Die für gestern abend einberufene Versammlung des So- zialdemokratischen Vereins für Groß-Berlin im Lehrervereinshause gestaltete sich zu einer machtvollen Kundgebung für die Ziele und Forderungen oer Vartei, die von vier Rednern der überfüllten Versammlung vorgetragen wurden. Als erster nahm Reichstagsabgeordneter Genosse Robert Schmidt das Wort zu dem besonders naheliegenden Problem unserer Bolksernähruug. Er knüpfte an die Veröffentlichung deS Neuköllner M a z i« st i ar S schreibens an. Wähorend das Wenige, was die kommunn e Verteilung dem Einzelnen zukommen läßt, ganz und gar nicht zur Fristung des Lebens ausreicht, hat sich ein weit besser organisiertes SchleichhandelSsystem ausgebildet, dessen Gefährlichkeit für die grasten Massen der Redner in eindringlicher und treffender Weise klarmachte. Dieser Sch.'e chhandel macht alles illusorisch, waS an gutem Willen zur gleichen Lastenvsrteilung angewendet worden ist. Er bedeutet die Möglichkeit d:s von irdischen Gütern Gesegneten, die Eut- bchrungcn deS Krieges nicht kosten zu brauchen, bedeutet die Aus- bcutung der bessergestellten Arbeiter, der Verzweiflung zutreibende Zustände der nur gering entlohnten breiten Massen. Es ist not- wendig, daß dafür gesorgt wird, dast alle zur Verfügung stehen- den Nahrungsmittel der Allgemeinheit zugeführt werden. Ein« ge- währleistete Kartoffelration von 10 Pfund pro Kopf und Woche wäre schon geeignet, dem Schleichhandel den Hauptteil seiner Not. wrndlgkeit zu entziehen. Dann aber ist sS strengste Forderung. diejenigen, die das Wohl de? Volkes ihren Profitinteressen h.-.tar- setzen, nicht mit Glacehandschuhen anzufassen 1 Lebhafter Beifall folgte den Worten des Redners. In der Folge ergriff Reichstagsabgcordneter Genosse Richard Fischer das WorL Es war zu erwarten, dast das Thema „Deutschlands Demokratisierung- besondere Anteilnahme' der Anwesenden wecken würde. Di« schonungslose Art, mit der Genosse Fischer mit dem deutschen VerfassungSwescn zu Gericht ging, lieh die Versuche unabhängiger Zwischenrufer, die Stimmung künstlich zu spannen, von vornherein wirkungslos verpuffen. Fischer führte u. a. aus: Auf den historisch möglichen Wegen hat sich der demokratische Gedanke in Deutschland durchgesetzt. Die Aera Michaelis, der letzte Truyversuch per- svnlichrn RcgimciUs, ist kläglich zusammengebrochen. Alte Reaktiv- näre vom Schlage HertlingS wurden dazu erzogen, sich in politischen Formen zu geben, wie sie bisher in Deutschland noch nicht dwge- wcsen sind. Die nüchtern« Einsicht von der Weite des. Erreichten füll uns aber nicht dazu verleiten, die Stärk« de» un» in Todfeind- schaft gegenüberstehenden Junkertums zu unterschätzen. Nicht nur das Interesse Deutschlands ist auf den Kampf um das gleiche Wahl- recht in Preußen gerichtet. Diese Auseinandersetzung erfordert die intensive Stellungnahme des gesamten Volkes, ihr Ergebnis ist von entscheidender innen- und außenpolitischer Wirkung. Bei aller Unzulänglichkeit des Reformvorschlages gewinnt man doch die Mci- nung. daß die Regierung eingesehen hat. daß das Preußen, das Deutschland der Zukunft in der Sticklust der Reaktion einfach nicht leben kann. Es wird ihr auch nicht viel übrig bleiben, als in politischen Dingen ein wenig russisch zu lernen. Ein kluges energisches Eintreten für die Wünsche deS Volkes könnten manches wieder ausgleichen, was allzupreußische Rcgierungskunst vordem m und außer dem Hause geliefert hat. Sie würde hierbei der Hilfe der Massen gewiß sein, was ihr mehr sein muß, als da» drohende Geheul einer Sippe, die nicht einsehen kann, dast sie mehr als abgewirtschastet hat.