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Stilxgk im„vmirts"
Aollmbend. 3. Mm 1917.
86. Sitzung. Freitag, den 2. Närz. vormittags 11 Uhr� Am Bundesratstisch: Dr. H e l ffer ich. Graf Roedern, von Stein. L.urze Anfrage«. Abg. Prinz zu Schönaich-Carolath snatÜ weist auf das Lager erüeblicher Kleievorräte in den einzelnen Provinzen hin. ohne datz die Landwirte Kleie erhalten lönnen. und fragt, ob der Reichs- kanzler zur Unterstützung der Landwirtichaft und für die Volks- ernährung durch Erreichung vermehrter Milcherzeugung einzutreten bereit ist. Ein Regierungskommiffar: Die Kleievorräte sind nicht so groß, als man vielfach annimmt. Was die Militärverwaltung entbehren kann, ist zum Teil schon an die Zivilbevölkerung abge- geben, der Rest wird deinnächst zur Ausschüttung gelangen., Äbg. Grai». Westarp lenkt die Ausmerksamkelt auf die Völker- rechtswidrige Behandlung deutscher Gefangenen und bittet utn Auskunft über die dagegen unternommenen Schritte. Ministerialdirektor Dr. Kriege: Die Reichsregierung hat von Anfang des Krieges an alles getan, um die Behandlung unserer Gefangenen in feindlichen Ländern zu verbessern. Sie ist auch zu VergeltungSmatzregeln geschritten, nicht um an Wehrlosen Rache zu nehmen, sondern lediglich, um für unsere in Gefangenschaft geratenen Landsleute ein« dem Völkerrecht entsprechende Behandlung durchzusetzen. Offenbare Barbareien der Gegner ahmen wir allerdings nicht noch. In einer Reihe von Fällen ist durch die BergeltungSmatz- nahmen der gewünschte Erfolg erzielt, leider nicht in allen Fällen. Die Reichsregierung ist dauernd bestrebt, das Los unserer Gefangenen zu verbessern. Ein Weihbuch über diese unsere Tätigkeit wird dem Reichstag heut oder morgen zugehen. Vierter Tag der ersten Beratung des Etats und der Kriegssteuern. Oberst Wriesberg: Der Abg. Stresemann Hot dem General v. Loewenfeld Man- gel an Takt vorgeworfen. Dieien Vorwurf muh ick zurück- weisen. Wenn der Abg. Stresemann zweifelt, ob der General v. Loewenfeld an der richtigen Stelle steht, so will ich ihn von seinen Zweifeln befreien, indem ich ihn bitte, die Entscheidung dieser Frage der zuständige n Stelle zu überlasten.(Heilerkeit.) Abg. Haußmann(Vp.): Von deutscher Gefühlsduselei bei den VergeltungZ- mahnahmen gegen Gefangene zu sprechen, war vom Kriegöminister wenig glücklich. Herr L e d e b o u r hat es sich selbst zuzuschreiben. dah er nicht ernst genommen wird. Seine Rede hier war nur möglich, weil andere die Vernunft haben, dem Vaterlande gegenüber rhre Pflicht zu tun. DaS deutsche Friedensangebot war ein ehrliches, und die Verantwortung für die Weiter- führung des Krieges liegt bei unseren Gegnern mit ihren über- triebenen Forderungen. Wie das bei unseren Gegnern wirkt, könnte Llovd George zu seiner lleberraschung erfahren, wenn England ein Waffenstillstand zur Vornahme einer Abstimmung an der. Front bewilligt würde. Bei den übertriebenen KriegSzielen der Alldeutichen soll man nicht vergessen, dah der Verband gegründet wurde, um gegen Cäprivi Sturm zu lausen, als er Helgo- I a n d für daS Reich durch Hingabe von Zanzibar erwarb. Das sollte Verrat am Vaterlande sein. Dieselbe Dilettantenhastigkcit in der Beurteilung historischer Borkommniffc zeigt die alldeutsche Agitation auch heute.(Sehr gut! b. d. Vp.) Ameiika sieht jetzt vor wichtigen Entscheidungen. Für uns gibt es im Umerseeboolkrieg jetzt keine Halbheit; nicht aus Laune und Uebermut wird er geführt, sondern aus Notwehr.(Lebhaste Zustimmung links.) Zwischen Amerika und Deutschland gibt«S überhaupt kern KriegSziel, und ein solcher Krieg wäre daher der wahnwitzigste, Wenn die Neutralen durch den n-Boot-Krieg in die Gefahr einer Hungersnot kommen, so tragen wir nur den kleinsten Teil der Schuld. Tie Hauptschuld haben unsere Gegner.