Einzelbild herunterladen
 
Ar. 67.- 1917.
Unterhaltungsblatt des Vorzvarts
Freitag, 9. Man.
Zeppelins Erfinüung. Lbwohl der 5?ame Zeppelins in aller Munde ist, werden die tranigsten eine präzise Antwort darauf geben können, warin denn nun eigentlich Zeppelins Örhrchuug bestanden hat und worauf sie berukit. Vielfach dort man: Zeppelin sei der Erfinder des lenkbare« Luftschiffes. Das ist'falsch insofern, als ei au cd vor Zeppelin schon Luftschiffe mit eigener Bewegung und demzufolge einer gc. wissen Lenkbarkeit gegeben hat. Richtig ist, dast der Zeppelin sche Z.yp von allen der weiraus brauchbarste und man kann wohl sagen. der praktisch allein leistungsfähige geworden ist. Zeppelin ist der Vater des»starren Systems". SSab das be­deutet. läßt sich wohl am besten in dem Nahmen eines kleinen ge- schichtlichen Abrisses scr Luftschiffahrt sagen. Die Erfindung des Lustballons fällt bekanntlich schon in das Ende des Iw Jahrhun­derts. Tlen   Gebrüdern Mongoltier gelang es zum ersten Male, einen nnt Lust gefüllten Ballon steigen zu lasten» indem sie die Lust durch ein unter dem Ballon angemachtes Feuer erwärmten. Später ersetzte man die erwärmte Luft durch Äa?. dessen spezifisches<Ze- wicht hinter dem der Luft zurülkl, leibt. Kühne Männer wagten es. sich einem solchen Luftgefäbrt anzuvertrauen, und so entstand der heute noch bekannte THp dcH Kugel- oder Freiballons. Der Kugelballon besitzt keine eigene Bewegung Er bewegt sich vielmehr mit der umgebenden Lust, ähnlich wie ein im Strome treibendes Boot. Aus diesem Grunde lästt er sich auch nicht steuern oder lenken, dazu müßte er eigene Geschwindigkeit gegen- über den ihm umgebenden Luftmasten besitzen. Auch das Boot gw horcht bekanntlich nur dem Steuer, wenn es sich mit eigener Kraft gegen das umgebende Wastcr bewegt. Daher scheiterte auch die kindliche Idee, den Kugclballon mit einem Segel �zu versehen. Denn da der Ballon genau mu der Geschwindtgkeii des Windes treibt, so bleibt das Segel schlaff bangen, wie man denn auch in der Gondel des Ballons beim stärksten Sturme keinen Lusthauch verspürt. Man sah bald ein, daß man, uin den Ballon zu lenken, ibn eine Etgenbewcgung verschaffen müßte. Zuerst dachte man an die Kraft der Insassen, die den Ballon gleich einem Ruderboot fort- bewegen sollten. Aber dieser erwies sich als viel zu klein. Mittler- weile lernte man tu der Dampfmaschine eine ungleich leistungs, fähiger« Krakiguellc kennen. Jedoch eine Masch nie von der Kraft. un? den Ballon halbwegs ausreichender Gsschwindtgie.it vor- wärtszutretben. wäre wieder so schwer gewesen, daß ihr Gewicht seine Tragfähigkeit um ein Vielfaches übertrofsen und ihn an die Erde gefesselt hätte. So hielt man denn lange Zeit gerade in den ernstesten Aelehrtenkreisen das Problem des lenkbaren Luftballons für unlösbar. Erst als mit dem Autonrobitbau der leichtere Benzinmotor seine praktische Ausgestaltung fand und von Igbr zu Iabr vervollkommnet wurde» so daß er für die gleiche Leistung ein immer geringeres Gewicht beanspruchte, schlug dre Stunde des lenkbaren Lustschiffs. Ein Brasilianer. Santos Dumont  , erregte. um die Jahrhundert- wende durch seine Leistungen Aufsehen. ES gelang ihm. mit einem Ballon eigener Konstruktion den Eiffelturm zu umkreisen und zur Ausstugstelle zurückzukehren. Doch war der Wert der Dmmontschen Ballons immer noch sehr problematisch� Sie waren von kleinsten Außenmaßen und daher so geringer