Nr. 135.
Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Viertelfährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 Mt., wöchentlich 28 Pfg. fret tn's Haus. Einzelne Nummer 06 Pfg. Sonntags: Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage, Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30 Mt. pro Quartal. Unter Kreuz band: Deutschland u. Desterreichs Ungarn 2 Mt., für das übrige Ausland 3 Mt.pr.Monat. Eingetr. in der Post Zeitungs- Preisliste für 1894 unter Nr. 6919.
200
Vorwärts
11. Jahrg.
Insertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzetle oder deren Raum 40 Pfg., für Vereins- und Versammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochentagen bis 7 Uhr Abends, an Sonn und Festtagen bis 9 Uhr Bor mittags geöffnet.
Fernsprecher: Amt 1, tr. 1508. Telegramm- Adresse: Sozialdemokrat Berlin !
9100
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Donnerstag, den 14. Juni 1894.
Expedition: SW. 19, Benth- Straße 3.
Arbeiter! Parteigenossen! Trinkt kein boykottirtes Bier!
Schmeichelhafte Nachahmung.
"
ersten Jahren nach der neuen Parteibildung beherrscht. Sie Freifinnigen Beitung" für seine Waare reißenden Absatz gewannen dadurch nicht um einen Pfifferling an Einfluß in gefunden. Daß Herr Eugen Richter jetzt wieder auf den Die Noth ist eine erstaunliche Lehrmeisterin. Die frei den Kreisen der Machthaber, aber das Volk verlor das Hirsch gekommen ist, beweist, in wie arger Verlegenheit finnige Volkspartei hat unter ihrer Zuchtruthe gelernt, sich Butrauen, daß von diesem verwaschenen Liberalismus um eine halbwegs gangbare Sozialpolitik er sich bes um die Voltsinteressen ernsthaft zu kümmern. Nachdem sie eine Besserung seiner Lage zu erwarten sei, erwarten sei, und finden muß. Jahre lang durch ihre Baghaftigkeit sich das Volk ent- so büßten die Freisinnigen von Wahl zu Wahl Sauer genug läßt sich's die Programm- Kommission fremdet hat und von Wahlperiode zu Wahlperiode zu- immer mehr Reichstags- Mandate ein. Zwischendurch rissen werden. Nach Bersicherung der Freis. Zeitung" haben sammengeschrumpft war an Zahl und Bedeutung, ist sie in die persönlichen Plänkeleien Eugen Richter's mit den mehrfache Durchberathungen und Üeberarbeitungen des gefich gegangen und hat versucht, sich Klarheit darüber zu früheren Sezessionisten gar nicht ab. Man maß sich gegen planten sozialpolitischen Programmes stattgefunden; aber verschaffen, woher der Rückschritt komme und wie er sich feitig die Schuld am Niedergange der Partei bei und das an die Deffentlichkeit ist außer einigen unklaren Anwohl in einen Fortschritt verwandeln lasse. verbitterte die Stimmung derart, daß es nur noch eines deutungen im Fränkischen Courier" bisher nichts darüber Als im Jahre 1884 Herr Eugen Richter seinen großen wichtigeren Anlasses bedurfte, um die Spaltung herbei gedrungen. Das hat denn die freisinnigen Volksparteiler staatsmännischen Koup machte, die alte Fortschrittspartei zuführen. Der Anlaß kam mit der Militärvorlage des ungeduldig gemacht; sie haben verschiedenerorts eigene Promit den vom Nationalliberalismus abgesplitterten Sezessio- Jahres 1893. gramm- Kommissionen niedergesetzt und deren Elaborate nisten zu fusioniren, ohne seine Parteigenossen im Lande Die kurz vor den Neuwahlen erfolgte Spaltung brachte öffentlich durchberathen. So hat es auch in Berlin der vorher zu befragen, geschah das auf Kosten der sozial- den beiden freisinnigen Gruppen aber nicht den erhofften Fortschrittliche Verein vor dem Potsdamer Thor" gemacht. reformerischen