(Stürmischer Beifall.) Der dritte Redner, ReichStagSabgevrdneter Pfannkuch, einer unserer ältesten Vorkämpfer, sprach über die Vatcrlandspartri Er entwarf von ihr ein Bild. daS er aus dem reichen Schatz seiner Erfahrung geschichtlich beleuchtete. Es waren immer dieselben Kreis«, die da» Vaterland und alles, was mit ihm zusammenhängt, für sich in Anspruch nahmen und alle Andersdenkenden davgn aus- schließen wollten. Di« Väter der Aera Tessendorf und deS Sozialistengesetzes sind auch die Urväter der Vaterlandspartei. Alles müsse zum Kampf gegen diese Partei zusammenstehen. Und das können wir, wenn alle, die sich darüber einig sind, daß die deutsche Sozialdemokratie nach Ausbruch des Krieges, den sie nicht verhin- dern konnte, unentwegt und unverdrossen für die Beendigung deS Völkermorden» eingetreten ist, sich uns anschließen und vereint mit uns die Ziele der Partei zu verwirklichen suchen. Der Eintritt in die sozialdemokratische Partei sei auf das Treiben der Vater- ländischen die best« Antwort.(Lebhafter Beifall.) Als vierter Redner sprach an Stelle de» in Stockholm weilenden Genossen Scheidemann Reichstagsabgeordneter Genosse Herrn. Müller über den
Herrn v. hepüebranös unausgeÜroschenes Getreiöe. Die furchtbaren Ernährungsschwierigkeiten des Früh- sahrs l917 sind noch in lebhafter Erinnerung. Damals mußte die Brotration erheblich herabgesetzt werden, was tiefgehende Beunruhigung der städtischen Bevölkerung und eine Vermehrung der ohnehin schon großen Entbehrungen zur Folge hatte. Vertr-terr der Arbeiterschaft, die im Kriegser- nährungsamt vorstellig wurden, gab Herr v. Batocki, damals noch Leiter des Amtes, etwa folgenden Bescheid:„Meine Herren, weisen Sie mir noch, wo noch Getreide vor- banden ist, nennen Sie mir irgendeinen Bauer oder Guts- bcsitzer, der nicht ausgedroschen hat. und ich schicke ihm am nächsten Tage ein Dreschkommando auf den Hals." Dennoch gab es in jener Zeit zum mindesten einen Großgrundbesitzer, der so gut wie sein gesamtes Getreide aus der Ernte von 1916 unausgedroschen liegen, der nichts abge- liefert hatte: dieser Großgrundbesitzer war Herr Ernst v. Heydebrand und der Lasa, Rittergutsbesitzer auf Klein-Tschunkawe, der bekannte Führer der kon serva- t i v e n Partei. Im Kreise Militsch , dem Wahl- und Wohnkreise des Herrn v. Heydebrand. erzählte einer dem andern, daß der ungekrönte König von Preußen auf Klein-Tschunkawe sein Getreide un- ausgedroschen habe liegen losten. Aber alsbald fühlte stch der dortige Herr Landrat (f) veryslichtet. in der Zeitung der- artigen Gerüchten entgegenzutreten und Herrn v. Heydebrand mit der Motivierung zu entschuldigen, die Verhältnisse hätten ihn gezwungen, so und nicht anders zu handeln: er habe näm- lich die Dreschmaschine wegen Mangels an Benzin und der /
