tion der Kammer vertreten sein, die in ihrer gestrigen Sitzungbeschlossen hat, an der„Fäderirten- Mauer", das ist da,wo die letzten Kommunekämpfer fielen, einen Kranz nieder-zulegen. Da gleichzeitig in Marseille ein großes sozialistischesMeeting stattfindet, auf welchem u. A. die Genossen Guesde,Jauräs und Rouanet sprechen werden, hat die sozialistischeFraktion bestimmt, daß die Genannten auf dem dortigenFriedhofe auf das Grab des von der Versailler Regierunghingemordeten Gaston Crvmieux im Namen der Fraktioneinen Kranz niederlegen.—Die �rage der Wahlkosten ist in England eineder wichtigsten in der auch im Mutterlande des Parlamen-tarismus nicht zur Ruhe kommenden Frage der Wahlreform.Bis jetzt mußten alle Wahlkosten, die sehr erheblich sind,von den Kandidaten getragen werden. Dadurch rst un-bemittelten Personen und Parteien die Kandidatur undsomit vor allem der jungen sozialdemokratischen Partei, diezukommende parlamentarische Vertretung zu gunsten der be-sitzenden Klassen sehr erschwert. Das jetzige liberale Kabinetist einer Aenderung des Wahlgesetzes nicht abgeneigt. Inder gestrigen Sitzung des Unterhauses brachte Rowlaiwseine Resolution ein, wonach die Ausgaben für die Wahlenzum Parlament aus den öffentlichen Fonds zu entnehmensind. Der Minister Morley war der Ansicht, daß dieseAusgaben von den einzelnen Gemeinden getragen werdenmüßten. Die Resolution wurde mit 166 gegen 39 Stimmenangenommen.—Parlamentsreform in England. Im Uuterhauseist, von der Regierung formell unterstützt, ein Antrag aufBestreitung der Wahlkosten aus der Staatskasse angenommenworden. In der Resormbill der Regierung war dieserwichtige Punkt bezeichnender Weise vergessen worden. DieZahl der Abstimmenden war leider eine sehr geringe—166 gegen 39—, sodaß der Beschluß also keine große Be-deutung hat. Inzwischen bekämpfen die liberalen„Unionisten" mit steigender Heftigkeit die Regierungs-Politik und suchen— gleich ihren Verbündeten, den Toriesmit aller Macht die Auflösung des Parlaments zu er»zwingen.—Ei« braver Arveitervertreter. Aus London wirdheute telegraphirt:London, 26. Mai. Wie die„Times" mittheilt, wurdeBurns, dem Führer der Arbeiterpartei, bald nach dem Rück-tritt Gladstone's eine offizielle Stellung mithöherem Gehalt angeboten: Burns lehntejedoch ab. Gelegentlich des Wechsels einiger Minister-Posten nach der Demisfion Mundella's soll Roseberywiederum Burns aufgefordert haben, in die Re-gierung einzutreten; Burns hätte wiederum ab-gelehnt, weil er den Interessen der Arbeiter-Partei in unabhängiger Stellung besserdienen zu können glaube.Wir halten die Nachricht für richtig. Die FreundeBurns', die infolge von mancherlei Schwankungen an ihmirre zu werden begannen, werden sich freuen, daß derrevolutionäre Instinkt und das proletarische Klassenbewußt-sein in Burns den Sieg davongetragen haben. So langedas Programm des Sozialismus nicht durchzuführen ist,giebt es für einen Arbeiter oder Sozialisten in einer Re-gierung nur zwei Rollen: entweder die einer lebendigenReklame für die Feinde der Arbeiter, oder die eines Ver-räthers an der Arbeitersache. Ein Drittes giebts nicht.