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Nr. 238. 34. Jahrg.

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Sozialdemokrat Berlin  ".

Vorwärts

Berliner   Volksblaff.

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Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morisplas, Nr. 151 90-151 97.

Freitag, den 31. August 1917.

Expedition: Sw. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplak, Nr. 151 90-151 97.

Die Schlacht am Tfonzo dauert an.

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Scheitern englischer und französischer An­griffe- Stärkere Feuertätigkeit bei Düna­ burg   und Smorgon Weitere Erfolge in der Moldan, 300 Gefangene Er­höhte Gefechtstätigkeit in Mazedonien  Der italienische Massenansturm wiederum abgeschlagen- Bisher 10 000 Italiener gefangen Italienische Bombenwürfe auf Triest  . Amtlich. Großes Hauptquartier, ben 30. Auguft 1917,( W. Z. B.)

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Westlicher Kriegsschauplah. Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht. Die Kampftätigkeit in Flandern   beschränkte sich auch gestern auf starkes Feuer in einigen Abschnitten nordöstlich und östlich von Ypern  .

Frühmorgens führten die Engländer einen heftigen Vorftok nordöstlich von Wieltje, der verluftreich im Feuer und Nahkampf zusammenbrach.

Heeresgruppe Deutscher Kronprins.

Am Chemin- des- Dames scheiterten mehrere nach Feuerwellen vorbrechende Erkundungsstöße der Franzosen   füdöstlich von Cerny. Bor Berdun nahm abends der Artilleriekampf wieder größere Stärfe an; außer Erkundergefechten keine Infanterietätigkeit. Heeresgruppe Herzog Albrecht. Französisches Feuer gegen Thiaucourt wurde erneut durch Träftige Beschießung von Noviant- aur- Prés erwidert.

Deftlicher Kriegsschauplah.

Front des Generalfeldmarschalls Prinz Leopold von Bayern

Bei Dünaburg   und Smorgon lebte die Feuertätigkeit erheb lich auf; auch südwestlich von Luck, bei Tarnopol   und am Zbrucz  war die russische Artillerie rühriger als sonst.

Front des Generaloberst Erzherzog Jofep 5 Südlich von Tirgul Okna wurden rumänische Angriffe gegen unsere Linien abgewiesen.

Heeresgruppe des Generalfeldmarschalls von Madenfen.

Der Kampferfolg des 28. 8. in den Bergen nordwestlich von Focsani   wurde gestern erweitert. Kraftvoller Stoß der bewährten Angriffstruppen warf den zähe sich wehrenden Feind aus Fresti und drängte ihn über die Höhen nördlich des Dorfes gegen das Sufita  - Tal zurück. Ein aus Schlesiern und Sachsen   bestehendes Regiment zeichnete sich besonders aus. An 300 Gefangene und zahlreiche Maschinengewehre und Fahrzeuge wurden eingebracht.

Heftige Entlastungsangriffe der Gegner, ohne Rücksicht auf Menschenverlust gegen die von uns nordöstlich und nördlich von Muncelul erkämpften Linien geführt, blieben erfolglos und ohne Einfluß auf die Angriffsbewegung westlich der Susita.

Am Sereth   und an der unteren Donau   steigerte sich die Gefechtstätigkeit.

Mazedonische Front.

Die erhöhte Feuertätigkeit dauerte an, besonders südwestlich des Dojran- Sees.

Bei Jhuma und Alcak Mah unternahmen die Bulgaren   er­folgreiche Streifen, bei denen mehrere französische   Posten auf­gehoben und Gefangene zurückgeführt wurden. Einige angreifende feindliche Kompagnien wurden durch Feuer vertrieben.

Der Erste General quartiermeister. Ludendorff.

Abendbericht.

Berlin  , 30. August 1917, abends. Amtlich. Keine besonderen Ereignisse.

Der österreichische Bericht. Wien  , 30. August 1917.( W. T. B.) Amtlich wird berlautbart:

Deftlicher Kriegsschauplah.

