st. 54.— t9i7. Untct�altungeblatt dcö t)ort5)ött0 s««»«»e»d.Zt.Mti«r.
Die Erfolge Ses Hpgiene-Zelözuges in Polen . � Die Hygiene und das damit �usammenbängende öffentliche Ecsundheilswesen, dessen Voraussetzung Organisation und Disziplin sind, lagen naturgemäß in Polen unter russischer Verwaltung brach, während eS zweifellos an tüchtiger, einzelärztlicher Tätigkeit auch dort gefehlt haben wird. Dem deutschen Generalgouvernement standen in dieser Hinsicht Ausgaben bevor, die der ganzen Kraft einer.nicht feindlichen" Regierung während mancher Dezennien wert gewesen wären. Sie dürfen dank der außerordentliche»» Tat- krast und Ärbeitsfreudigkeit der dorthin verpflanzten deutschen Aerzteschast, die sich freilich auf einen guten Stab polnischer Mitarbeiter stützen durfte, als in wesentlichen Punkten gelöst angesehen werden, wobei— was besonders zu betonen ist— weit über die unmittelbaren militärischen Notwendigkeiten hinausgegangen worden ist. Von der erstaunlich großen Zahl der Probleme, die bei dieser buchstäblichen Sanierung in Angriff zu nehmen waren, geben Mit- teilungen G. MamlockS in der.Deutschen Medizinischen Wochen- schrifl" ein eindrucksvolles Bild: Um an die Durchführung der hauptsächlichsten Maßnahmen überhaupt erst herantreten zu können, müßten die an sich unvollkommen ausgebauten und durch den Krieg noch weiter gehemmte» behördlichen Organe neu geschaffen werden. Von der polnischen Aerzteschast waren so Proz. zum Heere einge- zogen und dadurch zum Teil nach Rußland verichleppt worden. Die Folge war ein unbeschreiblicher Mangel an Landärzten, da selbst die gebliebenen kläglichen Reste die Konjunktur häusig benutzten und in die Stadt wanderten. Die Beaufsichtigung inseltiöser, epidemischer Krankheiten lag vollends im argen. Die einfachsten Begriffe von Reinlichkeit fehlten der völlig unbelchrt und unberaten gebliebenen Bevölkerung durchgängig. Die Fürsorgetätigkeit war kaum anqe- bahnt. Der im Osten besonder» ausgeprägten Ungeziefergesahr war behördlich im Grunde nie entgegengetreten worden. Mochte es gehen, »wie s Gott gefällt!" Um hier mit Nachdruck einzugreifen und Einfluß gewinnen zu können, wurde bald durch eine Kreisverordnung die gouvernementale Tätigkeit rechtlich gestützt. In Anlehnung an das ReichSseuchengeietz wurden Melde- und Ouaranksinevorschriften, Bestimmungen über Wajserbpglene und Leichenichau in gleicher Gründlichkeit erlassen. In Warschau wurde jede Tätigkeit in dieser Richtung besonders zentralisiert. Das SanilätSkomitee erhielt genaue planmäßige Ar- bcitSanweisungen. Zur Bekämpfung des Flecksiebers z. B. wurden Garnisonärzten jeweils Stadtgebiete zur Revision von Haus zu HauS überwiesen. Die Entlausung der Einwohner, die Des- tnfeklion der Wohnungen war zum gleichen Zweck zu regeln. Der Cholera war bereits Oktober lSlS völliger Einhalt getan worden. Die Statistik und genaue Buchführung ansteckender Krankheiten, die Leichenschau, Friedhofsvorschriflen und Einrichtungen ähnlicher Art wurden erst in die Wege geleitet und ihre Durchführung mit Hilfe einer strengen, disziplinierten SaniiätSpolizei erzwungen. SäuglingSfürsorge, Swulbygiene, Schulspeisung und allgemeine kaisenärztliche Tätigkeit waren Wohltaten neuer Art für die Be- völkerung, bei denen der jüdische Anteil in gleicher Weise Berück- sichtigung fand. Die NahrungSmittelhygisne bedurste bei den ein- gewurzelten Gepflogenheiten der Bevölkerung besonders scharfer Ileberwachung. Die Belehrung der bisher mißleiteten oder doch verwahrlosten Bevölkerungsschichten war ein Punkt von erheblicher Wichtigkeit, dem durch Veranstaltung von Vorträgen und Auf- klärungStäligkeit bei der Lehrerschaft, Geistlichkeit und dem unteren .Pcrwaltungsapparat genügt wurde. Von grundlegender Bedeutung müssen auch Maßnahmen wie die des Impfzwanges für Pocken für die sanitären Verhällnisse des künftigen Polens werden.
