Aus Bulgarien wird gemeldet, daß die Oppositiondie Regierung bezichtigt, mit Rußland Ausgleichs-Verhandlungen angebahnt zu haben, die aber bch jetztwegen der übertriebenen russischen Forderungen ergebnißloswaren. Dem kleinen Ferdinand von Bulgarien scheint esschon recht schwül bei seiner eigenmächtigen Politik zuwerden. Er hat an Stambulow soeben ein„sehr gnädigesHandschreiben erlassen, das einer deh- und wehmüthigenAbbitte ähnlich steht wie ein Ei dem anderen.—Russisches. Aus Warschau wird der„BerlinerZeitung" geschrieben: Die jetzt wieder in Freiheit gesetztenStudenten— die jungen Leute waren bekanntlich wegeneiner politischen Straßendemonstration im April verhaftetworden— klagen zum größten Theil über eine geradezubarbarische Behandlung während der UntersuchungshaftSechs bis acht Personen wurden in eine kleine Zelle unter-gebracht, die höchstens für drei Gefangene Raum bot. Trinkund Waschwalser wurde in außerordentlich kleinen Rationenverabreicht. Während der Nacht fanden in den Zellen zweistündliche Revisionen und dazu Leibesdurchsuchungen nach verboteüen Instrumenten u. s. w. statt. An ungestörten Schlawar keine Nacht zu denken. Nur einmal in der Wochewurden die Gefangenen in den Spazierhof geführt.—Der Tod des Kaisers von Marokko macht innereUnruhen und äußere Verwickelungen mit Marokko wahrfcheinlich. Eine französische Flotte ist an die Nordwestafrikanische Küste abgedampft. Spanien erklärt, nur imEinverständnisse mit Frankreich in Marokko vorgehen zuwollen. Außer den Mittelmeer-Staaten ist England ander Entwickelung in Marokko interessirt.—Hawai. Nach einem der„Vossischen Zeitung" übermittelten Drahtbericht aus Honolulu verfügt dje neueVerfassung für Hawaii die Herstellungder Republik, verbretet jedwede Agitation zu gunstender monarchischen Regierungsform und gewährt das Stimm-recht allen Anhängern der provisorischen Regierung, sowieden Eingeborenen und den naturalisirten Ausländern, dieden Treueid auf die neue Verfassung leisten. Endlich er-klärt sie die Kronländereien als Staatseigenthum.pactcinarJji'itfjfctr.Sechster SchlcSwig-Holsteinischer Wahlkreis. Aeußerstlebhaft ging es am letzten Sonntag in dem hart umstrittenenWahlkreise zu. Dreißig Versammlungen waren seitens unsererPartei im Wahlkreise veranstaltet. Außer diesen fanden nochverschiedene gegnerische Versammlungen statt, in denen Rednerunserer Partei vertreten waren. Dem ausführlichen Berichte des„Hamburger Echo" entnehmen wir das folgende:In zwei sehr gut besuchten Versammlungen in den Ortschaften Horst und Groß-Kollmar in der Elbmarsch sprachGenosse L i e b k e ch t. Die Horster Versammlung war von zirka400 Personen besucht. Meilenweit waren die Landleute den Ver-sammlungen zugeeilt. Liebknecht sprach in einer einstündigenRede über die verschiedenen Parteien, welche den Wahlkreis gernefür sich erobern möchten, aber von den Sozialdemokralen wohlüberwunden werden würden. Zuerst beleuchtete Redner die Un-gesetzlichkeit, mit der im vorigen Jahre die Wahl des Grasen Moltkedurchgeführt wurde, und wie dann der Reichstag dieselbe für ungilligerklärte. In einer großen Zahl von Versammlungen habe dieSozialdemokratie ihre Grundsätze erklärt. Andere Parteien hättenaus dem Programm derselben wie aus einem Vorn geschöpft.Wir verschleierten unsere Ziele nicht. Herr Eugen Richter, deruns den Vorwurf macht, wir hätten kein Programm, sieht sichjetzt gemüßigt, um dem in den letzten Zuckungen liegenden Freisinnnur etwas auf die Beine zu helfen, mit einem wirklichen Pro-Sramm hervorzutreten. Nun unterzog