trcuig das Gedächtmß auffrischen. Die Bewegung von 1890endigle daniil, dcijj die Branereivertreter bewilligten:1. Die Errichtung eines Älrbeitsnachweises.2. Eine bestimmte Arbeitszeit und Sonntagsruhe.3. Einen bestiminten Mininiallohn.Tie Arbeiter bewilligten den Prozentsatz, d. h. die Brauereiensollten, wenn 20 Mann rn einem Geschäft arbeiteten, das Rechthaben, pr. Jahr 3 Mann, ohne sie durch den Arbeits-„achweiZ zu entnehmen, einzustellen, bei 40 Mann pr. JahrK Mann u. f. w. Von seilen der Brauereibcsitzer wurdediese Forderung damit begründet, daß sich aus ihrem Verwandten-kreis öfters junge Leute im Branfach praktisch ausbildeten undman diese nicht auf den Arbeitsnachweis verweisen könne. Wohlhatten schon damals einige Kollegen in diesem Prozentsatz dennagenden Wurm an der Wurzel des Arbeitsnachweises erkanntjedoch dre Mehrzahl unserer Kollegen hatte noch einen Schimmervon Glauben an die, gerade von den Machern der jetzigen Pro-vokationen damals so vollmündig ausposaunte wohlwollendeArbeiterfreundlichkeit und Humanität. Daß jener letzte Schimmervon Harmonieglaube heute den Branereiarbeitern vollständig ent-schwunden ist, wie der Nebel vor der emporsteigenden Sonne,daß Tausenden unserer Berufsgenossen in alle» deutschen Gauendie Augen geöffnet, sie zu Nluthigeu Mitkämpfern geworden sind,das verdanken wir dem bisherigen wortbrüchigen, egoistischenrücksichtslosen Vorgehen und Verhalten eines großen Thciles derBierkönige.Sie haben der Sozialdemokratie größere Dienste geleistetals unsere feurigsten Agitatoren. Sie haben uns Brauerei-Arbeiter durch ihre Unterdrückungsmaßregeln zu tapferenKämpfern gestählt, vor denen es ihnen heute bangt. Seil 1830schwangen die Bierkönige die Peitsche über uns; 6—11 Monatemußten wir auf dem Arbeitsnachweis warten, nirgends wollteman die geregelte Arbeitszeit einhalten, niemals wollte manUebcrstunden bezahlen, dutzende Male mußten wir die Gewerk-schafts-Kommission zu Hilfe rufen. Den Prozentsatz benutzteman, um uns zu demülhigen und den Abmachungen Hohn zusprechen. Die schwarzen Listen unter Leitung der früherenKrankenkassen sind jedermann bekannt. In den meisten Brauereienhat man junge, kräftige, im öffentlichen Leben noch unerfahreneLeute von außerhalb herangezogen, und gerade der Vorstand desBierringes. Herr Happoldt, ging mit am rücksichtslosesten vor.Sämmtliche ihm in, Jahr 1893 vom Arbeitsnachweis zugeschickteverheirathete Brauer wurden 4—7 Wochen als Vize"beschäftigt, um dann, trotzdem sie theils hungernde Familienzu Hause hatten, Steuern; und Miethe aufbringen sollten, einem17— 18jährigen Menschen aus der Provinz den Platz zu räume».Aus den verschiedensten deutschen Provinzen wurden diese zn-geschickt. Willens- und bedürfnißlose junge Leute, die durch ihreUnerfahreiiheit im Großmaschinenbetrieb die Hauptursache vonvorkommenden Unfällen bilden, sauden Annahme. Sie traten andie Stellen, ans denen verheirathete Männer, Böttcher undBrauer, vertrieben wurden. So spiegelte sich die Arbeiterfreund-lichkeit des Herrn Happoldt wieder. Zur Kennzeichnung vondessen Humanität sei hier noch eine kleine Probe angeführt. Am16. Mai Vormittags bittet ein seil etwa vier Jahren lautZeugniß zur vollen Zufriedenheit arbeitender Brauer für denNachmittag um Urlaub, um sich standesamtlich trauenzu lassen. Er will Hochzeit feiern. Herr Happoldtgiebt ihm darauf für immer frei, zahlt ihm auch denhalben Tag ans. Warum wurde der Mann nach vier-jähriger Thätigkeit auf die Straße geworfen?