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Nr. 192.

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Telegramm breffe: Sozialdemokrat Berlin  ".

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morigplaz, Nr. 151 90-151 97.

Montag, den 16. Juli 1917.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplatz, Nr. 151 90-151 97

Vor weiteren Entschlüffen.

Erste Schwierigkeiten.

Die

Man war einigermaßen erstaunt darüber, daß Herr Dr. Michaelis fein neues Amt endgültig annahm, ohne sich Buvor in einer Besprechung mit den Parteien dessen verge­wissert zu haben, daß ein gedeihliches Zusammenarbeiten gwischen dem Reichstag   und ihm möglich sein werde. Möglichkeit eines solchen Zusammenarbeitens wird also still­schweigend vorausgesezt, was entweder auf eine vollständige Bustimmung des neuen Reichskanzlers zu dem Programm der Mehrheit schließen läßt oder aber auf seine Voraussicht, daß im Fall eines Meinungskonfliktes einer von beiden Teilen schon nachgeben werde. Im Volk erwartet man zubersichtlich, daß vorkommenden Falles der Reichstag   dieser Teil nicht sein werde.

Das zweite, was seltsam berührt, ist der Umstand, daß nicht gleichzeitig mit dem Namen des neuen Kanzlers die seiner neuen Mitarbeiter bekanntgegeben worden sind. Herr Dr. Michaelis kann doch die zweifellos notwendig gewordene Neubesetzung der wichtigsten Aemter nicht als eine Frage geiten Ranges betrachten: ohne Mitarbeiter, die mit ihm übereinstimmen, kann er seine Arbeit ebensowenig leisten wie ohne einen Reichstag, der mit ihm übereinstimmt. Man muß nuch hier wieder annehmen, daß sich Herr Michaelis vor der Annahme seines Amtes gewiffe Sicherheiten geschaffen haben : daß die Männer, die er braucht, ihm auch wirklich zur Verfügung stehen und daß nicht etwa über seinen Ropf hinweg Männer in wichtige Aemter gebracht werden, mit benen er nicht arbeiten fönnte.

Als der deutsche Gesandte in Kopenhagen  , Graf Brod­horff- Rangau in der Oeffentlichkeit allgemein als Nachfolger des sehr fälligen Herrn Zimmermann im Reichsamt des Auswärtigen genannt wurde, hielt man ihn ziemlich allgemein für den Mann des neuen Reichskanzlers, und man schloß aus der bevorstehenden Ernennung auf die auswärtige Politik zurück, die Herr Michaelis zu treiben gedachte. Dieser Schluß wirfte einigermaßen beruhigend auf diejenigen, die der Jubellärm einer gewissen Presse über die neue Wen­dung der Dinge stußig gemacht hatte. Nach allem, was man weiß, ist Graf Ranbau vielleicht nicht der Mann, der mit Riesen­fraft gegen reißende Strömungen schwimmt, daß er aber mit seinem Intellett und seiner gangen Dentiveise nicht der all­ deutsch  - reaktionären Machtpolitik dienen kann, darf als gewiß

gelten.

Die Ernennung Rantaus zum Staatssekretär des Aus­märtigen galt bis Sonnabend mittag allgemein als sicher, am Abend hieß es jedoch, sie sei noch nicht vollzogen, und als Zeichen der inzwischen geleisteten Arbeit hinter den Kulissen tauchten am Sonntagmorgen in den Spalten des Berl. Lokal­anzeigers" die Häupter zweier neuer Kandidaten auf, des Bot­schafters in Konstantinopel   v. Kühlmann und des neuen Ge­sandten in Kristiania  , Herrn v. Hinze. Man merkt jedoch sofort, daß der erste bloßer Vorspann ist, um den zweiten ins Licht zu rücken, denn der Text fährt weiter fort:

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Heftigster Artilleriekampf in Flandern  . Englischer Angriff bei Lombartyde. Deutscher   Erfolg bei Courtecon an der Aisnefront. Französische   Angriffe in der Westchampagne und an der Höhe 304. Vergebliche russische Angriffe bei Kalusz  .

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Großes Hauptquartier, den 15. Juli 1917. Weftlicher Kriegsschauplah.

Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht

In Flandern   erreichte der Artilleriekampf an der Küste sowie zwischen Boesinghe   und Wytschaete große Heftigkeit; er danerte bei pern auch nachts an.

Bei Lens und auf beiden Scarpe- Ufern war zeitweilig bas Feuer start. Englische Kompagnien, die bei Gravelle, östlich von Croisilles und bei Bullecourt vorstießen, wurden durch Gegenstoß zurückgeworfen.