Redner die Parteien einer!ritik. Die sogenannte Partei„Drehscheibe" drehe sich wie derGockel auf dem Kirchthurm, je wie der Wind weht. Herr Mohr,das Kind der Margarine und der größte Feind der Naturbutter.sucht mit dem Gejammer über den Untergang des MittelstandesStimmen zu erwerben. Warum, führte Redner aus, geht der Mittelstand zu Grunde? Einzig und allein deshalb, weil der kleineMann, der Handwerker, wie auch der Bauer nicht das nöthigeKapital hat, um sich zu derselben Höhe emporzuschwingen, wieder Großindustrielle, der Großgrundbesitzer, der einfach sich mitden neuesten Maschinen versieht und insolae dessen viel billigerproduzirt, wie jene es können. Die Anlisemite» sagen: Wirmüssen der jüdischen Konkurrenz zu Leibe gehen. In England,diesem hochentwickelten Staate, spielen die Juden fast gar keineRolle, es sind aber dort ganz dieselben Krankheitserscheinungender Gesellschaft vorhanden wie hier. Wenn man auch sämmt-liche deutschen Juden auf Schisse verladen und nach Afrika ver-schicken würde, die Verhältnisse hier würden dadurch um keinHaar besser. Man müßte versuchen, das Uebel bei der Wurzelzu fassen. Die Juden haben mit dem Untergange des Hand-werkes und Gewerbes ebenso wenig zu thun, wie die Sozial-demokraten. Von dem Gefasel der Antisemiten, daß sFdie Sozialdemokraten von den Juden kaufen lassen, brauchenwir, da dies ein toller Wahnsinns> Ausbruch, keineNotiz zu nehmen. Besserung und Heilung der bestehenden Schädenkönne nur die Sozialdemokratie bringen. Der Kapitalismus istdie Bastille, welche die Sozialdemokraten stürmen werden. Mitbegeistert aufgenommenen Hochs auf die Sozialdemokratie schlössenbeide Versammlungen.In Uetersen sprach Genosse Richard Fischer voreiner zahlreich besuchten Versammlung unter großem Beifall.Recht interessant verlief auch die Versammlung in Heidgraben.wo derselbe Redner referirte.Genosse Singer sprach Nachmittags in einer reichbesuchtenVersammlung in Groß-Niendorf bei Segeberg. An denäußerst interessanten Vortrag schloß sich eine Diskusston, inwelcher Einger die Gegner glänzend abführte. Abends sprachSinger in Segeberg in überfülltem Saale. Mit großerAufmerksamkeit folgte dieM Versammlung seinen Ausführungen und spendete dem Redner am Schlüsse stürmischenBeifall. Trotz mehrfacher Ausforderung meldete sich keinGegner zum Wort. Auch die Antisemiten, die den NamenSinger bei ihrer Agitation fortwährend im Munde führen, hattenes vorgezogen, fein still zu bleiben.In Halstenbek sprach E m a n u e l Wurm.— Die Ver-sammlungen in Biehlenberg und Grill, wo GenosseFörster referirte, verliefen etwas lebhaft, weil sich verschiedeneAntisemiten bemerkbar machen wollten.— Gut besuchte Ver-sammlungen hatten Genosse Metzger in Utzberg, GenosseStolten in Oering, Genosse Sonn in Süllfeld, Ge-nosse Kölke in Schmalfeld und Nützen, Sittenfeldin Dalldorf, Martikke in Bornhöved, Strom-berg in Alvesloe.In Kaltenkirchen fand am Sonntag Nachmittag eineöffentliche Versammlung statt, in der die Genossin EmmaIhrer referirte.Der Kandidat der sozialdemokratischen Partei, Genosse vonElm. legt« in zwei gutbesuchten Versammlungen in Mahlstedtund R�i ck l i n g e n seine sozialdemokratischen Grundsätze dar undfand allgemeinen Beifall.