1. Beilage zum„Vorwärts" Berliner Volksblatt. Ar. 133. Bcuilrotku-t lutb; 1. Schultlieiss- Brauerei, Aktien-Gesellschaft, Berlin (und VivoU). 2. Brauerei k. Bappeidt. 3. Böhmisches Brauhaus, Kommandit-Gesell- schaft ans Aktien, A. Knoblauch. 4. Brauerei Bari vregory, Berlin (Adler- Brauerei). 5. Vereius-Brauerei Rixdorf. 6. Spandauer Berg-Brauerei, vorm. C. Bech- mann, Westend bei Charlottenburg . 7. Aktien- Gesellschaft Schloss• Brauerei Schöneberg. Dokrsles. Ter Lokalboykott, welcher auf Betreiben der Herren vom Brauerring in der Versammlung am Dienstag, den S. d. M.. von einer Anzahl Wirthe und Lokalbesitzer beschlossen worden ist und durch den der Bierboykott und die Sozialdemokratie mause- tobt gemacht werde» soll, hat, laut einem„geheimen" Zirkulair, die Unterschrist von 144 Wirthen, Lokalbesitzern, Destillateuren:c. von Berlin und der Umgegend erhalten. Nicht unterschrieben oder mit Nein gestimmt haben III Wirthe ic. Diese Zahlen sindZauthentisch, und die Namen der Wirthe, welche sich an der Abstimmung betheiligt haben und wie sie gestimmt haben, weist das Zirkulair aus. Mit dem einmüthigen Einstehen der Wirthe und Lokalbesitzer für den Brauerring hat es also vorläufig noch sein gutes Bewenden. Von der Brauerei„WilhelmShöhe " ist gestern der Boykott-Kommission folgendes Schriftstück zugegangen: Berlin . 10. Juni 1SS4. Belforterstr. 4. Herrn I. Auer, Katzbachstr. S. Hiermit bestätige Ihnen den Inhalt meines Inserates im„Vorwärts" vom 10. d. Mts., woraus ersichtlich, daß ich aus dem„Verein der Brauereien Berlins und der Umgegend" ausgeschieden bin. Gleichzeitig mache ich Ihnen die Mittheilung, daß ich die Forderungen der Arbeiter anerkenne. Hochachtungsvoll Brauerei WilhelmShöhe. E. Lehmann. Bittere Pillen. Mit lärmender Geschäftigkeit bearbeiten die Handlanger des Bierringes, die bürgerlichen Organe, die öffentliche Meinung. Sie stampfen Sympathiekundgebungen für die Biergrößen mit derselben Leichtigkeit aus dem Boden, wie sie„Industrielle" hervorzaubern, die mir nichts dir nichts aus purer Gefälligkeit für die dicken Brauer ihre Arbeits- dienen fortjagen wollen. So angenehm dieses Schwelgen in der frohen Hoffnung, die verhaßten Arbeiter durch Aus- hungerung im Großen mürbe szu machen, auch ist: ein wenig Mermuth tröpfelt doch in den Becher der Freude. Mag das Liebeswerben der Ringbrüder auch in einem oder dem andern Falle Erfolg gehabt haben: mit der Unterstützung durch ihre Fachgenossen, und dieses können wir mit Bestimmt- heit behaupten, sieht's windig aus. Die Reisen in die Provinz haben für die Herren nur Enttäuschungen gebracht. Dies wird schwarz auf weiß bescheinigt durch„Die deutsche Brauindustrie", die sich in ihrer letzten Nummer wieder mit dem Berliner Bierkrieg beschäftigt. Dieses einflußreiche Fachblatt schließt seine Darlegungen folgendermaßen:...