Bestrebungen, zu denen in der alten Fort- Aufschwung, weder der freisinnigen Vereinigung, noch der Der Entwurf, der von dessen Kommission dieser Tage der schrittspartei wenigstens die Ansätze vorhanden waren. In freifinnigen Volkspartei. Die eine wurde auf ein Deffentlichkeit übergeben würde, lautet: sozialpolitischer Hinsicht bedeutete die Fusion einen Sieg Dugend, die andere auf zwei Duhend Abgeordnete reduzirt. der manchesterlichen Prinzipien für den linken Flügel des Sofort regten sich nun aber auch in der freisinnigen Liberalismus. Die geärgerten Freihändler Bamberger , Rickert, Boltspartei Bestrebungen, die eine thatkräftigere Be insbesondere die ehemaligen Handelskammer- Syndici Barth tonung nicht nur der liberalen, sondern auch der vordem und Brömel gaben das volkswirthschaftliche Leitmotiv an, drangegebenen sozialpolitischen Forderungen verlangten. Die und dem Chorführer Eugen Richter tlang das ganz aus laut gewordenen Vorschläge liefen im wesentlichen auf Entder Seele, denn er ist selber ein Manchestermann vom lehnungen aus dem Programm der Sozialdemokratie hinaus. Scheitel bis zur Sohle. Aber der Verzicht auf die sozial- Die Parteileitung tam dem Drängen der Parteigenossen reformerischen Bestrebungen war nur das Opfer, das dem aus dem Lande dadurch entgegen, daß sie am 18. Februar neuen Bunde gebracht wurde, seinen Hauptbewegungsgrund d. Js. eine Kommission von 9 Personen zur Vorberathung hatte er in der stillen Hoffnung der liberalen Politiker, daß eines neuen Programmentwurfs niedersetzte. Wir finden bei dem erwarteten Regierungsantritt des damaligen Kron- darin außer Herrn Richter und einem seiner gewohnten prinzen eine neue liberale Aera anbrechen und ihnen selbst den Adjutanten, Herrn Hugo Hermes , den Veteranen der Partei Bugang zu den Ministersesseln bahnen würde. Diese selige Professor Virchow; ihre fozialpolitische Glanznummer, den Hoffnung nährten sie noch jahrelang im stillverschwiegenen Elberfelder Kaufmann Reinhold Schmidt; Dr. SchneiderBusen und nicht nur die später als Wadelstrümpfler be- Potsdam, den früheren Gehilfen von Schulze- Delitzsch ; den tannt gewordenen Sezessionisten, sondern auch der Wassers ehemaligen Demokraten Rechtsanwalt Lenzmann aus ftiefler Eugen Richter übte sich im heimlichen Kämmerlein Lüdenscheid , der sich in den Freifinn zurückgemaufert hat; den Fackeltanz ein. Dr. Müller- Sagan; den sächsischen Abgeordneten Buddeberg; Wie nachher die Ereignisse es bewiesen haben, hätte schließlich den unvermeidlichen Dr. Max Hirsch , der von dem die Regierung Friedrichs III., auch wenn sie unter günstigen unwiderstehlichen Bedürfniß getrieben wird, seine unUmständen angetreten wäre und länger gewährt hätte, den glückliche Hand in alle Kommissionen hineinzustecken, selbstbestallten liberalen Ministerkandidaten doch eine arge die irgendwo aus den Reihen der Bourgeoisie für Enttäuschung bereitet. Wer auf höfische Gunst und irgend einen billigen humanitären oder sozialpolitischen Gnade hofft, wird stets sein Ansehen im Volke einbüßen Wohlfahrtszweck niedergesetzt werden. Herr Hirsch ist und verdient es einzubüßen. Der Gedanke, nichts zu thun, natürlich auch schon auf eigene Faust mit sozialreformewas sie bei einem für liberal geltenden Fürsten in Miß- rischen Programm Paragraphen bei den Berliner Bezirkskredit bringen könnte, hatte die freisinnigen Politiker in den
Feuilleton. Der Jude.
Deutsches Sittengemälde
aus der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts. Von C. Spindler .