Em neues Drama von Heinrich Manu. In den M ü n ch e n e r K a m m e r s p i e I e n erlebte Heinrich Manns neiics Drama„M adame Legros" seine Uraufführung. Das Stück fft ein Vorspiel zur großen französischen Revolution: die Frau des einfachen Strumpfwirkers LegroS, die das Gefühl sittlicher Mitverantwortung mit Begeisterung erfüllt, macht sich zum Werkzeuge der Befreiung eines Unschuldigen, der 43 Jahre lang in der Bastille gefangen sitzt. Ihr Martyrium, das sie zur Preisabgabe de: eigenen Person zwingt, daS ihr auch Schuld und ScMechiigkeii aufbürdet, dem großen Ziel zu Liebe, das ihr Schick- sck�gewotckcn ist— dieser Weg der Leiden und der Duldung führt schließlich zur Erfüllung: durch die Gnade der Königin Marie
Lßj Der polizeimeister. � Ein russischer Polizeiroman von Gabryrla Zapolska. „Schweig, Bestie!" brüllte er fast besinnungslos. Er zerrte sie am Haar. Sie erwiderte mit noch lauterem Ge- schrei. Da begann Tagejew die Steppdecke und die Kissen von ihr herunter zu reißen und alles in Stücke zu zerfetzen. In einem Augenblick erfüllte eine Menge Lumpen die matt- beleuchtete Stube. Halbnackt, in zerrissenem Hemd und mit flatterndem Haar, die Kinnlade vorgeschoben, lag Rosa an die Wand gedrückt leichenblaß auf dem Bett und schluchzte. „Schweig, Bestie!" Jetzt flogen Rosas dürftige Kleider, ihre Strümpfe und Schuhe in Fetzen. Was er mit den Händen nicht zu zerreißen vermochte, zerriß er mit den Zähnen. Schaum floß von scinenl Mund. Er schrie nicht mehr, sondern wimmerte und keuchte. Klitzki drang zur Tür und stürzte nach dem Korridor. Das Hotel war leer. Außer ihm. Rosa, dem verpfändeten Offizier und dem Gutsbesitzer aus Litauen waren keine anderen Gäste da. Der Offizier war noch nicht zu Hause und der„litauische Gutsbesitzer" hörte den ganzen Vorgang mit außergewöhnlicher Gleichgültigkeit an. In dem dunklen Korridor bemerkte Klitzki ProschowskiS ängstliche Gestalt. Er ging auf den„Gutsbesitzer" zu und sagte mit erregter Stimme: „Verzeihen Sie, hören Sie, was dort vorgeht? Vielleicht können wir helfen?" Aber der Mann mit den seltsamen Augen entzog sich mit einer höflichen Geste einem Dazwischentreten. „Ich würde es Ihnen nicht raten.' sagte er mit liebens- würdiger Stimme. Klitzki erschien diese Feigheit sehr wenig am Platz. „ProschowSki!* rief er.„rufen Sie den Wirt!" Aber Proschowski verschwand wie verzaubert in der Dunkelheit. Inzwischen war Tagejew, nachdem er im Zimmer alles zerstört hatte, voll Wut auf den Korridor gestürzt. Er sah sich um und unternahm etwas ganz Merkwürdiges. Er hob die Tür zu Rosa Montags Zimmer auS den Angeln und stellte sie auf den Korridor. Klitzki trat auf ihn zu. „Sie sind von Sinnen. Herr Polizeimeister," sagte er in höchster Erregung. 1
Antonietie wird der Unschuldige frei und Madame LegroS erhält von der Akademie den Tugendpreis. Die Königin aber, die der Dichter zu der perversen eitlen Erscheinung einer überlebten fauligen Zeit stempelt, die Marie Auwniette Heinrichs Manns tut dies nicht aus Rührung und Großmut, sondern aus Erkenntlichkeit für die erotische Sensation, die sie aus Legros' Werbung für den Unglücklichen gewann. Auf diese Weise erkennen wir die innere Verkommenheit einer Zeit, in die dt« Revolution als grelle Fackel hineinleuchtete. Madame Legros, die ihr Werk vollbracht, kehrt zu ihrem Gatten zurück. Der aber fühtt sich der zur Heiligen ge- wordenen entfremdet. Das Volk verlangt nun nach seiner Heldin, die den ersten Schritt tat, die Unschuldigen zu erlösen und die nun Führerin aus dem großen Wege der Befreiung sein soll. Sie aber, die nur das Glück wollte, erschauert vor dem Grauen, das sie eui- fesselte, und bebt in Erschütterung, als die rasende Menge als erstes Opfer einen Unschuldigen hinmordct. Und sie birgt sich im kleinen Frieden ihrer Ehe, indem sie versucht, zu ihrem Manne zurückzufinden. Dieses an innerer Wucht reiche Stück, das Leiden- schaft bis zur Selbstverleugnung schildert, ist bedeutsam als Menschenbild, wertvoll aber auch als der dramatische Ausdruck einer kulturhistorisch bedeutsamen Zeit Es wurde in den Kammer- spielen glänzend dargestellt._