Verständigungsfriede». Er führte u. a. aus: Wir führen den Krieg zur Verteidigung gegen fremde Er- oberungssucht. Deshalb wollen wir auch, daß das deutsche Slsag- Lothringen bei Deutschland bleibt. Wir bedauern, daß der Krieg im Westen anscheinend noch nicht beendet werden kann, weil in Frankreich immer noch Stimmung für Fortsetzung des Krieges vorhanden ist. Es gilt also, daß wir uns gegen die Teutschland bedrohenden Kriegszicle der Entente wehren. Das soll uns aber nicht hindern, unserem Friedenswillen Ausdruck zu geben. Es scheint ja, daß wir jetzt dem Frieden näherkommen. Wir waren nie Anhänger eines Sonderfrieden- mit Rußland , sondern wir wollen, daß das Völkermorden an allen Fronten ein Ende nimmt. Wenn uns auch vieles von den russischen Bolschcwiki trennt, so begrüßen wir es, daß sie die Regierung in Händen haben, weil sie konsequent auf einen allgemeinen VerständigungSfriedcn hinarbeiten. Darin haben die Bolschewiki unsere vollste Sympathie. Wir verlangen von ter deutschen Regierung, daß sie mit Rußland einen Frieden schließt, der keine Feindschaft zurückläßt: Keine An- nexionen, sondern Selbstbestimungsrecht der Grenzvölker, welche bisher unter russischer Herrschast standen. Auch keine Kontributionen. Ebenso verlangen wir, daß auch im Westen weder An« nexionen noch Kontributionen zur Friedensbedingung gemacht werden. Das gilt besonders auch für Belgien . Es mutz zu einer Verständigung der Völker auf demokratischer Grund- läge kommen. Das ist die beste Gewähr für einen dauernden Frieden.(Großer Beifall.) Hierauf wurde die folgende Resolution einstimmig angenommen. Resolution. Di« am 18. Dezember 1917 im Lehrervereinshaus tagende Ver- sammlinig begrüßt freudig die Errungenschaften der Arbeiter in der russischen Revolution. Sie versichert den russischen Klassengcnossen ihre Solidarität und wünscht ihnen weitere» Erfolg bei ihrer schwierige., Aufgabe. Dt« Versammlung erwartet von der Reichsregierung, daß sie dem russischen Friedensangebot entgegenkommt, das einen Frieden ohne Annexionen und Kontributionen auf der Grundlage de? SelbstbestinimungSrechtS der Völker will. Die Versammlung ist der Ueberzeugung, daß nur ein Friede auf dieser Grundlage von Dauer sein kann, während die Forderun- gen der alldeutschen, vaterlandsparteilrchen und sonstigen Eroberungspolitiker auf Landerwerb im Osten und Westen sowie auf große wirtschaftliche oder finanzielle Eni» schädigungen nur den Krieg mit seinen furchtbaren Opfern und Leiden endlos verlängern und im Falle ihrer Verwirklichung die Gefahr neuer Kriege heraufbeschwören würde. Deshalb fordert die Versammlung von der Reichsleitung mit vollem Nachdruck, daß sie alle Eroberungszicle entschieden zurückweist und zu einem ehrlichen Vcrständigungsfrieden ohne politische, Wirt- schaftliche oder finanzielle Vergewaltigungen auf der Grundlage der ReichstagSentschließung vom 19. Juli 1917 und der Antwort auf die Papstnote stch bcreiterklärt. Auf dem Gebiete der inneren Politik verlangt die Versamm- lung die Demokratisierung Deutschlands , insbesondere die Ein- siihrung deS gleichen, geheimen und direkten Wahlrechts für alle über 29 Jahre alten Männer und Frauen in Reich, Staat und Gemeinden. Endlich erhebt die Versammlung schärstten Protest gegen die Preisrtcibereicn auf dem LcbcnSmittclmarkt, die sachlich völlig un- gerechtfertigt sind. Sie gibt der großen Unzufriedenheit der Ber - linn Bevölkerung Ausdruck. Der minderbemittelten Bevölkerung werden größere Entbehrungen auferlegt, als bei planmäßiger Ver- teilung der vorhandenen Bestände notwendig wäre. Die Ver- sammelten fordern sofortige restlose Beschlagnahme aller verfüg- baren Lebensmittelbestände und rücksichtslose Bekamp- fung bei gemeinschädlichen Schleichhandels. Die