Nr. 27. 35. Jahrg.
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Sonntag, den 27. Januar 1918.
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Die tiefe Bewegung, die heute durch die Völker der ganzen Welt geht, soll nicht mißdeutet, nicht zu volksfeindlichen Zweden mißbraucht werden. Es ist zuviel verlangt, daß die Seismographen, deren Beruf es ist, das Erdbeben zu verzeichnen, in Deutschland stillstehen sollen, wenn sich die ganze übrige Erde in Krämpfen windet. Solchen Erscheinungen gegenüber ist ruhige Beobachtung eher am Blake als topfloser Lärm, der die Panik vermehrt.
Der Staatssekretär im Reichsamt des Innern, Herr alraff, hat gestern im Hauptausschuß noch einmal das Dichterwort des Genossen Karl Bröger zitiert, daß dein ärm. Ster Sohn dein getreueſter war", aber er hat es nicht vollftändig zitiert. Es lautet: Herrlich zeigt jetzt deine größte Gefahr, daß dein ärmster Sohn auch dein getreuester war. Dentes, o Deutschlandi"
Das Wort bleibt stehen für alle Zeit. Als sich Deutsch land in seiner größten Gefahr befand, da waren es die schwie ligen Fäuste, die es- ohne zu fragen, wie das alles gekommen war, ohne darüber zu klagen, wie man sie zuvor behandelt hatte aus dieser Gefahr herausrissen. Damals war es Lloyd George , der zu englischen Arbeitern sagte, Deutschland berdanke seine Erfolge mehr als Hindenburg und Ludendorff der Masse seiner Arbeiter. Herr Wallraf hat pflichtgemäß die Gefahren hervorgehoben, die dem Deutschen Reiche aus der Berbrechung feiner inneren Front auch jetzt noch erwachsen Lönnten. Wenn diese Gefahren heute längst nicht mehr so groß sind wie früher, wenn im Osten kein Feind mehr steht und eine Bertrüminerung der deutschen Westfront nicht nur zu den am wenigsten wünschenswerten, sondern auch zu den am mergiten wahrscheinlichen Dingen der Welt gehört, o verdankt Deutschland das seinen Arbeitern, die daheim feine Rüstung schmiedeten und die sie draußen kämpfend und fterbend trugen. Dentes, o Deutschlandi Hat Deutschland dessen gedacht, und denkt es dessen heute noch? Wie war denn die Stimmung, aus der die Rhythmen Brögers herausströmten?" uns treibt nicht Eroberungsluft." " Nicht für fremdes Land bluten und sterben Deutschlands Söhne." Und weniger pathetisch, doch nicht weniger inhaltsreich: ch bestimme hierdurch, daß der dem Landtag vorzulegende Gefeßentwurf auf der Grundlage des gleichen Wahlrechts aufzustellen ist."
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Was wäre wohl geworden, wenn man den deutschen Arbeitern in der Zeit der größten Gefahr gesagt hätte: hr blutet und sterbt für Kurland , Litauen , Longwy , Brien, für die Vernichtung der belgischen Selbständigkeit und die Reform des preußischen Herrenhauses"?? Die Bewegung, die durch die Massen des arbeitenden Volkes geht, beruht auf tiefsittlichen Gründen. Sie ist heute muß offen gesprochen werden der Befürchtung entsprungen, daß man sie irregeführt hat. Sie wollen sich aber nicht irreführen lassen, sondern an ihren Bielen festhalten. Unzähligemale ist es seit Anbeginn dieser Menschheitstragödie von ihren Vertretern im Reichstage erklärt worden:„ Wir kämpfen für unser eigenes Land, nicht für Eroberungen. Wir fämpfen auch nicht für das Deutschland , wie es vor dem Kriege war, sondern für das Deutschland , das nach dem Kriege werden soll, für ein freies Baterland."- Nie ist ein Pakt ehrlicher gehalten worden, als dieser von den Arbeitern gehalten worden ist!
maßende Treiben muß auch auf Nerden wirken, die den zer-[ tionalversammlung einzuberufen. Trotti begründete diese rüttenden Einflüssen eines dreieinhalbjährigen Krieges leid- Maßnahme in seiner auf die Vorwürfe des Generals Hoff lich widerstanden haben, noch vielmehr auf solche, die durch mann antwortenden Rede zu Brest Litomst u. a. fol den Kriegstod von Angehörigen, ueberarbeit und leibliche genderweise: Entbehrungen aus dem Gleichgewicht gebracht sind. Urfachen- Wirkungen!