—Tie belgische Wahlreform stellt sich nach Aus-arbeitung der Wählerlisten als eine koloffale Bevorzugungdes Landes, mit seiner ungebildeteren und des-halb reaktionäreren Bevölkerung gegenüber denStädten heraus. Nach dem neuen Gesetz giebt es pro1900 Einwohner in den Städten 285, auf dem Lande da-gegen 359 Wähler.Dieses Verhältniß soll nach den bis jetzt möglichenAufstellungen für das ganze Land maßgebend sein, so daßdas neue Wahlgesetz eine unbedingte Uebermacht der Land-bewohner den Stadtbewohnern gegenüber feststellt. DieWahlbezirke sind nämlich so vertheilt, daß fast überall inden großen Städten die benachbarten ländlichen Bezirkeherangezogen werden, um die städtische Vertretung zu bil-den. Da die Landbezirke aber stets klerikal wählen, so sindin allen Städten die Aussichten der Sozialdemokraten undauch der Liberalen sehr schlechte.—Die Aussichten der Wahlreform in Holland steigen.Ein Telegramm meldet:Bei den drei Ergänzungswahlen zur zweiten Kammerwurden Anhänger der Tak'schen Wahlreform gewählt. Das neueKabinet zählt gegenwärtig 53 Anhänger in der Kammer, dieTausche Partei besteht aus 47 Mitgliedern.—Crispi an der Arbeit. Aus Rom geht uns eineMitthejb»ng zu, wonach der bekannte anarchistische Agitator,A>öLrat Merlino, iui Murate-Gefängniß inFlorenz die allerrigoroseste Behandlung zu leiden hat.Man hat ihn ans höheren Befehl wieder, ww früher bereitseinmal, in eine enge Zelle über den Aborten gesperrt,wo man ihn durch Mangel an Licht und Luft undschlechte Kost mürbe zu machen hofft. Sein Vertheidigerhat vergeblich gegen solche barbarische Behandlungprotestirt.—Bulgarische Greuel. Unter diesem Sensationstitelverbreitete seinerzeit die russcnfreundliche Presse Gladstone'sSchauernachrichten über angeblich von den Türken inBulgarien verübte Grausamkeiten. Die Nachrichten warenvon der russischen Regierung erlogen, um gegen dieTürkei Stimniung zu machen; und als die Russen wirklichnach Bulgarien kamen, verwünschten die Bulgaren dierussischen„Retter" und wären froh gewesen, wenn sie dieTürken wieder gehabt hätten.Jetzt sind die Bulgaren die Russen und Türken los,aber bulgarische Greuel sind wieder zu vermelden, unddiesmal keine erlogenen. Die Greuel werden verübt vonder bulgarischen Polizei gegenüber Sozialisten.Hier einige Thatsachen. Am 1. April(20. März)verhaftete die Polizei in Sofia auf der Straße den Expedientdes„Drougar". Genossen K e l o w l e f s, gab ihm nichtdie Zeit, sich seinen Ueberzieher zu holen, und ließ ihn,bei eisigem Wetter, durch Gendarmen über den Balkanhinweg nach seinem Heimathsort Lom an der Donautransportiren. wo er internirt werden sollte. Der Unglück-liche kam halb todt dort an und st a r b am 28.(16.) Aprilan einer Hirnentzündung— infolge der erlittenen Strapazenund der Kälte.In ähnlicher Weise wurde ein sozialistischer Arbeiter,G e n t s ch e f f, von Echumla nach Somliewo transportirt.Auch er erkrankte, und wurde in das Hospital von Tirnowageschafft, wo er am 10. Mai am Typhus starb.Ein Dritter unserer Freunde, Serwolieff, liegt infolgevon Mißhandlungen durch die Polizei zu Kussendjahoffnungslos darnieder.Wie in Bulgarien gehaust wird, erhellt auch aus demUmstand, daß seitzwei Monaten sechs Redakteuredes„Drougar"(der Kamerad) und des„Robotnik"(Arbeiter)iusGesängniß gewandert sind!Und die