zugeteilte Kartoffclmcnge ist zu gering; sie muh auf 19 Pfund pro Kopf und Woche erhöht werden. Di« Versammelten erklären ihr EtnverständniS mit dem Wirken und den Zielen der sozialdemokratischen Partei und geloben, dieser Partsi die Treue zu wahren und, soweit eö iwh» cht geschehen, sich ihr anzuschließen. » Es hat sich somit gezeigt, daß die sozialdemokratische Partei auch in dieser politisch erregten Zeit große Kund- gedungen veranstalten kann, ohne daß die so ängstlich behütete Ruhe und Ordnung dadurch in Gefahr kommt. Die befürchteten„Tumulte" erwiesen sich als bloße Schreckgespenster. Ein- drucksvoll und würdig verlief die massenhaft besuchte Der- sammlung wie nur der besten eine aus der Friedenszeit. Hoffentlich wird diese Erfahrung der Versammlungsfreiheit aller Parteien in Groß-Berlin zugute kommen?
schlechten Qualität des Benzols nicht in Betrieb setzen können, außerdem sei diese schadhast gewesen. Auch im Ernährungs- ausschuß ist die Sache unseres Wissens zur Sprache gekommen und dort hat ein Parteifreund des Herrn v. Heydebrand diesen mit ähnlichen Gründen verteidigt. Wir sind weit entfernt, diese Gründe ohne weiteres abzu- lehnen. Aber zugegeben, daß die Maschinen des Herrn v. Heydebrand schadhaft waren, daß der Betriebsstoff schlecht und in ungenügender Quantität vorhanden war, bleibt doch noch dreierlei merkwürdig: einmal, daß Herr v. Heydebrand seine Ernte völlig unbehelligt liegen lassen konnte, zu einer Zeit, wo jeder Bauer, der nicht ausgcdro'chen hatte, sofort ein militärisches Dreschkommando auf den Hals geschickt bekam. Warum hat sich kein solches Dreschkommando nach Klein- Tschunkawe verirrt?— Zweitens muß man sich fragen, ob denn Herr v. Heydebrand wirklich auch das allerletzte versucht hat, um sein Getreide ausgedroschen zu erhalten, wie dasjioch angesichts der ungeheuren Ernährungskalamität von 1917 sicher seine Pflicht gewesen ist.— Drittens muß rein tatw'chlich festgestellt werden, daß trotz der noch bestehenden Mängel Herr v. Heydebrand mit derselben Dreschmaschine im heurigen Jahre nicht nur seine d i es j ä h r i g e. sondern auch die gesamte vorjährige Ernte so rasch ausdrescken konnte, daß er sie noch 14 Tage vor Auszahlung der F r ll h d r u s ch- p r ä m i e zur Ablieferung bringen konnte. Da sich seit geraumer Zeit die verschiedensten Behörden und Körperschaften mit diesem Vorfall von Klein-Tschunkawe beschäftigen, scheint es uns im Interesse einer vollständigen Aufklärung angebracht, ihn auch der Oeffentlichkeit zu unter- breiten. Nur so kann sich klar herausstellen, ob es sich um eine Häufung unglücklicher Zufälle handelt, wie wir gern an. nehmen wollen, oder aber nm Verfehlungen, die ihren Ur- Heber als Politiker disqualifizieren würden,
Nachklänge zur Neuköllner dentschrift. Die„Deutsche Tageszeitung" hat nun die Sprache wiederge- Wonnen und widmet der Denkschrift des Magistrats Neukölln zwei ausführliche Artikel. Den Wortlaut oder auch nur ein wärt- l i ch e s Zitat aus der Denkschrift gibt sie ihren Lesern freilich nicht, das Agrarierblatt sieht offenbar selbst eilt, daß all sein auf- geregtes Gezeter auf den, der die Denkschrift selbst ge- lesen hat, nicht den geringsten Eindruck machen kann. Außerdem verschafft die Verschwcigung de? bekämpften Dokuments auch die Möglichkeit zu ein paar allerliebsten kleinen Verdrehungen: die Denkschrift hatte