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Nr. 7. 35. Jahrg.

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" Sozialdemokrat Berlin".

Vorwärts

Berliner Volksblaff.

10 Pfennig

Der Anzeigenpreis beträgt f. die siebengespaltene Kolonel. zeile 60 Bfg. Kleine Anzeigen", bas feftgebrudte. Bort 20 Bfg.( zu­läfftg 2 fettgedruckte Worte), jedes weitere Borf 10 fg. Stellengesuche und Schlafstellenanzeigen das erste Bort 10 Bfg., jedes weitere Wort 5 Pfg. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Teuerungszuschlag 20%. Familien Anzeigen 50 Bfg.. politische u. gewerkschaftliche Vereins­Anzeigen 40 Bfg die Zeile. Anzeigen für die nächste Rummet müssen bis 5 Uhr nachmitt. im Hauptgeschäft, Berlin S. 68, Lindenstraße 3, abs gegeben werden. Geöffnet von 8 Uhr früh bis 7 Uhr abends.

Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands .

Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3.

Fernsprecher: Amt Morisvlas, Nr. 151 90-151 97.

Montag, den 7. Januar 1918.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Ferniprecher: Amt Morisplas, Nr. 151 90-151 97.

Kein Missbrauch des Selbstbestimmungsrechts

Erklärung der fozialdemokratischen Reichstagsfraktion.

Kein Entlassungsgesuch Ludendorffs. Mögen andere fich aber auch darüber klar perden, daß

Berlin , 6. Januar. Die in mehreren Zeitungen verbreitete Nachricht, bak bas Entlassungsgesuch des Generals Ludendorff vorliege, entspricht nicht den Tatsachen.

Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion trat gestern mittags zusammen, um über die neue durch die Vorgänge in Brest - Litomst geschaffene Lage zu beraten. Die Beratung gestaltete sich insofern schwierig, als die Materie, der sie galt, fich noch völlig im Fluffe befindet und möglicherweise zu gleicher Zeit schon an anderer Stelle ernste Entscheidungen Die Nachricht vom Rücktritt Ludendorffs war von der gefallen sein konnten, von denen man gestern nachmittags im Rheinisch- Waftfälischen Zeitung" ausgegangen und von der hicfi­Reichstag noch nichts wußte. In der Politik entscheidet der gen Deutschen Zeitung" übernommen worden. Erfolg, und der Erfolg oder Mißerfolg der in Brest- Litowsk mieder aufgenommenen Verhandlungen wird das gesamte po litische Leben aufs tiefste beeinflussen, unter Umständen auf

das Gründlichste verändern. Unter welchem Stern aber die mieder angesponnenen Verhandlungen in Brest- Litowsk gec­standen hatten, war gestern im Reichstag noch unbekannt.

Nach mehrstündiger Debatte beschloß die Fraktion fol­gende Kundgebung:

Angesichts der Vorgänge in Brest- Litowsk und des An= sturms der Annegionisten gegen das Selbstbe. stimmungsrecht der Völker erklärt die sozialdemokratische Reichstagsfraktion erneut, daß ein freundnachbarliches Ver­hältnis und ein dauernder Frieden nur möglich ist bei ehr­licher Durchführung des demokratischen Grundrechts der Selbstbestimmung der Völker.

Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion fordert des= halb, daß den beteiligten Völkern die freie vollkom men unabhängige Willenserklärung ga­rantiert wird.

Die letzte Entscheidung über die innere und äußere staatsrechtliche Gestaltung der in Betracht kommenden Ge­biete muß verfassunggebeußen, aus allgemeinen glei chen, direkten und geheimen Wahlen hervorge­gangenen Landesversammlungen oder Volksatstim= mungen überlassen werden.

Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion billigt cin­mütig das Verhalten ihrer Vertreter im Hauptausschuß und ist entschlossen, jedem Mißbrauch des Selbstbestimmungsrechts zum Zwecke ver­schleierter Aunnegionen mit Entschieden­heit entgegenzutreten.

Die grundsätzliche Stellung unserer Fraktion zu den schwebenden großen Problemen ist hier mit voller eindeutiger Klarheit zum Ausdruck gebracht. Der Versuch der Annerio­nisten, das Selbstbestimmungsrecht der Völker zum Zwede verschleierter Annexionen zu fälschen, wird mit nicht zu über­bietender fachlicher Schärfe zurückgewiesen.

Es ist klar, daß dieser Beschluß, der mit Vorbedacht tak­tische Konsequenzen noch nicht zicht, solche Konsequenzen unter bestimmten Umständen mit Sicherheit zur Folge haben muß. Die Reichstagsfraktion ist entschlossen, jedem Mißbrauch des Selbstbestimmungsrechts zum Zwecke verschleierter Annerionen mit Entschiedenheit entgegenzutreten." Jene, die einen solchen Mißbrauch ins Werk sezen wollen, wissen also, daß sie mit der entschlossenen Gegnerschaft der Sozialdemokratie zu rechnen haben.