Regierung des Stambulow behauptet eineVolksregierung zu sein!Freisinnige Stenmeform in Berlin. Die„Frei-sinnige Zeitung" windet sich unter den schmerzhaften Hieben,welche unser vorgestriger Leitartikel ihr versetzt hat und ver-sucht mit Taschenspieler-Kunststückchen die Situation zu ver-dunkeln. Auf unsere Beurtheilung der Miethssteuerfindet die„Freisinnige Zeitung" kein Wort der Erwiderung,dagegen verwahrt sich das Organ der freisinnigen Volks-Partei feierlichst dagegen, daß die freisinnige Partei jemalsdafür eingetreten sei, alle indirekten Steuern aufzuheben.Wir hängen dies Geständniß hiermit gebührend tieferund konstatiren gern, daß die„Freisinnige Zeitung"nichts gegen indirekte Steuern einzuwenden hat. Wirsind nicht im Geringsten über diese Aeußerungder„Freisinnigen Zeitung" erstaunt, denn da bei Auf-Hebung der indirekten Steuern Besitz und Kapitalschärfer herangezogen werden müssen, versteht essich von selbst, daß der Freisinn lieber die Massender Steuerausbeutung preisgiebt, als daß er die großenEinkommen zu vermehrter Steuerleistung heranzieht. Sehrergötzlich ist es, daß die„Freisinnige Zeitung" zu ihremSchutze anführt, sämmtliche Freisinnigen im Landtage seienfür die Beibehaltung der Miethssteuer eingetreten— alsob wir etwa das Gegentheil behauptet hätten und nichtwüßten, daß der Schutz des Kapitalismus allen Fraktiönchendes Liberalismus gleich heilig ist.fWas nun unsere zahlenmäßige Darstellung anlangt, sokann die„Freisinnige Zeitung" gegen die Richtigkeit der-felben nichts anführen, verlangt jedoch trotzdem die Bei-beHaltung der Miethssteuer, weil dadurch, wie die„Frei-sinnige Zeitung" in dankenswerther Offenheit ausplaudert,zehn Millionen Mark zur Ermäßigung des Einkommen-steuer-�uschlaaes verfügbar werden. Das heißt also, die„Freisinnige Zeitung" will dem Großkapital eine„Liebes-gäbe" von 10 Millionen Mark zuwenden. Denn dievon der„Freisinnigen Zeitung" geforderte Herabsetzung desEinkommensteuer-Znschlages von 105 pCt. aus 60 pCt. bedeutetnichts anderes als ein Millionengeschenk an die Reichen.Nach der„Freisinnigen Zeitung" würden bei der von ihrbefürworteten Steuerregulirung auch die minder Wohl-habenden entlastet werden. Als Beweis für diese Behaup-tung führt die„Freisinnige Zeitung" einige wenige Zahlenan, ans denen hervorgehen soll, daß die Einkommen von12—1800 M. besser fahren, wenn die Miethssteuer bei-behalten und dafür lieber die Einkommensteuer aus 60pCt.herabgesetzt wird.Diese Beispiele beweisen gar nichts. Erstens zahlenalle Einkommen bis 900 M. überhaupt keine Einkommen-steuer, während die Inhaber eigener Wohnungen dieserSteuerkategorie niit Miethssteuer belastet sind. Zweitensmuß die Miethssteuer auf gewerbliche Räume in Rechnunggestellt werden, und wenn dieser Betrag der nach der Be-rechnung der„Freis. Ztg." sich ergebenden Summe zugefügtwird, so ist es zweifellos, daß die gesammte Steuerlast beiAufhebung der Miethssteuer erheblich herabgemindert wird,auch selbst, wenn die Einkomniensteuer die nach Ansicht der»Freis. Ztg." erforderliche Höhe von 120 pCt. erreicht.Unser Leitartikel soll infolge der von der„Freis. Ztg."angeführten Beispiele„kläglich zu Boden fallen". Ja,wenn es stolze Worte machten, dann