Ur. 139.

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für 1894 unter Nr. 6919.

11. Jahrg.

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13ozialdemokrat Berlin Berliner  

Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.

Dienstag, den 19. Juni 1894.

Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.

Arbeiter! Parteigenossen! Trinkt kein boykottirtes Bier!

Turpin und Gallifet.

Paris  , den 16. Juni 1694. Die Pariser sind zufrieden: sie haben zwei patriotische Standale, mit denen sie sich amüsiren können.

lichen Hofes; und daß sie nach dem Sturz des Kaiserreichs Polizeiaften veröffentlichten, aus denen hervorging, daß Held Gallifet 1854 desertirte, um nicht mit nach der Krim   ziehen zu müssen, und daß man ihn in einem Kleinen Landhaus bei einer Unglücklichen verborgen fand, die seit ihrem 18. Jahre das traurige Handwerk einer Prostituirten ausübte.

Die Patrioten lagten dem anonymen General des Hochver-| Streiche seiner würdigen Gattin erzählt hatten, einer Dirne des kaiser­raths an, nicht weil er vorschlug, die nationale Armee zur Unterdrückung des Volks in Banden von Landsknechten zu Pferd und zu Fuß aufzusösen und umzugestalten, sondern weil seine Worte das Vertrauen des Volkes in die Stärke der Armee er­Der berüchtigte Ducret, der Erfinder der gefälschten Papiere schütterten, und die Soldaten entmuthigten, indem Norton's, der aus einem Boulangist ein Preßkosak des Conftans sie ihnen den ,, nächsten Krieg" eine entseßliche und anderer zahlungsbereiter Minister geworden war, veröffent: Schlächterei ohne Ruhm schilderten. Ein Abgeordne lichte in der„ Patrie" ein Interview( eine Unterredung) mit ter, der General Riu, stellte den Kriegsminister Kriegsminister zur Turpin, dem Erfinder des Melinits, welcher versichert, eine Rede, der schlankweg erklärte, er habe sämmtliche Armee neue, noch schrecklichere Zerstörungsmaschine entdeckt zu haben: tommandanten befragt, und nicht einer derselben habe solche in einem Augenblick fann er 22 000( zwei und zwanzig tausend!) Ansichten. Quadratmeter mit Kugeln überschütten, eine Armee von 100 000 Mann tödten, zerfeßen, vernichten, dergestalt, daß kein einziger Soldat übrig bleibt, um die Nachricht der Katastrophe zu bringen.

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Den Angriff von Sedan, den Gallifet sich zum Ruhm an­rechnete, hat der Prinz von Boufremont geleitet. Sein Titel als General  , der jenen Angriff kommandirte, ist eine Schwindelei, die er in der Verwirrung der Niederlage bewerkstelligt hat; alles an diesem Menschen ist falsch sein Katholizismus, denn er ist ein geborener Jude, sein Name, denn er heißt eigentlich Porceret, was im Provinzialdialekt ein Ferkel be. deutet, sein Muth, denn nachdem er einen berühmten Duellanten, den Grafen Lauriston  , den er nicht Die militärischen Zeitungen sprechen offen hiervon und bekannte, beleidigt hatte, ließ er sich sich ohrfeigen, und schäftigen sich mit der Taktit, die zu befolgen ist, um das Ge- auf dem Duellboden benahm er sich so feige, daß sein Gegner mezzel zu vermindern. es verschmähte ihn zu treffen.

Und doch, wenn unter den militärischen Fachleuten eine Meinung verbreitet ist, so ist es gerade die von dem furchtbar mörderischen Charakter eines Krieges zwischen zwei modern aus gerüsteten Armeen.

