Nr. 261 34. Jahrgang
Parteinachrichten.
1. Beilage des Vorwärts
Das nationale Problem und die Sozialdemokratic in Desterreich.
Auch die früher geschlossene tsechisch- slawische Sozialdemokratie unterliegt stark den Kriegswirkungen. Unter dem unfeligen Regime Stürgkhs wurde die tschechische Nation schwer bedrückt und ungerecht verfolgt. Die Erinnerung an diese böse Zeit hat den Wunsch nach einem tschecho- slawischen Staat mit allen Attributen politischer Souveränität auch in einer Reihe tschechoslawischer Sozialdemokraten entstehen lassen. Diese Genossen rennen mit Vehemenz gegen die Parteileitung an, die ihnen zu österreichisch ist. Die Wahrheit ist, daß die Parteileitung borsichtig genug ist, sich nicht blindlings auf die Engländer und Franzosen zu verlassen und mit der Möglichkeit rechnet, daß sich die Tschechen nach dem Frieden mit Oesterreich als einer gegebenen Tatsache abzufinden haben und daß ihren Wünschen auf der Friedenskonferenz kein Erfolg beschieden ist. In diesem Falle werden sich die Tschechen infolge ihrer jeßigen intransigenten, sich über alle realen Verhältnisse kühn hinwegsehenden Politik nach dem Krieg in der unerquidlichsten Weise isoliert sehen, während sie jetzt die beste Gelegenheit hätten, eine große Reihe nationaler Wünsche durchzusehen. Die Genossen, die sich jetzt mit Eifer dem intransigenten Nationalismus verschreiben, werden zu spät ertennen, daß sie ihre ihnen so sehr am Herzen liegende Nation alles andere als gefördert haben.
Unsere Genossen in den deutschen Teilen Böhmens , Mährens und Desterreich- Schlesiens hielten in Brünn eine Konferenz zur Besprechung der wichtigsten politischen Fragen ab. Abg. Gen. Seliger stellte fest, daß die Erkenntnis der Notwendigkeit einer staatlichen Neuregelung immer mehr begriffen werde. Aber gerade die Wortführer des deutschen Bürgertums gefährden den Erfolg dieser erfreulichen Wendung, indem sie die neuzuschaffende Kreisorganisation zwar mit nationaler Abgrenzung, nicht aber mit demotratischem Aufbau versehen wollen und indem sie nur dort für die nationale Autonomie eintreten, wo die Deutschen in der Minderheit find. Dort aber, wo die Deutschen in den Kronländern maßgebend find, wollen sie den andersnationalen Minderheiten die Autonomie nicht zubilligen. Die Folge würde sein, daß wiederum die nationalen Kämpfe alles andere, und insbesondere den ganzen politisch- wirtschaftlichen und kulturellen Kampf des Proletariats überwuchern würde.
Hiergegen protestierte die Konferenz ebenso scharf wie gegen die tschechische Forderung nach Errichtung eines aus Böhmen , Mähren und Oesterreich- Schlesien bestehenden eigenen Staates, in dem die Deutschen stets eine von ihrem Volksganzen losgelöste Minderheit bilden würden
Borchardt ohne persönliche Motive.
Vor einiger Zeit erschien in der Bremer Wochenschrift„ Arbeiterpolitik" ein Aufruf, der zur Gründung einer linksradikalen Partei aufforderte. Da aber Julian Borchardt diesem dringenden Bedürfnis" durch Gründung der Partei Internationale Sozialisten Deutschlands" bereits entgegengekommen ist, wendet er sich jezt in einer Flugschrift gegen die Konkurrenten. Er versichert ganz ernsthaft, daß persönliche Gründe auf sein politisches Tun feinen Einfluß haben. Nach seiner Ueberzeugung ist das stärkste Bollwert, das dem Werden des Sozialismus im Wege steht. Sie Autoritätsfürchtigkeit der Arbeiter, ihre Un= felbständigkeit, ihr Knechtssinn". Den Gedankengang der neuen Bremer Partei schildert er folgendermaßen: Die Spartatusleute behaupten, Scheidemann und Ebert sind schlechte Führer, Haase und Ledebour sind nicht besser, also laßt euch von Liebknecht und Luxemburg führen; die Bremer sagen aber, diese taugen auch nichts, also müssen andere Personen die Führung itbernehmen. Julian Borchardt aber will reine Demokratie. Er meint, es ist gar nicht so tragisch, wenn die Arbeiter zunächst etwas Falsches wollen"! Das Schlimmste ist, daß sich die Arbeiter manchmal einreden lassen, dies oder jenes geschähe in ihrem Interesse. Von den Dußenden von Beispielen führt er nur eins an: Man denke nur daran, wie die sozialdemokratische Partei jahrelang den Arbeitern einredete, fie müßten durchaus und vor allen Dingen das gleiche Wahlrecht zum preußischen Landtag haben. Welche Opfer sind dafür gebracht, welche Unsumme bon Mühe, Zeit und Arbeit ist darauf verwendet worden, ohne daß auch nur einer die Frage aufwarf, was denn eigentlich für den Sozialismus, gewonnen sei, wenn zu den 110 Mitgliedern des Reichstags noch ein ebensolcher Diskutierklub im preußischen Abgeordnetenhause fäme."
