

Laßt uns rühren die fröhlichen Schellen! Rüftig und schnell ins Gewühl hinein; Darf der Thorheit sich Ernst beigesellen, Dann ist es Luft ein Narr zu sein. In der Poeten fabelhaft Reich Baubert ein drolliger Fastnachtsstreich!

W.

sprecht, mein Herzog!" bat Dagobert ungestüm: ,, Was kann ich thun, um Ener Vertrauen zu verdienen? Nun, wie gefall' ich Euch?" sprach Gerhard lachend zu Redet; auf der Stelle sei's vollbracht." Der Herzog Dagobert, als sich beide am Nachmittage des Fastnachts legte den Finger auf den Mund. Noch ist's nicht an der dienstags in ihre Larvenkleider gesteckt hatten: Bin ich nicht Beit!" begann er: doch die Zeit wird kommen; verlaßt der wildeste aller Jäger? Kreuz, Stein und Dorn! Was Euch darauf. Noch darf ich nicht reden, sondern nur lauernd werden die Leute gaffen, und auch Ihr, Junkerlein, seid Sie maßte sich stets an, die Klügere zu sein," ver- harren, bis geschehen muß, was noch jetzt ein Geheimniß der schmuckste Schaltsnarr, der jemals zu Costniß die ficherte Dagobert: ohne meiner Mannheit zu vergeben, ist. Gelt, ein schmachvoll Jahrhundert, in dem sogar ein Schellen regte. Wir werden Aufsehen machen, wo wir uns darf ich die Uebermüthige nicht warnen. Auf meinen Arm Fürst wie ein gefährlicher Verbrecher heimlich thun muß, nur zeigen."-" Das verhüte Gott !" erwiderte Dagobert. mag fie eher rechnen, wenn der Zufall mich einst zu ihrem in dem das Recht auf leisen Socken schleichen muß, während Benehme Du Dich nur nicht auffallend und allzu aben­Beistand auffordern sollte, obgleich sie es nicht verdient." der Schelm ohne Scheu so viel Lärm macht, als ihm teuerlich. Deine ungehobelte Gestalt ist ohnedies allzu­Warum müßt Ihr ins Kloster wandern?" fragte der beliebt. Aber das Gute und Rechte thun, wenn es auch fenntlich, wenn Du nicht den Mantel vernünftig und weit Herzog theilnehmend: Ihr habt Anlagen genug zum verboten ist durch schmähliche Gewalt, ist löblich, und in umgeschlagen trägst, damit er Dich verhülle"- Ohne biedersten Rittersmann." Wille und That sind bei Euch solchem Falle sind alle Mittel, soferne sie nicht Sünde find, Sorge!" meinte Gerhard. Ganz Costniß ist der Meinung, eins und daffelbe. Ich habe heute einen weißen Raben ge dem ehrlichen Zwecke gerecht."" Ist das Guer aufrichtig ich laufe noch immer als" großer Christoph umher, denn Laßt mich in Glaubensbekenntniß?" fragte Dagobert den Herzog rasch ich habe meinem langen Vollbrecht Kleid, Schürbaum und feuch, gteichfeltene Sleing finden, einen treuent Fremy, und fühn.- Mein aufrichtigſtes," entgegnete, biefer, und geilige funden, dankbaren nämlich. Laßt mich in?" das Kleinod Freund, Heiligenschein abgetreten." Herrlich!" versetzte Dago­wie ihn ein Fürst so selten hat, von verschwiegenem Mund, fügte abbrechend bei: des besten mich zu Euch versehend, bert." Ganz Coſtniß weiß demnach, daß Du in jener bereitwilligem Arm und redlichem Herzen." Mummerei stecktest, und wird gewiß auch von der neuen er­Und start auf's neue in Geist und Kraft scheide ich fahren haben." Ich will im nächsten Stechen in jedem so viel Zuneigung, und wollte Friedrichs Hand küssen. von Euch, edler Herzog," antwortete Dagobert, zufrieden Rennen den Sand küssen, wenn eine Seele von dem wilden Der Herzog zog sie aber zurück. Keine Umstände!" sprach von seinem erhabenen Freunde gehend. Jäger weiß," betheuerte Gerhard. Mit dem Christoph war's ein ander Ding. Um einen Begleiter und eine An­sprache zu haben, erlaube ich meinem Knechte Vollbrecht, mit mir umher zu laufen, und da der einfältige Tropf mich immer gestrenger Herr nannte in Dorf und Stadt, so war's gleich weltkundig, wer ich sei." Eine herrliche

Mein gnädigster Herr!" rief Dagobert überrascht von

er ernst: Wäre ich Euresgleichen, ich nähme Euch in meine Arme. Dieses ziemt mir nun freilich nicht, da Gott einen Fürsten aus mir gemacht hat, und Schranken müssen einmal fein auf Erden. Aber die Hände dürfen sich zwei Biedermänner wohl schütteln, wenn auch der eine einen

entlasse ich Euch."

"