werke üer Technik im La�schostsbilS. Die von dem Zentrolinstitut für E ng und Unterricht eingeleitete Vortragsreihe über Wesen u Bedeutung der Technik wurde mit einem Lickübildvortrag»Werte der Technik im Land- ichaftsbild" von Prof. Franz-Charlotienburg tVertretec des Lehr- fache« Industriebauten, Technische Hochschule) fortgesetzt. Daö Gestalten von sichtbar bleibenden Werten der Technik war durch viele Jahrhunderte hindürch, bis zum Beginne des Maschinenzeitalters, bei allen Kulturvölkern ein einbeitliches. ES gab nur einen Gestalter von technischen Gebilden, den Ärchiieklen, Architektur war nicht nur die Baukunst der Kirchen, Ratbäuser und Denkmäler, sondern ganz in gleichem Geiste auch die Kunst aller anderen technischen Werke, Bauwerke und Ma- schinen. Die alten Baumeister, die Architekten, bauten zugleich auch Brücken und Wasierwerke, Mühlen und Krane und vieles andere, was in Stadt und Land an Werken der Technik erforder- lich wurde. Ihre Arbeiten waren ausnahmslos getragen von eurer Idee, der Schönheit alles Sichtbaren, die das ganze Bauschaffen ihrer Zeit durchzog. Die Einheit des BauschaffenS ist mit dem Eintritt in das Jahrhundert der Dampfmaschine verloren gegangen— gleichzeitig damit auch der ästhetische Grundgedanke. ES kam eine Zeit, die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts, in der sich das technische Gestalten nach zwei Richtungen schied: Schön- bauten und Nutzbauten; es gab jetzt Schönbaumeister(die in der alten Tradition weiter arbeiteten, aus ihrem Tätigkeitsbereich aber vieles ausschieden) und Nutzbaumeister, für die die Zweckmäßigkeit herrschend, die schöne Form aber gleichgültig wurde. Diese be- dauerliche Entwicklung ist in dem technischen UnterrichtSwcsen, da? zu gleicher Zett entstand, sehr gefördert worden. Die mittelbare Folgeerscheinung ist die Verunstaltung unserer Landschasten. Set: dem Ende des vorigen Jahrhunderts bahnt sich eine Wandlung an. der— wie zu boffeu ist— auch die tech- nikchen Unterrichlsanstalten folgen werden. Rückkehr zu dem alten Grundgesetz tsi möglich. Denn es ist nickt im Wesen der Technik be-- gründet, daß viele'threr Gebilde unserem Schönbettsempfinden zu- wider sind. Auch die neuere Technik kann alle ihre Werke ichön ge« stallen oder ihnen doch wenigstens eine solche Form geben, daß sie unseren ästhetischen Forderungen gerecht werden. Ob und wte weit dir« geschieht, hängt aber nicht von den Be- strebungen des Technikers ab. sondern in weitem Maße auch von der Stellung, die die Volksgemeinschaft zu der Technik einnimmt. Tritt sie der Technik und ihrem Wesen innerlich näher, nimmt sie wärmeres Jnteresie an ihren Werten, versucht sie noch mehr Verständnis für sie zu gewinnen, so wird die Sorgfalt im Gestalten der technischen Werke seitens der Techniker zunehmen und andererseits das Sckön- beitSempfinden auch Wandlungen unterworfen werden, die aus gleicher Linie sich bewegen. DaS Endziel muß jedenfalls das Schöne sein. Wir wollen unsere Heimat in ihrem alten Reiz er- halten, und wir wollen die Technik, die ihre hohe Bedeutung wieder gezeigt hat, auch in Formen sehen, die wir lieben können.