— Er that, washeutzutage jeder denkfähige Arbeiter thut, was wir von jedemArbeiter verlangen, er halte sich der Organisation angeschlossenHerr Happoldt kann seinem Rösicke die Hand reichen, sie sindeinander werth.Der vergebliche Koutraktbrnch der Maifeiernden, mitdem die Herren vom Brauereiring sowohl, wie die ihnen unter-gebenen Preßkosacken einen gar gewaltigen Moralradau an-schlagen, stellt sich bei Licht betrachtet, als ein ebenso großerMumpitz dar, wie die übrigen„ethischen" Gründe, welche denbrutalen Maßregelungen der Brauereiprotzen als Rechtfertigungs-mäntelchen umgehängt werden.Kontraktbruch! Ein außerordentlich willkommenes Wort fürdas Unternehmerthum, ein Wort, gar zu bequem, um derselbständigen Arbeiterschaft das bei dem Philisterium ja zuweilennoch viel verfangende Brandmal der Gesetzwidrigkeit aufzudrücken.Obwohl der Unternehmer wie auch sonst der Moralphilistersehr wohl weiß, daß bei den heutigen sozialen Kämpfen gar leichtUmstände eintreten können, welche den sogenannten Kontraktbruchder Arbeiter als unvermeidlich erscheinen lassen, wird eine Hand-lung, welche auch nur anscheinend den Thatbestand desselbeneinschließt, dennoch stets und ständig als von gemeinster Frivo-lität eingegeben hingestellt.Wie sollte es auch nicht! Der Bestand der Klassenherrschafterfordert ja überhaupt, daß alle und jede Stellungnahme derArbeiter gegen das Unternehmerthum. und beziehe sich dieselbeauch auf noch so bescheidene und selbstverständliche Forderungen,von allen, die an der Erhallung der Klassenherrschaft interessirt sind,vorweg als verdammungswürdig bezeichnet wird.Es hat daher ja auch wenig praktischen Werth, darzulegen,daß von Kontraktbruch bei der Maifeier keine Rede sein kann,aber angebracht ist es doch, den Kapitalistenklüngel an seinereigenen Mißachtung der Justiz festzunageln.Ein von der Kammer VII des Berliner Gewerbegerichts(Litt. V Nr. 146/34) verkündetes Urtheil in einer Klage, ingekränkt. Zu gewaltig war das Grollen des Volkes, desVolks von Grundstücksbesitzern am schlesischen Busch. Soreiben sich die Südöstlichen vergnügt die Hände. Sie haben'serreicht. Dies gerechte„Volk" hat gesiegt.Und es wäre doch so herrlich gewesen im Westen zuparadiren, in jenem Westen, der erst in diesen Tagen die„Elite der Berliner Gesellschaft" beim glanzvollen Blumen-korso vereinigt sah. Ganz Berlin, soweit es Maulaffenfeil hält, stand im Thiergarten Spalier und unter denLinden und freute sich kindisch, ein Zipfelchen vonjener Herrlichkeit zu erblicken, die von der„großenWelt" freigebig verschwendet war. Wer könnte überso nützliche Prachtentfaltung ungehalten sein? Jener bös-artige Philosoph höchstens, der inmitten all' der Feierlich-keit sein blumenbekränztes Eselchen durch den Thiergartentraben ließ. Eines aber gab auch dem sozialkritischen Be-obachter Stoff zum Nachdenken. Wie wußte man sonst sotapfer zu schmählen, wenn in der Nachbarschaft irgendwoVoll- und Halbwelt sich vermischten