— In Hafenkrug und W i e m e r s-d o r f sprach Genosse S t e i n f a t t mit Erfolg.Eine Versammlung aufzulösen, ehe dieselbe noch eröffnetwar, daS haben der Ortsvorsteher von Beber bei Barmstedt undder Gendarm aus Barmstedt fertig gebrachtIn K u m m e r f e l d sprach Gen.Weinhebermit gutem Erfolg.Der antisemitische Kandidat Raab sprach Nachmittag inLeezen bei Segeberg vor einem ausgewählten Publikum. GenosseE. Fischer trat dem antisemitischen Kandidaten entgegen.Einen heiteren Abschluß fand eine von den Freisinnigen ehuberufene Wählerversammlung in Seeth, wo der bekannte Morphium- und Dauerredner Dr. Fränkil einen gliederreichenBandwurm vom Stapel lassen wollte, jedoch den Schwanzbei sich behalten mußte. In der langweiligsten Weise erzählteder Redner gar Mancherlei aus seinen persönlichen Erlebnissen,so u. a. von seinem Freunde, dem Buchbindermeister Aßmann,der sich des Besitzes von sieben Petroleumlampen erfreute, vondem Sohne seines Nachbars, des Kolonialwaarenhändlers Knick-meyer, der so gerne Offizier werden wollt« und noch Vieles mehr,was mit der Wahl auch nicht in dem entferntesten Zusammen-hange stand. Die wirklich imposante Versammlung, die zumgrößten Theile aus Gegnern der Freisinnigen bestand, hatte dieEngelsgeduld, sich zwei Stunden von dems freisinnigen Rednerlangweilen zu lassen. Selbst der freisinnige Vorsitzende nicktezeitweilig sanft ein und manchem ermüdeten Theil-nehmer der Versammlung fielen die Augen ebenfalls zuDa Herr Dr. Frankel fortwährend die gegnerischenParteien angriff, hatten sich der anwesende antisemitischeKandidat Raab und der Genosse E. Fischer zumWort gemeldet. Herr Dr. Fränkel hatte aber die Absicht, dreiStunden und länger die Versammlung einzuschläfern und dannbei vorgerückter Stunde zu schließen. Es wurde deshalb Schlußdes Referats verlangt, damit die Gegner auch noch das Wortder Vertheidigung nebmen könnten. Herr Dr. Fränkel wolltesich aber nicht aus seinem Text bringen lassen. Als Herr Raabenergisch Schluß verlaugte, drohte Herr Dr. Fränkel mit Anwendung des Hausrechts. Die Versammlung wurde jetzt unruhigund verlangte energisch, daß Herr Dr. Frankel Schluß machensollte, damit Raab und Fischer zum Wort kämen. Der frei-sinnige Distanzredner glaubte nun durch plötzlichen Schluß derVersammlung sein Schäfchen ins Trockene bringen zu könnenKaum aber hatte der Borsitzende den Schluß derVersammlung verkündet, als euch schon die Antisemiteneine von ihnen angemeldete neue Versammlung— eswar bereits gegen U Uhr Abends— eröffnetenund nunmehr Herrn Dr. Fränkel, der sich weigerte, das Sweauzu verlassen, mit dem Hausrecht drohten. Schleunigst packtenunmehr der Herr Doktor seine Akten zusammen, nahm sie unterden Arm und drückte sich mit seinem ermüdeten Vorsitzendenunter dem Jubel der Versammlung zur Thür hinaus. Es wurdedann vereinbart, daß Raab und Fischer je eine halbe Stundesprechen sollten, was auch geschah. Das jämmerliche Verhaltender Freisinnigen wurde unter dem Beifall ver Versammelten ge>nügend gekennzeichnet und erfolgte Hann der Schluß der Verlsammlung.Montag und Dienstag finden noch achtzehn von unsererPartei einberufene Wählerversammlungen statt, in denen u. Adie Reichstags- Abgeordneten Singer, Liebknecht, R.Fischer, Wurm, Zubeil, Förster, Molrenvuhr,Frohme und Metzger sprechen werden. Glückaus zurWahl am Mittwoch, IS.�Juni.Berichtig, Unter der Ueberschrift„Die Fortschritte der ob e r sch l esi sch en Bergarbeiter-Bewegung" veröffentlicht der„Vorwärts" vom 10. d. Mts.eine Korrespondenz aus Zabrze, in welcher der Berichterstattersich in einer Weise äußert, die leicht zu Jrrthümern führenkönnte.In der Einleitung wird erwähnt, daß es endlich nachlangem Suchen gelungen ist, einen Saal zur Abhaltung einerBergarbeiter- Versammlung zu erhalten; weiter unten da.gegen wird geklagt, daß die Sozialdemokratie in Oberschlesien schon weiter wäre, wen» die