Tragkraft, daß Dumont bei einer seiner Konstruktionen, z. B. auf einem Nadfahrsattel das Gleichgetmchl Herstellen mußte. Auch Dumont erreichte nicht solche Geschwindigkeiten, daß er sich bei stärkerem Winde behaupten konnte. Doch da er der einzige war. der greifbare Resultate erzielte, so Hxlt man sein Shstem für das allein entwickelungsfähige. .Gzift setzt das große Verdienst des Grafen Zeppelin ein. Zeppe- Tin erkannte, daß der Erfolg n icht auf der Linie der Dumcmtschen Konstruktion liege, und daß um die ausschlaggebende höhere Ge- saui udizke.it zu erreichen, man den Tragkörper des Luft- schifses v erst eisen und die Gondel f�est miiihm der- binden müßte. Tab ist die Jd->e des starren Systems. An dem Dumontschen Luftschiff wurde der Ballon nur durch den inneren Gasdruck in der prallen Form gehalten, die Gondel war mit ihm nur durch eine lose. Aufhängung der- bunden. Ueberwand der äußere Luftdruck de« inneren Gasdruck, so knickte der Ballon ein und war nicht mehr manövrierfähig. Graf Zeppelin   spannte die Ballonhülle über civ festes Aluminium- aerüst, so daß sie in jedem Falle ihre Form behielt. Mo« hat dem Grasen vorgeworfen, daß die Idee des starren Luftschiffs nicht seine eigene gewesen sei. In der Tat bat ein Oesterreicher, namens
Schwarz, vor Zeppelin ein Lllsrschlff ganz aus Aluminium gebaut und ist damit tödlich verunglückt. Aber abgesehen davon, daß die Zeppelinsche Idee crneS Aluminiumgerüstes von der Schwarzschen Idee einer völligen Aluminiumhülle doch sehr verschieden ift. ist die Idee als solche wirklich nicht das Ausschlaggebende. Das Ver­dienst Zeppelins ist niebt, cirunal einen guten Gedanken gehabt zu haben, sondern daß er mit unerhörter Energie eine einmal als richtig erkannte Idee verfolgt, ständig verbessert und ausgebaut hat. Und das war in' seinem Falle wahrlich keine Kleimgkait. Wegen des boben Gewichts des Aluminiumgerültes mußte Zeppelin seine Luftschiffe von vornherein in großem Maßstab bauen. Das er- forderte gleich zu Ziufang große Kapitalteil, ganz andere, als die tfeinen Luftschiffe des Santoo Dumont. Sodann ist es uns heute eine Selbstverständlichkeit, daß zu einem Lustschiff ein geeigneter Aufstieg- und Landungsplatz, vor allem auch eine nach dem Winde drehbare Ballonhalle und gchchultes Personal gehört. Alles das harte Zeppelin zu Ansang seiner Versuche nicht. Er liyß seine Zeppeline von der Wasierfläche des Bodensees au ist eigen. Be, den mangelhaften Erfahrungen, die man besaß, waren die ersten Auf- stiege eine Kette von Havarien und Unglücksfällen. AN von 1000 hätten nach diesen Mißerfolgen aufgehört. Zeppelin aber hatte das Vertrauen zu feiner Idee und ließ sich durch allen Hohn und Spott, dem er in der Oesfcntlichfeit begegnete, nicht abbringen. Das starre System bewies denn mit der Zeit auch seine Heber- legen hott. Während das von so großen Hoffnungen begleitet? u n- starre System nur eine sehr longsame und wenig versprechende Ent° Wickelung nahm, zeigten die Zeppelin« Erfolge, die sie fetten als wert überlegen erscheinen ließen. Im Jahre 1907 wurden mehr- stündige Fahrten tadellos adiowicrt, dabei erhebliche Strecken zu- rückgelegt, große Geschwind ig?