und verquickten. Wiewußte teutsche Moral sich über den Cancan des drittenNapoleoniden zu entrüsten. Wie wurden die Merkmale derPariser Fäulniß sorgsam registrirt. Streu Asche aufDein Haupt, moralisches Berlin! Die Tage exklusiverReinheit sind vorüber. Das Parfüm der Frommen undUnfrommen vermengt sich auch in deiner Gesellschaft. Inblumengeschmückten Karossen saßen die Dämchen, die ausdem Theater nur die kleinste, bei den Lebemännern diegrößte Rolle spielen, ritten unter den steifleinensten Herrinnenuntadligen Vollbluts und von hohen Herrschaften wurden ihreGefährte um der kostbar geschmackvollen Ausstattung willenmit seidenen Bannern prämiirt. Dem Verdienst sei vor-»rtheilslos die Krone gereicht. Es liegt Humor darin, wieKavaliere sich vor der Grazie obskurer Theaterprinzessinnennicht im verschwiegenen Sonderkabinet eines feinenRestaurants, sondern am lichten Tage vor der Creme derGesellschaft verneigen! �lpba.welcher der Kläger von seinen beklagten Arbeitern die Ent-schädigung des Wochenlohnes forderte, weil sie wider seinenWillen einen Tag ausgesetzt hatten, hat in seiner Begründungu. a. folgenden Wortlaut:„Der Kläger befindet sich in einem Jrrthum, wenner meint, die Bestimmungen des§ 124b der Gewerbe-Ordnung,welche eine milde Strafe für Kontraktbruch festsetzen, finde auchAnwendung auf ein widerrechtliches Pausirenwährend der fe st gesetzten Arbeitszeit. DerZ 124 behandelt nur den Fall der rechtswidrigen Arbeits-niederlegung ohne Einhaltung der Kündigungsfristen. Voneinem solchen Vertragsbruch kann aber im vorliegenden Falle(in dem die Beklagten einen Tag ausgesetzt hallen. D. Red.)auf Seite der Beklagten nicht die Rede sein."Nach Tarstellung des Thatbestandes heißt es in derBegründung weiter:„Damit(mit dem unentschuldigten Ausbleiben von der Ar-beit) haben die Beklagten dem Kläger einen Grund zur sofortigenEntlassung gegeben, nicht aber ihrerseits das Arbeitsverhällnißgelöst. Dieses geht daraus am besten hervor, daß sie a mandern Tage ihre Arbeit fortgesetzt haben. Eine Ent-schädigung auf grnnd des§ 124b konnte daher dem Klägernicht zugesprochen werden, derselbe war also mit der Klage ab-zuweisen."So das Urtheil. Natürlich werden sich die Stützen der Ge-sellschaft von Rösicke und Richter den Teufel um ein derartigesUrtheil scheeren und lustig weiter von„Kontraktbruch" faseln.Wo Begriffe fehlen, da stellt bekanntlich ein Wort zur rechtenZeit sich ein.Direkt von Herrn Rösicke inspirirt ist ein heute durchdie Presse gehender Waschzettel, welcher beginnt:„Zu demBrauerei-Boykott" und endigt... daß mit dem Terrorismusder Arbeiterschaft gebrochen wird.Ein Deuuuziatiönchen. Das„Kleine Journal" leit-artikelt mit dem ganzen Ernst, zu dem sich seine Leute auf-schwingen können, folgendermaßen über den Bierboykolt:„Die Verrusserklärung ist in mehreren Fällen unter An-klage gestellt worden, doch fanden die Richter keine der be-stehenden gesetzlichen Bestimmungen anwendbar, auch nicht denUnfug- Paragraphen. Nach unserer Meinung ist die Verrufs-erklärung eine Gewaltmaßregel, und da nach§ 240 des Straf-gesetzbuchs der Versuch, jemand durch Gewalt zu einer Handlung,Duldung oder Unterlassung zu nöthigen, mit Gefängniß bis zneinem Jahr oder Geldstrafe