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Nr. 36. 35. Jahrg.

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Telegramm Adreffe

Sozialdemokrat Berlin".

Vorwärts

Berliner   Volksblaff.

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Zentralorgan der fozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morigplas, Rr. 151 90-151 97.

Die Pflicht der Regierung.

Dienstag, den 5. Februar 1918.

Expedition: Sw. 68, Lindenstraße 3. Wernfbrecher:. Am: Wtorisplat, Nr. 151 90-151 97.

recht, welches fast das ganze Volk verlangt, sondern jenes war dann vor allem zwei Möglichkeiten. Es bleibt die Möglich­zurückgestellt worden hinter die Beratung der Herrenhaus teit, daß, neben der territorialen Abgrenzung der borlage. Dazu war über das gleiche Wahlrecht im Plenum traine, Fragen besprochen werden sollen, die sich an die Wenn wir den Grafen Hertling richtig verstanden haben, dahin- Rumänien  Wenn wir den Grafen Hertling richtig verstanden haben, in einer Weise gesprochen worden, welche in den großen Volks Kriegsziele anderer Staaten gegenüber, zum Beispiel so überwiegt in seiner Betrachtungsweise der Streitbewegung massen alle Hoffnung auf sein Zustandekommen da bin Rumänien   oder Italien  , ober auf das zukünftige Ber­das friminalistische das politische Element. Der Streifchwinden lassen mußte. Möglich, daß die Sache für hältnis zu einem oder dem anderen dieser Staaten, beziehen. ist für ihn nicht in erster Linie eine politische Willensfund. iemanden, der hinter die Kulissen bliden fonnte, nicht ganz und es bleibt die Möglichkeit, daß, vielleicht in Verbindung damit, ist für ihn nicht in erster Linie eine politische Willenskund- so fritisch aussah, aber das große Bublikum sieht nicht hinter die Regelung ganz bestimmter politischer und wirtschaft­gebung, sondern etwas Berbotenes, Unerlaubtes, worüber es die Kulissen und hält sich an das, was es schwarz auf weiß licher Fragen" zwischen Deutschland   und Desterreich- Ungarn wün gar feine Diskussion geben kann. Seine Weigerung, mit Ver­tretern der Streifenden zu verhandeln, läßt feine andere gedruckt liest. Und da konnte es nur Absage über Absage von fchenswert geworden ist. den Barteien lesen, die im Dreiflassenbause die große Mehr­Deutung seiner Auffassung zu. heit bilden.

Wir wollen uns an dieser Stelle nicht mit dem Stand­punkt des Grafen Hertling auseinandersetzen. Wir wollen vielmehr versuchen, in seine Biychologie hineinzuschlüpfen. Denn wir sind der Ansicht, daß auch die Auffassung des Streifs als einer unerlaubten Handlung die Regierung nicht von der Notwendigkeit sehr raichen, einsichtigen

Handelns entbindet.

Nach der Hertlingschen Auffassung fir bleiben im

Der Reid, stag ist nicht so neugierig wie die Presse, er hat nicht den Wunsch, etwas Näheres zu erfahren, er hat Was aber war der wesentliche Inhalt der Herrenhaus- bielmehr in seiner Mehrheit den Wunsch, zu Hause bleiben zu beratung gerade in der kritischsten Beit? Endlose Neden dürfen. Seltsame Zeiten, fürwahr, seltsame Beiten! wurden darüber gehalten, ob der Kronprinz bei seiner Großjährigkeit ohne weiteres ins Herrenhaus gelangen wurden darüber gehalten, ob der Kronprinz bei seiner oder ob es hierzu erst einer Berufung seitens des Königs bedürfen sollte. Dann unterhielt man sich über die Rechte aller möglichen Fürstenhäuser, der Hohenzollern­

Schweden und Finnland  . Die Interventionsgefahr.