beispielsweise Klage darüber geführt, daß gewisse Landwirte als Gegenleistung für die Lieferung von Gemüse die Lieferung von Kohlen oder Ammoniak forderten. Daraus macht die „Deutsche Tageszeitung" gerade das Gegenteil: man habe die Liefe- rung von Jndustr'eprodukten, wie von Kohlen und Am- moniak, davon abhängig gemacht, daß die Landwirtschaft Lebensmittel herausrückte. Die Ueberfchreiiung der Höchstpreise ist nach der „Deutschen Tageszeitung" nicht etwa dadurch zustande gekommen, daß die Landwirte sich einfach weigerten, zum Höchstpreis ihre Waren herauszurücken, sondern durch daS Angebot höherer Preise seitens der Verbraucher. Freilich, die Denkschrift ist so vernichtend für ge- wisse Kreise der Erzeuger, daß ihr auch mii solchen Retuschen nicht überall beizukommcn ist. Wo dieS der Fall ist— wie beispielsweise bei der Nichtinnehaltung der LieferungSvcrträge Hilst sich die „Deutsche Tageszeitung" Mit Redensarten, wie:„man muß erst den genauen Zusammenhang kennen" oder:„hier wird das Material der Denkschrift näher untersucht werden müssen" usf.
Wucher mit Lanögütern. Andauernd werden die Preise der ländlichen Liegenschaften ge- wältig in die Höhe getrieben. Besonders kleinere Güter sind von Herrschaften sehr begehrt, die so schnell alS möglich„Selbstversorger" werden ntöchten. Jüngst erklärte der Landrat vcm H ö h s ch e i d (Rheinland ), daß er gegen derartige Käufe entschieden ei-nschreilen wolle. Kleinere Besitzungen seien in verhältmsmätzig kurzer Zeit um das Mehrfach« gestiegen. Ein vier Morgen große? Gütchen wurde vor etwa 3 Jahren zu 4S9V M. verkauft. Ein er- neuter Verkauf vor einem Jahre brachte es auf 19 909 M. Kürz- l i ch wurde es zu 18999 M. und vor einigen Tagen sogar zu 29 999 M. wiederverkauft. Ein anderes Be- sitztum stieg innerhalb zweier Jahre um 19999 M. im Werte; jetzt wechselte eS seinen Besitzer, weil der neue Liebhaber 18 999 M. mehr bot._ Politische Verhaftungen in Köln . Der Vorstand deS„Unab- hängen" Sozialdemokratischen Verein? in Köln , 2 Männer und 2 Frauen, ist am Sonntag verhaftet worden. Die Verhaftung wirkt um so ausfälliger, als den„Unabhängigen" in Köln nach ihrem eigenen Zeugnis in der agitatorischen Tätigkeit große Freiheiten gelassen waren. Herzfeld, Erdmann und Bernstein konnten in öffentlichen Versammlungen mit völlig freier Diskussion reden.— Die Behörde gab bisher über die Gründe der Verhaftungen keine Auskunft. Sie hält die Angelegenheit aber für so schwerwiegend, daß eine Haftentlassung nicht in Frage kommen könne. Mit der VersammlnngStätigkeit der„Unabhängigen" m Köln habe die Ver- Haftung nichts zu tmr— Unser Kölner Parteiblatt erhebt gegen die Festsetzung per„denkbar ungefährlichen Personen" Einspruch. Alldeutsche Methode..Scheidemann , Erzberger und Genossen arbeiten im Interesse deS Feindes'—-„ganze Parteien (angeblich sogar deren Mehrheit) betreiben die Geschäfte un- s e r e r D e g n e r"„hochverräterische? Treiben"—„schamlos"— „besondere Gemeinheit"—„bodenlose Niedrigkeit"—„übelriechende Ergüsse sittlich verkommener Charaktere"—, die» sind einige Stilproben aus einem 89 Zeilen langen Artikel, in dem die alldeutsche „Unabhängige Nationallorrespondenz" de» Herrn Fritz Stephan Nenmann die Anhänger des Verständigungsfriedens bekämpft. Unsere Leser mögen beurteilen, auf wen Ausdrücke wie„Übel- riechende Ergüsse sittlich verkommener Charaktere" zutreffen.