Dies alles muß man bedenken, wenn man die Vorgänge, die sich auf der Oberfläche und unter ihr abspielen, richtig beurteilen will. Und darum nochmals: ruhig beobachten ist besser als poltern oder gar drohen. Die deutschen sozialdemofratischen Arbeiter, auch jene, die zu den Unabhängigen stehen, sind keine Bolsche wiki. Weder von der äußersten Rechten noch von einer faum sichtbaren alleralleräußersten Linken lassen sie sich die Absicht aufreden, den Weg zu ihrem Glück über die Niederlage und über den Bürgerkrieg zu fuchen. Sie wollen das Notwendigste, das sie zu ihrer Ernährung brauchen, sie wollen den Frieden und sie wollen ein außen und innen freies Deutschland . Dies zu wollen treibt sie ihre Natur, und wo sie an Schranken stoßen, bäumen fie fich auf, gleich wie ein gestauter Strom aus seinen Ufern heraustritt.
" Der weißrussische Volksrat sette sich aus Vertretern der weißrussischen Agrarier zusammen und hatte versucht, sich eines der jenigen Stükpunkte zu bemächtigen, die Gigentum des weißrussis stoßen ist, so rührt dieser Widerstand von den Soldaten her, unter fchen Boltes sein müssen. Wenn der Volksrat auf Widerstand gestoßen ist, so rührt dieser Widerstand von den Soldaten her, unier denen in gleicher Weise Großrussen, Weißrussen und Kleinrussen ( Ukramer) vertreien waren."
Der weißrussische Nationalausschuß beröffentlicht dagegen eine Erklärung, die der Berner Bund" mitteilt:
" Die russische Umwälzung hat allen Nationalitäten, bie Ruß land bewohnen, die Möglichkeit geboten, in Ausübung des Selbstbestimmungsrechts fich in kultureller und nationaler Beziehung ungehindert zu entwideln. Das weißrussische Volt, das bisher auf dem Standpunkt verharrte, innerhalb des unteilbaren Rußlands sich eine beffere politische Zukunft zu erkämpfen, wartete geduldig, bis die Beruhigung im Reiche auch den Weißrussen die Erringung der ihnen gebührenden Rechte ermöglichen würde. Der Verlauf Das hohe Ziel einer politischen und wirtschaftlichen Neu- der Ereignisse zwingt uns jedoch, unser Borhaben zu ändern. In ordnung, die jedem Menschen freie Entfaltung verspricht, das der Atmosphäre der allgemeinen Bersekung im Reiche find Biel der Demokratie des Sozialismus werden sie die zentrifugalen Bestrebungen der Randgebiete nie aufgeben, aber sie verfolgen es nicht mit großen Redens- allgemein. Die Zentralgewalt wird Gegenstand erbitterter arten, sondern mit festen zaten. So geben sie den Weg, Stämpfe feitens politischer Abenteurer. Wir befürchten, daß solche der nach ihrer lleberzeugung zu einer besseren Zukunft der Bustände für alle Völker Rußlands verhängnisvoll werden könnten Menschheit führt, Schritt für Schritt. Gefährlich ist der und daß die traurige Lage auch auf das weißrussische Land nachVersuch, sie dabei gewaltsam aufzuhalten! teilig einwirten müßte. Durch die Kriegsereignisse in zwei Teile Wir fürchten in diesem Augenblic weniger die Gefahr, zerrissen, läuft das desorganisierte Weißrugland Gevon der Herr Walraff sprach, als eine andere. Man kennt das fahr, ein Schauplab politischer Kämpfe zu werden. deutsche Volf als das rubigste, geduldigste der ganzen Welt. Unser Land, seit jeher ein Gegenstand blutigen Streites zwischen Begänne diefes Volf in feinen breiten Schichten von tiefer den Großrussen und Polen , beansprucht sein Recht auf Freiheit und Unruhe erfaßt zu werden, so ließe sich niemand einreden, daß Selbständigkeit. Angesichts