Herr Borchardt hat nicht einmal das Glüd, von der Deutschen Tageszeitung zitiert zu werden. Vielleicht verhelfen wir ihm dazu!
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Aus den Organisationen.
Sonntag, 23. September 1917
ter Haase, noch ein Jahr lang auf dieser Grundlage die Stellung
Der Parteiverein für Leipzig - Stadt und-Land( 12. und der Partei vertreten habe. Die Politik der Partei war von jeher: 13. Reichstagswahlkreis) hielt am Dienstag eine Versammlung ab. für die Sicherung unseres Landes und zur Herbeiführung des Zunächst hielt Genosse Reichstagsabgeordneter Grenz einen Vor- Friedens nichts zu unterlassen. Auf dieser Grundlage haben unsere trag über die politische Lage. Er betonte, daß sich beim Ausbruch Genossen im Reichstag auch für die Resolution am 19. Juli gedes Krieges die sozialdemokratische Partei eine feste Grundlage stimmt. Die Partei wird vor der Weltgeschichte bestehen. für ihr Verhalten geschaffen, und daß der Vorsitzende, Abgeordne
Die neue Kriegsanleihe
MUB
ein großer Erfolg werden. Nach dem Fall von Riga , nach der auf allen Fronten ab: geschlagenen Offensive bleibt
unfren Gegnern nur noch ein Hoffnungsschimmer: daß wir wirtschaftlich am Ende unfrer Kräfte stehen.
Ein schlechtes Ergebnis der Kriegsanleihe verlängert den
Krieg ins Unabsehbare, weil die Feinde dann neue Zuversicht
Un dindys
schöpfen und neue Vernichtungs. pläne schmieden.
Darum zeichne!
Der Vorsitzende teilte mit, daß der Vorstand einstimmig beschlossen habe, daß unsere Partei sich an den Stadtverordnetenwahlen selbständig beteilige. Demnächst werde noch in einer Verfammlung Stellung zur sächsischen Wahlrechtsfrage genommen werden. Wegen der Freien Presse" habe der Vorstand sich mit dem Parteivorstand in Verbindung gefeßt. Mit dessen Hilfe werde in wenigen Wochen eine eigene Druckerei in Leipzig geschaffen, wodurch die Zeitung, die jetzt in Altenburg gedruckt wird, inhaltlich besser ausgestaltet werden kann. Es sei auch in Aussicht ge= nommen, für den Bezirk einen Sekretär anzustellen. Zum Schluß wies der Vorsigende noch darauf hin, daß die Mitglieder sich die Legitimation der Beitragskassierer zeigen lassen möchten, denn es sei schon wieder vorgekommen, daß ein Unabhängiger die Beiträge bei einem Mitglied zu erheben versuchte.
In Hockenheim in Baden ( Kreis Mannheim ) hatten am Sonntagnachmittag sowohl die sozialdemokratische Partei wie die sogenannten„ Unabhängigen" um dieselbe Stunde und im selben Gasthaus Zum badischen Hof" Versammlungen einberufen. Die erstere mit einem Referat unseres Reichstagsabgeordneten Genossen Oskar Ged über das Thema„ Frieden und Freiheit", die lettere mit einem Referat der Frau Eifinger aus Mainz mit dem Thema" Die politische Betätigung der Frauen im Kampf um den Frieden". Der Verlauf der beiden Veranstaltungen zeigte nun, welche von den beiden Richtungen in Hockenheim in Wahrheit über den stärkeren Anhang verfügt, und wie wenig der vor kurzem mit Gewalt erzwungene Uebertritt des Parteivereins zu den„ Unabbängigen" den Tatsachen entspricht. Mehr als 120 Personen füllten den stattlichen Versammlungssaal. Die" Unabhängigen" Fegnügten sich von vornherein mit der Wahl des Nebenzimmers des Gasthauses und hatten eine Besucherzahl von 32 aufzuweisen. An Stelle der Frau Eifinger erschien der Parteisekretär DißmannFrankfurt a. M. Unsere Versammlung nahm den denkbar besten Verlauf. Die Einwände eines aus Mannheim gekommenen Unabhängigen", dem man die weiteste Diskussionsfreiheit ließ, wurden vom Referenten Geck und dem Versammlungsleiter, unter dem stärksten Beifall der gespannt lauschenden Zuhörerschaft, aufs gründlichste widerlegt. Die Feststellung unserer Redner, daß die " Unabhängigen" jede Antwort auf die Frage schuldig geblieben feien, was ihre Freunde bisher für den Frieden getan hätten, und daß ihre ganze Tätigkeit lediglich im Kampf gegen die Sozialdemokratie und gegen ihre zähe und erfolgreiche Friedensarbeit bestanden habe, fand die einmütige Zustimmung der Versammelten. Eine Resolution, die im Sinne des Referats gehalten ist, wurde einstimmig ange
nommen.