„Bei dem Berliner Boykott handelt es sich nur um große Brauereien, bei den Brauereien außerhalb Berlins , die in Betrackt kommen, im Wesentlichen um mittlere Betriebe. Jetzt sollen diese ohne Weiteres, ohne Garantien für die Zukunft zu verlangen, den ersteren willig Gefolgschaft leisten, damit nachher, wenn wieder Ruhe und Frieden im Lande ist, der Aufsaugungs- Prozeß der mittleren und kleinen durch die großen niit ungeschwächten Kräften fortgesetzt werden kann. Man droht den Brauereibesitzern außerhalb Berlins damit, daß man ihnen andernfalls rücksichtsloseste Konkurrenz machen würde, indem man zun> Selb st kostenpreise liefern würde. Das kann nicht wirken, denn rücksichtsloser, als sie schon ist, kann die Konkurrenz kaum werden, verkauft man doch jetzt schon vielfach zum Selb st kostenpreise..." „Wenn man von den Brauereibesitzern außerhalb Berlins verlangt, daß sie nicht nach dort liefern, dann ist es doch eine gerechte Gegenforderung, daß die großen Berliner Brauereien ihre Niederlagen in der Provinz zurückziehen! Daran wird aber wohl keiner von den Herren denken. Im Gegentheil man wird sagen: das sind Sonderintereffen, hier handelt es sich nur um das Solidaritätsgesühl der bürgerlichen Kreise gegenüber der Sozialdemokratie. Nun, eine ebenso große Gefahr wie das letztere ist das Anwachsen des Groß- kapitals und der Großindustrie.... In Bezug auf die Brauerei sind diese Erwägungen aber besonders angebracht, denn sie liefert nach dieser Richtung ein charakteristisches Bild mehr als andere Industrien. DieEntwickelung desBrauerei- gewerbes in der letzten Vergangenheit lehrt uns, daß die erhöhten Forderungen der Ar- beiter demselben bisher weniger geschadet, als die wüste Konkurrenz der Großindustrie." Wohl bekomnt's, Herr Rösickes! Die Notiz über de» Setzersaal der„National-Zeitnng" in der Sonntagsnummer unseres Blattes ist insofern zu er- gänzen, als eine Maßregelung zu gunsten der Brauereiprotzen nicht nur versucht, sondern gelungen ist. Die Setzer hatten gleich beim Beginn des Boykotts das bisher aus der Habel'schen Brauerei bezogene Bier abbestellt und Bier aus einer nicht dem Ringe angehörenden Brauerei angeschafft. Bald darauf theilte der Metteur, Herr Fromm, den Setzern mit, daß die Geschäftsleitung acht Zeitungssetzer entlassen werde und fügte hinzu:„Seht Ihr, das habt Ihr blos der dummen Biergeschichte zu verdanken!" Darob siel den meisten das Dienstag» den 12. Juni 1894. Herz in die Hosen, flugs wurde wieder Habel'sches Bier an» geschafft und dann verlautete auch über die angekündigte Ent- lassung nichts mehr. Zur Ehre der in der Bierfrage uberstimmten Minorität müssen wir allerdings konstatiren, daß diese nach wie vor das ihnen aufgezwungene Getränk meiden und dem Weiß- bier den Vorzug geben. Die Haltung der Leiter der edle» „National- Zeitung" wird niemand Wunder nehmen, der das in demselben Verlage erscheinende literarische Angst- Produkt, die„Deutsche Arbeiter- Zeitung", kennt. Dieses Papter leistet mit feinen blödsinnigen Erfindungen und Verdächtigungen wirklich das Meuscheumöglichste und ist darin selbst dem braven Eugen noch„über". So heißt es in einem Boykott-Artikel der Nummer 22 u. a.:„Es giebt in der That keine komischere Figur, als den Boykottprediger, der sich zu seiner Brandrede vorher mit einem Glase Schultheiß oder Patzen- hofer gestärkt hat." Wir sind der Meinung, daß es unter den Bekämpfern der Sozialdemokratie keine seltsamere Figur giebt, als Herrn Holzerland. den geistigen Leiter der„Deutschen Arbeiter- Zeitung". Zum Beweise dafür wollen wir nur die folgende Thatsache unfern Lesern verrathen, die uns über die Verbreitung des Ablegers der National- Zeitung", wie auch über die Verwendung desselben in Arbeiter- kreisen beredten Aufschluß giebt: Jeder Fabrikant, der seine Arbeiter vor den schlechten Einflüssen