dort hingeschicktenRedner(??) nicht dadurch die Leute abgeschreckt hätten.daß sie anstatt den sozialdemokratischen, ihren persönlichen antrreligiösen Standpunkt vertreten haben.Wenn es bis jetzt nicht möglich war, dort einen Saal zubekommen, so konnte auch ein Redner dort nicht auftreten,viel weniger noch über seinen persönlichen antireligiösen Standpunkt etwas zum Besten gebe».Da die Sozialdemokxatie dje Religion für Privatsache jedeseinzelnen erklärt hat, so haben auch die Genossen, welche sicheine Zeit lang zur Agitation in Oberschlesien aufhielten, sichnicht mit religiösen Fragen befassen können; sie zogen nur gegenden größten Feind der Sozialdemokratie in Oberschlesien zu Felde,d. h. gegen die Gesellschaft der Mucker, die unter dem Deckmantelder Nächstenliebe ihre geduldigen Schafe am besten zu scheerenverstehen und dem Wolf(Kapitalismus) bei jeder Gelegenheit inden hungrigen Rachen treiben. Beschwerde» über das Gebührender Geistlichen in Oberschlesien lausen an die Redaktion der„GazetaRobotnicza" zu Dutzenden ein.Im Beichtstuhl befragen die Geistlichen die Frauen über diesozialpolitischen Anstchten ihrer Männer, ja sie forschen währendder Arbeitszeit, also in Abivesenheit der Männer, in den Wohnungennach sozialistischen Schriften. Gegen solche Praktiken zu kämpfen,heißt doch noch lange nicht einen antireligiösen Standpunkt vertreten.Für den polnisch-sozialdemo!ratischenParteivorstand:August B er fuß, 30. Lausitzerstr. 87, 2 Tr.»»In Sonuebera unterlagen unsere Genossen bei der G e-meinderaths-Wahl. Wehdcr erhielt 319, Bauersachs 224,Sachseniväger 203, Wolfram 170 Stimmen, während sich 409,333, 370 und 3SS Stimmen aus die Gegner vereinigten.Zu einem Parteifest an? dem Hohenstaufen, das am24. Juni stattfinden soll, ladet der Vorstand des sozialdemo-kratischen Vereins Stuttgart ein.Fortschritte der Partei i« Zürich. In Zürich IH wurdevon der Sozialdemokraiie eine schöne Schlacht geschlagen. DerKandidat des Ordnungsbreies für den Kantonsrath, MajorStutz, wurde zwar gewählt, aber nur mit 100 Stimmen über demabsoluten Mehr. Er hielt 1911, Manz, Sozialdemokrat, aber1600 Stimmen.Noch besser ist das Ergebniß der Schulpflegerwahl. ESkam keine Wahl zu stände. Der Ordnungsmann erhielt 1689,Würgler, Sozialdemokrat, aber 1637 Stimmen.In ein paar Jahren gehört Zürich III der Sozialdemo-kratie. In Zürich IV folgten fast 800 Wähler unserem Rufenuf Wahleuthaltung bei der Schulpflegerwahl. Der liberaleKandidat wurde zwar gewählt, aber nur mit 237 Stimmen; aufden Demokraten fielen gar nur 373 Stimmen.2. In der Turnhalle8.„„»4- u h m8»„„»8«» I» H7.»»«8.«»„9.Öojialc UcIfefRrfjt.Achtung, Böttcher! Die nächste Auszahlung der Streik-Unterstützung findet am Donnerstag, den 14. Juni, Vormittags3 Uhr, statt. Jeder Betheiligte hat pünktlich zur Stelle zu sein.Kontrollbuch und Markenhuch sind mitzubringen.— Die ip Arbeit stehenden Kollegen ersuchen wir. den Unterstützugs-Prozent-atz regelmäßig an uns abzuliefern. Derselbe beträgt laut Ver-ammlungsbeschluß von jedem Thaler 22 Pf. Die nach demneuen Tarif Arbeitenden haben außerdem noch den durch den-elben erzielten Mehrbetrag abzugeben.Die Lohnkommission der Böttcher.Achtung, Rohrer! Kollegen i Infolge einer Lohnreduzirungbei der Firma Ferdinand Juliusberg sind w»r ge-nöthigt worden, die Arbeit niederzulegen. Wir ersuchen deshalbjeden Kollegen, der sich mit uns solidarisch erklärt, bei ge-genannte» Firma nicht in«rbeit zu treten, bis die Sache ge-regelt �, H. Stutzenstein. Grandenzerstr. 