Einige Tage später veröffentlicht der Figaro" ein zweites Interview über den gleichen Gegenstand; diesmal nennt er den Interviewten: General   du Barail, früheren Kriegsminister. Dieser giebt der Meinung einen noch schärferen Ausdruck. Er sagt:

Er hatte diese gräßliche Höllenmaschine an Preußen verkauft, das die Erfindung gekauft hatte, ohne sie zu probiren, ja auch nur ohne sie zu kennen. Auf diese Nachricht hin sehen die Pariser   sich aus der Reihe der Nationen gestrichen, rufen: Berrath! und flagen die Minister an und den Präsidenten der Republik und wer weiß, wen sonst noch an, daß sie die teuflische Erfindung nicht erworben haben, die Frankreich   die schöne " France  " zur Königin der Erde gemacht hätte. Die An­flagen hagelten so massenhaft hernieder, daß es nicht natürlich Es ist unmöglich, unsere modernen Armeen zu führen.. erschien. Man vermuthete, sie gingen von Personen aus, die ein Sie fämpfen zu lassen, sie aufzustellen, ihre Bewegungen zu leiten, schmuziges Privatinteresse mit Vaterlandsliebe zudeckten. das übersteigt die menschlichen Fähigkeiten. Wenn jemals Man fagte, um sich für seinen Sturz zu tröften, habe Cafimir in einer unglücklichen Stunde solche Armeen Perier in dem Figaro" Carnot vorwerfen lassen, daß er sich aufeinander stoßen, so wird ihr erstes

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Alle diese glänzenden Ruhmestite! Gallifet's find jetzt wieder in's Gedächtniß zurückgerufen worden. Und dieser rohe, grausame gemeine Mensch war der Lieblingsgeneral Gambetta's und die Patrioten der panamistischen Kammermehrheit nannten ihn die Hoffnung des Vaterlands" und warum? weil er von allen Generälen der ist, welcher am schonungslosesten die fran­ zösischen   Arbeiter und Sozialisten niedermegeln würde. Gallus.  

geweigert habe, Turpin anzuhören, der ihm sein Geheimniß ent- fammentreffen auch das legte sein. Der Bufali Politische Ueberlicht.

hüllen wollte; und Carnot habe ihm den Vorwurf zurück gegeben, indem er ihn desselben unpatriotischen Verbrechens an­tlagte.

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wird die Schlacht entscheiden."

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Berlin  , den 18. Juni. Durch verschiedene Zufälligkeiten und Umstände wurde es Das amtliche Wahlresultat im Kreise Pinneberg  bekannt, daß der anonyme General Gallifet war. Pascal Mitten in diesem Platzregen von Anklagen erfährt man, daß Grousset, einstiges Kommune- Mitglied, ergriff die Gelegen- Elmshorn. Nach amtlicher Feststellung erhielten bei der Turpin, der ein viel größerer Schwindler als Erfinder ist, heit, um die Pariser   Kämpfer zu rächen, die dieser Bluthund er- am 13. Juni im 6. Schleswig- Holstein  'schen Wahl­nichts an Deutschland   verkauft hat, und daß die belgische Ge- mordet hatte. Er widerholte die Interpellation des Generals freise( Pinneberg Seegeberg) stattgehabten Reichstags­sellschaft, die seine Patente ausbeuten sollte, nie vorhanden war, Riu und erbot sich, der Kammer die Schuldigen zu nennen. Ersazwahl Mohr( nationalliberal) 5994, v. Elm( Sozial­und daß er als guter Patriot feine Erfindung Frankreich   an. Die Kammer widersetzte sich dem. Der Kriegsminister demokrat  ) 12 231, Kopsch( Freis. Volkspartei) 5010 und bietet wohlgemerkt gegen etliche Milliönchen, denn wozu sprach tapfer den Namen Gallifet aus, um ihn als einen Raab( Antisemit) 2328 Stimmen. Es hat somit eine liebt man sein Vaterland, als um es auszubeuten? Helden ohne Furcht und Tadel hinzustellen, als den tapferen Stichwahl zwischen Mohr und v. Elm stattzufinden. Der Figaro" hatte nun eine gute Gelegenheit, den anderen Führer des Reiterangriffs von Sedan  ; und die Mehrheit Standal loszulassen: den Skandal Gallifet. Zwei seiner nannte begeistert den Gallifet die Hoffnung des Vaterlandes". Reporter veröffentlichten ein Interview mit einem General, einem Die Sozialisten ließen diesen Bourgeoishelden jedoch nicht Korpskommandanten, dessen Namen sie nicht nannten der los. Sie erinnerten an seine Heldenthaten in Wierito, wo ihnen unter anderen schrecklichen Dingen erklärt habe, ein Krieg er sich nicht schlug, sondern die Städte und Länder durch werde in Europa   unmöglich sein, denn man wisse nicht, wie die streifte und die unglücklichen echten Patrioten, die ihm in die riefigen modernen Armeen zu bewegen und zu ernähren seien; Hände fielen, aufbängen ließ, und an seine Helden Elsaß- Lothringen  , sehr nüßlich seit 1870, um dem Parlament thaten in Paris   während der Kommune, wo er die Gefangenen­alles Gewünschte an Geld für die Armee zu entlocken, fei jest transporte aufhielt und bisweilen 150 bis 200 Mann auf ein erklärt nach der Norddeutschen Allgemeinen Zeitung", daß Der Reichstags- Abgeordnete v. Buchka für Rostock  recht unbequem; und bleibe nichts übrig, als die Armee in Mal todtschießen ließ. Prätorianertruppen zu verwandeln, welche die Re- Sein Haß gegen die Kommunarden und Republikaner, ihm von einer bevorstehenden Ernennung zum Landes­gierung und die Gesellschaftsordnung gegen ihre Feinde im zwischen denen er feinen Unterschied machte, stammt daher, daß gerichtspräsidenten und darum von einer Erledigung des Innern beschützen. unter dem Kaiserreich die Oppositions- Zeitungen die Lüderlichen Rostocker Reichstagsmandats nichts bekannt sei.