« tan erzielt und immer wieder der Ausgangspunkt erreicht. Dann kam die mit fo großem Jubel be- gonnenc große Fahrt vom August 1908, die leider mit der Kala- sirvpbe bei Echte Idingen endete. Aber die vordem zurückgelegte Fahrtstrecke, die bewiesene Manövrierfähtgkoit und Geschwindigkeit hatten doch einen so unleugbaren Beweis für die lleberlcgenhett des starren Systems geliefert, daß auch der Iluglückstoll keinen Zweifel mehr an seiner LeistungSfähi�kc-.t auflommrn ließ. Seit diesem Tage hat das Zeppelinsche Lustschiff noch unge- hcur« Berbesserungcn erfahren. Aber in seinem Wesen ist es das gleiche geblieben. Es ist das starre System, der durch ein inneres Gerüst versteifte Ballon körper in unbeweglicher Verbindung um den Gondeln. Wenn wir heute den.Zeppelin ruhig und majestätisch die Luft durchroilen sehen, so bsgrcisan w?r kaum, wie man den Erfolg dieses Systems jemals hat bezweifeln können. Und doch bat es ursprünglich nur in dem Kopf des einen Mannes bestanden, dem sein Glauben an seine Idee zu unsterblichem Ruhme verholfen hat. E. K r. Kgl. Schauspielhaus:»Die reiche Krau", Max dreper. ?.'.eysi-Z Vorliebe für eigenwillig aufrecht? Naturen, die ihre Unbekümmerthest mn da-Z Philisterurteil zugleich in ewer burschikosen Tonart de-S Humors widerspiegeln, verleugnet sich auch in diesem Lustspiel nicht, obschon die Löiimg sehr bedenklich nach der Seicht­heit der Familienblattromane hinüberschielt. Die beiden Freunde, der Maler Fobann Hegewald und der Bildhauer Kulp, sind frische, eigenwüchsige Gesellen, in ihrem Unab- hängigleilsgeiübl. der emanzipierten Liesdeth aus der Komödie.In Behandlung" und dein.Probekandidaten' verwandt. Auf dem Boden, der einst zum großen Hegewalder Gut gebärte und dann an reich gewordene Städter überging, haust Hans mit seinem älteren Kameraden in etnein kohlen Atelier, bemüht, die Reize seiner .Königin", eines an Schönheu wie Sn Dummheit hei vor« ragenden Modells in immer neuen Bildern zu verewigen. Der Besuch einer funpen reichen Dam« aus der Nachbarschaft, die ihre Neigung zu dem Maler dinier dem Interesse für seine Kunst verbirgt, wird ohne alle Förmlichkeiten aufgenommen. DaS Fräulein erweist sich als keine Spielverderberin. Auch tu dem zweiten Aufzug, wo man die Freunde im Schlolle des FräuieinS bei der Arbeit an einem neuen Auftrage eingefangen steht, hat manche muntere Wendung. HanS hegt Arawohu, daß man die goldene Freiheit ihm rauben will. Der Gedanke, verheiratet vom Gelde der Angebeteten zu leben, dünkt ihm ,uerst ganz unerträglich, das macht ihn grob und bissig. Bis bierber wesentlich von gelchlosiencr Motivierung, biegt dann daS Lustspiel in die Bahnen billiger Theotermache. Schon die Verlobung ist ein solcher Coup. Der Paragraph über die Gütertrennung �unter Eheleuten hat alle Skrupel out einmal gelöst. In solchem Stile geht es weiter. Aus
dem übermütigen Junggesellen ist in dem letzten Akte ein gülligt r Eigenbrötler geworden, der mit allerhand KleinigkeitSkiämercicn das Prinzip seiner finanziellen Unabhängigkeit zu wahren sucht und dabei gar nicht merkt, daß die Köster seiner Bilder nur Stroh- männcr seiner Ftau sind. Doch wie er endlich dahinter kommt, ist vorgesorgt, daß alles sich zum Guten wende. Er erzielt auf einmal einen Preis, und obendrein stellt sich heraus, daß das Vermögen keiner Frau von einem Onkel glücklich_6t3 zur Neige verspekuliert ist. Der GerichlSdiener zieht ein ins Schloß. HanZ fühlt sich als glücklichster der Menschen. Eine lustspielmäßig-flotie Darstellung, bei der die Hauptrollen in Händen von E l e w i n g und P a t r y und von Franlein A r n st ä d t lagen, führte das Stückchen zu einem freundlichen Theatererfolg.