Nr. 201— 1017
Unterhaltungsblatt öes vorwärts
Mittwoch, 25. Füll
Rdherhorfte in öer Dubrow. Die D u b r o w gehört zu dem großen Waldrevier, da? sich südlich von Königs-Wusterhausen ausdehnt. Sie wird im Osten und Süden vom Schmölde-See und Hölzernen See, im Westen vom Förster-See begrenzt und reicht im Norden etwa bis an die Chaussee von Prieros nach Gräbendorf . Wir erreichen die Dubrow am besten von Haltestelle Groß-Besten(slawisch bez.— Holländer) der Görlitzer Bahn aus. An Gallunsbrück, volkstümlich»Die Glunze* genannt, und am Pätzsee vorbei kommen wir zur Chaussee nach Wendtsch-Buchholz, der wir bis zum Forsthaus Sauberg folgen. Von hier wenden wir uns nach Osten durch das Gatter zum Forsthaus Dubrow am Nordende des Förster�eeS. Der Kiefernwald geht in Eichenwald über und bald bilden die Eichen nahezu reine Bestände. Alte, knorrige Burschen mit sparrigem Wuchs und in tiefgesurchtem, zerristenem Borkenkleide treffen wir unter ihnen an. In der Dubrow liegen zahlreiche Reiherhorste, wohl 70 bis 80 Paare dieser scheuen Vögel brüten hier jährlich. Sie bilden eine Reiherkolonie, wie wir sie in gleichem Umfange wohl kaum wieder in der Mark Brandenburg antreffen. Schon von weitem machen sich die Reiher durch ihr Gekrächze und Geschrei bemerkbar und so« bald man in die Nähe der Bäume kommt, auf denen sich Horste be« finden, erkennt man ihre Spuren. Die sprichwörtlich scharfen Aus- scheidungen dieser Vögel bewirken, daß der Waldboden um den Horstbäumen keinen Pflanzenwuchs trägt und wie mit Kalk bespritzt aussieht. Auch der Baum selbst leidet sehr und stirbt im Laufe der Zeit ab. Somit findet man die Reiherhorste fast immer nur in den Wipfeln abgestorbener Eichen, von keinem schirmenden Laub- kleid verdeckt, und kann fie deshalb gut beobachten, was gerade jetzt, wo die Jungen noch nicht flügge sind, äußerst anziehend ist. Die hier horstenden Reiher find Fischreiher. Ein wenig auffallendes, düster-graues Gefieder tragen fie, das nur am Halse und an den Schwingen von schwarzen Streifen abgesetzt wird. Den Kopf der alten Männchen zieren drei stattliche schwarze Schopffedern. Ihr Leib ist dürr und schmächtig, HalS und Beine sind lang. Die Reiher haben ein außerordentlich gutes Geficht und Gehör, wodurch sie ihre Beute und auch Gefahren sehr leicht wittern. Durch ihre schier unersättliche Gier und Gefräßigkeit fügen fie dem Fischbestande in ihren Jagdgebieten einen nicht unbeträchtlichen Schaden zu. Die Reiher beanspruchen jedoch nicht nur Fischnahrung, auch anderes Getier, das ihnen in den Weg kommt, verschmähen fie nicht. Sie gehen über das Gelege und die Brut der auf dem Boden nistenden Sumpf- und Wasservögel her und verspeisen auch Frösche, Weich- tiere, Schlangen, Mäuse, sogar Ratten hat man in Reihermagen gefunden. Schon seit dem grauen Altertum bilden die Reiher den Gegen- stand einer besonderen Jagdart, der sogenannten Reiherbeize. Mit besonders abgerichteten Falken wurden fie gejagt. Die Jäger oder Jägerinnen trugen den Falken auf der lederbehandschuhten Faust und ließen ihn auf den Reiher loS. Zwischen den Vögeln entspann sich zunächst ein Wettkampf um die Erreichung der größten Höhe, worin der Falke meist immer Sieger blieb. Von oben stieß er dann auf den Reiher herab und brachte ihn zu Boden. Kam der Reiher bei diesem Kampf mit dem Leben davon, so legte man ihm häufig einen Ring um da? Bein, der den Namen des FalkenbefitzerS sowie den Ort und den Tag deS Fanges trug und gab ihm dann wieder die Freiheit. Mit dem Ende des 13. Jahrhunderts kam die Reiher» beize in Europa aus der Mode, im Morgenland, in Indien , Persien und Arabien wird sie jedoch heute noch eifrig betrieben. Die