Nr. 241. 34. Jahrg.
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Montag, den 3. September 1917.
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Zur Frage der Reichstagsauflösung.
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In Flandern Vorfeldgefechte- Geländeverluft bei Hurtebise- Richthofens 60 ter Luftfieg Französischer Angriff bei Monastir gescheitert Keine größeren Kämpfe am Isonzo 325 Italiener
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gefangen.
Amtlich. Großes Hauptquartier, ben 2. September1917.( W. Z. B.)
Weftlicher Kriegsschauplah.
Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht.
Der starke Artilleriekampf gegen die Mitte der flandrischen Front hielt bei Tage und die Nacht hindurch an; Borfeldgefechte verliefen für uns günstig.
Bei St. Quentin und an der Dise nahm die Feuertätigkeit gegen die Vortage zu; ein Erkundungsvorstoß westlich von La Fere brachte uns Gefangene ein.
Heeresgruppe Deutscher Kronprinz.
Bei Allemant nordöstlich von Soissons wurden bei einer gewaltsamen Erkundung dem Feinde blutige Verluste zugefügt und Gefangene abgenommen.
Auf dem Rücken des Chemin- des- Dames blieb bei Abschluß der Kämpfe am Gehöft Hurtebise ein begrenzter Teil unserer vordersten Linie in der Hand der Franzosen .
Bor Verdun schwoll erst abends der Feuerkampf an; nachts flaute er ab.
Seeresgruppe Madenfen.
In den Bergen nordwestlich von Focsani suchten die Numänen und Ruffen unseren Truppen den erkämpften Boden streitig zu machen. Erbitterte Gegenangriffe des Feindes scheiterten verlustreich vor unseren Linien.
Mazedonische Front.
Bei Monastir griffen die Franzosen mit starken Kräften an. Längs der Straße nach Prilep eingebrochener Feind wurde niedergemacht oder gefangen, der Ansturm seitlich des Weges von den bulgarischen Truppen überall zurückgeworfen.
Am Dobropolje brachen neue Angriffe der Serben zufammen. Der Erste General quartiermeister. Ludendorff.
Abendbericht.
Berlin , 2. September 1917 abends. Amtlich. Im Westen keine größeren Kampfhandlungen. Deutsche Korps sind südöstlich von Riga über die Düna gegangen. Unter ihrem Druck haben die Russen begonnen, ihren Brückenkopf westlich des Flusses eilig zu räumen.
Der österreichische Bericht.
Wien , 2. September. Amtlich wird verlautbart: Deftlicher Kriegsschauplaz.
Der Feind mühte sich vergebens, unseren Verbündeten die nordwestlich von Focsani errungenen Erfolge durch starke Gegenangriffe streitig zu machen.
Italienischer Kriegsschauplak.
Zur felben Stunde wie gestern hier ist auch auf dem entgegengesetzten Ende der deutschen öffentlichen Meinung, nämlich in der Kreuzzeitung ", die Frage der Reichstags. auflösung erörtert worden. Bei der ungeheuren Wichtig. feit dieser Angelegenheit für das ganze deutsche Volk scheint es uns angebracht, von den Ausführungen des hochkonserbativen Organs das Wesentliche wiederzugeben. Die Kreuz zeitung " hält es natürlich auch ohne Befragung des Volkes für erwiesen, daß die Konservativen bevollmächtigt seien, im Namen des Volfes zu handeln, und fährt dann fort: Dennoch hält sich die demokratische Presse wohl in dem Glauben, damit einen besonders wirksamen Borstoß gegen den Sturm im Lande zu machen bemüßigt, an die Konservativen" oder die Aldeutschen" die Frage zu richten, ob sie denn bereit feien, auch die letzten Konsequenzen zu ziehen und den Willen des Volkes im Wege einer Auflösung des Reichstages ermitteln zu lassen. So ist die Frage der Auflösung von jener Seite aus zur Erörterung gestellt worden; nicht ohne den Vorwurf, es sei unverantwortlich, daß die Alldeutschen und die Konservativen mitten im Kriege zur Auflösung drängten. Stellten wir uns rein auf den parteipolitischen Standpunkt, so würden wir die Auflösung des Reichstags auf Grund von Beschlüssen, bei denen die Sozialdemokraten die Kriegsfredite ablehnen(?) und gleichzeitig andere Parfeien sich mit thnen zu einer Mehrheit verbinden, die dem Verzichtfrieden das Wort redet, oder sonst den Lebensinteressen Deutschlands in seinem Daseinstampje nicht Rechnung trägt, nur begrüßen fönnen. Wir sind überzeugt, daß aus solchem Wahlkampfe ein ganz anderer Reichstag als der jebige zurüdfehren würde. Dennoch verkennen wir den