Allerlei vom Schnee. Dieser Tage beobachtete man zu Scherzligen in der Schweiz einen settsamen Schneefall: bei einer Temperatur von Grad
Aus Rosas Zimmer drang jetzt nur noch ein leichtes Weinen. Die Jüdin war erschöpft auf die Matratze gefallen und wimmerte leise:„Was fange ich jetzt an?" Wie ein Stier, der in der Arena mit roten Tüchern ge- reizt wird, damit seine Aufmerksamkeit von dem Torcro ab- gelenkt werde, so stürzte Tagejew sich jetzt auf Klitzki. „Was haben Sie hier zu suchen?" fragte er,' indem er dicht an Klitzki heran trat. „Zu verhindern, daß Sie eine Frau mißhandeln. Sie sind dazu da. auf Ordnung zu sehen und nicht selbst nächt- liche Skandale aufzuführen." Klitzki sprach mit gehobener Stimme und sah Tagejew fest an. Er bändigte ihn auf diese Weise und hielt ihn ivie ein wildes Tier im Zaum. Aber daS war kaum nötig. Tagejew war ein Mensch, der in einem Augenblick er- nüchtern und sich so benehmen konnte, wie es für ihn am Vorteilhaftesten war. So geschah es auch jetzt. Tagejew be- herrschte sich, kniff ein Auge zusammen, schnitt eine Grimaffe und sagte mit unbeschreiblicher Ironie: „Sie tun sich hier sehr wichtig und mischen sich in alle möglichen Dinge. Sie eignen� sich sehr gut zum Polizei- konsmissor. Schade, daß man Sie dort in Krakau nicht zum Bürgernteister wählt." Dann rückte er seine Mütze auf dem Kopf zurecht und fügte hinzu: „Gute Nacht!" Selbstbewußt, mit den Füßen im Korridor laut auf- stampfend, ging er an Klitzki vorüber. Klitzki machte sich jetzt an die lächerliche Arbeit, die Tür in das Zimmer der Sängerin einzustellen. Eine eisig kalte Luft drang vom Korridor zu ihr hinein. „Ich werde hier zum Don Ouixote!" sagte er. Er blickte ins Zimmer hinein. Rosa lag noch immer weinend auf dem Bett. Ihre zerfetzten Kleider lagen auf dem Fußboden umher. Klitzki hatte Mitleid mit dieser wehrlosen Frau, die nun auch des letzten Kleidungsstückes beraubt war. „Weinen Sie nicht!" sagte er mitleidig.«Ich werde Ihnen beistehen und Kleider beschaffen." Er gedachte, ProschowskiS Hilfe in Anspruch zu nehmen und die Sängerin so gut es ging einzukleiden. Aber sie antwortete nicht und wurde auf ihrer harten Mattatze von leisem Schluchzen geschüttelt. Klitzki kehrte in sein Zimmer zurück. „Was für eine Hölle!" dachte er und starrte traurig vor sich hin.