(Sehr richtig! b. d. Vp.) Bei den Steuern werden wir eine Kohlensteuer nicht vermeiden können und ebensowenig Berkehrssteuern, mit direkten Steuern allein werden wir in der gegenwärtigen Situation leider nicht auskommen.— Auf die grohe Gefahr, dah weiterer Besitz in Deutsch - land gebunden werden soll, will ich im einzelnen nicht ein- gehen.'Graf Westarp freilich hält schon das für ein unberechtigtes Hineinreden in Dinge des preuhifcheS Landtages. Aber gerade das .Hineinrede» dem Reichstag gegenüber ist ja dort Mode und cnl- ipringt dem Machtbedürsttis de- preuhifchen Landtages, der feine Macht mit Hilfe des DreiklaffenwahlrcchtS austechierbalten will. Den schönen Ueberzeugungen deS Reichskanzlers stehen starke Wider st ände entgegen und die Betätigung dieser Heber- zeugungen konnte wohl zu Anfang des Krieges aufgeschoben werden, aber jetzt geht daS nichtmehran.(Lebhaste Zu- ftimmmig links.) Man spricht soviel davon, dah daS p a r l a« menlarische System nichts tauge. Nu» wir kennen nur ei» unparlamentarisches System, und was leistet dieses denn! Jede Fühlung zwischen Parlament und Verwaltung fehlt. Der Reichs- kanzler darf sie nickt suchen, weil er sonst.Kronrechte' preisgebe. l'nd wie wird bei uns gearbeitet und wer arbeitet! Es hat sich am Sonntag ein Ausschuh von Männern gebildet, um daS Vaterland zu reiten. Das Ziel war: Sturz des Reichskanzlers. Das Mittel: Entfachung einer grohe n Bewegung, Volksversammlungen, Sammlungen von Geld, Eingaben an den Reichstag . Die Einladung ist verwandt worden an die.besteu und königstreuen Mönycr", und es hat der Einladende die Freundllchkelt gehabt, alle Beschlüsse, die geiaht werden sollten, bereits im Entwurf mitzuteilen. ES ist alio mitgeteilt worden: erstens eine Eingabe an den Reichstag mit einer Anklage gegen de» Reichskanzler, in der alle falschen und entstellten Angaben auS den saltsam bekannien Broschüren wieder auftauchen. Als neuer Punkt wird hinzugefügt, dah nunmehr be- kannt sei. der Kaiser und nicht der Kanzler sei der Urheber des Friedensangebotes, während doch der Kanzler den Anschein erweckt Hobe, als fei es von ihm ausgegangen. Di« Unterzeichneten verlangen, der Feldmarschall von Hiadenburg so« der Reichskanzler werden.(Heiterkeit.) Eine Vermehrung der Arbeit würde dadurch nicht statt sin de» die Diplomati « müsse über- gehen in die Kritgsührung. waS übrig bleibt an politischen und diplomatischen Kor malten(Brahe Hetterkeiij, das köunlen die Staatssekretäre und Unter st aatS sekretäre ausführen. Herrenhaus und Ab-geordnetenhauS müsieir tofort zu Sondersitzungen zusammentreten, um zu den genannten Fragen Stellung zu nehmen. Stolpere jnan doch jetzt nickt über Zwirns« f ä d e n. i Lebhaftes Hört! hört! links und im Zentrum.) Es tst dann auch eine Eingabe an Seine Majestät öffentlich ausgelegt worden, in der es heiht:„Ja dieser entscheidenden Stunde wagen eö die Unterzeichneten untertänigst. Euer Majestät zu bitten,.Herrn v. Bethmann Hollweg zu entlassen.(Hört hört I links und im Zen- trum.) Sie sind sich der U n g e w ö h n l i ch k e i t ihres Schrittes bewuht.(Stürmische H-iterleit links und im Zentrum.) Aber die Zeit ist so furchtbar ernst, dah auch die Ungewohnlichkeit berechtigt ist, zumal, wenn fie