63
vereinen hausiren gegangen und hat nach Versicherung der
Um die besiglosen und wenig befizenden Bolts. flaffen in Stadt und Land in ihren berechtigten Anstrengungen nach größerer Antheilnahme an den materiellen und geistigen Gütern der Nation wirksam zu unterstüßen, wird die freifinnige Boltspartei für Hebung dieser Klassen reformatorisch eintreten. Sie stellt demgemäß auf tulturellem und wirthschaftlichem Gebiete folgende Forderungen auf: 1. Trennung der Schule von der Kirche, Aufbau des gesammten Unterrichts auf der Volksschule, Förderung der Fortbildungs- und Fachschulen, Unentgeltlichkeit des Unterrichts und der Lehrmittel. 2. Verbot der Erwerbsarbeit von Kindern unter 14 Jahren, Einschränkung der Arbeitszeit in Fabriken auf 48 Stunden pro Woche für jugendliche Personen bis zum Alter von 17 Jahren, auf 54 Stunden pro Woche für Arbeiterinnen, für Arbeiter Festsetzung eines Maximal- Arbeitstages, der für Staats- und Kommunalbetriebe zunächst auf 9 Stunden täglich, im übrigen aber nach Berufszweigen festgesetzt werden soll, unbedingte Wahrung des vollen Koalitionsrechts, sowie dessen Ausdehnung auf Dienstboten und ländliche Arbeiter, Ertheilung der Korporationsrechte an Arbeiterverbände aller Art, Vermehrung der Fabrikinspektoren, Erweiterung ihrer Befugnisse und Errichtung einer Inspektion über die Arbeiterverhältnisse in den landwirthschaftlichen Betrieben, gründliche Revision Arbeiter Versicherungsgesetze, vornehmlich in der Richtung größerer Sicherung, stärkerer Mitwirkung und freier Bewegung der Arbeiter, auch Vereinfachung und Verbilligung der Verwaltung, sowie Beschleunigung des Entschädigungsverfahrens. 3. Festhalten an dem Prinzip der Gewerbefreiheit, Wegräumung aller die Freiheit des Hand. werks einschränkenden, es dem Großbetriebe gegenüber be mein Haus stracks zu meiden. Ich lebe nicht gern mit Fluch und Bann unter einem Dache."
der
=
widerstreben zu Staub. Ein Strom von Thränen preßte Die grausame Rede schüttelte Ratharinens schwaches
-
-
"
über das Verbrechen, dessen Theilnehmerin Du unleugbar gewesen: darum weiche dem Schwert irdischer Gerechtigkeit aus. Wohin könntest Du aber vertrauensvoller fliehen, als unter den Schirm Gottes, der die ewige Barmherzig keit ist, und den Tod des Sünders nicht will? Wirf Dich in die Arme des Erlösers! Vertraue, folge mir, und ich sich unter den Wimpern der Leidenden hervor, die wie ver führe Dich an seine Brust, welche ihr kostbares Blut ver- jammierte sie: Bin ich denn so ganz dem Bösen verfallen in zweifelnd sich zu Wallradens Füßen warf. DWallrade!" goffen hat, um uns rein zu waschen von jedem Frevel. Deinen Augen, daß Du mich unerbittlicher von Dir stößest, Die Dberin des Stifts der weißen Frauen ist mir hold, Mit Fug und Recht," unterbrach sie Wallrade her- und würde auf meine Verwendung Dich gerne unter die als es ein Heide thun würde! Ach, Wallrade, hat jemals Weiber zu bethören. Du weißt, auf welche Weise er meine Mauern bist Du sicher. Todt ist dort jedes außerhalb be- Hast Du nicht Mitleid mit mir weil ich eine große risch, der Kaiser ist ein Meister in der Kunst, schwache Bahl der Reuerinnen aufnehmen. Hinter jenen uralten Dein Mund wahrgesprochen, als er mich Freundin nannte, so jage mich nicht von dannen, wie den gehetzten Hirsch! Haft Du nicht Mitleid mit mir weil ich eine große unschuldige Freundschaft fast vergolten hätte. Welch ein gangene Vergehen; Buße und Versöhnung