____ äu Hesthwmöigeeiten in See Stemenwelt. Mit den genauen Meßmethoden, die unS bisher zur Verfügung standen, war eS bereits möglich, die Elgenbewegung der Fixsterns nachzuweisen und in irdische Maße umzurechnen. So laust die Sonne samt ihrem Gefolge von Planeten, einschließlich der Erde, mit emer Geichwmdlgkeit von 22 Kilometer in der� Sekunde durch den Raum Sirius, der hellste aller beweglichen Sterne, der am Winterabend fies ant Jsiidosthimmel funkelt, entfernt sich von uu? 75 Kilometer in der Sekunde; er entfernt sich schon sei: Jahr« Hunderten und Jahrtausenden, und trotzdem ist lerne Abnahme seines' Lichtes zu merken. Ein anderer hellglänzender Stern des Nordhimmels..Wega in der Leyer", fliegt 81 Kilo­meter in der Sekunde auf uns zu. und trotzdem'ist kein Hellerwerdcn ihres Sternlichtes zu sehen. Die Entfernung ist eben zu groß, als daß'vlche Geschwindigkeiten eine groß« Roll? spielten. Wie groß«scheint uns der Abstand, der die Erde von der Sonn? trennt: 150 000 000 Kilometer! Eine Eewebr-ngel müßte über 10 Jahre fliegen, eh? sie die Sonne erreichte. Rascher durch- eilt der flnikste Bote des Wellenraumes, das Licht, die Strecke. In 8 Minuten 17 Sekunden durchfliegt es den Weg von der Sonne zur Erde. Unsere Sonne ist aber nichiZ anderes als ein Fixstern von den gleichen Eigenschaften und von ungeiähr der gleichen Größe, wie die anderen Sterne im Wellenraum. Tie Sonne ist nur der uns zunächst stehende Fixstern. ES entsteht die Frage, wie West wobl de: nächste Nachbar der Sonne von uns entiernt sein mag, eine Frage, die man flüber für unlösbar hielt, aber die wir heute, wie die Zeitschrift.Natur und Kultur mitteilt, in der Lage sind, zu beaniwouen. ES ist.Alpha Eentauri", ein Heller Stern des füd- lichen Himmels, cm Gestirn, das in unseren Breiten niemals über den Horizont emvorsteigt. So wie das Licht 8 Minuten 17 Sekunden braucht, um zur Sonne zu eilen, so braucht eS von.Alpha Cenlauri" aus N Jahre. Man spricht dann von einem Abstand von 3I, Lich: fahren. Mit dem Metermaße müssen wir arbeiten, wenn wir in die Tiefen dtS Weltraumes eindringen wollen. Wie man leicht aus« rechnet, ist die Strecke. diU das Licht in einem Jah-e zurücklegt. gleich 9467 500000 000 Kilometer.Alpha Cenlauri"»st also 30 767 000 000 000 Kilomeier von uns entfernt. Und das ist unser Nachbarl Siliuö ist schon 17. Wega 13 und der Polarstern 60 Licht- jähre von uns entjenu oder 8 820�00 mal so weit, wie die Sonne von unS absteht._____ Nottze». Ernst Heeckel beging am Mittwoch die seltene Feier deZ 60 jährigen DoktorfubiläumZ. Er hat vor 60 Iahren iu Berlin  promoviert. Hobe Bilderpret se wurden auch bei der Sersieigerung des Nachlaües von A. W. Hewnel durch die neu geeinten Kunst- Händler Eaisirer u. Helbing erzielt. Ein Liebermann und ein Gogh kamen auf je 8000 M. beides nicht einmal sehr bervoriagende Stücke. Für MaröeS, der zu Lebzeiten und lange darüber hinaus ganz unbeachtet blieb, wurden 12 200 und 10 000 M. angelegt. Die Unsterblichkeit eines Maiets. der erst einmal hochgetrieben ist, ist gesichert: die neuen, vielfach spekulativen Erwetbcr und der Kunst- Handel sorgen dafür, daß er weiter steigt. Ein berühmter Green verbrannt. Aus Madrid  wird gemeldet, daß der Palast des Marens lkazagno, in dem sich eine der kostbarsten Privatgalenen Spaniens   befand, aus unbekannter Ursache abgebrarmt ist. Das berühmte Bild von GreecoDre:- faltigkeit" ist vernichtet.