der erwähnten Gründe weist das weißdies nur die Frucht gefährlicher Agitationen", und nicht viel russische Volt jede unberufene Bevormundung zurüd und ermehr noch die Frucht eines unhaltbaren Regierungssystems Lärt die russische Zentralregierung für nicht be. fei. Die gefährlichsten Agitationen" bleiben vollkommen un- ifugt, unser Band zuleiten. Wir nehmen die Organisation gefährlich, wenn die Masse des Volkes weiß, daß sie in dem Staate, in dem fie lebt, zu ihrem Recht kommt. Vorgestern hat Bauten in aller Ruhe und Ordnung gesprochen, und fäme es heute zu allgemeinen Wahlen, so flänge es aus dem Solche größten Teil des Deutschen Reiches wie von dort. Stimmen muß jede Regierung respektieren, die die innere Front" ungebrochen erhalten will. Jeder Gedanke an einen Versuch, dem Volf friegsverlängernde Ziele aufzudrängen für die es nie gefämpft hat, oder ihm Rechte vorzuenthalten, die ihm versprochen worden sind, wirkt zerrüttend. Das ist heute die größte Gefahr.
der weißrussischen nationalen Bewegung in unsere Hände und er. lären Weißrubland als ein unteilbares autonomes 2and. Unsere Selbstverwaltung ist das unverjährte Recht unseres selbständigen Volkes, das das großrussische Volk unter dem Barenregime den Weißruffen entzogen hat. Von nun an wollen wir über die Geschice unseres Landes allein verfügen."
Die Weißrussen wünschen also gleich den übrigen Fremdvölfern Rußlands , innerhalb des russischen Staatenbundes zu verbleiben, aber eine ungestörte Selbstverwaltung auszuüben.
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Der Bürgerkrieg in Rußland . Blutige Prozession in Moskau . Kämpfe in Finnland . Stockholm , 25. Januar. Aus Petersburg wird berichtet, daß es bei den Kampfen anläßlich der Eröffnung der Konftituante angeblich 400 Tote gab. Stockholm , 24. Januar. Laut einem Telegramm aus Helsingfors wärtige Angelegenheiten der österreichischen Delegation über das an Stockholms Tidningen" haben sich einem Gerücht zufolge drei beantragte Bertrauensvotum für den Minister des Auswärtigen Garderegimenter auf die Seite der Konstituante Czernin fand erst in später Nachtstunde statt. Das Bertrauensvotum gestellt und den Kampf gegen die Bolschewiki aufgenommen. Petersburg, 24. Januar. ( Meldung der Petersburger Telewurde mit Zweibrittelmehrheit, nämlich mit 14 gegen 7 Stimmen, Meldungen aus Finnland berichten bon angenommen. Die 7 Stimmen der Opposition sehen sich aus graphen- Agentur.) 4 Stimmen der Tschechen und Südflawen und 3 Stimmen der Ber: Kämpfen zwischen der Roten und Weißen Garde. In Wiborg Heute tauchen die Gefahren der Kriegsverlänge: Sozialdemokraten zusammen. Der polnische Sozial- Roten Garde genommen. Es geht das Gerücht, daß im Norden Heute tauchen die Gefahren der Kriegsverlänge. treter der tschechischen, italienischen und deutschen fanden blutige Zusammenstöße statt. Der Bahnhof wurde von der rung durch offene oder schlecht verhehlte Annexionen und demokrat Daszynski enthielt sich der Abstimmung. Finnlands bei Such wa ein heftiger Kampf wütet. der inneren Reaktion riesengroß auf. Die EntbehStockholm, 24. Januar. Boa Finnland sind mehrere russische rungen steigen und zu der Sorge um die Lieben draußen geVerantwortlich für den äußersten Osten. Militärzüge nach Petersburg abgegangen. In Finn land selbst gestaltet sich die Lage immer drohender, an mehreren behalten nach Hause führen, eine schlechte aber sie verderben