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Groß- Berlin
Dies ist der letzte Sonntag
vor dem 1. Oktober, der zu einer kräftigen Werbearbeit für den Vorwärts" ausgenügt werden kann. An unsere Freunde ergeht darum nochmals der Ruf: Wenn Ihr am heutigen Tage mit Bekannten zusammenkommt, die den Vorwärts" noch nicht halten, so sagt ihnen, daß sie nicht versäumen sollen, ihn zum 1. Oktober zu bestellen.
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Auf das Toben der alldeutschen Feinde des Verständigungsfriedens wird ein neuer Aufstieg des Vorwärts" die beste Antwort sein!
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Erhöhung des Vollmilchpreises in Groß- Berlin.
Die Fettstelle Groß- Berlin hat mit Wirkung vom 24. d. Mts. ab den Groß- Berliner Höchstpreis für den Verkauf von Vollmilch im Kleinhandel auf 46 Pf. erhöht. Bei der Abgabe von Teilen von Litern werden wieder wie bisher Bruchteile von Pfennigen als bolle Pfennige gerechnet. Doch ist zum Ausgleich der Höchstpreis für nur Liter Vollmilch auf 11 Pfennig festgelegt, für diesen Fall also eine Abrundung nach unten vorgenommen. Außerdem gilt bei einheitlicher Bezahlung mehrerer Milchportionen die jeweilig bezahlte Gesamtmenge für die Preisberechnung als eine Einheit. Wer z. B. Vollmilch auf zwei Milchkarten zu 3/4 Liter bei demselben Milchhändler bezieht, und damit jeweilig 11 Liter bezahlt, hat 69 Pf. zu entrichten. Bezieht jemand täglich 3/4 Liter und bezahlt sie am Wochenschluß, so sind für die Gesamtmenge von 5 Liter 2,41 M. zu zahlen. Die Höchstpreise für Magermilch sind unverändert geblieben.
Der Magistrat teilt mit: In der Woche vom Montag, den 24., bis Sonntag, den 30., wird in den Bezirken der Brotkommissionen 41 bis 65 an die dort in die Butterkundenlisten eingetragenen Kunden
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er ihn besser führen und gebrauchen konnte, ohne damit un- stöhnend am Boden, und das Blut entströmte dem Kopfe. nötiges Aufsehen zu wecken. Anders trat zur Seite, um es nicht auf die Füße zu beAls er noch zehn Minuten gegangen war, sah er deut- kommen. Er dachte daran, ob er dem Adjunkten noch lich, daß das Licht im Kontor des Adjunkten brennen mußte. einen Schlag auf den Kopf geben solle. Aber im selben AugenAnders wurde kreideweiß im Gesicht,- sagte jedoch Er dachte daran, daß Gjatrid ihn möglicherweise jetzt kommen bli machte dieser eine heftige Bewegung, wodurch das Gesicht nur, er hoffe wohl, morgen eine Aenderung herbeizuführen. fah. Wahrscheinlich saß sie im Dunkel auf ihrer Stammer aufwärts zu liegen tam; sogleich darauf hörte er auf zu Dann wollte er hinüber und mit dem Adjunkten reden. und starrte nach ihm aus. Sie würde ja erstaunt sein, daß stöhnen, und Anders sah, wie die Augen ganz dunkel wurden, " Ja, es nut wohl nichts, mit dem zu sprechen." er seinen Weg nicht nach ihrem Fenster nahm. Aber obwohl sie weit offen standen. Gleichzeitig erschlafften die " Bielleicht will ich auch dem Gefangenwärter ein Wört - er wollte ihr nichts davon sagen, bis es geschehen war. Glieder und fanten nieder, so daß Anders gar nicht mehr im chen sagen," meinte Anders. Die Außentür war nicht verschlossen. Sie ging auf, Zweifel war, daß er nun tot war. ,, Ach ja, da ist alle Müh berloren." als er die Klinke erfaßte. Es war soviel Licht im Korridor, daß er die Tür links, die ins Kontor führte, gut erkennen fonnte.