ungeheuren Ernst einer solchen Maßnahme während des Krieges teinen Augenblick. Dabei denken wir besonders an die Millionen von Kämpfern draußen im Felde, deren Stimme wir bei den Entscheidungen über Deutschlands Butunft nicht entbehren möchten, und denen ihr einmütiges Zusammenhalten im Kampfe wenn irgend möglich, nicht hinter ihrer Front durch einen Wahlkampf der Parteien erschwert werden sollte. Aber unmöglich scheint es uns leider nicht zu sein, daß dieser Konflikt eintritt und auch noch von unserem Volte auf sich genommen und überwunden werden muß. Wenn die Mehrheit immer wieder darauf pocht, es gebe, eben weil eine Auflösung undenkbar jei, für den Kanzler gar keinen anderen Ausweg, als daß er sich der Reichstags mehrheit unterwerfe, so muß als unsere Ansicht flar und deutlich ausgesprochen werden, daß der Kanzler, seinem Worte entsprechend, sich die Führung unter feinen Umständen in dieser Weise aus der Hand nehmen lassen darf und wird. Glaubt er nach seiner pflichtmäßigen Ueber= zeugung einen anderen Weg gehen zu müssen, als die Mehrheit es will, so wird er das, davon sind wir überzeugt, auch auf die hat, so war es Graf Reventlow, dessen herzliche Unbekümmert-| scheidungen tatlos und apathisch zuzusehen, wie das Land Gefahr hin tun, daß alsdann die Mehrheit in irgend welchen beit gegenüber äußeren wie inneren Konflikten allgemein be- nach seiner Ueberzeugung im Sinne der fonjervativer Beschlüssen oder Kundgebungen sich in einer Weise, die eine Auf- fannt ist. Minderheit mißregiert wird? Hat das Volk nach all den lösung erforderlich macht, ihrer vaterländischen Pflicht versagen Mit der Kreuzzeitung " sind wir der Meinung, daß es namenlosen Opfern, die es gebracht hat, nicht einmal das fönnte. Die Schäden und Gefahren der Reichstagsauflösung wäh- im Interesse des Reiches läge, dieses von ihrem Parteigenossen Recht zu verlangen, daß die Meinung seiner gewählten Verrend des Krieges, fo ernst sie zu nehmen sind, können nicht größer gelegte Feuerchen wieder auszutreten. Aber über die Be- tretung respeftiert wird? So ist das Problem ganz klar gefein, als der Schade, der entsteht, wenn die jetzige Reichstags: dingungen, unter denen dies geschehen kann, sind wir der stellt. Entweder der gegenwärtige Reichstag mehrheit die Notlage des Vaterlandes ausnutzt, um die Gewalt genau entgegengesezten Meinung wie das konservative Leit- muß als verfassungsmäßige Vertretung des an fich zu reißen und die Hand des Kanzlers zu einer Politik zu führen, die die deutsche Zukunft gefährdet. Wir wollen den organ. Hier öffnet sich eine unüberbrückbare Kluft der Welt- deutschen Volfes anerkannt und respektiert Gegenstand nicht verlassen, ohne dem dringenden Wunsche und anschauung. werden oder das Volk muß zur Wahl eines doch auch der Hoffnung Ausdruck zu geben, daß die jebige Reichsneuen Reichstags aufgerufen werden. tagsmehrheit zu einem Maße von Besonnenheit zurückkehren möge, welche derartige Gefährdungen unseres Landes während Ser Kriegszeit vermeidbar macht.
Zur Steuer der geschichtlichen Wahrheit sei zunächst folgendes festgestellt: Aufgeworfen worden ist die Frage der Neuwahlen nicht von der Linken, sondern von der Rechten. Am 27. August schrieb Graf Reventlow in der„ Deutschen Tageszeitung":
Deftlicher Kriegsschauplah. Front Prinz Leopold.
Längs der Düna , bei Smorgon und Baranowitschi steigerte fich die Feuertätigkeit.
Südöstlich von Riga , bei Friedrichstadt und Jugt waren eigene Unternehmungen von Erfolg.
Westlich von Luck brachte uns ein Borstoß von Sturmtrupps Gewinn an Gefangenen und Beute.
Front Erzherzog Jofeph. Zwischen Pruth und Suczawa Störungsfeuer und Borfeldgeplänkel.
Die Kreuzzeitung " verlangt veierlei. Erstens, daß der Reichskanzler im Sinne der kleinen konservativen Minderheit regiert und zweitens, daß die Mehrheit im vaterländischen Interesse" vor ihm und ihr zu Kreuze friecht. Das kann sie nicht, weil sie gerade im vaterländischen Interesse genötigt ist, eine Orientierung der äußeren und inneren Politik zu verlangen, die der konservativen schnurstracks entgegengesetzt ist.
Die offene Stadt Triest wyrde gestern wieder des öfteren von italienischen Fliegern heimgesucht, die insgesamt 70 Bomben abwarfen.