aus Liebe z» Kaiser und Reich geschieht.(Stürmisches Hör!! bört! links und' im Zentrum.) Durch den furchtbaren Krieg sind Kaiser und Volk eins geworden, so dah irgendwelches Mihverständnis von Bitten, die Deutschs an ihren Kaiser richten, ausgeschlossen ist.(Lachen links und im Zentrum.) Die Entlassung von Minisiern ist ein T h r o n r e ch t. und wir wollen an diesem Thronrecht selbstverständlich nicht rühren. Die ehrerbietige Bitte aber, dieses Thronrecht auszuüben zum Heil des in seinem Bestände bedrohten Vaterlandes, findet gerecht verankert in der Not der Zeit und in der Liebe und Ergebenheit der Unterzeichneten zu Kaiser und Reich.'(Stürmisches Hört, hört! links und im Zentrum. Bewegung im Hause.) S» schlängelt man sich heran, so schmeichelt man, wen» man sich die gröbsten Eingriffe in die angeblich geheiligte,» und hochgehaltene» Thronrechte herausnimmt.(Sehr wahr! links und im Zentrum.) Da heiht es dann werler:»Mit einer geradezu verhängnisvollen Bcrblrndung hat Bethmann tzollweg sich den Haß der beste», königstrencn Kreise zugezogen, und sich diese Kreise entfremdet'.(Lebhaftes Hört,, hört! links und im Zentrum.) In bietet Werse arbeitet man ,mit direkt unwahren Taliachen! Aber das ist noch nichl einmal das Schlimmste.(Hört, hört! links.) Man sucht das H a u p t- quartier, die Personen, die unser höchstes Vertraue!» besitzen und mit dem Respelt und der Bewunderung aller Deutschen um- geben sind und umgeben bleiben sollen, in diese partritaktischen Um- triebe hereinzuziehen.(Stürmisches Hört hört! links und im Zen- trum.) Da wird erklärt:.Der Feldmarschall ist wegen seiner abso- lote» Unentbrhrlichkeit(Stürmisches Gelächter links) schlechterdings unabsehbar.(Lachen lmls und im Zentrum.) Kaiserliche Gnade oder Ungnade können ihn nicht berühren. Er allein in Verbindung mit Ludendorff sind Wächter über Deutschlands und Preuhens Ehre und Bestand und damit auch der Hüter der Hohenzollern - dynastie als Trägerin der Kaiserkrone und der Königskrone von Preuhen. Denn beide Throne sinken in den Stand, wenn es uns nicht gelingt, in diesem Kriege zu siegen. WaS der Feldmarschall will, geschieht, und, wen» eS zu einem Gegensah käme, entweder Hindenburg oder Bethmann, dann wäre die Beseitigung BethmannS gesichert. Die Zukunft unseres Volkes und seiner Fürstendynastre fordert die Hrrbeiführurig dieses Gegensatzes.'(Stürmisches Hört, hört I links und im Zentrum.— Zurufe: Schutzhaft!) Mit dlesem Schreiben, da? dem Feld mar schall vorgelegt werden soll, haben sich durch Unterschrist einverstanden erklart: Geheimrat Kirdvrf-Mühlheim/Ruhr, Geheimrat Körting-Hannover, Admiral v. Knorr -Berlin (Hört I hört!), Rechtsanwalt Pehold-Plauen. Fürst Otto zu Salm-Horstmar(Hört! hört!>, Professor Dr. Schmelzer- Hannover, Rechtsanwalt Freygang-Chemititz, also zwei sächstsche RechtZanwälle.(Stürmische Zurufe: Schutzhaft!) Die Herren sind tatsächlich am Sonnlag im Hotel Adlon zusammengekommen nnd haben den Mut gehabt, über diese Ein gaben zu b e r a t e n. Es ist ihnen gottlob dadurch das Gewissen geschärn gewesen, daß ihr Treiben bekannt war.(Zuruf links: Sie haben ja gar kerns l— Unruhe rechts.) Sie haben tatsächlich von morgens bis abends darüber beraten, ob sie diese Eingaben wirklich machen wollen. Zu der Beratung hatte sich noch ein anderer Sch Werftarbeiter lHeiterksit) eingefunden. Gchcimrat Duisberg, und er hat dort ganz besonders das Wort ge- führt. Bon den Beraruiigeri will»ch Ihnen nur einige Kostproben mitteilen. So wurde als einer der geistreichsten Ausdrücke fortge« setzt die Bezeichnung„Die Ohrwürmer der Wilhelm straße" gebraucht. (Große Heiterkeit links und im Zentrum.) Ein Redner verlangte nicht die Ersetzung des preußischen Landtag«» Wahlrechtes durch das Reichstagswahlrecht, sondern sagte, zeitgemäß fei die Ersehung deS ReichStagSwahlrechtS durch daS preußische Dreiklasicnwahlrccht. (Stürmisches Gelächter links und im Zentrum.) Geheimrat D u i s- fterg, der einmal im Hauplquariier gewesen und dessen Auftreten deshalb ganz besonders nnqualifizierbar war,. hat ja schon im vorigen Sommer Vorträge gehalten und hat z. B. in einer Ver- sammlung in Düffeldsrf die Abberufung BethmannS verlangt mit der schönen Wendung:„Was uns heute nottut, find klare Äugen, Falkenangcn".