19.Arbeiter Berlins? GewerbegerichtS-Wahlen!Am Mittwoch, den 26. September d. I., findenin Berlin die Gewerbegertchts- Wahlen statt und nimmt derMagistrat zu diesem Zwecke die Neuaufstellung der Wähler-listen vor.Die Arbeiter Berlins werden deshalb aufgefordert, in derZeit vom 13. bis S8. Juni- an den Wochentagen von3 bis 8 Uhr Abends und an den Sonntagen von IS bis S UhrNachmittags an nachstehend verzeichneten Stellen sich recht zahl-reich in die Wählerlisten eintragen zu lassen:I. Im Wahlbureau P o st st r. 16, 2 T r.' Tempelhofer User 2.Schmidtstr. 33.Skalitzerstr. 22/26.Straußbergerstr. 9.G y p s st r. 23 a.Kastanien-Allee 62.P a n k st r. 7/3.Thurmstr. 63.Die Antrags- Formulare zur Einzeichnung in die Wähler«listen sind an oben angeführten Stellen ebenfalls zu haben. AlsAusweis zur Einzeichnung genügen für die Arbeitgeber die Be-scheinigung über die erfolgte Anmeldung des Gewerbebetriebesoder dw letzte Gewerbesteuer-Quittung.Für die Arbeitnehmer die vier Steuerquittungen des letztenJahres, Miethskontrakt, oder polizeiliche Wohnungsmeldung.Es wird ausserdem besonders darauf anfmerksam ge-macht, dass bei unterlassener rechtzeitiger Anmeldung resp.Eintragung in die Wählerliste der Betreffende von seinemStimmrecht keine« Gebrauch mache» kann.Genossen, lassen wir uns deshalb nicht durch den Erfolg beider vorigen Gewerbegerichts- Wahl von der Eintragung in dieWählerliste abhalten; sei ein jeder auf dem Posten und ver-anlasse er, daß diejenigen, deren Namen bei der vorigen Wahlfehlten, bei der diesmaligen Wahl in den Wählerlisten ver-zeichnet sind.Die Bekanntgabe über die Vertheilung derKandidaten auf die einze lnen. Gewerbe undBerufe erfolgt in den nächsten Tagen an dieserStelle ebenfalls.Der geschästsführende Ausschuß der Berlin erGewerkschaftskom Mission.Die Zustünde in der Korbmacherei Berlins«nd Umgegendsind auf einem Standpunkt angelangt, daß es sich thatsächlichverlohnt, damit einmal an die Oeffentlichkeit zu treten, um zuzeigen, welches Schlaraffenleben die in diesem Berufe beschäftigtenPersonen zu führen im Stande sind. Man hat es in unseremGewerbe nicht etwa mit großen maschinellen Betrieben zu thun,wo vielleicht hundert und noch mehr Arbeiter in einer Fabrikbeschäftigt werden, sondern der Kapitalismus bedient sich hiereines anderen Mittels, um seine Taschen zu füllen und die Ar-beitskraft auszunützen. Wir meinen das sogenannte Schmitz-meistersystem, was der Hausindustrie gleichkommt, ja letztere invielen Fällen noch übertrifft, selbstverständlich immer auf Kostendes Arbeiters.Unter den verschiedenen Branchen, in welche die Korbmacherizerfällt, ist die sogenannte Luxusbranche gerade diejenige, inwelcher die Zustände die erbärmlichsten sind und welche zu be-leuchten hier unsere Ausgabe sein soll. Hier hat der Kaufmann,der Kapitalist, vollständig die Oberhand. Er besitzt keine eigeneWerkstatt, sondern beschäftigt die sogenannten„selbstständigenArbeiter", d. h. diejenigen Korbmacher, welche verheirathet, zuHause in der Küche oder Stube arbeiten, wobei die Frau undKinder behilflich sind. Zunächst arbeitet nun die ganze Familie,kommen aber größere Bestellungen, so werden Gehilfenangenommen, soweit der Raum es gestattet, und vondiesem Augenblick an ist das Schwitzmcistersystem fertig.Die Arbeitszeit währt bis tnS Unendliche, von früh6 Uhr bis Abends lO, 11 und 12 Uhr und noch länger,und ist die sogenannte Saison, dann geht es Nächte hindurch.Und welcher Verdienst? 