Heeresgruppe Deutscher Kronprins

Am Chemin- des- Dames wurden dem Feinde durch An­griff wichtige Stellungen füdöstlich von Courtecon entrissen. Nach zusammengefaßter Wirkung von Artillerie und Minen­werfern stürmten Teile des Infanterie- Regiments Generalfeld­marschall von Hindenburg und anderer oftpreußischer Regi­menter sowie des Sturmbataillons 7 die französische   Stellung in 1500 Meter Breite und 300 Meter Tiefe. Der Gegner leistete erbitterten Widerstand, so daß es zu hartnäckigen Nah­kämpfen kam. Die Sturmziele wurden überall erreicht und gegen drei starke Gegenangriffe gehalten. Die blutigen Ver­lufte der Franzosen sind schwer; bisher find über 350 Ge­fangene eingebracht worden. Die beträchtliche Beute ist noch nicht gezählt.

In der Westchampagne hat nach viertägigem schwersten Feuer gestern 9 Uhr abends der französische   Angriff gegen unsere Stellungen von füblich Nauroh bis füdöstlich von Moronvilliers eingefeßt. Der Ansturm der starken feindlichen Kräfte wurde dank der tapferen Haltung unserer Infanterie und der gesteigerten Abwehr- und Gegenwirkung der Artillerie im wesentlichen abgeschlagen. Am Hoch- Berg und Poehl- Berg entstanden nach Abweisen des ersten Ansturms durch erneuten Angriff des Gegners örtliche Einbruchstellen, an denen am Morgen noch gekämpft wurde.

Auch auf dem linken Maas  - fer griffen die Franzosen nach Trommelfeuer an der Höhe 304 an. An keiner Stelle gelang es dem Feinde, unsere Gräben zu erreichen; seine Sturmwellen brachen in unserem Vernichtungs- und Sperr­feuer zusammen.

dort in dem Ruf, eine hervorragende Stüße des Barismus ge­Wir glauben nicht fehlzugehen, wenn wir annehmen, daß die wesen zu sein, was wohl dem ehemaligen Kurs der deutschen  Entscheidung des Kaisers für Herrn v. Hinge Politik entsprach, heute aber nicht als Empfehlung für den fallen wird, der auf dem bisher von ihm verwalteten Posten Posten eines Staatssekretärs des Auswärtigen gelten fann. wiederholt Gelegenheit hatte, seine besondere Tüchtigkeit zu be- ezt ist ihm die schwere Aufgabe zugefallen, den durch die un­weisen. Her v. Hinge ist bekanntlich aus dem Seeoffizierkorps fagbare Affäre des deutschen   Bombenfuriers arg beschädigten hervorgegangen und wurde, da man seine hervorragende Quali Ruf der deutschen   Diplomatie in den skandinavischen Ländern filation für die Diplomatie erkannte, in diese Laufbahn über- wieder zu heben. Das wird ihm am besten gelingen, wenn er am Plaze bleibt, auf den entscheidend wichtigen Posten in Berlin   aber ein anderer Mann gesetzt wird, der ihn mit guten Instruktionen versieht.

nommen.

Es fällt sofort auf, daß in dem ganzen Lobgesang auf diesen aussichtsvollen Kandidaten" mit feinem Wort von den Auffassungen und Wünschen des Reichstag   es die Rede ist. Nicht viel weniger wichtig als der Wechsel im Staats­So aber fann die Sache doch unmöglich gemacht werden, daß sekretariat des Auswärtigen sind die bevorstehenden Ent­zunächst der Reichsfangler ernannt und daß dann sofort wieder scheidungen über das Reichsamt des Innern und die dieser neue Kanzler bei weiteren Ernennungen als unerheb- Busammenseßung des neuen preußischen Wahlrechts. Fich abgetan wird. Der Kandidat des Lokalanzeigers" mag Ministeriums. Daß Herr Helfferich und wenigstens ein ausgezeichneter Mann sein, der die Gunst der noch aus- fünf preußische Minister in den Ruhestand treten würden, ist gezeichneteren Schriftleitung und noch höherer Stellen ver- in der Presse längst gemeldet worden, doch wurde diese Mel­dient. Seine Ernennung zum Staatssekretär des Auswär- dung weder bestätigt noch bestritten. Alles wartet nun, was tigen statt des zuvor genannten Grafen Rantau würde aber der neuen Regierung sofort ein vollständig berän dertes Gesicht geben.

wird. Art und Richtung, in der sich diese Wechsel vollziehen werden, müssen gleichfalls von großer Bedeutung für die Beurteilung sein, die der neue Reichskanzler in der Deffent lichkeit erfahren wird.

Im Grunde bon Bachcrauville am Offufer der Maas   hielt unsere Artilleriewirkung einen sich vorbereitenden Angriff nieder.

eeresgruppe Herzog Albreht

Reine größeren Kampfhandlungen.