Letzte Nackrichten. das wiener Nbgeorönetenhaus zum Zrieüen. Antrag der Sozialdemokratie. Wien , 18. Dezember. Da? Abgeordnetenhaus nahm mit 149 gegen 182 Stimmen einen Antrag an auf dringliche Verhandlung der Anfrage der Südslaven, Tschechen und Ukrainer betreffend das Verlangen nach Wahl von Volksvertretern behufs Teilnahme an den Friedensverhandlungen mit Ruhland, ferner einen Antrag der Sozialdemokraten betreffs Durchführung des Grundsatzes eines Friedens ohne Annexionen und Kontributionen und betreffs Jnanspruchnohnie der Vermittlung der russischen Regierung für die Uebermittlung des Vorschlages für einen allgeineineu Frieden an die feindlichen Staaten. In Begründung der Anfrage legte Abg. S t a n e k neuerlich den Standpunkt der Tschechen hinsichtlich des SelbstbeftimmungsrechteS der österreichischen Völker dar und»er- langte, daß Friedensverhandlungen von Volk zu Volk geführt wer- den. Der Ruthen« Petruszewicz begründete feine gleichlautende Anfrage vom ruthenischen Stanvpunkt au?, wobei cr neuerlich gegen die AngUederung des ukrainischen DodenS an Polen schärfsten» protestierte. Dr. Adler erklärte, die sozialdemokratische Anfrage sei von heißestem Wunsche nach einem allgemeinen Frieden diktiert. Redner beglückwünschte die russischen Revolutionäre, daß eS ihnen gelungen sei den Wog zum Frieden zu bahnen. Viel dazu habe Graf Czernin beigetragen, dessen Verdienst eS fei, daS Eingehen in die Verband- langen ermöglicht zu haben. Redner wünschte, daß die russischen Friedensunterhändler die Ueberbringer der Botschaft der Mittel- mächte an die Ententestaaten werden, in der festgestellt werde, daß die verbündeten Mittelmächte nichts anderes wollien, als was Gras Czernin in einem Exposee bezüglich dos Friedens ohne erzwungene Gebietserweiterungen, ohne wirtschaftliche Berge Walt ig u ngen und bezüglich der Abrüstung dargelegt habe. Eine solche Botschaft würde den Erfolg haben, daß die täglich stärker werdenden FriedcnSbrstrebungen in de» Ententestaaten nn« Lberwindlich würden. Abg. W a ld n er protestierte namens der Deutschbürger» lichen e-ntschielden gegen die Teilnahme nationaler Vertreter an den Friedensverhandlungen, namentlich der Tschechen und Südslaven. Der Pole I a w o r S k i erklärte, die Worte des deutschen Reichskanzlers über Polen , Litauen und Kurland , sowie die Erklärung des Grafen Czernin betr. den Polenstaar erfüllten die Polen mit Vertrauen._
Allgememer Friede«— oder Zahlungseinstellung'. Amsterdam , 18. Dezember.„Times" meldet aus PeterS- bürg, daß die Volkskommissare angeblich beabsichtigen, alle aus- ländischen Anleihen zu annullieren, sobald mit Sicherheit feststeht, daß die Alliierten sich weigern, an den Friedens» Unterhandlungen teilzunehmen.