Celsius schneite es Flocken von etwa einem halben Zentinteter Größe unv in der Form genau abgezirkelter sechseckiger Täfelchen. Die Flocken besaßen also nicht die vielfach verzweigte Form der gewöhnlichen Schneeflocken, sondern eine massive, völlig uirdurch- brochene Sternform. Die eigentümliche Gestalt dieser Schnee- flocken wurde hier von der ttefeu Temperatur— fast— 10 Grad Celsius— bestimmt, wie denn überhaupt die Größe und Form der fallenden Flocken immer von der zur Zeit des Schneesalls Herr- schenden Temperatur abhängt. Je wärmer es ist, desto größer und verästeltcr sind die Flockensterne, während umgekehrt große Kälte sie verkleinert und zugleich massiver gestaltet. Die Flocken von Scherzligen zum Beispiel sind typisch für den Schnee hoch- nordischer Länder und der Hochgebirge wie auch für den Schnee der Polarländcr, der sich dort allerdings nur bei perhältniSmätzig hoher Temperatur einstellen kann. Denn, wie gesagt, beeinflußt die allzu große Kälte den Schneefall, und zwar aus dem Grunde, weil mit dem Sinken der Temperatur der Gehalt der Luft au Wasserdampf vermindert wird. Die wunderhübschen Sternformen der Schneeflocken kommen dadurch zirstande, daß sich viele kleine Einzelkristalle von verschie�vter Form aneinanderlegen und�durch die Regelmäßigkeit ihrer kreisförmigen Aiwrdnung die Sterne bilden. Schon im dreizehnten Jahrhundert machte Albertus Magnus , der bekannte vielseitige Forscher. Studien über den Bau der Schncesternc, die später von Kepler wieder aufgenommen und fortgesetzt wurden. Die erste photographische Wiedergabe der Schneeflocken gelang 1L93 dem Forscher Hellmann. der durch sein« formschönen Aufnahmen der Wissenschaft manche Aufklärung erleichtert hat. Wenn auch der Schnee an sich eine rein weiße Farbe auf- weist, so gibt es doch auch Ausnahmen von dieser Regel zu ver- zeichnen, da der Schnee durch irgendwelche organische Beimischungen bisweilen auch gefärbt sein kann. So sah Kapitän Roß im Jahre 1818 am Kap Dork an der BasfinSbai in Grönland leuchtend rote Schneefelder, die, wie nian nachträglich entdeckte, ihre Farbe einer mikroskopisch kleinen bluttoten Alge, der Schnee-Alge Spbaerella nivalis, verdankten, die den Schnee in ungeheuren Massen bedeckte. Roten Schnee hat man seither noch oft gefunden, sotrWhl in den Tiroler und Schweizer Alpen als auch in Sibirien und den Polariändern, ja sogar in den Hochgebirgen Südamerikas . Je nach der Menge der Algen wechselt die Farbe des Schnees vom zarten Rosa bis zum dunkeln Karminrot. Einige mikroskopische Grünalgenarten können dem Schnee gelegentlich ein grünliches Aussehen verleihen, während wieder eine andere Alge, die indes bis jetzt nur an wenigen Punkten der Erde — auf dem Montblane und in Grönland — angetroffen wurde, den Schnee gelblich bis braun färbt. Die letztere Alge.besitzt außerdem die Eigentümlich- keit, daß da. wo sie sich in größerer Menge aufhält, der Schnee schmilzt, eine Erscheinung, die bei einer auf dem Plattensee in Ungarn vorkommenden Art den Fischern sehr willkommen ist, da sie auch im Eise Löcher erzeugt. Nottze». — Edouard L u m i e r e, der Erfinder einer verbesserten Farbenphotographie, ist bei einem Fliegerunfall ums Leben ge- kommen. — Das erste türkische Denkmal. Wie die türkischen Blätter melden, wurde in Hafik(Wilajet SiwaL) ein Denkmal Sul- tan OSmans, des Gründers des osmanischeit Reiches, eingeweiht. Es ist