Einzelbild herunterladen
 
  
46. Sitzung dtZ Reichstags unter demBravo  " der rechten Seite des Hauses von dem Abg. Singer forderte, dieVertretung lieber denen zu überlassen, denen sie amtlich zulomint." Was wollen wir also noch mehr? Oraauisation der schweizerische« Msenbahnangestellten. Die Delegirtenversammlung des Vereins schweizerischer Eisen- bahn- und Dampfschiffangestellter in Bern   war von ca. SV Dele- girten besucht. Jahresbericht und Rechnung pro 1893 wurden genehmigt und dem Zentralvorstand eine Gratifikation von 1090 Fr. zugesprochen. Die Frage betreffend Rechtsschutz wurde prinzipiell gutgeheißen. Die Gründung einer Spar- und Darlehns- lasse wurde fallen gelassen und von dem prinzipiellen Anschluß des Zugpersonal-Vereins an den Verein schweizerischer Eisenbahn- Angestellter mit großer Befriedigung Kenntniß genommen. Städtische Arbeiterwohnunge» in Bern  . Nachdem auf dem Wilerfeld in Bern   86 Einzelhäuser auf Stadtkosten erstellt worden sind, welche zusammen 109 Einzelwohnungen mit Nutz- garten:c. enthalten und alles in allem 429 929 Fr. gekostet haben, legt der Gemeinderalh dem Stadtrath ein neues Projekt für eine ähnliche Quartieranlage beim Steigerhubel vor, deren Gesammt- kosten auf 565 000 veranschlagt sind. Organisation der französischen   Post- und Telegraphen» Angestellten. Unter den Pariser Briefträgern und den übrigen Post- und Telegraphenbediensteten ist, wie wir derKöln  . Ztg." entnehmen, eine Agitation behufs Bildung eines Fachvereins»m Zuge. Der Aufruf, den der vorbereitende Ausschuß erläßt, wendet sich in scharfen Ausdrücken gegen den Postdirektor des Seine- departements, der den Postbediensteten nur das Recht zuerkennen wolle, für das Wohl des Vaterlandes Hungers zu sterben, und schließt mit dem Rufe: Hoch die Vereinigung der Arbeiter! Ende des Londoner   Droschkenkntscher- AuSstandeS. Die Bemühungen des englischen Ministers des Innern, Asquith  , de» Londoner   Droschkenkutscher-Ausstand beizulegen, haben, wie telegraphisch gemeldet wird, schließlich doch noch Erfolg gehabt. Der Ausstand ist am Montag dadurch beendigt, daß die»leisten Forderungen der Kutscher   bewilligt wurden. Nach dem nun festgestellten Ausgleich soll, wie ein Drahtberichl derVossischen Zeitung" aus London   meldet, der Miethspreis für eine Droschke erster Klasse 12 Schillinge 3 Peuce für den Tag durch- schnittlich betragen und seinen Höhepunkt von 16 Schilling 6 Pence erreichen, wenn die Saison auf dem Höhepunkt sich be- findet. Das neue Abkommen soll bis April 1895 in Kraft bleiben. Der volle Droschkenverkehr ist heute wieder aus- genommen. Zum nordamerikanischen Bergarbeiter- AnSstaude meldet daS Bureau Reuter: Drei der größten Bergwerksbesitzer Pennsylvaniens haben beschlossen, am Montag die Arbeit mit Nichtgewerkvereinlern unter dem Schutz bewaffneter Polizei wieder aufzunehmen. Mehrere hundert Polizisten sind nach der Gegend abgegangen. Man befürchtet Unruhe». VevlÄinenluttgen. Wahlkreis. Dem Wunsche der Genossen deS Wahl- rereinS für den 1. Berliner   Reichstags-Wahlkreis, im sogenannten Lesstngviertel(Umgegend vom Bahnhof Bellevue) eine Versamm- lung einzuberufen, war vom Borstande des Wahlvereins nach- gekommen, indem er lnach denKurhallen", Spreeweg 19, für gestern Abend eine Versammlung angemeldet hatte. Diesekonnte nicht stattfinden, weil der Wirth sich unter keinen Umständen bewegen ließ, den zu diesem Zwecke gemietheten