(Große Heiterkeit links und im Zentrum.) Damals hatte man Herrn v. F a I i e n h a y n als Nachfolger BethmannS angesehen. Sertden, in der Besetzung der Obersten Heeresleitung eine Aendsrung eingetreten ist, hat sich Geheimrat DuiSberg sofort mitgeändert und so tritt er jetzt anstatt für Falken- Hayn für den Feldmarschall Hindenburg alS Nachfolger BethmannS ein. �(Höct! hört! links und im Zentrum.) Die ganze Aktion, die ganze Bombe hat sich glücklicherweise als ein B l i n d g ä n g e r er- wiesen,(«ebr richtig! links und im Zentrum.) Die Herren hören nichl auf zu sagen, daß sie Millionen hinter sich halten. (Zurufe links: Millionen Mark! Große Heiterkeit.) In ihrem Ern- ladungsichreiben haben sie sich darauf berufen. Graf Westarp habe fein Erscheinen zugesagt. Wir haben darausbin Kenntnis er- halten von einem interessanten Briese des Grafen Westarp, auS dem hervorgeht, daß er tatsächlich mit denr Enlrepreneur der Sache eine Besprechung gehabt und sich von ihr zurück- gezogen hat, nachdem er Kenntnis von dem Inhalt des BerotnngSniaterialS erhallen hatte. ES wäre aber auch ein Maß von unpolitischem Verhalten, daS wir dem Grasen Westarp am wenigsten zutrauen, gewesen, wenn er in diese Falle gegangen wäre, nachdem er gesehen hatte. wohin der Haie lief. Graf Westarp hat den Fuß recht- zeitig zurückgezogen, aber nicht ohne eine Neme Schürfung davonzutragen und nicht ohne den nach meiner Ansicht kam- promlttiercnden Schlußsatz, daß eine politische Veranstaltung zurzeit nicht angängig sei. Gras Westarp hätte diesem Treiben gegenüber ganz anders abwinken müssen als dadurch, daß er schrieb, zurzeit seien solche Beraustaltungen nicht angängig.(Lebhafte Zustimmung linlS.) DaS klingt ja geradezu wie eine Aufforderung, es in einer s p ä t e r c n Z e r t zu machen, wo man dann vielleicht auf die werwollc Mitarbeit deS Führers der konservative» Partei rechnen kann. Nicht so vorsichlig wie Graf Westarp war der Abgeordnete v. Graefe(Abg. Werner-Gießeu: Er denunziert weiter!— Lachen.) Als der Reichskanzler am 12. Dezember dem Reichstage Mitteilung von dem Friede ir sangebot machte, da laß bekanntlich dirganze Rechte da. ohne auch nur ein Wort des Beifalls oder der Zustimmung zu äußern. Der Abgeordnete v. Graefe aber hat sich nicht beherrschen können und hat wiederholt gerufen: Skandal! Skandal! (StünnischeS Hört! hört! links.) Jetzt freilich hat Gras Westarp auSgeiprochen. daß dieses Friedensangebot des deutschen Kaisers die volle Sympathie seiner Partei genieße.(Zurufe links: Jetzt!) Wie sehr sind Sie. Graf Westarp. unS zu Danke verpflichtet, daß wir Sie damals nicht haben reden lassen. (Lehr gut! link«.) Und wenn Sie das nicht zugeben wollen, so werden Sie doch zugeben müssen, daß es klug von uns war, die Red« des Herrn Ledebour nicht im Dezember halten zu lassen.(Sehr richtig! links.) Wenn das FriedenSangrbot mit den Reden des Grafen Westarp und des Herr» Ledebour hinaus- gegange» wäre, rS wäre»er schlimmste politische Fehler