Der polizeimeister. .Ein russischer Polizeiroman von Gnüryela Zapolsk«.
Der
Wir werden ihm dort unseren Schärft anyesien. wird ihm schon auf die Spur kommen." Und wer wird ihm von hier nachreisen?" RaklewSik. Er zieht sich schon an und läßt sich den Bari abnehmen. Denn der Zug einfahrt, wird er bereit sein. Er wird ihn Schärft übergeben." Rontwill beugte sich, über den Tisch unter dem Vorwand. Salz zum Fleisch zu nehifcen. Fragen Sie ihn nicht mehr aus. was er bei der Polizei im Städtchen beobachtet hat. Er könnte sonst noch ängstlich werden und nicht wiederkommen." Hordyf zuckte die Achseln. DaS weiß ich auch ohne Sie." Verzeihen Sie, ich habe Erfahrung und wollte nur meine Meinung äußern." Ich weiß... Vielleicht gelingt uns eine doppelte Falle. Er als Zeuge gegen sie, und außerdem kann man vielleicht wirklich eine Entdeckung machen, wenn Sie sagen, daß jener Gymnasiast fortwährend bei ihm saß." Pst! Er kommt wieder." .Älitzki kant mit Zigarren vom Büfcit. Montwill empfing ihn mit einem frischgcsülltcn Weinglas- ?QImShlich ging die Unterhaltung auf das künstlerische Gebiet über. Beide Herren schienen sich für Klitzkis Atelier außer- ordentlich zu interessieren. Zn diesem Augenblick ertönte der Lokomotivenpfiif. Der Portier begann mir eintöniger Stimme und schlechter rusfischer Aussprache die abgehenden Züge auszurufen. Sie müssen einsteigen." sagte Hordyj,und ich muß zu meiner Arbeit." Und Sie?" fragte Klitzki Montwill. Ich reise mit dem nächsten Zug. Ich habe hier einen Bekannten, den ich sehen möchte." In diesem Augenblick betrat dos Lokal ein kleiner, unter- setzte?, aber breitschultriger Mann, frisch rasiert, in einem an« ständigen Wintermantel von altmodischem Schnitt und einem viel zu großen Hut. Ohne jemand anzusehen, setzte er sich
apathisch, mit gelangweiltcm, gleichgültigem Ausdruck im Ge- .ficht auf die Bank. Also leben Sie wohl. Herr Klitzki," sagte Hordyj rasch und sehr laut, indem er Klitzkis Hand drückte und ihn an der Bank vorbeiführte, aus der jener Mann Platz genommen hatte. Vergessen Sie nicht. Herr Klitzki, daß ich zu Ihrer Vcr- sügung stehe." Sie gingen auf den Perron hinaus. Montwill begleitete Klitzki. Ein seiner Regen fiel herab, die Dächer der Züge leuchteten in stahlblauem Glanz. Die Passagiere stiegen ei». Zwischen ihnen bewegten sich die blauen Mäntel der Gendarmen. Hordyj war in die Kanzlei gegangen, die er aber gleich wieder verließ. Klitzki verabschiedete sich von Montwill mit einem Händedruck. Als er inS Eoupö stieg, merkte er, daß hinter ihm jemand die Stiegen hinauskrareltc. Er sah sich unwillkürlich um und er­kannte denselben glattrasierten Mann, der vorhin im Restaurant erschienen war. Aber fefton drängten sich die Gendarmen mit den Reisepässen hinter ihm. Ein starker Teegeruch erfüllte das Abteil. Klitzki empfing seinen Reisepaß auS den Händen des Gendarmen. Als sich alles beruhigte, trat Klitzki an das Fenster. Montwill war noch auf dem Perron und stand neben Hordyj, dem er sich aber nicht näherte. Der Hauptmann nahm eine strenge Miene an und schien in seiner dunkelblauen Unssorm und ebensolcher Mütze wirklich wie auS Stahl gegossen. Er ließ seinen strengen Blick umherschweifen, bis er auf Klitzkis Gesicht ruhen blieb. Da lächelte Hordyj und grüßte. Unwill­kürlich ewidcrte Klitzki den Gruß ebenfalls lächelnd. Plötzlich erblickte er im Rahmen deZ Kanzleifensters Markowski, der von dort aus den freundlichen Austausch von Grüßen zwischen Klitzki und dem Gendarmen beobachtet hatte. Er biß die Lippen zusammen und starrte Klitzki mit seinen unangenehmen Fsschaugen so haßerfüllt an, als ob er ihn durchbohren wollte. Klitzki wußte nicht, was verhängnisvoller war, das Lächeln des Gendarmen oder das Drohen deS Polizisten. Beides ließ sein Blick iu den Adern gerinnen. Der Zug setzte sich in Bewegung. Das war der letzte Eindruck, den Klitzki von serner Reife nach Rufflsch-Polen rnitnahnz.