Saal zu öffnen. Nach allerlei Ausflüchten räumte er schließlich ein, daß die dortige Revierpolizei ihn zu dieser Maßnahme veranlaßt habe. Wie ängstlich der Wirth dem Gebote nachkam, geht aus dessen Worten hervor:Ich bin Geschäftsmann, jeder Gast ist mir angenehm, aber, wenn Sie mir auch jetzt 500 Mark herlegten, ich kann nicht anders!" NeberDie Thätigkeit deS Deutschen   Reichstages nnd die Sozialdemokratie" referirte Reichstags-Abgeordneter A u e r am 11. d. M. in einer in Moabit  (Ahrens' Brauerei) statt- gehabten äußerst zahlreich besuchten öffentlichen Parteiversamm- lung. Da bei Eröffnung der Versammlung der Referent noch nicht anwesend war, wurde der dritte Punkt der Tagesordnung: Die Verbreitung unserer Parteipreffe" zuerst erörtert. Wie Schmitz miltheilte, besteht der Plan, die Spedition desVor- wärts", die jetzt jzumeist in den Händen von Großspediteuren sich befindet, in eigene Regie zu nehmen, und zwar dergestalt, daß in jeder Abtheilung eine Spedition eingerichtet wird, und der Ueber- schuß der Parteikasse zufließt. Die kleinen Spediteure(Partei- genossen) sollen dadurch nicht ruinirt werden, im Gegen- theil, diese könnten vielmehr als besoldete Speditions- leiter eingesetzt werden und ständen sich dabei jeden- falls bester als vordem. Ebenso könnten die Boten- frauen bester besoldet werden und würde die Spedition wesentlich vereinfacht werden, besonders wenn die Gewerkschasts- preffe mit hineingezogen würde. Redner ersuchte um Zustimmung zu diesem Vorschlage.(Beifall.) Kiesel machte darauf auf- merksam, daß bei eigener Spedition wirksam für denVorwärts" agitirt werden könne. Jetzt sei derVorwärls" viel zu wenig verbreitet gegenüber den bürgerlichen Wurstblättern. Hierin müsse ganz entschieden Wandel geschaffen werden. Moabit   solle den Anfang machen und die übrigen Bezirke des Wahlvcreins würden sich danach richten. Bei dieser Gelegenheit kam auch die Angelegenheit Weiße zur Sprache. Weiße war persönlich anwesend und vertheidigte sein Inserat imVorwärts". Er erklärte sich im Prinzip mit der vorgeschlagenen Spedition einverstanden, aber gleichzeitig, daß, so lange er Kunden haben werde, er dieselben wie früher besorgen werde. Warten ersuchte, alle persönlichen Interessen bei Seite zu lassen und nur die Frage zu erörtern, ob es möglich sei, die Verbreitung der Parteipreffe von Parteiwegen einzurichten. Wolf verwahrte sich entschieden dagegen, sich irgend etwas auf- oktroyiren zu lassen und machte seine Zustimmung zu dem Vor- schlage von der Zusicherung abhängig, daß Weiße nicht geschädigt werde. Die Agitation für die Parteispedition ist in Moabit  bereits mit Erfolg ins Werk gesetzt worden. Verschiedene Spediteure fühlten sich dadurch in ihrer Existenz geschädigt und nahm die Diskussion vielfach einen persönlichen Charakter an. Als Hauptzweck der Parteispedition wurde bezeichnet, der Aus- teutung der Zeitungsfrauen durch die großen Spediteure ein Ende zu machen, nicht aber die kleinen Existenzen zu ruiniren. Die Botenfrauen sollen einen angemessenen Verdienst garantirt erhalten, und besonders sollen keine Kinder unter 14 Jahren mit Zeitungtragen beschäftigt werden. Die Versammlung erklärte sich schließlich damit ernverstanden, daß vom 1. Juli ab die Spedition desVorwärts" in eigene Regie übernommen werde. Nunmehr hörte die Versammlung den Vortrag des Genosten Auer über das obengenannte Thema. In Anbetracht der vorgeschrittenen