bis zu 600 M. zu strafen ist, scheintuns die in der Versammlung vom 18. d. Mts. von den Sozial-demokraten vertretene Forderung, daß die entlassenen Arbeiternicht blos von den Brauereien wieder angenommen, sondern auchentschädigt werden und daß die Arbeitgeber den 1. Mai alsFeiertag anerkennen müssen, widrigenfalls der Boykott fortdauert,unter jene Strafbestimmung zn fallen.Noch weniger zweifelhaft ist die zivilrechtliche Berantwort-lichkeit der Urheber und Begünstiger der Verrufserklärung, nament-lich auch der Besitzer deS„Vorwärts", und wenn die Brauereienden erlittenen Schaden einklagen, so werden die Aktionsfondsder sozialdemokratischen Partei in die Taschen der Bourgeoisfließen."Ob die Herren vom Bierring dem„Kleinen Journal" nunendlich die fetten Annonzen zukommen lassen werden, diediesem Blatt bisher schnöder Weise noch vorenthalten wurden?Auf den„Segen" mancher Arbeiter- Wohlfahrtö-einrichtnngen wirst die Mittheilung ein bezeichnendes Licht,daß auf Veranlassung des hiesigen Kammergerichts- vor einigenTagen die Leiche des unlängst verstorbenen, ans dem Begräbniß-platz der St. Jakobi- Gemeinde beerdigten Kaufmanns Köthener,der früher in der Emdcnerstraße wohnte, ausgegraben werdenmußte. K. war früher als Pferdebahnschassner auf dem Bahnhofin der Waldenserstraße angestellt und verunglückte im Sommer1891 dadurch, daß er beim Kassiren von dem Trittbrett einesSommerwagens hinunterstürzte. Nach sechs Monaten wurde eraus dem Krankenhause als geheilt entlassen, litt jedoch trotzdemderartig an Schwiudelanfällen, daß er seinen Dienst nicht wiederaufnehmen konnte. Frau K. stellte nun an die Unfallversicherungs-Kasse Entschädigungsansprüche, wurde aber zurückgewiesen undnun klagte dieselbe. Vor drei Wochen starb K. nach einemkürzeren Krankenlager am Schlaganfall, und da Frau K. denTod ihres Mannes mit dem vor drei Jahren stattgehabten Un-glücksfall in Verbindung brachte, wurde gerichtlich vor 14 Tagendie Wiederausgrabung der Leiche verfügt. Das Ergebniß derObduktion lautet dahin, daß der damalige Unglücksfalldie direkte Veranlassung zu dem Tode des K. ge-geben hat. Demnach ist die Kasse zur Zahlung der Rente ver-urtheilt.Ju dem famosen Fabrikanten-Ring Witzleben-Treptowhat am Freitag wieder die Partei Köpnickerstraße einen derortsüblichen glänzenden Siege davongetragen. Vielleicht sogareinen endgiltigen; denn das„Kleine Journal" ist durch die gesterngetroffene Entscheidung mehr denn je verstimmt. Und das trotzöes heulenden Domenti's, das es auf die auch von uns gester»der Kuriosität halber registrirte gefühlvolle Nachricht der„Staats-bürger-Zeitung" von dem Engagement des Herrn Leipzigerlosläßt.Auf gewisse Verhältnisse in unserer NachbargemeindeNixdorf wirft ein Vorgang ein bezeichnendes Licht, der sich inLiterarische.s.Lassalle alS Sozialökonom. Von Dr. Gustav Mayer, Berlin.Mayer und Müller 1394.Ich kenne das Lied, ich kennenden Text,Ich kenne auch seine Herren Verfasser—das Lied: der gute Lassalle und der schlechte Marx— dieHerren Verfasser: die deutsche Professorenzunft nebst dem, wasdrum und dran hängt!