das erste Denkmal einer geschichtlichen Persönlichkeit in der ganzen Türkei . — Der Streik der französischen Bühnen- künstler. Nach der neusten Verfügung müssen die französischen Theater, Lichtsptelhallen und sonstigen Vergnügungsstätten� vier Tage in der Woche geschlossen halten. Darauf soll nun, wie die „Victoire"(vom 18. Februar) erzählt, der Verband französischer Bühnenkünstler mit der Drohung geantwortet haben, daß keines seiner Mitglieder, solange das Verbot nicht aufgehoben wtrd. bei irgendeinem Wohltätigkeitskonzert mitwirken werde, noch sich an den wöchentlich stattfindenden Untcrhaltungsabenden in den La- zaretten beteiligen dürfe. — Eine Drahtseilbahn zwischen Schweden und Finnland . Eine überraschende Na»ri»t bringt die Geographische Zeitschrift. Die Schweden haben begreiflicherweise Anstand ge- nommen, eine durchgehende Eitenbahnverbtitdung nach Rußland herzustellen. Dafür ist aber seit etwa einem Monat zwischen den beiden Großstädten Haparanda und TorneS»ine Drahtseilbahn in, Bau, an deren Betrieb sowohl Deutschland wie Rußland ein be- iondereS Interesse haben. Sie soll nämlich Liebesgaben für die beiderseitigen Gefangenen befördern.»
XIV. Semipudow handelt.— Tagejew rast— Zwei Leute am»erk.— Juzla in Tagejew» Netzen Katjuscha mußte am frühen Morgen den Samowar aufstellen. „Hol ihn der Teufel!" murmelte er wütend über Tagejew, der von seinem Schlafzimmer aus nach Tee schrie. Auf der Küchenbank, die von Sauerkohl, dem täglichen Gericht auf Tagejews Tafel, durchzogen war. saß der riefen- hafte Semipudow und blicke die korpulente Köchin mit Behagen an. Sie war seine Landsmännin und bildete den einzigen Trost in seiner Verbannung nach dem Weichselgebiet. Semipudow war im Grunde kein schlechter Mensch. Ein echter russischer Bauer mit sentimentaler, sehnsüchtiger Seele, pflegte er des Abends Lieder zu heulen, zu denen er sich auf der Harmonika begleitete. Wer die fieberhaste Geldgier und die spitzbübische Umgebung, in der er lebte, hatte auch auf seine schlummernde Seele einen verderblichen Einfluß aus- geübt. Auch er unternahm Räubereien auf eigene Faust, und da er sich Tagejews Gunst erfreute, wurde er immer kühner. Katjuscha unterstützte ihn in seinen Schandtaten. Ihre üppigen Reize regten Semipudow lebhast an. Aber Katjuscha wollte nicht die Frau eines unbemittelten Schutzmanns werden. Semipudow schwor also, ein Vermögen zu sammeln. An Gelegenheit fehlte es nicht, sie mußte nur ausgenutzt werden. Semipudow war jedoch ein wenig ttäge und ließ so manche Gelegenheit unausgenützt. Wenn Katjuscha davon erfuhr, machte sie ihm schwere Vorwürfe. Eine solche Spannung herrschte augenblicklich zwischen den Landsleuten. Katjuscha zog ihr buttergelbes Tuch, das sie nach der Art russischer Bäuerinnen unter dem Kinn zu- gebunden hatte, bis über die Nase, kehrte dem Polizisten den Rücken und blies in den Samowar. Aber Semipudow be- wunderte dennoch Katjufchas Reize, sein Gesicht strahlte vor Entzücken und Seligkeit, und er begann: „Katjuschenka, du hast unrecht, mir böse zu sein. Ich konnte nicht anders, mein Augenstern, ich mußte das Protokoll niederschreiben." „Wozu ein Protokoll?" schalt Katjuscha.„du hättest dem Juden, der das Geld gestohlen hat, nachlaufen und ihm die Hälfte abnehmen sollen, statt dessen schleppst du den Be- stohlenen mit und machst ein Protokoll... Barlamow hätte das nicht getan!" (Forts, folgt.)