wohnen in dem Sünderin bin- so habe doch Erbarmen mit meinem unSchicksal, als eine Buhlerin angesehen, und in der Folge Schoße jener ehrwürdigen Schwesterschaft. Durch Arbeit schuldigen Würmlein, das nicht entgelten soll die Frevel zu werden! Ich würde es vorziehen, den weißen Stab gewinnen, den sündlichen Namen, den Du trägst, vertauschen feindliche Treiben, das uns verschlingen würde! Ich habe von dem wankelmüthigen Lüftling in's Elend gestoßen und Gebet wirst Du die verlorene Zufriedenheit wieder schuldigen Würmlein, das nicht entgelten soll die Frevel seiner Erzeuger. Weise uns nicht hinaus in das wilde seiner Erzeuger. Weise uns nicht hinaus in das wilde zur Hand zu nehmen, und von der Mildthätigkeit meiner mit einem neuen gottgefälligen, und die Krone der ewigen nie gelernt, allein zu wandeln die Bahn des Lebens Nebenmenschen die Fristung meines Lebens zu heischen." Seligkeit erringen!" Katharine, bleich wie ein MarmorDas ist auch das Einzige, das mir bescheert ist, guter bild, starrte Wallraben unbeweglich an. Die Augen waren wie soll ich es jetzt beginnen, da mir alle Stüßen brachen? Gott !" feufzte die arme Katharine, Bilger war nicht reich, ohne Thränen, obschon ein bitterer Schmerz aus ihnen mit ihnen mein Muth?" Das Wenige, das er vor seiner Flucht gewonnen hatte, leuchtete. Lange konnte sie kein Wort der Erwiderung Du fühlst es also"-zürnte Wallrade Du fühlst und zurückließ, wird bald zerronnen sein, und dann, finden. Endlich öffnete sich der blaffe Mund. Wallrade!" es, daß der Strudel der Welt Dich hinabziehen würde, und wie Gott will! die Freundin stößt mich von sich... was flagte die Gequälte: was flagte die Gequälte: Du forderst mich auf, lebendig ins zögerst noch, in den sichern Hafen zu schiffen? Du bist Dir darf ich von fremden Menschen hoffen?" Sie wantte Grab zu steigen? D, wie oft hörte ich, daß hinter Kloster- bewußt, schwächer zu sein als ein Kind, und sträubst Dich, zur Thüre. Mit dem Ausdruck falschen Mitleids rief fie mauern der Friede nicht wohnt! Dort soll ich des Lebens nach dem treusten Stab, nach dem Kreuze zu fassen? Wallrade zurück. Höre mich;" sprach die letztere so Blüthe verwelten sehen? Ich bin ja noch so jung, Wall- Thörichte, in Sünde und eitle Sinnenluft Verstrickte! Ich gleißend, als sie vermochte:" will ich denn Dein Unglück? rade, ich habe kaum die Welt geschaut, und soll sie schon sollte Dich vergehen lassen im Verderben,... aber noch Zweifelst Du denn an meinem herzlichen Bedauern? Ver- vergessen in dumpfiger Belle? Du begehrst das Schwerste, einmal wendet sich Dir mein Herz zu. Gelobe, ehe es zu nimm meinen Rath. Er wird Dich von der Reinheit meiner das ich kaum gewähren könnte!" spät wird, meinem Willen zu gehorsamen. Rette Dich zu Gedanken, wie von meiner aufrichtigen Sorge für Dein Wie's Euch beliebt;" antwortete Wallrade talt: mein den weißen Frauen. Streng ist ihre Regel, aber herrlich Seelenheil, das Du gewissermaßen verwirkt haft durch Deine Rath war redlich, Katharine; daß Ihr ihn nicht befolgt, und süß die Zukunft, die sie durch dieselbe erkaufen. Nicht Berbindung mit dem Sünder, überzeugen. Wahr ist's: der möchte Euch zu spät gereuen. Mich fümmert zwar Euer Deine Strafe allein wendest Du vom schuldbewußten Haupte Menschen Satzung spricht ein hart und grausam Urtheil| Loos nicht im mindesten. Wollet mir jedoch die Liebe thun, lab... auch Deines verbrecherischen Buhlen Bein fannst
-
-
-
97