Deutsche   Regimenter bauten ihre neuerlichen Erfolge nördlich von Focsani   gestern durch die Eroberung des Ortes Jresti aus, dessen Besitz gegen zahlreiche Angriffe behauptet wurde. Südlich bon Okna scheiterten feindliche Vorstöße. Weiter nördlich hob sich an zahlreichen Abschnitten der Ostfront die Kampftätigkeit. Italienischer Kriegsschauplan.

Der große Waffengang am Isonzo   wurde auch gestern mit höchster Erbitterung fortgeführt. Der Wall der Verteidiger widerstand siegreich den schwersten Anstürmen. Im Raum nörd­lich von Kal brachen in den Morgenstunden zwei starke italienische Angriffe zusammen. Bei Podlesce, Madoni und Britof warf

der Feind den ganzen Tag über bis spät in die Nacht ununter­brochen neue Massen gegen unsere Stellungen. Alle Anstürme prallten an der zähen Standhaftigkeit unserer Braven ab. Zu den vielen Kampfmitteln, mit denen der Feind unseren Widerstand niederzuzwingen versucht, trat gestern ein neues, in diesem Gelände kaum erwartetes: Deftlich von Britof ritt italienische Kavallerie gegen unsere Verschanzungen an. Sie wurde von Maschinen­gewehren empfangen und vernichtet. Für die heldenhaften Kämpfer auf dem Monte San Gabriel brachte der 29. August abermals heiße Stunden. Immer wieder lief der Feind gegen das Boll­werk Sturm. Gegen Abend gelang es ihm, am Nordhang in unsere Gräben einzudringen. Nach Einbruch der Dunkelheit schritten in schwerem Unwetter unsere Truppen zum Gegenstoß. Neues Ringen endete mit regellofer Flucht der Italiener. Auch öftlich von Görz ließ der Druck des feindlichen Feuers noch nicht nach. Waren am Vormittag nur Einzelangriffe abgeschlagen, so ging der Gegner nachmitttags nach mehrstündigem Trommelfeuer neuer­lich zu einem allgemeinen, breit angelegten Massenstoß über. Wieder fand sich das Gelände von San Marco im Brennpunkt des Kampfes. Mit Bajonett und Handgranaten wurde hier wie überall zwischen St. Caterina und Vertojba die erste Linie be­behauptet. Bei Kostanjevica   schob sich unsere Front nach einem erfolgreichen Ueberfall auf den Gegner etwas vor.

Neben anderen Truppen fanden in den jüngsten Kämpfen noch Abteilungen der Regimenter 10( Przemysl  ) und 48( Nagh­Kanisza) Gelegenheit, sich besonders hervorzutun. Die blutigen Verluste des Feindes find außergewöhnlich schwer. Die Zahl der seit Beginn der elften Schlacht eingebrachten Gefangenen ist auf mehr als 10 000 gestiegen.

Triest   wurde vormittags zum zweiten Male, heute früh zum dritten Male innerhalb 48 Stunden von feindlichen Fliegern bombardiert. Den Angriffen fielen mehrere Einwohner zum Opfer; mehrere Privatgebäude wurden beschädigt.

Der Chef des Generalstabes.

Sir Edward Grey   tot?

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In den Nachmittagsstunden des gestrigen Tages wurde die Nachricht von dem Tode Sir Edward Greys hierher über­mittelt, bald darauf aber wieder angezweifelt. Im Leben wie im Sterben zeigt sich dieser Wann den deutschen   Augen in einem unbestimmten Licht. Nach den Meinungen vieler soll er ja auch der Urheber des Weltkriegs sein.

Für die Anhänger dieser Theorie fiele die Todesnach­richt, falls sie sich bestätigen sollte, in eine Zeit ungünstiger Konjunktur, denn, leicht vergeßlich, wie sie nun einmal sind, haben sie neuerdings nicht im Engländer Grey, sondern im Russen Suchomlinow den eigentlichen Schuldigen entdeckt. Das läßt sich freilich wieder gutmachen, indem man rasch hinzufügt, daß Suchomlinow eben nur der von Grey Ge­schobene gewesen sei. Aber die von der Kriegspsychose nicht mehr beeinflußte Weltgeschichte wird das Bild des früheren englischen Außenministers anders gestalten.