der Sozialdemokratie de- schützen will, abonnirt so viele Exemplare jenes Blattes, als er Arbeiter beschäftigt, um diese am Sonnabend mit geistiger Speise für den Sonntag zu versorgen. Ein„Brotherr" scheint jedoch damit sehr schlechte Erfahrungen gemacht zu haben; er meldete nämlich kürzlich dem Verlag der„Deutschen Arbeiter-Zeitung", man solle doch die Zusendung des Blattes einstellen, denn seit der Vertheilung desselben an die Arbeiter seien jede Woche „alle Klosets der Fabrik verstopft!"— Wer ist nun die komische Figur?! Der Boykott wirkt nicht. Diese Phrase wird trefflich illnstrirt durch die im heutigen Annoncentheil veröffentlichte Erklärung der Aktiengesellschast„Münchener Brauhaus". Herr tappoldt, dessen zarte Fürsorge für die Gesundheit der BerUner rbeiter diesen so vielen Spaß gemacht hat, bietet sein Vier, das die Berliner Arbeiter partout nicht mehr trinken wollen, um jeden Preis in der Provinz aus. Die Herren welche mit ihren Arbeitern um jeden Pfennig Lohn feilschen, setzen Tausende und Zehntausende dran, um einen mißliebigen Konkurrenten los zu werden. Und dabei hat dieser Konkurrent nichts gethan, als daß er eine brutale Maßregel gegen die Ar- beiter nicht mitmachte. Nun die Arbeiter haben ein gutes Ge- dächtniß und werden sie sich diese Vorgänge merken. In der Schlostbrauerei Schöneberg sind am Sonnabend wiederum 15 Branerei-Arbeiter entlassen worden. Der Grund zu dieser Maßregel liegt wahrscheinlich in dem bedeutend er- höhten Absatz, über den die Brauerei in bürgerlichen Blättern berichten läßt! Einen Ohnmachtsanfall hat der sozialdemokratische Antrag, die amtlichen Bekanntmachungen auch im„V o r w ä r t s" zu veröffentliche», bei der Tante Voß zur bedauerlichen Folge gehabt. Die Reinmachesrau des gefestigten Berliner Grund- besitzes wehklagt, daß der„Vorwärts " aus dem Umstände, daß er Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei ist, noch nicht den Anspruch herleiten.dürfe, auch amtliches Veröffentlichungsblatt für die Sladtgemeinde Berlin zu werden. Unzweifelhaft haben sich nun auch die sozialdemokratischen Stadtver- ordneten bei Stellung ihres Antrages kaum von dem Motiv, daß der„B o r w ä r t s" die Ehre hat, Zentraloraan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands zusei», leiten lassen. Wohl aber sagten sich unsere Parteigenossen im Rothen Hause, daß amtliche Bekanntmachungen, welche die All- gemeinheit angehen, am zweckentsprechendsten in solchen Blättern veröffentlicht werden, die in den weitesten Volksschichten gelesen werden. Und daß der„Vorwärts" bei seiner Auflage von etlichen 40 000 Exemplaren entschieden besser solchen Zwecken dient, als Blätter, die sich auch nicht entfernt einer derartigen Verbreitung rühmen dürften, das wird hoffentlich auch die„Vossische Zeitung" nicht bestreiten. Oder ist sie etwa der Ansicht, daß die Magistrat- lichen Bekanntmachungen nicht derartiger Natur sind, daß sie sich zur Kenntnißnahme für die weitere Oeffentlichkeit eignen? Wie? — Nachbarin, Euer Fläschchen! AuS Anlast der GewerbegerichtS-Wahlen, welche am 26. September stattfinden, wollen wir in Erinnerung bringen, daß bei der ersten Wahl im Februar 1893 die Zahl der ein- getragenen Wähler recht gering war. Bei der letzten Volks- Zählung wurden 92 909 Arbeitgeber und 324 303 Arbeitnehmer als in Berliu ansässig