Zeit legte sich der Referent in seinen Darlegungen größtmöglichste Beschränkung auf. Erbe« sprach zunächst die Thätigkeit des Reichstages in bezug aus die Deckungsfrage für die Militärvorlage, das regierungsseitig vor- gelegte Steuerbouquet und das schließliche Schicksal desselben. Für die Börsensteuer hätte die sozialdemokratische Fraktion im Reichstage stimmen können und hätte dafür gestimmt, wenn der Ertrag derselben nicht für Militärzwecke hätte Verwendung finden sollen, sondern zur Ablösung anderer besonders drückender Konsum- steuer. Zu dumm sei es, aus der Ablehnung der Börsensteuer die Abhängigkeit der Sozialdemokratie von derJudenschaft"zu folgern. Eine längere Besprechung widmete Redner den Handelsverträgen, für welche di» sozialdemokratischen Vertreter im Reichstage ge- stimmt haben. Zum Schlüsse wies der Vortragende noch auf den Erfolg des Reichstages hin gegenüber dem Versuche der sächsischen Regierung, die Bertheilung von Wahlflugblättern unsererseits als groben Unfug zu betrachten. Bei der letzten Wahl in Plauen   habe sich kein Mensch um die Vertheilung der Flugblätter gekümmert, dagegen seien in Chemnitz   Genossen wegen Vertheilung von Flugblättern zum sächsischen Landtage unter Anklage gestellt uno auch in erster Instanz verurtheilt worden! Des weitern wies Redner auf die veränderte Praxis in bezug aus die Wahlprüfungen hin. Die Antwort auf die be- liebten Wahlbeeinflussungen habe Plauen   bereits gegeben, Pinne- berg werde sie am 13. d. M. geben!(Allseitiger Beifall.) UnterVerschiedenes" wurde bekannt gegeben, daß für das Versammlungslokal 13 M. Miethe gezahlt werden müßten! An die Genossen erging die Aufforderung, kein boykottirtes Bier zu trinken. Zu gulerletzt unternahm noch ein antisemitischer Jung- ling den verunglückten Versuch, die Sozialdemokratie anzuzapfen, was der Versammlung noch ein heiteres Viertelstündchen be- reitet«. Der Verein zur Regelnng der gelverblichen Verhält- nisfe der Töpfer und Berufsgenossen hielt am 27. Mai in Rixdors eine Äanderversammlung ab, in der Kollege D a u d e r t die Zustände in unserem Gewerbe einer eingehenden Besprechung unterzog. Die Diskussion war eine recht lebhafte, und sprachen sich sämmtliche Kollegen dahingehend aus, daß es im Interesse jedes Einzelnen liege, die Organisation zu festigen und dafür zu agitiren; denn je größer der wirths chastliche Niedergang, desto widerstandsfähiger müssen die Organisationen lsein. Zum tilfskassirer wurde an stelle deS Kollegen Ernst Nickel der olleae Wilh. L o h f f in Vorschlag gebracht. Ferner wurde der Rest des Bestandes vom alten Rixvorfer Fachvereein in Summa 13,44 M. dem Vertrauensmann überwiesen. A m 4. d. M t s. wurde von demselben Verein eine Wander- Versammlung in Spandau   abgehalten, in welcher Kollege D audert überden Nutzen der Gewerkschaftsbewegung" re- ferirte. Der Redner beleuchtete den Werth der Gewerkschafts- bewegung sowie der Organisation überhaupt und ersuchte, recht rege für dieselbe zu agitiren. Der Vortrag fand recht beifällige Aufnahme. Sodann wurden die Spandauer   Kollegen auf- gefordert, dem Beschlüsse der Versammlung, betreffend die Wahl eines Vertrauensmannes auf Neubauten, nachzukommen. Eine öffentliche Versammlung der Porzellan«, Galanterie- und Glasmaler tagte unter starker Be- theiligung am 9. d. M., um Stellung zu einer eventuellen Lohn- bewegung zu nehmen. Wie der Referent Braunschweig  bemerkte, sind