Dubrow war von jeher das Jagdgebiet der brandenburgi- scheu Kurfürsten und preußischen Könige. Um zu den Reiher- borsten zu gelangen, wandern wir vom ForsthauS Dubrow auf dem Wege nach PrieroSbrück etwa 10 Minuten, dann geht ein Weg nach Südosten ab, der in da? Gestell zwischen den Jagen 114/g9 ein- mündet, dem wir folgen. Die Reiherhorste liegen im Jagen S3. Den Rückloeg nehmen wir durch die abgeschiedene Waldeinsam- keit auf dem Ufer des Schmölde-SeeS nach PrieroSbrück und von hier weiter durch Kiefernwalv über Gräbendorf , Sewzig und Neue Mühle nach KönigS-Wusterhausen . Der Tiergarten bei Neue Mühle zeigt uns als Schluß der Waldwanderung ein schönes Bild frischen, grünen Laubwaldes mit üppigem Unterholz. Zum Besuch der Dubrow ist es ratsam, sich vorher die Er- laubnis der Königlichen Oberförsterei in KönigS-Wusterhausen , Markt Nr. 6 zu beschaffen, Postkarte mit Rückantwort genügt. MazeSonijcher Handel. Vom südöstlichen Kriegsschauplatz wird geschrieben: Hier gibt es noch alles, was wir brauchen, aber die Leute fitzen darauf wie Fafnir auf dem Schatze, und nicht einmal Gold kann sie davon los- eisen, wollten wir es ihnen anbieten. Aber Salz fehlt den Leuten,
und darum ist Salz mehr wert als Gold, das fie doch nicht esien können. Deshalb tauschen wir unsere nötigsten Lebensmittel gegen Salz ein, von dem wir ja ausreichende Mengen haben. Mit einem Sack oder mehreren des weißen Edelstoffes fahren wir tutend in das Dorf, dem unsere demnächstige Ankunft bereits gemeldet war. Durch eine bulgarische Fahne kenntlich ist die Op° tschina, das Gemeindehaus. Dort begrüßen wir den Orts- schützen, den Schreiber. den Feldhüter und noch ein halbes Dutzend Honoratioren, die sich nichtstuend davor herumbewegen. Dann setzen wir auseinander, wie wir uns das Geschäft denken. Soviel Salz, soviel Eier, soviel Butter. Nach langem Feilschen kommt dann eine Einigung zustande. Unser Tuten hat schon eine Schar Dorfjungen herbeigelockt, dle— eS ist Sonntag— fürstlich gekleidet herumstehen. In weißen gestickten Röcken und Hosen, eine Scharlachbinde um den Bauch, an den Füßen Opanken, bei denen noch die langen Ziegenhaare überstehen, daß sie aussehen wie Bärentatzen, auf dem Kopf das winzige Käppchen, so umlagern sie uns gaffend und werden nun ausgeschickt, alle herbei- zuholen, die die Erzeugnisse des Huhnes und des Milchviehes be- sitzen. Vorsichtig tastend traut sich der erste heran. In einem bunten Schnupftuch trägt er 16 Eier herbei, sie werden in eine Kiste mit Stroh gebettet, und ein halbes Kochgeschirr voll Salz knüpft er statt dessen ein. Der nächste ist schon mutiger und bringt einen schwärz- lichen Topf voll weißer Schafbulter, die meist leicht ranzig schmeckt, aber durch Auswaschen wieder genießbar zu machen ist. Jetzt geht's ans Wiegen. DaS Geschäft ist schwierig. Eine jener primitiven mazedonischen Wagen wird geholt, der Besitzer borgt fie auch nur gegen eine Hand voll Salz. An einem Eisenstabe hängt eine Wiege- schale und darauf hin und her bewegt sich das Gewichi, kleine Ein- schnitte bezeichnen die Abstände der Einheiten. Der Wiegende muß zugleich die Wage halten und prüfen. Ist das Ge- wicht zu groß, dann wird ein Balken durch einen Ring der Wage gesteckt, ein Ende davon kommt in eine Mauerlücke oder im Freien auf den Kopf des Nächsistehenden, dann wird der Sack hochgewuchtet, und das Gewicht hin« und hergeschoben, bis es zur Ruhe kommt. Dann wird der Topf in ein gemeinsames Faß geleert, in das in lieblicher Gemeinschaft Schafbutter, Kuhbutter, Büffelbutter von gestern und vorgestern und noch älteren Tagen kommt, ein Wählen ist nicht möglich, ein Trennen auch nicht, Hauptsache, daß es schmiert