hättees die„Freisinnige Zeitung" leicht. Aber während bei denkleinen und mittleren Einkommen die angebliche Ver-Minderung der Steuerlast durch die Miethssteuer auf ge-gewerbliche Räume thatsächlich in eine Vermehrung desSteuerbetrages verwandelt wird, und den Einkommen bis900 M. die Miethssteuer aufgehalst bleibt, bringt das vonder„Freisinnigen Zeitung" geforderte Steuerkunststück dengroßen Einkommen eine sehr beträchtliche Entlastung. Auchhierfür nur einige Zahlen. Ein Einkommen von 9000 M.zahlt jetzt 402 M. Mieths- und Einkommensteuer. Nachdem Vorschlag der„Freisinnigen Zeitung" ist dieses Ein-kommen mit 291 M. zu besteuern. Wer 13 500 M. Ein-kommen hat, zahlt jetzt 770 Mark und soll späternach dem Willen der„Freisinnigen Zeitung" mit642 M. belastet sein. Und nun gar erst dw ganzgroßen Einkommen, wie tbeilnahnisvoll und hilfreich beweistsich die„Freisinnige Zeltung" gegen diese. 50 000 M.liefern jetzt 2060 M. für Mieths- und Einkommensteuer andie Stadt. Nach der„Freisinnigen Zeitung" reicht's mit1969 M. Bei 60 000 M. werden 2560 M. gezahlt, diesesEinkommen hat nach der �Freisinnigen Zeitung" nur1999 M. zu steuern. Der Mann mit 100 000 M. Ein-kommen zahlt jetzt 4400 M., nach der„Freisinnigen Zeitung"sind 3040 M. für ihn genügend.Die von der„Freisinnigen Zeitung" empfohlene Herab-setznng der Einkonimenfieuer ist also, wie wir sehen, keinAequivalent für die Beibehaltung der Miethssteuer. Jemehr der Einkommensteuersatz herabgesetzt wird, desto größerwird das Geschenk, welches damit den Reichen gemacht wird.Wenn die„Freisinnige Zeitung" keine Liebesgaben undZuckerprämien für die Agrarier übrig hat, dann soll sieauch dem Großkapital kein Millionengeschenk zu Füßenlegen. Das thut die„Freisinnige Zeitung" aber mit ihrerForderung aus Herabsetzung der Einkommensteuer, darüberkommt sie mit all ihrem Geflunker nicht hinweg.Die Beibehaltung der Miethssteuer in Berlin bedeuteteine Belastung der wirthschaftlich schwachen Bevölkerung, dieHerabsetzung der Einkommensteuer hauptsächlich eine Eilt-lastung der Reichen. Deshalb fort mit der Miethssteuer.—Abgeordnetenhaus.73. Sitzung vom 26. Mai 1894, 12 Uhr.Am Ministertische zahlreiche Kommiffarien.In dritter Berathung genehmigt das Haus ohne erheblicheDebatte den Gesetzentwurf betreffend die Fischerei derUfereigenthümer»n den Privatflüssen der ProvinzWestfalen, und wendet sich dann der Berathung vonPetitionen zu.Schluß 4 Uhr. Nächste Sitzung Donnerstag ll Uhr.(Berathung der aus dem Herrenhause zu erwartenden Vorlagebetreffend die Errichtung eines Amtsgerichts in KaUberge-Rüders-darf; Wahlprnsungen und Petitionen.)Vttvkeitrntfjviiljkim.Die Solidarität der deutsche» Arbeiter zeigt sich bei demetzigen Kampfe der Berliner Arbeiterschaft gegen die Brauereienim besten Lichte. Das Berliner Bier und zwar nicht nur dasder„Sieben" mundet den klassenbewußten Arbeitern ebenvorlänsig nicht mehr. So schreibt unser Leipziger Bruder-organ:„Auch in Leipzig haben die Berliner Nachrichtenüber die Willkür und Unterdrückungslust der dortigenBrauereibesitzer den Erfolg gehabt, daß die Restaurants,in denen Berliner Bier verzapft wird, stark an ihrerFrequenz eingebüßt haben. So genügte gestern Abend einBlick in das