die Lohn- und Arbeitsverhältnisse insbesondere in der Galanteriemalerei derartig schlechte, daß eine Verbesserung derselben eine unbedingte Nothwendigkeit sei. Die Haus­industrie sei in der Branche vorherrschend. Die Kausleute, Fabrikanten, Agenten beuten die Selbständigen, die söge- nannten Meister, und diese wieder die Gehilfen aus. So könne es nicht weitergehen. In der Fenstertzlasuialerei sind, wie von einem Redner hervorgehoben wurde, die Verhält- niste nicht besser. Die Firma Auerbach, bereits eine der größeren am Platze, zahle Arbeitslöhne von 4, 6, 3 M. pro Woche! Ferner stehe die Lehrlingszüchterei in üppigster Blüthe. und wurde diesbezüglich die Firma Heinersdorf   namhaft gemacht. Die mehrstündige Debatte, in der die bedrückten Herzen sich in ausgiebigster Weise Luft machten, endete mit der Wahl einer Kommission(Selbständigen   und Gehilfen), welche Material sammeln und die nöthigen Vorarbeiten zu einer Lohnbewegung vollführen soll. In der Kommission sind die Hauptbranchen der Jndustriemnlerei vertreten und wurden in dieselbe gewählt: von den Selbständigen  : Kirchner. Lange, Henniger und B r a u n s ch w e i g; von den Gehilsen: Pressem« Hutzel, Münk   und Singer. Eiue Arbeiter- und Arbeiterinnen-Bersammlnng be- schäftigte sich am Montag Abend mit den Mißständen im Be­triebe der Gebrüder D o b l e r, Hochstraße. N ä t h e r, als Referent, betonte insbesondere die Schädlichkeit des Akkordlohn- systeini, das hier wie kaum anderswo zur Blüthe gelangt. Nach berühmten Mustern haben die Firmeninhaber sich auch Wohl- fahrts-Einrichtungenzugelegt"; man zahlt z. B. für eine LdzährigeDienstzeit" angeblich eine Prämie von 1690 M. Der Vortragende geißelt mit packenden Worten die geistige Trägheit, welche gerade in dieser Fabrik dominirt, und erinnert die Arbeiter an die Verpflichtung, den Feind in ihren eigenen Reihen, den Jndifferentismus, zu vernichten. An den beifällig aufgenommenen Vortragschloß sich eine rege Diskussion. inwelcherdieBeschwerdcn der Arbeiter detaillirt wurden. Die Klagen, welche ausschließlich von Arbeitern erhoben wurden» welche früher dort beschäftigt waren andere nahmen trotz wiederholter Aufforderung nicht das Wort betrafen zumeist Klosets und Ventilationseinrichtungen. Die gutbesuchte Versammlung nahm hierauf eine Resolution an, in welcher sie ihre Ueberzeugung dahin ausdrückt, daß die vom Referenten und den Diskussionsrednern angeführten Uebelstände thatsächlich, weil keine Widerlegung ersolgk sei, vorhanden seien und die Anwesenden verpflichtet, sich dem Allgemeinen Arbeiter- und Arbeiterinnen-Verein anzuschließen. Genosse Schumann legte den Frauen die Befolgung des Boykotts bezüglich des Flaschen- bieres besonders an's Herz. Der Ueberschuß der Tellerfammlung soll laut Beschluß der Versammlung zu gleichen Theilen den Kuhnheim  'schen und den Brauerei-Arbeitern zufließen. Eine öffentliche Bersammlnng der Stockarbeiter tagte am 10. Juni in denKontordiasälen". Zunächst erstattete der Telegirte Bericht über die Thätigkeit der Gewerkschaftskommission und lheilte mit, daß der von den Stockarbeitern zu leistende pro- zentuale Beitrag für die Erhaltung des Gewerkschaftsbureaus 19 M. betrage; diesem beschloß die Versammlung nachzukommen. Hierauf hielt Genosse Trittelwitz einen interessanten Vortrag überArbeitgeber-Fürsorge". Nach einer eingehenden Würdigung der Wohlsahrtseinrichtungen, die heute vom Unternehmerthum zum größten Theil für ihre eigenen Zwecke dienstbar gemacht werden, schildert Redner die Ursache des Bierboykotts. In der Diskussion erklärten sich die Redner für Annahme der Berliner   Resolution mit dem Amendement: Verzicht zu leisten aus sämmtliches Ring- Bier. Einstimmig nahm die Versammlung diese Resolution mit dem Amendement an. Der Bericht der Agitationskommisston er- gab folgendes: Die Sammlungen für die vier Familien, deren Ernährer inhastirt sind, hat 79,15 M. ergeben. 