Feuilleton. Der Inde.

Deutsches Sittengemälde

aus der ersten Hälfte des fünfzehnten Jahrhunderts. Bon C. Spindler.

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Wären nicht weit über 2000 Wahlberechtigte aus dem Wahlkreise seit dem 15. Juni v. J. verzogen, von denen die weitaus überwiegende Zahl unserer Partei zuzuzählen sind, und die neu Hinzugezogenen des Wahlrechts nicht be raubt gewesen, so wäre der Sieg unserer Partei im ersten Wahlgange unzweifelhaft gewesen.-

des Entzückens heilige Farbe. Dagobert hatte sich vor- haben, wie und was sie wolle, ich bin dennoch nicht so genommen, der Stiefmutter freundlich entgegenzukommen, schlecht, als sie Euch überreden mochte. Glaubt ja nicht, um sie mitleidig der ersten so begreiflichen Verlegenheit zu daß ich heim komme, um den kleinen Knirps, mein Brüder­entreißen; aber ihr unerwarteter Empfang,... die Ueber- lein, zu plündern und zu verkürzen, um das Erbtheil, das raschung, die sich in ihrem ganzen Aeußern gestaltete wie die ich ihm abgetreten. Davor bewahre mich der liebe Gott. Verwirrung einer geschämigen Braut, übte gleichwirkende Er hat mir schon genügsam bescheert, da er mich vom Kraft auf den Jüngling. Auch er fühlte seine Wangen   Pfaffenthum entbinden ließ durch seinen Statthalter auf glühen; auch er verneigte sich stumm, stotterte alsdann Erden. Was ich gelernt, bringt mich schon anderweitig durch, einige Worte, die unzusammenhängend seinem Munde ent- und komme ich vielleicht einmal aus irgend einer Fehde als Frau Margarethe erschien wirklich sammt dem kleinen schlüpften, und beugte sich schnell, um der Begrüßten das ein lahmer Krüppel heim, und weiß mit meinem alten Arm Hans, und stußte merklich bei Dagoberts Aublick, obschon Schauspiel seiner Blödigkeit zu entziehen, zu dem Knaben, nichts mehr zu gewinnen, so erinnert sich wohl der Johann dessen Ankunft ihr bekannt. Dieses Befremden fand in der fremd und verwundert zu ihm aufschaute. Ach!" der Liebe, die ich für ihn hatte, und füttert mich alsdann dessen Grund in Dagoberts   Kleidung und Gestalt. Die rief er aus: wie schön, wie stark, wie blühend ist der von seinem Ueberfluß." Stiefmutter hatte darauf gerechnet, den angehenden Mönch Junge geworden. Werthes Stiefmütterlein, empfangt meinen Die biebere, flare und aus voller Brust gesprochene zu finden, mit hohlem Fastengesichte und härenem Gewande, Glückwunsch; und auch Ihr, mein guter Vater, erlaubt, daß Rede Dagoberts   preßte in Diethers Augen Zähren der und statt dessen stand ein kräftiger junger Mann vor ihr, ich Euch die Hand schüttle, wie ein Freund dem andern, Rührung; sie waren aber nicht vermögend, den Panzer im Schmucke des wohlhabenden Sohnes eines altbürger und dem Buben einen Kuß auf den trotzigen Mund drücke, zu erweichen, der den Geist des Verdachts um des Schöffen lichen Geschlechts, blühender noch, als da er von dannen