ermittelt. Eintragen ließen sich dagegen nur 3026 Arbeitgeber und 33 963 Arbeitnehmer, das hieße nur SVe bezw. lOVe pCt., wenn die bei der letzten Volks- Zählung(1890) ermittelten Zahlen für den Februar 1893 noch als maßgebend angesehen werden könnten. That- sächlich waren die Prozentsätze noch geringer, da die Zahl der in Berlin ansässigen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bis dahin selbstverständlich noch gestiegen war. Die Belheiligung der eingetragenen Wähler an den Wahlen war reger. Von den Arbeitgebern wählten 73, von den Arbeitnehmern 76 pCt. Hoffentlich beweist die Arbeiterschaft Berlins durch um- fassende Eintragung in die Wählerlisten, daß sie diesmal in ihrer Gesammtheit gewillt ist, den Gewerbegerichtswahlen das gebührende Interesse entgegen zu bringen. Kein wahlberechtigter »Arbeiter darf den kleinen Weg zu seinem Wahlbureau scheue». Lasset die Kindlein zu mir kommen. An den Anschlag- säulen unserer Nachbarstadt Spandau steht folgendes menschen- freundliche Plakat zu lesen: ,200 Schulkinder nicht unter 10 Jahren werden des Mittwochs und Sonnabends Nachmittags zum Hederich- ausreißen verlangt. Lohn für den halben Tag 30 Pf. E uhrwerk steht bei der neuen Kirche an der Potsdamer Hausse bereit. Rittergut Gr. Glinicke." Hierzu sei bemerkt, daß der Besitzer dieses Gutes, ein Herr Wollanck, vorab den Versuch gemacht hatte, durch Vermittelung der Lehrerschaft der Gemeindeschulcn zu billigen Arbeitskräften zu kommen. Dank dem energischen Eingreifen der Arbeiter- Vertreter im Gemeindekollegium ist dieser Versuch jedoch vereitelt worden. Fragt man aber, warum der Herr Rittergutsbesitzer Wollanck partout darauf angewiesen ist, gegen baare 30 Pfennige die Proletarierkinder des freien Nachmittags zu berauben, so erhält man eine genügende Antwort, wenn man erfährt, daß dieser Herr die Einschätzung zu einem auffallend niedrigen Ein- kommensteuersatz damit motivirt hat, daß sein Besitzthum trotz Spiritusbrennerei und umfangreicher Waldung nicht nur nichts abwerfe, sondern sogar noch einen baaren Zuschuß erfordere! Erscheint es unter solchen Umständen nicht genügend gerecht- fertigt, wenn so ein nothleidender Agrarier auf erwachsene Arbeiter trotz der grenzenlosen Arbeitslosigkeit, die gerade in Spandau herrscht, verzichtet und freundlich die liebe Schuljugend zum Hederichausreißen einladet? Alles begreisen heißt Alles verzeihen und wir nehmen daher keinen Anstand, das nothleidende Agrarierthum gerade angesichts dieses Falles dem Mitleid der Arbeitslosen Spandaus zu über- antworten. 11. Jahrg. Das Thien'sche Fuhrwesen kann insoweit allen streb« samen Kapitalisten zum Vorbild dienen, als es in der intensiven Ausnutzung der menschliche» Arbeitskraft so ziemlich das Men- schenmöglichste leistet. Auf der Omnibuslinie Schlesisches Thor- Potsdamer Thor haben Schaffner und Kutscher bei einem Monats« gehalt von baaren 75 M. eine tägliche Arbeitszeit von 17 Stun- den. Der Humanität trägt Herr Thien bei dem sich stündlich auf 17 Reichspfennige belaufenden Verdienst seiner Arbeiter insoweit Rechnung, als er ihnen jeden neunten Tag frei läßt. Die Fahrzeit ist so eingerichtet, daß die Angestellten im günstigen Fall an den Endstationen etwa 5 Minuten pausiren können; es ist aber auch nichts Seltenes, daß der Kutscher auf der Fahrt eine Verspätung