Grey war ein Diplomat der kleinen Mittel, ein Fortseter der von Eduard VII.   eingeleiteten Bündnispolitik, aber sein Ziel war die Ausdehnung dieser Bündnispolitik auch auf Deutschland  . Daß er dabei seinem eigenen Staate eine diplo­matisch überragende Stellung zu sichern versuchte, war nicht mehr und nicht weniger als seines Amtes. In der Krise von 1914 hat er, zwischen alten Bündnispflichten und neuen Welt­verständigungsplänen, nicht leichten Herzens auf der Seite der alten Freunde Partei ergriffen. Den eigentlichen Kriegs­fanatikern Englands galt er aber ebensowenig als stubenrein wie aus ähnlichen Gründen Bethmann Hollweg   den Andeutschen, er blieb ihnen stets friedensverdächtig, und sein Sturz wurde von ihnen als Erleichterung begrüßt. So werden sie sich auch jetzt über seinen Tod zu trösten wissen.

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In Deutschland   hat man in ihm den Urheber alles Bösen gesehen, wie etwa draußen in Wilhelm II.   Trok gelegentlicher Erinnerungen an die geschichtliche Wahrheit, wird die Volks­phantasie in ihm noch lange den Anstifter des Weltkrieges hassen, und in sein Grab, mag es ihm heut oder morgen ge­öffnet sein, werden ihm viele aufrichtige Flüche folgen, die er nicht verdient hat. Denn er war auch nur einer, der den Frieden wollte und an den Krieg heranmußte, wie so viele andere auch.

Friedensdemonstration in Argentinien  .

Die bange Nacht.

Es wäre zu weit gehender Optimismus, wenn man sich von den Enthüllungen des Suchomlinow  - Prozesses einen tiefgehenden Eindruck auf die Völker der Entente ver­sprechen wollte. Die Ueberzeugung, daß Deutschland   der. eigentliche Schuldige am Weltkrieg set, ist drüben so fest ge­wurzelt, daß Aufklärungen über Teil vorgänge, die zur fatastrophalen Entwicklung an der Juliwende von 1914 führten, keinen entscheidenden Ausschlag der Gesinnungen herbei zuführen imstande sind. Der allgemeinen russischen Mobil­machung waren das Ultimatum Desterreichs an Serbien  , die bekannten Verhandlungen darüber, die Kriegserklärung an Serbien   und die Mobilisierung acht österreichischer Armee­forps vorangegangen. Stellt man sich, wie man es drüben tut, auf den Standpunkt, daß Rußland   unter allen Umständen verpflichtet gewesen sei, Serbien   zu Hilfe zu kommen, so wird man den Schwankungen der russischen Politik in der Nacht zum 30. Juli 1914 feine entscheidende Bedeutung bei­messen.

Niemand kann heute auch mit Bestimmtheit sagen, ob der Weltkrieg wirklich vermieden worden wäre, wenn der Befehl des Zaren, die Mobilmachung in ihrer Allgemeinheit rückgängig zu machen und sie auf den Südwesten zu be­schränken, seine Ausführung gefunden hätte. Aber immerhin, hier öffnete sich eine lette ogrit, dem drohen­den Konflikt auszuweichen, und die Phantasie erschöpft sich in Bildern, wie es doch ganz anders hätte kommen fönnen, menn der abgehezten verwirrten Diplomatie Europas   noch eine Pause der Besinnung gegönnt gewesen wäre. Das Schicksal, ver förpert in den Herren Suchomlinow und Januschkevitsch, hat es nicht gewollt, aus ihren Händen rollten die Würfel zur Entscheidung.