zum Pfand meiner Liebe. Ja, herziger Knabe, wir werden Milde gezogen. Der Verblendete hatte Margarethens, Da gezogen. Freunde sein; Deine hellen Augen sprechen ganz anders zu goberts Erröthen gesehen: er hatte, vom Fieberfrost ge­Wer mag dem Getriebe des Herzens folgerechten 3wang meiner Seele als Wallraden's stechender, nirgends verwei- schüttelt, des Knaben unschuldige Worte vernommen, und anlegen? Auf dieses Befremden drängte sich augenblicklich lender Blick." Er küßte den Knaben, der auch seinerseits ihnen eine giftige Deutung untergelegt. Ein Felsen lag die mächtige Erinnerung vor Margarethens Seele, freundlich die Arme zu ihm emporstreckte, und wie ein Gich auf seiner unruhig steigenden Brust, und erstickte jedes das Andenken an ihren Eintritt in dieses Haus, an jene hörnlein auf seine Knie kletterte. Hast Du mich lieb, Wort der Erklärung. Heftig wandte er dem Sohne den Zeit der Sehnsucht, in welcher die Jugend nur mit Wider fleiner Hans?" fragte Dagobert in seiner Fröhlichkeit Rücken, und ging aus dem Gemach. Verwundert und ge= willen dem Alter gehörte, und eines jugendlichen Freundes fosend den Knaben. Gewiß, lieber Herr;" antwortete Hans, tränkt sah ihm Dagobert nach." Ehrsame Frau," begann begehrte. Dieser Freund, verboten ihr durch Sitte und den zierlichen Bart des Jünglings streichelnd: willst Du er nach einer Weile zu Margarethen, die, den Blick auf Ei, Du ein du einfältiger Hans;" den Boden geheftet, vor ihm stand, Verlangen, diefer Freund, der feindlich sie verschmähte, und erwiderte Dagobert lachend wie ein ausgelassener Gesell: zu gehen, ob ihr zu bleiben zieme, zögernd, von unschlüssig, ob ihr in ihr jenes wunderliche Gefühl erzeugte, das uns öfter welch tolles Zeug bringft Du zu Markte? Haben sie Dir dannen zu scheiden, ängstlich, noch länger in des Gefähre antreibt, mit blutendem Herzen diejenigen zu hassen, die in Frankfurt   nichts besseres gelehrt? Dort steht Dein Vater." lichen Nähe zu verweilen. Ehrsame Frau, könnt Ihr wir demungeachtet dauernd und ewig lieben, ohne sie unser Er zeigte auf Diether, der, halb abgewendet, seinen steigen- mir nicht erklären, wie es eigentlich um den Vater stehe? nennen zu dürfen, dieser Freund stand nun wieder vor den Groll kaum mehr zu mäßigen vermochte: auch mein Welch unheimlich Geberden, welche grollende Verschlossen­Margarethens Augen; er malte ihr in seinem stummen Vater ist er, und wir beide wollen gute Brüder sein. heit hat er angenommen?" Sein Unfall..." ant­Bilde eine schmerzlich selige Vergangenheit, zugleich auf Herzgeliebte Eltern," fuhr er fort, indem er aufstand, und wortete Margarethe stockend:... seine Wunde, die noch ihre Wangen jene zauberische Röthe,... der Scham wie den Knaben wegsegte:„ Wallrade mag von mir aeplaudert nicht geschlossen..."

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„ Ach, wehe uns," seufzte Dago­