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Anders beschloß in diesem Augenblick: wenn er den Gefangenwärter in seine Gewalt bekomme, so solle es dem wahr und wahrhaftig nicht besser ergehen als dem Adjunkten.
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Da war eine Sache, an der Anders nur mit Mühe festhielt, als er am Abend des nächsten Tages gegen halb zehn Uhr über die Wiesen nach Harreby zu ging, das war dies: daß das Ganze sich bei dieser Gelegenheit so leicht als untunlich herausstellen konnte. Angenommen bloß, daß der Hardesadjunkt nicht zu Hause wäre, dann könnte er ganz ruhig wieder zum Bjerrehof heimgehn. Aber wieder und wieder vergaß er diese Möglichkeit, weil das andere auch möglich, ja wahrscheinlich war, und so übermächtig, so groß, daß es bewirkte, daß er die Welt sofort als eine ganz andere empfand.
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Er öffnete sie. Der Adjunkt saß an einem großen Tisch und schrieb, so daß der Tisch zwischen ihm und dem Eintretenden war. Sein Gesicht war der Tür zugekehrt. starr an.
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Was wollen Sie?" sagte der Adjunkt und fah Anders
Fürs erste etwas mit Ihnen bereden." ,, Wollen Sie den Hammer vor die Tür setzen!" ,, Was hat das zu bedeuten, daß Sie meinem Vater in Nacht keinen Schlaf lassen?"
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„ Es wird Verhör über ihn abgehalten. Wollen Sie den Hammer vor die Tür setzen! sage ich." Der Adjunkt sprang auf und ging, nicht in der Richtung auf Anders zu, sondern nach der Wand rechts, wo Anders im selben Augenblick ein Gewehr hängen sah.
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Einen Augenblick dachte Anders daran, auf das Papier, das der Adjunkt auf dem Tische vor sich liegen gehabt hatte, niederzuschreiben, er habe ihn erschlagen, weil der Adjunkt ein ungetreuer Beamter gewesen sei, der nie etwas andres als Unrecht getan. Doch er ließ es sein; er könnte es ja eigentlich ebenso gut sagen, wenn sie fämen, um ihn zu ergreifen. Im übrigen konnten sie auch wohl den Sinn verstehen, wenn er morgen dem Gefangenwärter dieselbe Behandlung zuteil werden ließ wie dem Adjunkten.
Er trocknete an dem Sofabezug etwas Blut von dem Hammer ab; dann ergriff er die Lampe, um nicht im Dunkeln in das Blut zu treten, und trug sie in den Gang hinaus, wo er sie auslöschte.
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Bald danach stand er unter Gjatrids Fenster. Sie öffnete es fofort. Er setzte den Hammer beiseite und streckte die Arme zu ihr auf. Sie sprang über den Fensterrahmen und warf sich Als er auf den Rand der Stavner Hügel hinauffam, sah ihm entgegen. er Licht im Hause des Adjunkten, noch jedoch nicht, in welchem" Sie sollen stehen bleiben, sonst bekommen Sie den hier„ Nun hab ich den Adjunkt mit dem da totgeschlagen," Fenster. Aber es fonnte nicht gut anderswo sein als auf den Kopf!" sagte Anders, sich zu gedämpfter Rede sagte Anders und zeigte auf den Hammer. in seinem Kontor, denn es war über 10 Uhr, und zwingend, und hob den Hammer. " Ach, Herrgott, Anders! Aber seid ihr denn Gjatrid hatte gesagt, daß sie auf ihrem Zimmer um" Hat man ihm auch in der letzten Nacht seinen Schlaf aneinandergeraten? D, warum bist Du zu ihm gehalb zehn das Licht löschen würde. Der Hoffnecht hatte sein geraubt?" gangen?" Zimmer draußen im Stallgebäude. " Wahrscheinlich doch wohl," sagte der Adjunkt in Nein, ich war schon dazu entschlossen, als ich neulich Adjunkt gewiß zu Hause. Anders hob unwillkürlich gleichgültigem, überlegenem Ton, steckte die Hände in die mit Dir sprach, Gjatrid. Aber da meint ich, ich wollt es den schweren Steinmeßhammer, den er in der rechten Hand Hosentaschen und schwang das eine Bein ein wenig. Im nicht sagen." hielt. Der saß gut, wo er traf, aber war ja etwas schwer zu nächsten Augenblick sah Anders in einem Blizz- die handhaben. Er hatte ihn gewählt und weder Flinte noch ganze Gestalt wie zu einem großen, wilden Tier im Sprunge seiner Brust Art, die doch auch auf dem Bjerrehof zu finden waren, weil gewandelt,-- und unmittelbar darauf- lag der Adjunkt|
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Also war der!
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Gjatrid sagte nichts. Weinend verbarg sie ihr Gesicht an
Worth folgt)