und Butter heißt. Ist der Topf dann umgestülpt und mit einem Holzlöffel alles Erreichbare heraus« gekratzt, dann fährt der Besitzer noch hinein und holt mit dem Finger den Rest, um ja keinen Gewichtsverlust zu haben. Weil heule Sonntag ist, sind alle besonders schön geschmückt, am nächsten Torweg steht eine Braut. Die Hochzeiten beginnen hier, vorausgesetzt, daß mich mein Gewährsmann nicht belog und ich ihn recht verstand, am Donnerstag und dauern bis Dienstag, wo der eigentliche Eheschluß erfolgt, der gleichzeitig beweisen muß. daß die junge Person bis dahin zu Recht gelbe Blumen im Gürtel getragen hat. Andernfalls gibt's die unangenehmsten Folgen für die Familie, die nicht aufmerksam genug gewesen ist. Der Mann fühlt sich geschädigt, verdrischt die Gattin und schickt sie aus einem Esel in ihres VaterS Haus. Da gibt es noch einmal Schläge, und erst, nachdem ihm ein Reugeld gezahlt ist, nimmt er die Beschädigte in seine Hausgemeinschaft aus. Ist von einem Mädchen bekannt, daß sie einen Fehltritt begangen, dann kann sie nur auf die Ehe mit einem Witwer rechnen, ein Lediger nimmt sie nicht. Die Ehe an sich ist eine Kaufehe. Der Mann muß den Eltern und Geschwistern der Braut Geschenke machen, Hemden und Schuhe. Dafür geht der ganze Besitz, den sie in Gestalt von Schaumünzen und gestickten Hemden am Leibe trägt, mit in sein Eigentum über. Inzwischen hat die Sonne ihren Scheftelpunft erreicht; ich um« wandere einen Heuhaufen im vergeblichen Streben, etwas Schatten zu finden, er wird jedoch von allen Seiten gleichmäßig beschienen. Die Butter in den Töpfen würde schmelzen, wären fie nicht porös und kühlten durch Verdunstung wieder ab, was fie an Wärme auf- saugen. Aber der Mensch hat nicht die gleiche glückliche Eigenschaft und läuft Gefahr zu zerfließen. Deshalb kommt auch nichts mehr znm Tausch, und wir fahren heimwärts mit der scheinbaren Riesenmengc von einem Zentner Butter und 800 Eiern! vie besiegten Heldschrankknacker. Die Zeit, da das Geldschranklnacken noch eine einträgliche Be- schäftigung war, da eine Bewaffnung mit Bohrer, Brecheisen und Hammer genügte, ist längst vorbei. Den im Jahre 1340 erfundenen ersten Geldschränken folgten gar bald die sogenannten fugenlosen Schränke, bei denen die Rücken- und Seitenwände aus einer einzigen gebogenen Platte bestanden. Entsprechend dieser Verbesserung der Abwehr mußten auch die Angriffsmittel verbessert werden. Spreng«
stoffe wurden benutzt, und als auf der Gegenseite der Stahl immer widerstandsfähiger gemacht worden war, bedienten sich die Ein- brecher der Lichtbogen und der Schneidebrenner, als die Geld- schrankbesitzer die Elektrizität zur Warnung benutzten, gebrauchten die Einbrecher wiederum den elektrischen Strom zum Betreiben ihrer Instrumente. So schwankte in diesem ewigen Kampf das Glück hin und her; erst jetzt, da wir über die Eisenbetontreiore und über die Kontaktvorrichtungen in Verbindung mit der Selenzelle verfügen, ist den Geldschrankknackern ihre Tätigkeit so gut wie unmöglich ge- macht. Die Tresors sind so tief in Eisenbeton eingebaut, daß über- Haupt nur noch die Tür sich einem Angriff darbietet. Diese Tür aber besteht neuerdings aus fünf in Zwischenräumen hintereinander liegenden Stahlplatten, die wiederum untereinander durch kräftige Stahlbolzen verbunden sind. Die Außenplatte ist 20 Millimeter dick, die hinterste 6 Millimeter, die Zwischenräume sind mit Zement ausgefüllt. Um eine solch« Schranktür zu knacken, würde ein Ein- brecher selbst bei modernster Ausrüstung 46 Stunden brauchen, außerdem würde er mit dem Sauerstoffgebläse 60000 Liter Sauerstoff benötigen. Erstens kann man aber jeden Geld« schrank innerhalb 46 