Die sozialdemokratische Partei ist sich des ungeheuren Ernstes der Lage vollkommen bewußt. Die unter dem über­patriotischen Banner des Alldeutschtums und der Vaterlands­partei marschierende Reaktion will zu einem entscheiden den Schlage ausholen. Ihr Bestreben geht dahin, die bür­gerlichen Parteien unter der gegenwärtigen Regiernug oder noch lieber unter einer zu bildenden neuen gegen die Sozial­demokratie zu sammeln, den nationalistischen Terror zu or­ganisieren und ihr außen- und innenpolitisches Programm mit allen Mitteln, die ihr der Kriegszustand zur Verfügung stellt, durchzuführen. Reichstagsbeschlüsse und Regierungserklärungen für den Frieden sollen in Fezzen gerissen werden. Der preußische Wahlrechtsentwurf soll ihr Schicksal teilen. Alle die, ach so be­scheidenen, Fortschritte der sogenannten Neuorientierung hin­sichtlich der Gleichberechtigung der Parteien und wirtschaft­lichen Organisationen sollen rüdgängig gemacht werden. Los von der Sozialdemokratie!" ist die Parole. Oder noch richtiger Los auf die Sozialdemokratie!"

Diesen Bestrebungen stehen wir mit ruhiger Entschlossen heit gegenüber. Sie sind heute schon verurteilt, nicht nur in den Augen unserer eigenen Parteigenossen, sondern auch in denen aller Volksgenossen, die sich den Sinn für Recht lichkeit bewahrt haben. Seit dreieinhalb Jahren ver­teidigt der sozialdemokratisch gesinnte Teil des deutschen

Erfolgreicher Vorftok bei Juvincourt. 15 Flugzeuge, 4 Feffelballons abge: schoffen. Artilleriekampf in Italien . Amtlich. Großes Hauptquartier, 6. Januar 1918.( 23. 2. 8.)

Weftlicher Kriegsschauplah.

Die Feuertätigkeit blieb meist gering. Sie steigerte fich vorübergehend an verschiedenen Stellen der Front im Zu­sammenhang mit Erkundungsgefechten.

Französische Borstöße in der Champagne wurden im Nah­fampf abgewiefen. Bei Juvincourt und nordöstlich von Avo­court brachten eigene nach Feuervorbereitung durchgeführte Unternehmungen ebenso wie ein überraschender Einbruch in die feindlichen Linien westlich von Bezonvaug zahlreiche Ge­fangene und einige Maschinengewehre als Beute ein.

Im Walde von Ailly versuchten die Franzosen zweimal vergeblich, in unsere Gräben. einzubringen.

Am 4. und 5. Januar wurden im Luftkampf und von ber Erde aus 15 feindliche Flugzeuge und 4 Fesselballone ab­geschoffen. Deftlicher Kriegsschauplat

Nichts Neues.

Mazedonische Front. Die Lage ist unverändert.

Italienische Front. Beiderseits der Brenta , im Tomba- Gebiet und am Mon­tello zeitweilig Artilleriekampf.

Der Erste Generalquartiermeister. Ludendorff.

Abendbericht.

Berlin , amtlich, 6. Januar 1918, abends.

Erhöhte Gefechtstätigkeit an der flandrischen Front, südlich von der Scarpe und auf dem Westufer der Mosel . Von den anderen Kriegsschaupläken nichts Neues.

Der österreichische Bericht.

Wien , 6. Januar. Amtlich wird verlautbart: Deftlicher Kriegsschauplatz.

Waffenstillstand.

Italienischer Kriegsschauplaş.

Auf der Hochfläche von Asiago, im Gebiete des Monte Aso­lone, des Monte Tomba und des Montello entwickelten sich zeit­weise Artilleriekämpfe.

Der Chef des Generalstabes.

niemand ein Recht hat, das, was das deutsche Bolf in drei­undvierzig Friedensjahren aufgebaut und in dreieinhalb Ariegsjahren geschützt hat, aufs Spiel zu setzen. Die Liqui dation von Bethmanns Erbe", die unsere alldeutschen Rüd­wärtser anstreben, ist die Liquidation des 4. August, den sie stets gehaßt haben, weil sie in ihm eine verbaßte Gelegenheit sehen, zugleich mit dem äußeren Feind auch mit dem inneren" abzurechnen. Glauben sie diese Gelegen. hat jezt nachholen zu können? Sie werden sich täuschen und Trümmer werden ihren Weg bezeichnen!

Brest- Litowsk .

Verhandlung mit den Ukrainern.

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Brest Litow st, 5. Januar. Gestern und heute fanden in Brest- Litowsk unverbindliche Besprechungen mit der ukrainischen Abordnung statt, die einen befriedigenden Verlauf nahmen.

Frankreichs Imperialisten atmen auf.