2,15 M, sind für Unkosten abgerechnet und 77 M. den be­treffenden Familien überwiesen. Nnnmebr besprach der Kollege ti l d e b r a n d t die Mißstände in der Wendt'schen Werkstelle. isher, so bemerkt Redner, waren die Zustände in genannter Werkstelle einigermaßen erträglich, doch keineswegs beneiden?- werth. Es arbeiteten dort 40 Mann bei 2124 M. Wochenlohn und neunstündiger Arbeitszeit; einige wenige bekamen unter 21 M. Seit Jahren ließ sich keine besondere Kritik an den Verhältnissen üben. Ter Firmeninhaber Mendt kaufte nun seiner Zeit die Gras'sche Fabrik, versprach den dorr beschäftigten Arbeitern weitere Beschäftigung und bei zehnstündiger Arbeitszeit einen Lohn von 13 bis 22 M. Geschickte Manipulationen, besonders die 3 biS 4 Wochen Arbeitslosigkeit, die eintrat, ehe die Fabrik in Betrieb gesetzt wurde, ermöglichten eS. den Lohn auf 15 M. zu reduziren, ja, man bot den Drechslern 12 Mark, den Tischlern 15 Mark an. Letztere weigerten sich dafür zu arbeiten und bekamen endlich 18 Mark Wochenlohn gleich 30 Pfennige Stundenlohn. Dem ehe- malig im Berliner   Betriebe angestellten Buchhalter Zeller ist in Angermünde   die GeschäftSlettung übertragen. Alle Beschwerden sind an diesen zu richten, nun beginnt das bekannte gegenseitige Versteckspiel. Einmal geht dem Fabrikanten die Sache nichts an, das andere Mal hat der Herr Zeller mit der Beschwerde nichts zu thun u. f. w. Die Arbeitslöhne der Mädchen sind bis auf 6 Mark herunter gedrückt, in anbetracht der überaus gesund- heitsschädlichen Arbeit ein geradezu jämmerlicher Lohn. Redner schlägt vor, da es vorläufig gänzlich unmöglich ist. trotz angestrengter Bemühungen in Angermünde   einen Saal zur Abhaltung einer Versammlung ,u bekommen, alle angeführte» Mißstände ausführlich in einem Flugblatt« z»i behandeln und in Angermünde   zu verlheilen, um auf diese Weise Anbahnung zu treffen zur Abstellung solcher Zustände. In der Diskussion trat eine allgemeine Entrüstung über das Gehörte zu Tage. Zum Schluß stimmte man dem Vorschlage Hildebrandt's zu, mit dem Bemerken, die ganze Angelegenheit der Agitottionskommission ztr übergeben. I» der öffentlichen Maurerversammlting am 10. d. M. schloß sich an die Berichterstattung der Beisitzer zum Gewerbe- gericht eine Besprechung des Verhaltens der Kollegen zum Bier­boykott. Hierüber referirte Karl Behrendt. Derselbe konnte nicht verhehlen, daß auf vielen Bauten gegen den Beschluß der Arbeiterschaft arg gesündigt werde, was er um so mehr be- dauerte, als die Maurer früher die Vorgarde der Arbeiter- bewegung waren. Diese bedauerliche Thatsache führte Referent auf die Zerfahrenheit in der Organisation zurück. Allen Kollegen, die ziemlich zahlreich vertreten waren, legte er ans Herz, dahin zu wirken, daß diese Fehler schleunigst wieder gut gemacht werden. Demgegenüber wurde geltend gemacht, daß derartige Fälle nur Einzelfälle seien, wofür die Allgemeinheit der Maurerschaft nicht verantwortlich