Stunden bequem mehrmals prüfen und zweitens würde der Geldschrankknacker zu sehr»belastet" werden, da schon eine 3000 Liter fassende Sauerstoffflasche 60 Kilogramm wiegt. Um aber auch nur eine unbemerkte Annäherung an den Geldschrank unmöglich zu machen, bedient man sich heute der Selen- zelle, die bekanntlich die Eigenschaft hat, falls der geringste Licht- strahl aus fie fällt, ihren Widerstand gegenüber dem elektrischen Strom zu vermindern. Man bringt alfo die Selenzelle irgendwo versteckt in dem betreffenden Räume an; wenn der Einbrecher sich eines Beleuchtungsmittels bedient, beginnt die Selenzelle zu wirken und setzt einen elektrischen Klingelkontakt in Tätigkeit. Sie ist für die kleinste Lichtquelle so empfindlich, daß die gewünschte Wirkung bereits durch die leuchtenden Phosphorzeiger einer Taschenuhr hervorgerufen werden kann. So lange die Einbrecher also nicht in völligem Dunkel zu arbeiten vermögen, ist ein so ausgerüsteter Geld- schrank selbst vor ihrer Annäherung bewahrt. Neues vom ,SchÜtzengrabenft»ß�. Unter Schützengrabenfuß verstehen die Feldärzte— namentlich die französischen haben ihn viel beobachten können— eine rätsel- hafte Fußerkrankung der Schützengrabenbesatzung. Sie beginnt mit einer Entzündung der Zehen, namentlich der großen Zehe, führt zuweilen zu deren Verlust, hat aber in besonders schweren Fällen, so im letzten Winter bei Arabern und Sudannegern deS französischen Heeres, zum Tode geführt. Das Erfrieren der Füße, das lange Stehen im kalten Wasser, der mangelhafte Blutumlauf in den Füßen, die vom Schuhwerk(est eingeschnürt sind, bilden jedoch nicht, wie man zuerst annahm, die Ursachen der Erkrankung, denn sonst wäre nicht einzusehen, warum in manchen Schützengräben viele Erkrankungen dieser Art vorkommen, während die Besatzungen ande- rer, für die die Bedingungen die gleichen sind, davon ganz ver- schont bleiben. Neuerdings ist nun erkannt worden, daß der Schützengrabenfuh ein« Infektionskrankheit ist. Wie mikroskopische Befunde zeigten, wird der Schützengrabenfuß durch einen dem Erdboden entstammenden Pilz verursacht, der durch die Talgdrüsen und tzautschürfungen des Fußes eindringt und durch den Blutkreislauf im ganzen Körper verbreitet wird, so daß nicht nur örtliche Schädigungen, sondern schwere Allgemeinerkrankungen (typhöse Erscheinungen des Darmkanals, Temperaturfteigerung, Leber- und Nierenerkrankungen) sich als Folgeerscheinung seines Eindringens geltend machen können. Neben dieser, wie es scheint, für den Schützengrabenfuh spezifischen Form werden noch andere Pilzarten gefunden, so auch verschiedene Schimmelpilze, namentlich der Gattung �Tucor. Die für ihr Gedeihen nötigen Lebens- bedingungen finden diese Pilze nur beim langen Stehen in den feuchten Schützengräben._ Notizen. — D ie kleinsten Elemente. Glemente, die kaum einen Zentimeter hoch sind und 6 Millimeter Durchmeffer haben, dürsten wohl die kleinsten galvanischen Elemente sein, die bisher praktisch verwendet werden. Nach einer Mitteilung der„ElektrotekniSk Tidskrift" hat der Amerikaner Forest eine Empfangsstation für drahtlose Telegraphie gebaut, die nicht größer ist als ein Füllfeder- Halter. In dieser Empfangsstation sind drei solcher Elemente zu einer Batterie vereinigt. Die Anordnung der Station ist so, daß die betreffende Person am Stiefelabsatz einen Metallkontakt hat. Von diesem geht durch die Hose ein Draht zu dem Füllfederhalter. Ein anderer Draht führt von der Füllfeder zu einem Spazierstock mit Eiseneinlage. Stellt die Person sich mit dem Ssiesel aus irgendeine metallene Unterlage und hebt den Spazierstock als An- tenne in die Luft, so ist die drahtlose Empfangsstation fertig.