gewesen, den Deutschland hätte mache» lönnen.(Stur- mische Zustimmung links und im Zentrum.) Wir haben uns verdient gemacht, daß wir verhindert haben, das Friedensangebot durch solche Reden e n t st e.l l e n zu lassen. Ich freue mich, daß die Nationalliberalen sich gegen die Adlon-Konferenz glatt ab- lehnend verhalten haben und ich hoffe, daß sie es dabei nicht be« wenden lassen, sondern sich noch ganz anders gegen diese Umtriebe wenden. Sie werden wohl auch einen Herrn, der unter der nationalliberalcn Flagge eine ähnliche Agitation be« treibt, von sich abschütteln.(Unwillige Zurufe: Dr. S tres e« mann.) Ich meine Herrn Bacmeister. (Heiterkeit links.) ES war einmal nolwendig, Luft und Licht in diesen alldeutschen Mauerschwamm zu bringen.(Beifall links.) Wenn einst die Geschichte dieser Tags geschrieben wird, dann wird sie diese Umtriebe als sylnpiomattscheu Beweis dafür ansehen, daß wir vor dem Kriege noch nicht zu den EntwicklungSstadien des vffentlrcheir Lebens gekommen waren, die dreier Weltkrieg als Notwendigkeir und als ein Moment der Stärke für Deutschland tzr- brachten. Wir haben die Kraft, alles zu überstehen. Wir haben vor dem Kriege keine Scharfmacher ge- braucht und brauchen sie während des Krieges erst recht nicht, denn daS deutsche Volk hat so selbstverständlich seine Pflicht getan, so heldenmäßig, so schön, daß alle Befürchtungen widerlegt worden sind(Beifall links.) Die Haltung der Sozialdemokratie in diesem Kriegs war geradezu glänzend. Wir stehen olle zusammen, Stadt und Land, Bauern und Arbeiter. Alle Kreise geben ihr Bestes, auch der Adel, waS wir gern anerkennen.(Beifall.) Politische Gegensätze bindern uns nicht, offen zu sagen, daß der Adel mit seinen Führereigenschaften Ausgezeichnetes geleistet hat.(Beifall.) Nur soll er nicht so tun,, als ob bürgerliche Führer nicht auch ihre Schuldigkeit getan. DaS deutsche Volk bat gelernt und wird weiter lernen. Die Welt- geschichie wird dereinst das Volk als Sieger im Weltkrieg bezeichnen, das am meisten aus dieser schweren Zeit gelernt hat, die wir in einer Konzentratron der Stimmungen durchmachen und die eS nicht nötig machen follle, solche Auseinandersetzungen herbeizuführen.(Sehr gut!) Rur zur Vermeidung weilerer Ee- fahren war eS einmal notwendig, dlel'e Dinge öffentlich zur Sprache zu bringen.(Stürmischer Beifall links.) Abg, Schiele(k.): Meine politischen Freunde danken mit dem ganzen Hause dem KriegSininister(große Heiterkeit auf vielen Bänken, weil der Redner in diesem Augenblick die vorbereitete Rede hält) für die Enlschieden- hert, mit der er sich deZ Loses der deutschen KriegSgeiangenen an« genommen hat. Aufklärung wäre darüber notwendig, inwieweit dänische ZeilungSineldungen recht haben, daß über den U-Boot-Krieg deutsch -dänische Verhandlungen stattgefunden hörten. Die Art. wie der Kollege Keil den ruhigen sachlichen Aussührungen deS Grafen Westarp entgegentrat, war durchaus n t ch t gerecht- fertigt. Mit Unrecht wirft er un« übertriebene Anncxionsiucht' vor. Aber der Kollege Keil mag sich einmal in den Schützengräben umfeben, was die dort besindlichen Sozialdemokraten als ihr Ziel betrachten.(Sehr richtig! rechts.) Bei uns ist die Fühlung mit d en S ck ü tz e n g r ä b e n, die die Kollegen Keil und Scheiden, ann uns ab- sprechen, in reichstem Maße vorhandeit. Die Einstellung von 5 Millionen in den Etat für die Kriegsbeschädigten zur Erwerbung eigenen Landes ist zu begrüßen. Die Ansiedlung deutscher Kriegsbeschädigter in dem zu erwerbenden Kurland und Litauen wird unsere Entwicklung aufs günstigste fördern. ES wird zu viel organisiert. Wir organisieren unS fast zu Tode. Es ist un< recht, daß in den Arbeiteräusschüssen des Hilfsdienstes«ur, Gewerkschaftsvertreter find, die doch nur ein Vierlei der gesamten Arbester» schast ausmachen. Ohne Kriegsentschädigung müßten wir von der BermögenSsubstanz im Reiche leben.