— Auch Herr Dr. Mayer hat es fürnöthig gehalten, schlecht und recht, wie er es eben kann, diesschöne Liedlein zu singen. Aus allen Winkeln seines Buches töntuns der professorale Gassenhauer mit seinem Refrain:„dergute Lassalle und der schlechte Marx" entgegen, sodaß es unsoft Ueberwindung genug gekostet hat, das Buch nichtin die Ecke zu werfen, wohin diese Schülerarbeit am richtigstengehört. Wir wollen daher dem Herrn Verfasser nicht auf diesFeld von Persönlichkeiten folgen, unsere Kritck soll sich nur mitden Theilen seines Buches beschäftigen, in denen wirklich vonLassalle gehandelt wird.In dem ersten Kapitel beschäftigt sich der Herr Verfassermit der Sozialphilosophie Laffalle's. Ein schreckliches Durch-einander dies erste Kapitel! Erst kommt das Arbeiterprogramm,dann das System der erworbenen Rechte, dann ein geschichtlich-philosophischer Exkurs Herrn Meyer's frei nach Bark u. a., dann einExkurs über Sozialismus und Individualismus frei nach Dietzel,dann Lassalle'S.Tagebuch u. f. f.— ohne Ordnung, ohne Sinn! DerVerfasser sagt selbst auf S. 20:„Die Sozialphilosophie Laffalle'sist kein einheitliches Ganze"; das soll doch wohl heißen, daß sieeine Entwickelung durchgemacht hat und sich j» ihr, wie derVerfasser so sehr schön sagt,„der Uebergang aus dem ZeitalterHegel's in das Zeitalter Bismarck's, aus dem Zeitalter der idea-Ustischen Spekulation und der Romantik in das Zeitalter derempirischen Forschung und des Realismus" widerspiegelt.—Im Vorbeigehen möchten wir Herrn Mayer als Thema für seinnächstes Buch: Bismarck als Philosoph empfehlen, wo er dannseinem phantasievollen Entdeckungstrieb aufs sreieste die Zügel wirdschießen lassen können.— Unbedingt wäre hier aber diehistorische Darstellung zu wählen gewesen, anstatt mit einersystematischen zu beginnen, und dann doch schließlich in dieerster? zurück zu verfallen. Auf alle Schiesheiten undder letzten dortigen Gemeinderathssitzung abspielte. Der neueRathskellerpächter Sommerfeld bat, wie uns berichtet wird, ineinem Schreiben, ihn vom Kontrakt zu entbinden, da er absolutkein Gesckästs mache und seinen Untergang vor Augen sehe.Zurückzuführen sei dieser Umstand auf das im Orte verbreiteteGerücht, daß er ein eifriger Parteigänger derSozialdemokratie sei, welches unwahre Gerücht vondem Gendarmerie- Wachtmeister Peiro ge-f l i s s e n t l i ch verbreitet werde! Der Vorsitzende be-stätigte im allgemeinen die Angaben des Sommerfeld und be-merkte, daß seit dem Auftauchen des völlig unbegründeten Ge-rüchts das Publikum, aus welches der Rathskeller angewiesensei, denselben meide, obwohl der Wirth alles aufbiete, um dieZufriedenheit der Gäste zu erwerben. Wer das Gerücht aufgebracht,sei ihm nicht bekannt, doch habe Sommerfeld bereits Schrittegethan, um die Verbreiter zu belangen. Genosse Müller führtdas Gerücht darauf zurück, daß er und Genosse F r i ck e seiner-zeit über Sommerfeld im Auftrage der Verpachtnngs-KommissionErkundigungen eingezogen und dann denselben als Pächter vor-geschlagen haben. Er könne aber versichern, daß keinem seinerGenossen Sommerfeld vorher bekannt war, noch daß man sichum dessen politischer Ansicht bekümmert habe. Er sei eben derAnsicht, daß der Rathskeller neutraler Boden sein müsse, damitjeder Einwohner dort verkehren könne. Aus diesem Grundehabe er auch in der Kommission beantragt, daß im Pachtvertragein