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/toöers tzjarmfteö.
Von Jakob Knudsen . Am Sonntag, ein paar Tage darauf, hatte das Wetter sich verändert. Es war schneidend kalt geworden und stürmte aus Nordwest.— Kurz nach dem Mittagessen fuhr ein Wagen mit vier Mann in den Hof ein. Drei mochten Hüfnern ahn- lich sehen, meinte Anders, der drüben am Misthaufen stand und sie beobachtete; der vierte einem jungen Knecht, der viel- leicht gedungen worden, sie zu fahren. Sogleich, als sie vor der Tür hielten, kam sein Vater auf die Treppe hinaus.— Anders hatte sich genähert, um besser zu sehen.— Der, der zur Rechten im Rücksitz saß, stand auf und schrie etwas in einer sonderbaren Sprache— es war gewiß Fünisch,— während gleichzeitig der Sturm den großen Kragen seines blauen Mantels erfaßte und ihm von hinten über den Kopf wehte. Anders hörte bloß die Worte, die er sagte, indem er vom Wagentritt auf den Treppenstein hinübertrat: Ist doch da so große Freude, J Dort in Neu-Jerusalem ! In demselben Augenblick umarmte er den alten Per Hjarmsted und küßte ihn. So etwas hatte Anders noch nie gesehn I— Der Mantelmann und sein Nachbar im Rücksitz gingen mit Per Hjarmsted hinein. Die zwei andern fuhren den Wagen weiter auf den Hofplatz hin und spannten aus. Anders half, die Knechte waren nicht daheim. „Bist Du der Sohn?" fragte der, der einem Hüfner glich. „Ja," sagte Anders.„Woher seid ihr?" Ja, sie waren aus der Gegend von Kolding . Der Wagen gehörte dem Mann im Mantel. Sie waren den ganzen Weg init ihm gefahren.— Es war ein seltsam drückendes Jütisch, das sie sprachen, fand Anders, und doch waren sie sehr flink mit dem Sprechen. „Seid ihr zum Handel unterwegs?" fragte er. „Nein, wir sind bloß unterwegs, um unsere guten Freunde aufzusuchen," erwiderte der Mann. Der junge Bursche lächelte ein wenig verschmitzt, schien es dem Anders. „Dein Vater, der ist auch einer von unseren alten Freunden, von der Zeit her, wo er in Vrejby wohnte. Ja,— damals warfl Du wohl kaum geboren."