Zweiter Teil. I. Die Leere der Inultn Fernortit Die Mfion von Wawek. Unter vier Auzen mit dem Ricien. Der grau? Schatten.   Einet von denen, die > handeln Der Morzen dämmert. Der Zuschauerraum war in Dunkelheit versunken. Das dichtgesüllte Theater schien atemlos große Eindrücke iu sich aufzunehmen. Oder war es einfach die Neugier der Snobo, die sich begeisterten für Dinge, die sie nicht verstanden? Klitzki blickte unwillkürlich umher. Er sah kühle, ruhige, �ausdruckslose Gesichter. Hunderte von solchen Gesichtern. Sie schienen alle unbeweglich. Dennoch wurden aus der Bühne die mächtigsten Töne angeschlagen, dröhnend erscholl die Glocke der Vergangenheit und der Zukunft. Jeden Augenblick fielen große Worte. Polen  , in Polen  , Polen  ! Heldengestalten der Poesie zogen vmmbcr. Die Geschichte idealisierte ihre Taten. Dann wieder tönrtz beißende Ironie dazwischen. Ein Brodeln und Gären... Alles wurde herangezogen, um Schauer zu erwecken. Doch gab es weder Schauer noch Tränen. Alles versank in Hoffnungslosigkeit und Trauer über die Tyrannei des Landes. Vergeblich tönten Klagen, vergeblich rang man die Hände. Worte und Gesten lösten keine Empfindung au§. Weder bei Klitzki, noch bei irgend jemand anderem im Zuschauerraum. Es war, als wäre man in ein großes Heiligtum eingetreten. das mit kaltem Herzen errichtet worden war. Man merkte die Absicht und blieb ungerührt. Als der Borhang gefallen war, verließ Klitzki in nervöser Stimmung das Theater und ging durch die Parkanlagen nach dem Wamel zu, als wollte er sich durch diese mächtig wirkende Stätte für das ihm Dargebotene entschädigen. Zu beiden Seiten der Anlage« ragten noch kahle Baume. Aber in dieser Frühlingsnacht, die schon die Wärme der fruchte baren Erde ahnen ließ, begannen verborgene Keime zu neuem Leben zu erwachen. Klitzki wurde es in dieser Swnde klar. daß seine Liebe für Ianka sich seit seinem Aufenthalt in ihrer Heimal mit einem anderen, mächtigen Gefühl verflochten hatte. Er liebte Ianka und ihre traurigs, unglückliche Heimat. Die Nacht auf dem Wall des Städtchens, das von Tagejew beherrscht wurde, die in die Ferne gerichteten Augen des jungen Horsti, die graue masovische Ebene, die bohrenden Blicke MarkowSkiS, all' dies erschütterte ihn in der Erinnerung mehr als das soeben gesehene Schauspiel. Was ihm dorr begegnet war. verband ihn für immer der Vergangenheü. Jene erlebten Dinge hatten starker gesprochen, als alle Worte auf der Bühne es vermochte». Er sehnte sich nach jenem von Willkür und Roheit beherrschten Lande und dachte daran, dorthin überzusiedeln. lFortfl folgt.)