erleidet, welche dann zum Theil die An- nehmlichkeit hat, daß er fast im Moment der Ankunft an der Endstalion auch wieder abfahren muß. Unter solchen Verhält- nissen erscheint es erklärlich, wenn die Augestellten oft während der Fahrt verstohlen in die Taschen langen, um hastig ihr arm- seliges Stückchen Brot zum Munde zu führen. Es wäre im Zeit- alter der kapitalfrömmsten Sozialreform eine unverzeihliche An- maßung, wollte maman Herrn Thien die Bitte richten, es ein- mal seinen Kutschern und Schaffnern nachzumachen; wohl aber erscheint uns die Frage am Platze, ob er seinen starken und wohlgenährten Pferden Tag für Tag eine Arbeitsleistung zu- trauen möchte, die seine Angestellten zu einem Lohne, der zu an- ständiger Ernährung auch nicht entfernt ausreicht, ohne Wider- rede verrichten müssen. Die SountagSrnhe erlitt am letzten, wie auch am"vorletzten Sonntag Vormittag von dem neuen„Gotteshause" in der Thurm» straße aus eine recht lärmende Unterbrechung. Im Innern der Kirche wurde anscheinend von Steinmetzen darauf los gehämmert, was das Zeug halten wollte, sodaß die Passanten, die ruhig in der Gegend ihres Weges gingen— sei es zur Kirche oder anderswohin— verwundert nach dem Ursprungsort des unheiligen Lärms schauten. Die Frage, inwieweit sich eine solche Ent- Heiligung des Sonntags niit den Staatsgesetzen verträgt, wird hoffentlich von geeigneter Seite eingehend beantwortet werden. AuS dem städtischen Obdach, wie auch aus der H e r b e r g e zur H e i m a t h in der Oranienstraße dringen sortgesetzt Klagen zu uns, daß die Gäste gar oft von gewissenlosen Spitzbuben nächtlich ihres geringen Eigenthums beraubt werden. Sollte es, vorausgesetzt, daß die uns gemachten Angaben sich bestätigen, den Verwaltungen dieser Institute nicht möglich fein, durch eine eifrige Kontrolle derartige Gaunereien zu verhüten? Als Beitrag zum Kapitel von der nothleidende» Land- tvirthschaft wird uns von einer mitleidsvollen Seele berichtet, daß am Eröffnungstage der Landwirthschaftlichen Ausstellung im Balletablissement C 0 u r s a a l 1000 M. für Entree und 3000 M. für Weine eingenommen worden sind. Gegen zwei Uhr war es nicht mehr möglich, das letzte programnnnäßige Ballet zur Auf» sührung zu bringen, weil sämmtliche hierin mitwirkende Damen bereits von den Söhnen der Landwirthschaft entführt waren.... Verstand oder Instinkt? Einen unwillkommenen Besuch erhielt gestern Mittag der Inhaber der Funck'schen Roßschläch- terei, Linienstraße 248. Das Pferd der Droschke zweiter Klaffe Nr. 4547 war scheu geworden, jagte die Linienstraße entlaug und stürmte, das Gefährt nach sich schleppend, in den Laden des Roß- schlächters. Erst unter großen Schwierigkeiten gelang es, daS Pferd zu bewegen, den Laden noch einmal zu verlassen. Von einer sonderbare» Ehescheidung berichtet allen Ernstes ein hiesiger Gerichts- Berichterstatter Folgendes: Die Frau, welche in siebzehnjähriger Ehe nicht weniger als 18 Kinder gehabt, sich dann in unerlaubte Beziehungen eingelassen hatte, wurde für den schuldigen Theil erklärt. Als Grund der Abwendung von ihrem Manne hatte sie„Vernachlässigung" an- gegeben. In der letzten Sitzung der Rixdorfer Gemeinde- Vertretung beschäftigte man sich mit der Festsetzung der Kanali- sationsgebühren. Es wurde beschlossen, vom 1. Juli d. I. ab von bebauten Grundstücken an