Gewiß, das war er doch.— Es warf einen seltsamen Glanz über diese Männer, daß sie mit der Vrejby-Zeit in Verbindung standen, obwohl Anders sich darauf fast gar nicht besinnen konnte. Als sie die Pferde in den Stall gebracht hatten, bürsteten die beiden Fremden sich mit den Händen die Kleider ab und gingen dann beide zu der Haupttür hinein, auch der. den Anders für ihren Kutscher angesehen hatte. Es bestand kein Unterschied. Anders schlenderte eine Zeitlang draußen auf dem Hof umher. Es war eigentlich seine Absicht, sich hineinzudegcben und diese Fremden etwas näher in Augenschein zu nehmen. Doch er fühlte sich geniert gegenüber einem gewissen eigen- artigen Etwas an ihnen.-- Er hörte einen Laut drüben an der Pforte, drehte sich um und sah einen Mann auf den Hof hereinspazieren. Der ging gleich auf Anders zu; er hatte eine Brille ans, war blaß und hatte dunkles Haar:„Guten Tag!— Vielleicht ist das einer der Söhne hier vom Hof?" „Ja." „Ist heut hier nicht ein Herr Larsen zu Besuch ge- kommen?" Das wüßte Anderns nicht, aber eS wären ja vier Männer vor ganz kurzer Zeit im Wagen gekommen. „Ja,, das wird er schon sein. Ich bin der Pfarrer von Harreby hier drüben auf der andern Seite deS Fjords. Mein Name ist Steffenscn. Ich habe zufällig erfahren, daß Herr Larsen hier auf einer Tour wäre nördlich vom Fjord und wahrscheinlich heute auf den Tanghof käme— hä, hä— und da war ich ja neugierig, denn man hört doch so viel über den Mann." „Ich kenn ihn gar nicht." „So, so, gar nicht— hä, hä." Pastor Steffensen machte beim Sprechen mehrmals Kopfbewegungcn nach der Seite, indem er gleichzeitig das Kinn vorschob. Anders meinte, ob es nicht geschähe, um die Brille am Abfallen zu hindern; sie saß so weit vorne auf der Nase. „Ja," sagte der Pfarrer mit erneutem Kopfwcrfcn,„viel- leicht könnt ich— hineingehen, hä, hä?" „O gewiß— sein Sie doch so gut!" Anders ging noch eine halbe Stunde lang draußen auf dem Hof umher, doch seine Gedanken wollten sich durchaus mit nichts anderm beschäftigen als mit den Fremden, die er ab und zu durch die Wohnstubenfenster gewahrte. Dann ging er denn auch hinein.
Sie sangen, als er die Tür öffnete. Er stellte sich an die Wand und betrachtete den, der den blauen Kragenmantel angehabt hatte, von Fünen den,— er war eS wohl auch, der Larsen hieß, er schien wenigstens den Vorrang zu haben.— Er sang laut und klar, und er sah gut aus beim Singen. fand Anders. Seine Augen waren etwaS mild, aber zugleich so strahlend; aus dem dunkeln Haar hing ihm eine Locke schräg über die Stirn nieder und gab dem Gesicht gleichsam etwas Verwegenes, und er schlug oft mit der Hand in die Luft, während er sang.— Pastor Steffensen saß drüben am Fenster und sang, doch er hatte eine seltsam blökende Küster- stimme; und dann schob er daS untere Gesicht vor bei jedem Takt, den er begann. Anders konnte die Worte überhaupt nicht hören; er bekan nur eine einzelne Zeile heraus, aber die machte auch einen starken Eindruck auf ihn: Und der Himmel steht in Sang. Er mußte an ein Schneegestöber im letzten März denken, da Himmel und Erde eins waren, während die Sonne dazu schien. Als das Lied zu Ende war, folgte erst eine kleine Pause, dann wandte sich der Füne plötzlich zu Anders hin und sagte daraus zu dessen Vater, mit seiner lustigen, kreischenden Stimme:„Höre, Per! ich glaub, das ist daS einzige Gottesgebot, wonach die Menschen sich wirklich richten, dies da: seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde!" „Glaubst Du das. Per?— Ich Hab doch nur zwei mehr als Du." „Und ich Hab feine 1' „Hm." „Dann ist's ja so gefährlich nicht. Ich habe immer ge- meint. Du hätt'st eine ganze Kumpanei, Per." „Aber— äh," sagte des Anders Vater kurz darauf und nahm nun augenscheinlich das Gespräch auf, das sie vor dem Gesänge geführt hatten,„seht, der Per, der redet immer von Lutherschcn Schriften, das ist eine alte Schwäche bei ihm; und Pastor Steffenscn kommt immer mit dem neuen Tcsta- ment, das ist mal für den Augenblick modern geworden unter den Grundtvigianern; aber der alte Pastor Lynggaard in Vrejby, der sagte immer: da es am schönsten mit der� Ge- meinde bestellt gewesen wäre, hätten noch Luther gehabt, aber daS Wort. ich mich."
sie weder die Bibel, Ja, seht, daran halt
(Forts, folgt.)