Restaurant„Zum Patzenhofer", dessen Inhaber auchaus den Besuch der Arbeiter refleklirt, um die Wirkung desprotzenhaften und arbeiterfeindlichen Verhaltens der BerlinerBrauereibesitzer wahrzunehmen. Das geräumige Lokal war fastverwaist. Und so lange der Kamps unserer Berliner Genossengegen das Brauer-Unternehmerthum anhält, wird das wohl auchso bleiben, obwohl sich der Inhaber des„Patzenhofer" durchAnnonzen und Plakate an den Anschlagsäulen alle Mühe giebt,sein Lokal und sein Bier, das aus der Patzenhofer Brauerei inBerlin stammt, dem Publikum anzupreisen."In Dessau, wo Herr R ö s i ck e ebenfalls ein Brauerei-unternehmen leitet, wurde am Montag in einer Volksversamm-lung folgende Resolution einstimmig angenommen:Die heute, am 21. Mai, Abends 3 Uhr, in Gundlach's Nestau-rant tagende Volksversammlung, von über 450 Personen besucht,erklärt das jüngste Vorgehen des Berliner Bierrings unterFührung des Reichstags- Abgeordneten Rösicke für einefrivole Provokation, insbesondere der Berliner organisirtenArbeiterschaft und verpflichtet sich, mit ganzer Energie die Ver-liner Parteigenossen in ihrem Kampf zu unterstützen. Insbesonderebilligt sie die am letzten Freitag von den neun Berliner Volks-Versammlungen, welche von mehr als 18 090 Personen besuchtwaren, beschlossenen Maßregeln und richtet an alle Arbeiter undParteigenossen Anhalts die Aufforderung, dessen eingedenk zusein, daß der Führer des Berliner Bierrings zugleich General-direktor der Dessauer Waldschlößchen-Brauerei ist, und somit fürsein Vorgehen auch bei uns in Anhalt bestraft werden kann.— In Nauen beschloß eine Volksversammlung, sich derBoykotterklärung anzuschließen. Am Orte wird namentlich vielSchultheiß-Bier ausgeschänkt und dürfte nun Herr Rösickebald das Feld räumen müssen.— In Fürstenwalde, wo Herr Rösicke bekanntlichgroße Niederlagen besitzt, sprach sich eine Volksversammlung nacheinem mit großem Beifall aufgenommene» Referat des Ge-nossen Pfannkuch-Berlin ebenfalls für die Berliner Be-schlüsse ans.*Die Leipziger Parteisieuossen haben nach langem Kampfeden Widerstand der Brauerei Z w e n k a u gebrochen, sodaß ihnennunmehr das Lokal„Friedrichshallen" in Connewitz zur Ver-fügung steht. In den nächsten Tagen wird dort die erste sozial»demokratische Versammlung stattfinden. �Militärischer Boykott. In H a n n o v e r ist laut Ganisons»befehl vom 13. d. M. sämmtlichen dort garnisonirenden Truppender Besuch der Volks-Bierhalle von Ad. Herrmanns, Goseriede,verboten. Gleichsalls einbegriffen sind die auf Urlaub befindlichenMilitärpersonen anderer �Garnisouorte. �Ueber die Maifeier in'Bulgarien schreibt man uns:Wir haben das Mai fest in etlichen zwanzig Städten gefeiert:in Sofia, Philippopoli, Tirnowo, Sliwno u. s. w. In Sofiamachten 600 Arbeiter einen Straßenumzug. Die Polizei hättebeinahe eine Ruhestörung verursacht, weil sie die Arbeiter zer-streuen und ihnen die rothen Bänder aus dem Knopfloch ent-fernen wollte. Die Arbeiter aber sorgten dafür, daß die Ordnungbewahrt blieb. Die Polizei machte den ganzen Tag viel Lärm.und ein Bourgeoisblatt schreibt, Sofia habe einer belagertenStadt geglichen. Bemerkenswerth ist, daß im Departement vonTirnowo dieBauerndasFest der Arbeit gefeierthaben. In