gemacht werden könne. In einer zur Annahme gelangten Resolution erklärte die Versammlung sich mit den Brauerei- Arbeitern soli- darisch und verpflichtete sich, weder boykottirtes Bier noch Ring- bter zu trinken und dafür zu wirken, daß auf allen Bauten in diesem Sinne gehandelt wird, um den Ring d«r Brauereien zu sprengen und die Forderungen der Arbeiterschaft zur Durchfüh- rung zu bringen. Die Vertrauensmänner wurden beauftragt, die ausgesperrten Braucrei-Arbeiter nach Möglichkeit zu unter- stützen. Auch verpflichten sich die Anwesenden, zum Generalfonds der Berliner   Maurer zu sammeln, um eine geregelte Unterstützung streikender Gewerkschaften zu ermöglichen. Fernher wurde ersucht, den Vertrauensleuten Material von den Bauten zuzustellen und soll dasselbe in öffentlichen einzuberufenden Verjammlungen be» kannt gegeben werden. Die Stereotype«» und Galvanoplastiket Berlins nnd Umgegend hatten am 10. Juni eine öffentliche Versammlung, in welcher Kollege Schimansky über die Verhandlungen der Ge- werkschaftskomnnsston referirte und demnächst sein Amt als Delegirter niederlegte. Die Versammlung wälsite an seiner Stelle, nachdem sie sich mit seiner Thätigkeit in der Kommisston einverstanden erklärt hatte, den Kollegen Bieleßeld und sprach ihre Bereitwilligkeit zur Unterstützung des ständigen Gewerk- schaftsbureaus in der Rosenstraße aus. Herr Dr. Christeller hielt hierauf einen Vortrag über die Bleivergiftung, jene Ge- werbekrankheit, unter welcher unter Anderen auch die Stereo- lypeure zu leiden haben. Der Referent schilderte die ver- schiedenen Formen, in welchen die Bleivergiftung auftritt, sowie die Heilmittel, welche die Medizin dagegen anwendet. Als Schutzmittel gegen diese Vergiftung empfahl Redner möglichst häufige Waschungen der Hände, besonders vor dem Essen, sowie der Kleider, ferner das Einnehmen der Mahlzeiten außerhalb der mit vergifteter Luft geschwängerten Arbeitsräume. Daneben müßten die Arbeiter ihre Agitation darauf risihten, daß der Staat eine wirksame Ueberwachung der Fabrilsin, namentlich auch nach der hygienischen Seite, ausüben läßt.(Beifall.) Nach- dem Dr. Christcller noch eine Reihe von aus der Mitte der Versammlung an ihn gerichteten Fragen beantwortet hatte, berichtete Kollego Schimansky über die Thätigkeit des Gewerbegerichts. Die Versammlung stellte als Kandidaten für die bevorstehende Gewerbegerichts- Wahl den am 31. De- zember er. ausscheidenden gegenwärtigen Beisitzer Kollegen Schimanski wieder auf. Unter Verschiedenem gelangte folgende Resolution zur einstimmigen Annahme:Die k. Versammlung spricht ihr größtes Mißfallen über das unsolidarische Verhalten der Kollegen der Behling'schen Werkstatt aus und macht die Be- schlnsse der Berliner   Arbeiterschaft zu den ihrigen." Ferner wurde beschlossen, einen etwaigen Ueberschuß der nach Schluß der Versammlung fortzusetzenden Tellerfammlung den ausgesperrten Brauereiarbeitern zu überweisen. Jahns machte noch darauf aufmerksam, daß am Sonnabend, den 14. Juli eine öffentliche Versammlung der Buchdruckerei-Hilfsarbeitcr stattfindet, und er- suchte die Anwesenden, in ihren Offizinen für starken Besuch der Versammlung zu agitiren. Die im Möbeltransport beschäftigten Arbeiter und Bernfsgenoffen hatten am 11. Juni eine öffentliche Versamm- lung, in welcher Genosse G. Wagner über Zweck und Ziele der Gewerkschaften referirte. Eine Diskussion schloß sich an die mit Beifall