Deftlicher Kriegsschauplak.

Front des Generalfeldmarschall8 Prinz Leopold von Bayern.

Trot ungünstiger Witterung war die Gefechtstätigkeit an der Düna   und bei Smorgon lebhaft.

In Ostgalizien   erreichte das Feuer nur in begrenzten Ab­schnitten größere Stärke.

Südlich des Dniestr griffen die Ruffen oberhalb von Kalusz   an mehreren Stellen an; sie wurden überall abgewiesen. An der

Front des Generalobert Erzherzog Joseph und bei der

Seeresgruppe bes Generalfeldmarshalls bon Madenfen

ist mehrfach eine Steigerung des Feuers merkbar. Mazedonische Front.

** Die Lage ist unverändert.

mem tradin

Der Erste Generalquartiermetter.

Lubendorff.

Abendbericht.

Amtlich. Berlin  , 15. Juli 1917, abends. Im Westen sind morgens feindliche Angriffe bei Lombartzyde und südlich von Courtecon ge­scheitert, in der Champagne kleine Grabenstücke in der Hand der Franzosen   geblieben.

Im Osten bei Regenwetter nichts Wesentliches.

Der österreichische Bericht. Wien  , 15. Juli. Amtlich wird verlautbart:

Deftlicher Kriegsschauplak.

In Rumänien   und in den Karpathen wurde auf beiden Seiten das Geschützfeuer lebhafter. An der Lomnica. Front südlich von Kalus& unternahm der Feind mehrere Angriffe. Unsere Truppen warfen ihn überall zurück. Zwischen Dujestr und Pripjet nur geringe Kampftätigkeit. Italienischer und südöstlicher Kriegsschauplatz. Keine besonderen Ereignisse. Der Chef bes Generalstabs.

fameraden, die er bekommen soll, nicht einfach zuweisen lassen, wenn es in seinem Quartier ordentlich zugehen soll.

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Daß man die öffentliche Programmerklärung des neuen Reichskanzlers mit Spannung erwartet, versteht sich ebenso von selbst, wie daß man allgemein vor einer Vertagung des Reichstags nach der großen Vorstellung die allergrößte Sorge hegt. Vielleicht wird Herr Michaelis in wenigen Monaten der Mann des all­wer will es heute entscheiden? gemeinen Vertrauens sein und, während der Reichstag   Ferien hält, wird sich das deutsche Volf seiner Führung sorglos an­bertrauen. Daß das heute noch nicht so sein und morgen noch nicht so werden kann, liegt auf der Hand.

Eine politische Stelle muß es aber in dieser unendlich schweren Zeit geben, auf die das Volk mit Vertrauen blickt. Die Mehrheit des Reichstags sebt sich aus Parteien zusammen, die eine so große Mehrheit des Volkes repräsentieren, daß auf der anderen Seite nur eine ganz kleine Minderheit übrig bleibt. Die Männer dieser Mehrheit haben die Pflicht, im Bentrum der deutschen   Politik zu bleiben und hier nach dem Rechten zu sehen. Täten sie das nicht, so wäre eine neue schwere Beunruhigung des Volkes die unber­meidliche Folge. Der Reichsrat", dieses bureaukratisch­parlamentarische Zwitterkind einer letzten Verlegenheit, darf Vor allem liegt es aber in seinem eigenen Interesse wie als abgetan gelten. Nicht abgetan sein darf der Gedanke, daß im Interesse der Sache, daß der Eindruck vermieden wird, als der Reichstag   mit schärferer Sorgfalt und mit größerer Einig­hätte der neue Kanzler mit diesen Ernennungen nichts zu feit als bisher seinen Einfluß auf die deutsche Politik geltend tun und sei die Entscheidung darüber lediglich von höfischen machen muß. Einflüssen abhängig, die im Stillen mit einander rängen. Daß Eine Form dafür nicht nach verfassungsrechtlichen es so nicht gemacht werden darf, wenn die Sache nicht schief Artikelrezepten- aber aus freier Vereinbarung, muß ge Herr v. Hinke, der im Jahre 1905, während der Revo- gehen soll, lehrt eine lange, schmerzliche Erfahrung. Der funden werden. lution, in Petersburg   deutscher Marineattachée war, steht Reichskanzler und Ministerpräsident darf sich die Schlaf­

Durch die Ernennung des Admirals v. Hinge würde ein Personenkreis geschlossen werden, der die auswärtige Politik des Neiches in Wirklichkeit zu leiten hätte. Dem neuen Reichs. Kanzler würde aber die auch für einen Willensriesen un: nög­liche Aufgabe zufallen, die innere Einheit" vor Krisen zu schützen, die sich aus einer nicht von ihm geleiteten aus­wärtigen Bolitik ganz von selber ergeben müßten.

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