kanalisirten und regulirlen Straßen zu erheben: 1. pro laufenden Meter Front 1,50 M., 2. pro Grundstück 3 pCt. des Gebände-Nutzungswerthes, wobei die neue Gebäudesteuer-Einschätzung. welche für Rixdorf einen Nutzungswerth von insgesammt 4 094 037 M. ergebe» hat, zu Grunde gelegt werden soll. Bei Eckgrundstücken oder solchen be- bauten Grundstücken, welche an mehreren Straßen belegen sind, soll nicht die volle Frontenlänge zu den Abgaben heran- gezogen, sondern je 15 Meter in Abzug gebracht werden. Da an Kaualisationskosten jährlich ca. 212 500 M. aufzubringen sind, nach diesem Tarif jedoch nur ca. 177 000 M. von den Grundbesitzern gezahlt werde», so soll der Restbetrag— ein Sechstel der Gesammtsumme— aus den öffentlichen Mitteln der Gemeinde gedeckt werden. Die laufenden Kanalisations - beitrage sind von den Grundstücksbesitzern vierteljährlich zu ent- richten. Bezüglich der einmaligen Abgabe» für die Haus- und Regenrohr-Anschlüffe an die Kanalisation wurde festgesetzt, daß an Gebühren erhoben werden für Hausanschlüsse 20 M., für Regenrohr-Anschlüffe 11 M., während die Selbstkosten der Ge- meinde 60—80 bezw. 30—40 M. betragen. Dieses Geschenk soll den Hausbesitzern gemacht werden, weil sie durch die Kanalisation in diesem Jahre ganz außerordentlich belastet werden. Verschwnnden ist auf dem Wege nach Berlin ein lljähriges Mädchen. Der Monteur Quaas aus Lindenau bei Leipzig ist gegenwärtig auf der landwirthschaftlichen Ausstellung in der Maschinenabtheilung beschäftigt. Da seine Ehefrau zu Hause erkrankte, bat er einen Arbeilsgenoffen, den Schlosser Möbius, schriftlich, seine 9jährige Tochter Frida nach dem Berliner Bahn- hos in Leipzig zu bringen und ihre Abreise hierher zu überwachen. Er, der Vater, werde das Kind hier auf dem Anhalter Bahnhof in Empfang nehmen. Möbius hat am Donnerstag Morgen um 6'/« Uhr Frida Quaas nach dem Bahnhof in Leipzig begleitet, eine Fahrkarte vierter Klasse gelöst und das Kind einem unbekannten Mann, der in derselben Abtheilung nach Berlin reisen wollte, zur Aufsicht empfohlen, indem er ihm miitheilte, daß der Vater in Berlin auf dem Bahnhofe erscheinen werde. Das Kind ist, als der Vater es beim Eintreffen des Zuges er- wartete, nicht mitgekommen und bis jetzt verschwunden. Der Unbekannte ist etwa 30 Jahre alt, hat dunkles Haar und dunklen Schnurrbart und als besonderes Erkennungszeichen einen verstümmelten Zeigefinger. Er hat erzählt, daß er nach der Kaiserstraße in Berlin wolle. Frida Quaas hat rothes Haar, rothes volles Gesicht und trug einen hellblauen Pellerinen-Regen- mantel und ein blaues Kleid. Zeugen gesucht! Diejenigen Personen, welche gesehen haben, wie am Sonntag, den 22. April. Nachmittags 61/2 Uhr. auf der Warschauer Brücke ein Mann von mehreren Bahn- arbeitern geschlagen wurde, werden ersucht, ihre Adresse Weiden- weg 7 vorn 3 Treppen bei Börner abzugeben. Aus unbekannten Gründen warf sich am Freitag Nach- mittag der hier Prenzlauerstr. 13 wohnhaft gewesene Kaufmann Walter B. vor einen Sladtbahnzug. der von der Station Grunde- wald nach Charlottenburg fuhr. Die Lokomotive zermalmte den Lebensmüden derartig, daß er bereits auf dem Transporte nach dem Charlottenburger Krankenhause verstarb.— Ebenfalls von der Eisenbahn Übersahren wurde am Sonntag Mittag um 12 Uhr
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