ausgenommenen Ausführungen nicht. Kollege Bachmann gab alsdann den Bericht über die Beschlüsse des in Halle abge- haltenen Kongresses aller im Handelsgewerbe beschäftigten Hilfs- arbeiter. Redner empfahl den Kollegen den Anschluß an den Verband der Hausdiener, Packer und Bernfsgenoffen. Die Ber- sammlung erklärte sich in einer Resolution mit den Beschlüffen des Kongresses vollständig einverstanden und verpflichtete sich, für dieselben in jeder Beziehung einzutreten. Allerseits wurde Bedauern geäußert über den großen unter den Kollegen Herr- Shenden Jndifserentismns. der in dem schwachen Besuch dieser ersammlung sich neuerdings gezeigt hatte. In Stralau beschäftigte sich am 9. Juni eine öffentliche, besonders auch von Damen gut besuchte Volksversammlung init dem Bierboykott. Genosse M a t t u t a t aus Berlin   referirte über die brutalen Herausforderungen des Bierringes, welcher der Arbeiterschaft den Kampf gegen diese Vorkämpfer des Kapitalis- inus aufgedrungen habe, schilderte die fühlbare Wirkung, welche der Bierboykott schon bisher gehabt hat und zeigte, wie jeder einzelne im stände und im eigenen Interesse verpflichtet ist, diese Wirkung zu verschärfen. In der Diskussion forderte Genosse Scheid aus fliummelsburg auf, in den Fabriken Stralaus und RummelSburgs den Boykott mehr als bisher durchzuführen. Mehrere Stralauer Genoffen stellten jedoch fest, daß von den Stralauer Arbeitern der Boykott in den Fabriken vom ersten Tage an beachtet worden ist. Nach einem Schlußwort Mattutat's nahm die Versammlung einstimmig folgende Reso- lution an:Die heutige Versammlung erklärt sich mit dem Boykott der sieben Brauereien einverstanden und will mit aller Energie dafür eintreten, daß die Forderungen der Brauerei-Ar- bciter bewilligt werden." Genosse Krumm theilte dann namens der Lokalkommission mit, was für Bier(die Stralauer Wirthe und Flaschenbierhändler verschänken. Daran knüpfte sich eine längere Diskussion, nach deren Schluß Genoffs Krumm berichtete. daß jetzt nur noch die beiden Wirthe Eduard Gursch und Wingert, letzterer am Markgrasendanim, uns ihre Säle zur Ver» sügung stellen; die Ttralauer Brauerei thut es nicht mehr. RummelSburg  . Die Glasarbeiter von Stralau Berlin   und Köpenick   hielten am 10. Juni im Saale des terrn Müller. Prinz Albertstr. 70, eine gut besuchte öffentliche ersammlung ab. Zunächst erfolgte die Berichterstattung vom 3. deutschen   Glasarbeiter-Kongreß, der am 13. Mai in Beraedorf stattfand. Nach den Berichten der einzelnen Delegirten ist die Lage der Glasarbeiter mit nur wenigen Ausnahmen überall die gleichtraurige. Außer den schlechten Lohnverhältnissen sind es auch die durchaus ungenügenden sanitären Einrichtungen, über welche lebhafte Klagen geführt wurden. Die wirthschasiliche Lage der Arbeiter in der Spiegelglas-Jndustrie Fürth's   ist nach Schilderung deS Delegirten geradezu trostlos zu nennen. In Hörstel   sind die 60 Arbeiter der dortigen Glashütte in zehn Wohnungen untergebracht; 20 Familien müssen sich mit zehn Wohnungen beHelsen und außerdem noch ledige Leute in Logis nehmen. In Dresden   sind von 8 Oefen nur noch 5 im Betrieb, nicht wegen Mangel an Aufträgen, sondern weil zu den niederen Löhnen, die dort gezahlt werden, keine Leute mehr zu er- halten sind. In Gerresheim   entfallen auf 850 Glas- macher zirka 250 Lehrlinge. In Hainholz bei Hannover  sind die Einrichtungen der Fabrik derart schlechte, daß die Ar-