Eine Drohung Japans an Rußland . Orten liegen Schutzgarden im Kampf mit Roten Garden. fönnte. Deutschland ist, nicht zuletzt durch die Tat seiner Ar- Paris, 25. Januar. Agence Havas meldet ans Zokio vom Petersburg, 24. Januar. ( Reuter.) Während in der Hauptbeiter, so weit, daß es einen Frieden, der ihm von Siegern 24. Januar: Bei der Eröffnung des japanischen Barlaments hielt stadt tein Blutvergießen stattfand, wurden am Dienstag im Zentrum diktert wird, nicht mehr zu fürchten braucht. Und nun Ministerpräsident Graf Zeranchi eine Rede, in der er sagte: Die von Moskau 30 bis 40 Personen getötet, 200 bertoundet, einschließfordern die Arbeiter die gute Politik, die im Glück maßhält, Bendung der Ereignisse in Rußland ist für uns ein liche vieler Frauen und Kinder. Gine große Prozession der gefährlichen Uebermut meidet und ohne Not kein Blut ver- Gegenstand ernstester Sorge. Wir wünschen, daß Ruß Bolsche wifi mit mehreren Maschinengewehren, Panzerwagen, gießt. Sie wollen, daß man ihnen die Ruhe des Gewissens land fich eine dauerhafte Regierung schafft, indem wir feststellen, daß Ravallerieabteilungen, bewaffneter Roter Garden, sowie öfterwiedergibt, indem man ihnen Gewähr für eine solche Politik die Unordnung leider auf Ostafien übergreift. Es ist reichischen, deutschen und türkischen Gefangenen gibt! zu befürchten, daß sie den Frieden im äußersten Often bedroht, der tam um 1 Uhr am Theaterplat an, wo Tausende zuDie bisherige Haltung der Regierung ist nicht geeignet, bie Grundlage für die Politit unseres Reiches bildet. Wenn diese schauer sich versammelten. Als ein paar Revolverschüsse, offenbar jeden Zweifel und jedes Mißtrauen im Reim auszurotten. Unruhen unsere nationalen Interessen bedrohen, wird die Regieals Provokation, abgegeben wurden, folgte eine furchtbare Panit, Aber ehrlicherweise muß gesagt werden, daß die Erregung rung die geeigneten Maßnahmen treffen. weniger auf das Verhalten der Regierung selbst zurückzuwildes Gewehr- und Maschinengewehrfeuer von den Soldaten und Der Minister des Auswärtigen, Baron Motono, unterstützte der Roten Garde in der Prozession. Der Moskauer Sowjet führen ist als auf das Treiben einer Herrenschicht, die diese Worte und fügte hinzu: Die Berantwortung für die versichert, daß die Schüsse aus den Fenstern von noch immer nicht einsehen kann, daß die Zeit für sie vorbei Aufrechterhaltund der Sicherheit im äußeren brei Hotels, wo Maschinengewehre aufgestellt waren, abgefeuert ist. Sie will die Größe der Opfer bestimmen, die das Volk Often fällt auf Japan ; es darf vor keinem Opfer zurück- wurden. Daraufhin wurde aus den Panzerwagen auf die zu tragen hat, und kennt darin weder Maß noch Ziel. Sie schreden, um einen dauerhaften Frieden zu sichern. will bestimmen, was dem Bolfe an Freiheiten und Rechten zu
sellt sich der quälende Gedanke, daß eine gute Politik sie wohl
Stadt gefeuert.
zumeffen sei und maßt sich die Vormundschaft über alle, auch Selbständigkeits- Erklärung Weißrußlands. zeraterinoslow Kämpfe zwischen den Sozialrevolutionären
über den König von Preußen an, indem sic heute in ihrem Hauptorgan erklärt: wenn sie seinen Willen bekämpfe, wahre
Die Marimalisten haben den weißrussischen Volksrat auf- und der Roten Garde stattgefunden, wobei die lettece sie die Nechte der Monarchie". Dieses unerträglich an- gelöst, der im Begriffe war, eine eigene konstituierende Na- Sieger blieb. stod