Bern , 5. Januar. Die französische Presse veröffent licht lange Telegrammé über den Verlauf der Unterhandlungen in Brest - Litowst sowie Aeßerungen Trogkis und Kamenews, welche die Bedingungen der Mittelmächte bezüglich Polens , Kurlands und Litauens als unannehmbar bezeichnen. Die Blätter geben auch einen Artikel von Iswvestija" wieder, wonach die Regierungen der Mittelmächte, obwohl die Unterhandlungen erst acht Tage dauer­ten, bereits die Maste abgeworfen hätten.

La Presse" schreibt, die lehten Nachrichten ließen auf eine Zuspigung der Friedensverhandlungen schließen, erklärt je­doch ausdrücklich, daß man troß der Schwierigkeiten noch nicht auf ein Scheitern der Verhandlungen schließen dürfe.

Matin" glaubt aus den letzten überraschenden Nachrichten schließen zu fönnen, daß die Unterhandlungen sehr schwierig ber Tiefen. Ein Konflikt bezüglich Polens , Litauens und Kurlands sei schon bei den lezten Verhandlungen ausgetreten, aber die Bolschewitt hätten die Antwort auf die deutschen Friedensvor­schläge nicht veröffentlicht in der Grwartung, in der Zwischenzeit hinter den Kulissen eine Einigung zu erzielen. Da dies nicht ge­schehen sei, müßten Lenin und Trokki jebt eine aggressive und oppositionelle Stellung gegenüber der deutschen Unnachgiebigkeit einnehmen.

"

Petit Parisien" schreibt, Graf Hertling habe nicht recht, wenn er im Hauptausschuß des Reichstages gesagt habe, die Lage sei nicht far. Im Gegenteil, man müsse sich da311 beglückwünschen, daß die Lage fich IIäre, wenn man auch mit Voraussagen zurückhalten müsse.

" Temp3" stellt. an der Hand der ersten Vorberichte über die Sibungen des Hauptausschusses besonders die Diskretion fest, mit der die Nachrichten über die Situngen von der deutschen Bresse berbreitet werden. Das Blatt hält den Augenblid für die Entente für gefommen, die Unabhängigkeit Finnlands amtlich anzuer­fennen.

Yorck.

Wo

Volkes gemeinsam mit den anderen unter heldenhaften Frig Bley in der Deutschen Tageszeitung" auf. Wo bleibt der Yord?", so schrie am 2. Januar Leistungen und ungeheuren Entbehrungen das Land. Sein bleibt der Yorck, dessen die notvolle Zeit hangend und ban Berbrechen ist, sich inmitten dieses jahrelangen Schlachtens gend wartet? Jit nicht einer unter allen Paladinen?" nach dem Frieden zu sehnen, für ihn zu wirken und für feine Ueberzeugungen einzutreten. Mit diesen Worten wurde in der alldeutschen Presse der Generalstreik zum Prinzip erhoben: der Streik des Der Beschluß der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion Generals. zeigt, daß sie sich nicht beeinflussen läßt von Einschüchterungs- Streif des Generals ein gefährliches Prinzip, das absichten, die sie kennt. Sie steht dafür ein, daß Erklärungen der uns die alldeutsche Presse da verkündet hat. Wie weit soll Regierung, die im Einklang mit Beschlüssen des Reichstags es sich nach Ansicht der Audeutschen erstrecken? Nur auf die abgegeben worden sind, ehrlich durchgeführt werden Paladine" des Herrn Friz Bley? Oder auf alle Gene­müssen, und sie verteidigt damit, um es wieder und wieder räle? Vielleicht noch weiter? Auf alle Offiziere? Hat doch zu sagen, die Ehre der Nation, die an jene Erklärungen nach der Friedensresolution des Reichstags der alldeutsche gebunden ist. Sie verteidigt die 3 ukunft der Nation wie Professor to ethe es mit seinem völkischen Gewissen verein­nach außen so auch gegen Kräfte im Innern, die sich in kurz- bart, öffentlich zu erklären, daß er jetzt keine Lust mehr habe sichtiger Verblendung an den wahren Zukunftsinteressen des zu kämpfen, und schrieb doch nach der deutschen Erklärung in Boltes aufs schwerste versündigen. Brest- Litowsk vom 25. Dezember 1917 ein alldeutsches Or­gan: Wie kann man unserm herrlichen Volfe jetzt noch zu­muten weiter zu kämpfen..." uff. uff.

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Alle Zeichen sprechen dafür, daß dieser Kampf vor einem neuen Höhepunkt steht. Und darum sind wir froh, daß die Reichstagsfraktion in diesem Augenblic eine flare unb Aber bleiben wir beim Generalstreit", dem von Friz feste Sprache geführt hat. Für das, was wir für recht Bley zum Brinzip erhobenen Streifrecht der Balade". LES halten und was nach unserer Ueberzeugung dem Wohl des ist ja nicht einmal Herrn Blens persönliche Erfi schrie Boltes dient, treten wir ein. Mögen andere ihre Berant- doch schon ein paar Tage vor ihm ein Helgoländer of wortung mit so gutem Gewiffen tragen wie wir die unjere. in der Deutschen Zeitung":