Passus aufgenommen werde, nach welchem im Rathskellerpolitische Versammlungen nicht abgehalten werden dürfen; leidersei dieser Antrag abgelehnt worden. Bedauerlich sei, daß derPächter durch derartige Gerüchte schwer geschädigt� werde und ge-radezu befremdlich müsse es erscheinen, daß ein höherer Beamterals Verbreiter des Gerüchts genannt werde. Derselbe schädige damitnicht allein den Wirth. sondern auch die Gemeinde. In Zukunftmüsse er für Mitgliedschaft in eine Konimission danken, durchwelche Jemand ohne Verschulden ins Malheur gestürzt werdenkönne. Von verschiedenen anderen Seiten wird bezweifelt, daßein stiller Boykott gegen den Rathskellerwirth bestehe, das schlechteGeschäft müsse wohl am Wirth selbst liegen. Genosse Schenktritt dieser Ansicht energisch entgegen und führt das Ganze nurauf Machinationen gewisser Personen zurück. Hätten die Rix«dorfer Sozialdemokraten gewußt, daß der Rathskellerwirth einso verrufener Sozialdemokrat ist, hätten dieselben ihn sicher sounterstützt, daß er nicht zur Aufgabe des Pachtverhältnisses ge-zwungen gewesen wäre.— Nach längerer Debatte wird be-schloffen, das Gesuch der allen Verpachtungs- Kommission zuüberweisen und dieselbe zu beauftragen, einen geeigneten Pächterzu suchen, der in den Vertrag eintritt. Auf Ersuchen derParteigenossen und des Vorsitzenden nimmt Genosse Müllerdas Amt wieder an.Eine» sehr stürmische» Verlans nahm mitunter die letzteSitzung der Gemeindevertretung von Britz. Der Gemeinde«Verordnete W e g n e r hatte einen Antrag eingebracht, währendvier Wintermonaten die Kommunalsteuer nur zur Hälfte zu er-heben, da der beschlossene Steuerzuschlaz von 230 pCt. nicht er-forderlich sein werde, um die etatsmäßigen Ausgaben zu decken.Demgegenüber machte der Gemeindevorsteher Becker daraufaufmerksam, daß eine Aendernng des Etats, wie sie der AntragWegner bedinge,»ach den gesetzlichen Bestiminungen unzulässigsei, zur Zeit auch keine Aussichten auf Verwirklichung des An-träges beständen. Weguer habe ihn übrigens bereits bei demLandrath wegen Fälschung des Etats denunzirt, weil er, der Ge-meindevorsteher, nicht nach der Pfeife des Wegner tanze. Erwerde mit dem Herrn wegen dieser Beschuldigung nochan anderer Stelle sprechen. Nun kam es zwischendem Vorsitzenden und dem genannten Gemeindeverordnetenzu einem heftigen Meinungsaustausch, wobei Wegnererklärte, er habe nicht denunzirt, sondern sich nur be-schwert. Nach langer Debatte erklärte der Gemeinde-Vorsteher, über den Antrag Weguer lasse er nicht abstimmen,wogegen der letztere Einspruch erhob und erklärte, seine Rechtesuchen zu wollen. Die Gemeindevertretung war damit ein-verstanden, daß der Antrag bis Anfang Dezember vertagt werde,da man dann sehen könne, ob eine Möglichkeit zur Ermäßigungder Steuer vorhanden sei.