drei Dörfern wehte die rothe Fahne vorden von uns gegründeten Lesezimmern(Tschitalischte). DieBauern der verschiedenen Ortschaften schickten sich gegenseitigAbordnungen, und es war ein erhebendes Schauspiel, wie dieam Ende des Dorfes versammelten Bauern die Abgesandten desnächsten Dorfes empfingen. Auf eine Zuschrift unseres FreundesPlechanoff wurde von uns mit einem Telegramm geant-wortet. In Sofia wie in der Provinz sind viele Verhaftungenvorgenommen worden. Das schreckt aber niemanden ab, und dererste Mai, der dieses Jahr in Bulgarien zum ersten Mal ge-feiert wurde, wird im nächsten Jahr noch von weit größerenMassen gefeiert werden.»Todtenliste der Partei. Zwei Nürnberger Partei-genossen, beide rührige Mitglieder des dortigen Wahtvereins,sind dieser Tage aus dem Leben geschiede»; es sind das dieGenossen Georg Mitterer und I. S ch o b e r t h. Beidesind mitten in der Arbeit, der eine durch Schlaganfall, vom Todeereilt worden.«»*Polizeiliches, Gerichtliches»c.— 250 P e r s o n e n sind in Dresden wegen deß Spazier-ganges am 1. Mai, der unter allen Umständen zum„Umzug"gestempelt werden soll, gerichtlich vernommen worden.— Freigesprochen. Bekanntlich wurde GenosseM a t t h, e s wegen Beamtenbeleidigung zusätzlich zu 1 MonatZuchthaus verurtheilt. In der am 23. Mai vor dem Magde-b u r g e r Landgericht stattgefundenen Berufungs- Verhandlungwurde Matthies freigesprochen.— Wegen Beleidigung eines Unteroffizierswurde Genosse S penger, Redakteur der Mainzer„Volks-Zeitung", zu 25 M. verurtheilt. Der Unteroffizier Rennerhatte im Dezember 1892 einen Rekruten aus Unachtsamkeit inden Rücken geschossen und nicht dafür gesorgt, daß der Soldatsich krank meldete, so daß er Anfangs Januar 1893 starb. DieMainzer„Volks-Zeitung" hatte in dieser Sache einen gepfeffertenArtikel gebracht, worin der Herr Unteroffizier nichl mit Glago»Handschuhen angefaßt worden war. Dafür jetzt die Buße!Renner ist längst nicht mehr im Dienst und ist für seineThat vom Militärgericht mit 30 Tagen Gefängniß wegen fahr-lässiger Körperverletzung bestraft werden.— Genosse Knösel war als Verantwortlicher der„Sächsischen Arb. Ztg." zu einem Monat Gefängniß verurtheiltworden, weil er de» Gemeindcrath zu Berggießhübel durch eineNotiz beleidigt haben sollte. Gegen das Urtheil hatte GenosseKnöfel Revision eingelegt und die Revision damit begründet.daß der Stadt-Gemeinderath keine Behörde sei, daß daher dievorgesetzte Amtshauptmannschaft in Pirna nicht das Recht gehabthabe, Slrafantrag zu stellen.— Den Ausführungen des Reichs»anwalts, der in längerer Deduktion nachwies, daß der Stadt-Gemeiuderath der mittleren und kleineren Städte nach der Städte-Ordnung für das 51önigreich Sachsen von 1373 Behörde imSinne des§ 196 Str.-G.-B. sei, trat das Reichsgericht bei undverwarf darum die Revision als unbegründet.VviekkaNe» vev Devaktton.Wir btllen bei jeder Anfrage ein« Chiffre(Zwei Buchstaben oder ein« Zahlanjugeben, unler der die Antwort erthettt werden soll.C. H. 100. Die Angelegenheit mit den s16 Geudarnien istunter„Politische Nachrichten" behandelt worden. Maifeier jeden-falls zu spät eingetroffen.C. S. in M. Wir sind außer stände, Ihnen in Ihrer An-gelegenheit behilflich zu sein.