Wie Kriege entstehen

das Kapitel ist nicht so leicht.

zu schreiben, wie manch einfaches Gemüt sich das vorstellt. Es ist eine sehr lange Geschichte, an deren Anfang wir die imperialistischen Weltsysteme in ständiger Reibung miteinander finden- an ihrem Ende aber sehen wir Generäle, die bestrebt sind, den anderen zuvorzukommen. Ihnen erscheint die Diplomatie, die noch letzte Auswege sucht, als ein Hindernis der von ihnen angestrebten Erfolge, sie wollen nicht berhandeln, sondern handeln, sie sprechen mit dem alten Blücher in Gerhart Hauptmanns   Festspiel:

Wat soll mich denn dem Friedenstirili,

Ik bin for Infant'rie und Kavall'rie.

Der arme Zar hat, mit dem Angstschweiß auf der Stirne, noch sein Letztes versucht. Fürwahr, wenn man sich eine Persönlichkeit wie die seine vorstellt, so kommt man nicht zu dem Schluß, daß ein auf Absolutismus   und Militär­tamarilla gegründetes System besonders dazu geeignet sei, den Frieden der Welt zu erhalten. Daß Menschen mit schlechten Nerven und unzureichendem Denkvermögen auch bei angeborener Aengstlichkeit zu topflosen Entschlüssen neigen- nach dem Schillerwort: Da, pact ihn die Angst, da faßt er sich Mut" ist nur allzu bekannt. Ein kräftiger Wille stößt sie im entscheidenden Augenblick vorwärts.

Zar Nikolaus hatte am 29. Juli Mut gefaßt und der allgemeinen Mobilmachung zugestimmt. Erst hatte er bloß durch eine Teilmobilmachung Desterreich schrecken" wollen, aber der Kriegsminister hatte ihn davon zu überzeugen ge­wußt, daß es notwendig sei, auch Deutschland   unsere Hal­tung bestimmt zu zeigen". Diese Aussage Suchom linows braucht in ihrer Aufrichtigkeit umsoweniger angezweifelt werden, als sie der militärischen Denkweise des Kriegs­ministers vollkommen entspricht. Die russische Militär­kamarilla wollte schrecken", wollte eine bestimmte Haltung" zeigen, sie trieb eine Politik des Bluffs und der Ein­schüchterung, mit der vagen Hoffnung, dadurch eine lezte Probe vermeiden zu können aber mit dem Eventualdolus, es, gegebenenfalls auch auf die Probe ankommen zu lassen. Die englische Presse soll nicht mehr sagen, daß die Lehre Bernhardis nur in Deutschland   gelehrige Schüler ge­funden hat.

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In der Nacht zum 30. Juli erhielt nun der Zar das Telegramm des deutschen   Kaisers, in dem dieser sein Wort dahin verpfändete, daß die Beziehungen zwischen Deutschland   und Rußland   freundschaftlich bleiben würden, falls die allgemeine Mobilmachung nicht erklärt werden würde. Jekt gab der Zar, den inzwischen wieder die Angst gepackt hatte und der einen Hoffnungsstrahl aufschimmern sah, den Befehl, die allgemeine Mobilmachung rückgängig zu machen.

Bern  , 29. August." Temps" meldet aus Buenos Aires  : Ein Manifest mit über 100 00C Unterschriften, darunter derjenigen des ehemaligen Ministers Alessio Gomez, des Kammerpräsidenten Demaria sowie einer Gruppe katholischer Deputierter fordert den Dieser Befehl ist nicht ausgeführt worden, weil Präsidenten der Republik   auf. die Neutralität Argentiniens   auf ihn die Generäle für technisch) unausführbar hielten. rechtzuerhalten. Am 27. August fand eine Versammlung der wird sich nunmehr voraussichtlich ein militärischer Streit dar­katholischen Gesellschaft in Buenos Aires   zugunsten der über entspinnen, ob die Rückgängigmachung angeordneter Bapstnote ftatt. Mobilmachungen technisch ausführbar ist oder nicht. Auf alle

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