— Als Kuriosum sei noch erwähnt,daß im weiteren Verlaufe der Sitzung der Gemeinde-VerordneteNiel, ein alter Spießbürger von Britz, sich über die in derTagesordnung enthaltene Bezeichnung„Antrag N. und Ge-nassen" schwer beleidigt fühlte und sich erst dann beruhigte,als die Vertretung beschloß, in Zukunft keine Namen mehr indie Tagesordnung aufzunehmen.Unerwiderte Liebe hat die 22jährige Schneiderin MarthaEngel in den Tod getrieben. Das junge Mädchen stand miteiner Kollegin in freundschaftlichen Beziehungen, ging mit der-selben zusammen öfter aus und bei einem solchen Spaziergangelernten beide einen jungen Kaufmann, den Buchhalter R. kennenund lieben. R. erwiderte die Neigung der Kollegin, welcherUmstand öfter zu heftigen Szenen zwischen den beiden Freun-binnen führte. Die E. versuchte vergeblich, sich die Liebe desBuchhalters zu erringen und als sie am Donnerstag eine Ver-lobungsanzeige von ihrer Freundin erhielt, erkannte sie das ver-gebliche ihrer Bemühungen und beschloß zu sterben, Fräulein E.,suchte am Freitag den in der Landsbergerstraße wohnenden BuchHalter auf, machte noch einen letzten Versuch, denselben umzustimmen und begab sich, als ihr dies nicht gelang, nach demHausflur des Hauses Landsbergerstr. 39, wo sich die Unglücklichemittels Arsenik vergiftete. Die E. wurde zwar bald daraufVerkehrtheiten, die dies Kapitel in reichster Fülle enthält, einzu-gehen, fehlt uns Raum, wie Zeit, nur eine Behauptung des Ver-sassers wollen wir herausgreifen, da sie seinen Standpunkt charak»terisirt. Nach Herrn Mayer galt der Streik noch vor wenigenDezennien als unsittlich: heutzutage sei derselbe rechtlich gestattetu. s. w. und auch„im Volksbewußtsein schwinde das sittliche Bor-urtheil gegen denselben mehr und mehr". Herr Mayer scheintkeine Ahnung davon zu haben, daß bei den Unternehmern derStreik nicht der Lockout auch heute noch für unsittlich imhöchsten Grade gilt und daß sie seiner Zeit alles, was inihren Kräften stand, gethan haben, um ihn auch ungesetzlichzu machen. Für den Bourgeois, der nun einmal den Ansprucherhebt, alleiniger Träger des Volksbewußtseins zusein, besteht das„sittliche Vorurtheil" gegen denselben mit.ungeschwächter, neingesteigerter Kraft fort.In den Kapiteln II. und III. kommen wir dann zu derDarstellung der sozialökonomischen Lehren Lassalle, an die sichdie Mayer'sche Kritik, oder vielmehr Aufivärmung alles dessenanschließt, was anderer Kritik bereits vor ihm geleistet hat, wo-bei es natürlich nicht an den unerläßlichen Fehlern und Ver-hunzungen fehlt. Was kann man denn auch anderes von einemSchriftsteller erwarten, der der Marx'schen Werththeorie einensozialistischen, der Lassalle'schen einen individualistischenCharakter zuschreibt, der also sich nicht einmal überden Begriff„Werththeorie" klar ist? Giebt es eine größereGedankenlosigkeit als die, aus der einen Seite(S. 34)zu behaupten, daß Lassalle einer Vergesellschaftung oder Ver-staatlichung des Privateigenthums fern zu stehen scheine, undauf der folgenden Seite(S. 35) anzuführen, daß der„innersteKern der Ansichten" desselben Lassalle die Abschaffung des Grund-und Knpitalseigenthums gewesen sei? In der ganzen 60 Seitenumfassenden Kritik ist es uns nicht möglich gewesen, auch nureinen neuen Gedanken zu finden. Alte„liebe" Bekannte nickenuns überall freundlich grirsend zu. Wir haben sie lange nichtgesehen— aber wie sie an' uns vorüberhuschen, erwecken sie trotzihrer Mayer'sche» Verkleidung in uns wieder die Erinnerung.Wo haben wir Euch doch gesehen? Wie heißt Ihr?— wirgrübeln und grübeln ihren Namen zu finden, sie irgendwo unterzubringen— und unbeachtet fällt uns Herrn Mayers Buch ausder Hand.—— o.