10, 12 und 12 M. sind an der Tages-ordnung. Ist die Arbeit alsdann bis Sonnabend oder SonntagMittag geschafft, dann geht der„Meister" damit zum Kaufmannum„abzuliefern". Hier hat natürlich der Kaufmann alles mög-liche an der Arbeit zu tadeln, um bei der Bestellung, die der„Meister" für die nächste Woche in Empfang nimmt, hinzu-zusetzen:„Sie müssen mir das Stück um so und so viel billigerliesern, ich bekomme es von anderer Seite schon besser undbilliger!" Der Meister überlegt, wird inzwischen noch einmalvom Kaufmann angefahren betreffs des Preises, und nimmt-schließlich die Slrbeit an, in der Voraussetzung, daß erselbst noch etwas mehr mitarbeitet und auch seinen Gehilfenetwa? vom Lohn abknappen kann. Daß unter solchen Ver-Hältnissen der Arbeitslohn auf das denkbar Niedrigste herab-aedrüat werden muß, ist doch nur zu begreiflich. Mit Vor-liebe werden natürlich die von außerhalb kommenden Gehilfenengagirt, da diese, der Verhältnisse hier unkundig, am wenigstenAnsprüche an das Leben stellen, demzufolge sich auch besser aus-beuten lassen, und so gewissermaßen als Lohndrücker ohne Wisseneingestellt werden. Allerdings soll hier auch zugegeben werden.daß hier Werkstätten vorhanden sind, in welchen eine geregelteArbeitszeit, sowie auch einigermaßen erträgliche Arbeitsräumezu finden sind; trotzdem ist aber auch hier der Lohn infolge derKonkurrenz, welche diesen Geschäften durch das Schwitzmeister-System entsteht, so erheblich zurückgegangen, daß fast gar keinUnterschied mehr besteht.Welchen Standpunkt vertreten aber nun die vom Kapitalistenln gleicher Weise wie die Gehilfen ausgebeuteten„Meister"?Statt zu erkennen, daß sie nur ein Werkzeug sind in der Handdes Kapitalisten, statt zusammenzukommen und durch gegen-eitigen Meinungsaustausch die Schliche und Kniffe des Kauf«mannes kennen zu lernen und zu berathen, welche Maßregelnzu ergreifen sind, um der Profitwuth des Ausbeuters einen Dammentgegenzusetzen, schimpft der Eine auf den Anderen, daß er seineMaare zu billig liefere und ihm dadurch Konkurrenz biete. Wohl be-tehen zwei Vereinigungen hier am Orte, die„Korbmacher-'nnung" und der„Verein selbständiger Korbmacher".>eide gleichen mehr einem Vergnügungsvercin als einer Kampfes-organisation. Was von der Innung zu erwarten ist, das weißheute schon jeder Handwerker. Und was den zweiten Berein be»trifft, so sind die dem Verein Angehörigen von der Nutzlosigkeitdesselben vollständig überzeugt, denn die Mitglieder desselben sinddem Kapitalisten gegenüber ebenso machtlos wie ohne Verein.Die Folge davon ist, daß der Verein trotz verzweifelter An-trengunaen, die Mitglieder zu halten, von Monat z» Monatmehr zusammenschrumpft. Der Organisation der Gehilfen, demVerband deutscher Korbmacher, welcher die erfreu-lichsten Fortschritte macht, sich anzuschließen, sind diese Herrennoch thettweise zu stolz, anderentheils bleiben sie aus Unkenntnißfort. Die Statuten unseres Verbandes besagen klar und deutlich,daß jede in der Korbmachern beschäftigte Person als Mitgliedaufgenommen wird, sofern sie das Statut als rechtsverbindlichanerkennt; und daß die Zwischenmeister nur Schulter an Schullermit den Gehilfen ihre Existenzbedingungen zu verbessern imStande sind, das hat heute schon jeder einigermaßen denkendeMensch längst begriffen und an sich selbst gespürt. Wenn alsodie Herren„Meister" einmal ernstlich daran denken wollen, ihreLage zu verbessern, werden sie wohl oder übel sich unseren Be-strebungen anschließen müssen.Die übrigen Arbeiterblätter möchten wir noch dringend er»suchen, durch Ausnahme des Vorstehenden für die weiteste Ver»breitung zu sorgen.Die Agitativns-Kom Missionder Korbmacher Berlins und Umgegend.