Am Isonzo find am gestrigen Tage größere Kämpfe unterblieben. Italienische Teilangriffe auf der Hochfläche von Bainfizza- Heiligengeist, bei Görz und bei Jamiano scheiterten und wurden von unseren Sturmtruppen mit erfolgreichen Gegenunternehmungen beantwortet. Im Bereiche des Monte San Gabriele hielten unsere Geschüße die feindlichen Massen nieder. In der Nacht zum 1. September sind hier 10 Offiziere und 315 Mann sechs italienischer Regimenter als Gefangene in der Hand der tapferen Verteidiger geblieben. Der Chef des Generalstabes.
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Ein Drittes gibt es nicht. Aber gerade dieses unmögliche Dritte ist es, was die Konservativen wollen. Sie wollen nicht, daß der Reichstag respektiert wird, und sie wollen in Wirklich feit auch feine Neuvahlen, bei denen, wie sie selbst sehr gut wissen, nichts von ihnen übrig bleiben würde. Sie wollen vielmehr, daß der Reichstag bleibt, aber als totes Glied Es steht Ueberzeugung gegen Ueberzeugung. Das Ideal der deutschen Reichsverfassung behandelt wird. der Minderheit ist nach außen die deutsche Weltherrschaft und Sie wollen durch einen Kanzler nach ihrem Herzen regieren.' Wenn die sogenannte Reichstags mehrheit das wirklich glaubt, der deutsche Schwertfrieden, der der ganzen Welt nach deut- und der Reichstag hat in vaterländischem Interesse", zu, was sie mit starken Worten zu behaupten pflegt, so würde sie in schem Gesetz Rube gebietet. Das Jdeal der Mehrheit ist der Kuschen. der heiteren Ruhe des Besitzenden von der Möglichkeit der Auf- dauernd durch internationale Rechtsgarantien gesicherte Friewerfung der Mehrheitsfrage durch Neuwahlen reden lassen den, der allen Völkern das Recht der nationalen Freiheit zu- gewählt! Wir wiederholen: Dazu hat das Volk den Reichstag nicht Die Kreuzzeitung " beginnt also ihren inneren Strieg erkennt. Die Kreuzzeitung " sagt, die Mehrheit fördere vom mit einer Un wahrheit. Nicht von„ jener" Seite ist die Das Ideal der Minderheit ist nach innen angebliche un- Reichsfangler die Unterwerfung". Auch das ist falsch. Wer: Frage der Neuwahlen aufgeworfen worden, sondern von ihrer umschränkte Herrschaft der Monarchie, d. h. in Wirklichkeit sich in Fragen der letzten und höchsten Ueberzeugung untereigenen. ihre Herrschaft, das der Mehrheit ist die Gleichberechtigung wirft, den möchten wir nicht einmal als Schreiber in der aller Staatsbürger. legten Landratsstube sehen, geschweige denn an der höchsten verantwortlichen Stelle des Landes. Ehe man seine Ueberzeugung preisgibt und sich zum Werkzeug eines fremden; Willens macht, den man für schädlich hält geht man als aufrechter Mann und überläßt anderen die Verantwortung. Hier ist der springende Bunft. Ein Reichskanzler kanngehen, der Reichstag nicht! Der Reichskanzler bleibt, bis er seine Entlassung nimmt. Der Reichstag fann seine Entlassung nicht nehmen, er muß ausharren in seinem Pflicht- und Treueberhältnis zum Volk, bis seine Wahlperiode zu Ende ist oder bis er aufgelöst wird. Dieses Pflicht- und Treueverhältnis sollte fein ehrlicher Gegner geringschäzen!
Auf die Herausforderung der Deutschen Tageszeitung" antwortete der Vorwärts" am 28. August: Die Mehrheit ist davon überzeugt, daß die Politik der Fordern die konserbatiben Auflösung des Reichs Minderheit nicht nur falsch, sondern nach außen und innen tags und Neuwahlen während des Krieges, so können sie dabei der entschiedensten und tatkräftigsten Unterstützung der Sozial- undurchführbar ist und daß jeder Versuch, sie durchzudemokratischen Partei gewiß sein. Denn einer demokratischen führen, das deutsche Volk mit dem schwersten Verhängnis bePartei wäre es untvürdig, wenn sie der Entscheidung des Volkes droht, das je auf ein Bolk niedergefallen ist. Kann die Mehrauswiche, die von einer anderen Seite gewünscht heit, jo fragen wir ihre Gegner, bei solcher Ueberzeugung den wird. Es fann in solchem Fall auch gar nicht mehr ihre Auf Wünschen der Kreuzzeitung " entgegenkommen? Ein solches gabe sein zu untersuchen, ob dieser Wunsch ernst gemeint Opfer des Intellekts wäre gleichbedeutend mit dem schlimmsei oder nicht. sten Verrat an Band und Volk. Kein Gegner, der seine eigene Ueberzeugung hochhält, sollte ihr das zumuten.
Damit kam die Erörterung in Fluß. Auch wir verkennen mit der Kreuzzeitung" den ungeheuren Ernst einer solchen Maßnahme feinen Augenblick". Wenn ihn jemand verkannt