(Beifall rechts.) Staatssekretär Zimmermann: Dem Abg. Schiele erwidere ich: An sich würde mir eins Dampferverbindung zwischen Dänemark u n d N o r« wegen unbedenklich erscheinen. Wir haben zwar eine Handels- sperre gegen unsere Feinde ausgesprochen, ober nicht erklärt, daß wir den Verkehr zwischen den neutralen Staaten unterbiuden würden. Die Verbindung von Dänemark nach Aberdeen wird selbstverständlich von unseren �nlcrseefahrzeugen ganz genau beobachtet, ebenso die Sckiffsverbinduug von Norwegen nach England. Ich hoffe, daß aucy diese Schiffe von den Unterseebooten in den Grund gebohrt werden. Meinen vorgestrigen AnSlassungen über die dänischen Verhandlungen habe ich ntchtS hinznzusügen. Im übrigen verweise ich auf' meine Ausführungen in der Kommission.(Lebhafter Beifall) Abg. Freiherr v. Gamp(Dtsch. Fr.): Wcnll Herr Scheidemonrr wieder den Standpunkt in der EntschädignngSfrage vertreten bat: Jeder trage seine Last, so ist er sich der Tragweite dieser Aeußerung wohl nicht ganz bewußt: Wir müssen auf jede Weise sehen, unsere schwer belasteten Finanzen zu verbessern Die U e b e r n a h m e der E i s e n b a h n e n auf daS Reich würde ein großes Loch in die preußischen Finanzen reißen und ist nalürlich während deS Krieges praktisch ganz undurchführ- bar. Dasselbe trifft für die Verstaatlichung der Berg- werke zu. Der Ton. den der Herr Kriegsminisier in der Frage der Behandlung deutscher Gefangener anschlug, klang erfreulich ander« als die früheren Erklärungen des VertrelerS des Aus- wärtiqen Amts in der Kommission, der meinte, wir könnten nick: an Wehrlosen Rache üben. Ich sage, aus eine» Schelmen. gehören anderthalbe! sonst erreichen wir nichts für unsere Gefangenen.(Bravo ! rechts.) Das wirksamste wäre, eine Anzahl Rotabcln aus den besetzten französische» Gebieten bor unsere Front zu bringen. Hier noch von Humanität zu reden. angesichts dieses brutalen Vorgehens gegeu unsere Gefangenen. zeugt wirklich von einem Mangel an Eiltsichr. (Sehr richtig!) Das Vorgehen deS Grafen HoenSbroech verdient wirklich nicht das Aufheben. das man davon macht. Der Blind- gänger ist ja Eschau krepiert. Also ganz'unschädlich. Der uube- schränkte U-Boot-Krieg hätte drei Monate früher begonnen werden müssen, dann wären wir heute werter.(Sehr richtig! recht?.) Die Fideikommisie sind unbedingt notwendig zur Er- Haltung deS Waldes. Den KriegSwiichcrern ist der Zugang zu den Fideikommrssen durch daS preußische Gesetz unmöglich ge- macht. Auf der anderen Seite muß nach ihm Land frei bleiben für Arbeitersiedelungen. Redner begrüßt schließlich die vom ReichStagSpräsidenten angeregte U-Boot-Spende.(Bravo ! rechts.) Abg. Fürst Radziwill(Pole): Die polnische Nation hat immer den Wahlspruch:„Dovjourk su voästte I"(SteiS auf Wachtposten!) betätigt, aber keineswegs ist daS polnische Volk von Haß gegen die deutsche Nation erfüllt; lediglich die Lieb- zu unserem eigenen Volk, unsere Pflicht gegen unser« taufendjäbrige Geschichte und Kultur hat uns bei unserem Tun geleitet. Di- Abwendung von der Ka- b i n e t t S p o l i t i t, die der Reichskanzler verkündete, hat in imfereit Herzen ein besondere« Echo ausgelöst. WaS immer auch die Zukunft für daS polnische Volk im Schöße hat, ist für alle gegenwärtig durch einen blutigen Schleier verdeckr. Aber wa« auch geschehen möge, die polnisch« Bevölkerung wird die Worte der Fürsorge, die sie jetzt während des Krieges gehört hat, nichr vergessen.(Bravo !) Ich schließe mit dem Wunsche, baß der Friede unS bald beschieden sein möge.(Bravo !) i Abg. Heakc(Soz. Arbg.): Die Grausamkeiten gegen die Gefangenen lönnen unseren» b s ch e u gegen denKrieg nur vermehren,