folgenden immer in seinen, nicht in unseren Gedankengängen Sigmaringer, der Augustenburger, der depossedierten Häuser von 1866, der mediatisierten von 1803, darauf kamen die Stockholm  , 4. Februar.( Eig. Drahtbericht d. Vorw.".) haben sich Hunderttausende von deutschen   Arbeitern zu un- Grafen und edlen Herren, der Großarundbesitz, die Groß. Die Aktivistenbeße für Intervention in erlaubtem, verwerflichem Tun hinreißen lassen. Ein wirklich industrie, die Hausbesiger uff. Am Schluß kamen endlich die Finnland   nimmt die schärfsten Formen an, nachdem die sich seiner Verantwortung bewußter Staatsmann wird sich Arbeiter, für welche die Regierung überhaupt keine Vertre. Regierung gegenüber einer Deputation konservativer Pre­nicht mit dem Gedanken abfinden können, dies Tun zu irgend tung vorgesehen hatte. Demgegenüber erschien schon faft leute eine offizielle Einmischung als derzeit unerwarthar be­einer Zeit unterdrückt zu haben oder seine Unterdrückung durch andere mit angeschen zu haben. Er wird sich auch bei seiner großartig ein konservativer Antrag, der unter den 150 vom zeichnete. Die von diesen Breßleuten geplante Freiwilligen­König zu berufenden Herrenhausvertretern der Arbeiterschaft werbung für die finnische Bürgerregierung gibt Gelegenheit Auffassung fragen müssen: Wie war es möglich, we ganze sechs Vertreter fichern wollte, wohlgemerkt, sechs Ber- zu weiterer aktivistischer Demagogie, der auch die gesamte liegen die tieferen Ursachen und wie kann ich diese Ur- treter, auf deren Wahl die Arbeiter nicht den geringsten Ein- übrige Presse, ausgenommen die Presse der Linkssozialisten, fachen beseitigen? fluß haben sollten. ungeachtet der prinzipiellen Ablehnung der Intervention tat­Man mende nicht ein, daß diese Dinge fich zum Teil erst sächlich Vorschub leistet. ereigneten, während der Streif bereits im Gange war. Sie Die attivistische Preffe fällt die Regierung an, weil diese haben sicher nicht zur Beruhigung der Gemüter beigetragen den Waffentransport nach Finnland   für die und find nur das legte Blies deffen, was vorangegangen ist. Schüßenforps verbindere. Auf den Protest Sirolas ber Nehmen wir beispielsweise dent Schleich handel. Sier ist es flicht der Regierung, einen Anfang zu Balmstjerna gegen folchen Transport wies Palmstjerna Si­Alle Einsichtigen sind sich darüber flar, daß ihn noch so machen. Sie fete alle ihre Macht dafür ein, daß der Wahl- rola an, fich diesbezüglich an den Helsingforser schwedischen massenhafte Bestrafungen von Oberbürgermeistern, Stadt rechtsvorlage eine andere Behandlung zuteil wird. Sie fann Gesandten zu wenden. Das Verbot des Waffentransports räten und selbst Polizeioberhäuptern nicht ausrotten werden, es durchsetzen, wenn sie mill. Sie hat im äußersten Falle das entspricht dem von Schweden   gegenüber allen Kriegführenden fc dern daß er nur durch schärfere Beschlagnahme mittel der Auflösung des Abgeordnetenhauses. Hier fann sie durchgeführten Verhalten. Der Einwand, daß Finnland   feir der Lebensmittel beim Erzeuger beseitigt werden fann. Die etwas tun, wenn sie will. Und das Interesse des Landes ver- friegführender, sondern ein neutraler Staat fei, ist formell Beseitigung der sozialen Ursachen ist bei allen Massendeliften langt dringend, daß etwas getan werde. zehnmal wichtiger und erfolgversprechender, als die Be­strafung; die Vorbeugung ist gegenüber der Ab­schreckung das ungleich wertvollere Mittel.

Für den Grafen Hertling ist der Streit ein Kriminalfall. Aber bei plötzlicher Häufung einer bestimmten Art von Strafvergeben wird sich feine einsichtige Regierung dabei be­ruhigen, daß Strafurteile gefällt werden.

Das muß man sich gerade auch dann sagen, wenn man die Das Urteil gegen den Reichs­

Dinge vorwiegend friminalistisch beurteilt. Rechtsstehende Blätter äußern ihre hohe Befriedigung über die Unterdrückung des Streifs. Wir wissen nicht, ob Graf Hertling   von dem Ver­lauf der Dinge ebenso befriedigt ist. Aber, auch wenn dies der Fall sein sollte, so hätte er sich als Staatsmann darüber klar zu

richtig, aber zweifellos würde die Intervention die Non­fliftgefahr mit Rußland   verschärfen, da fin­nische Schüßen die russischen Garnisonen gewaltsam zu ent­waffnen streben. Viel bemerkt wird das an die Alandsbewoh­ner, die eine Vereinigung mit Schweden   anstreben, gerichtete Wort des Königs, welches diese Frage als zwischen Schweden  

tagsabgeordneten Dittmann. d Finnland   zu lösende bezeichnet und Rußland   ungenannt

Zeitungsverbote.

läßt.

Die Aktivistenheze darf nicht unterschätzt werden, da Wolffs Bureau meldet vom gestrigen Montag: In der einerseits der Gedanke der Befreiung Finnlands   von Nuß­sein, daß die mechanische, äußerliche Beilegung des Konflikts heutigen Sitzung des außerordentlichen Kriegsgerichts vor land in der Tradition lebt, andererseits die bougeoise Klaffen­recht notwendig macht. Kurzum, wenn Graf Hertling   Reichstagsabgeordneten Dittmann von der feine innere Beilegung nicht überflüssig, sondern erst dem Landgericht II stand die Hauptverhandlung gegen den solidarität hier den ideologischen Mantel der nationalen Soli­darität mit den finnischen   Schweden   umhängt. auch mit den Streifenden während des Streifs nicht ver­In Finnland   fällt nämlich die Klassenschichtung allge­handeln wollte, so wird ihm doch sein inneres Berantwortungs- Partei der Unabhängigen Sozialdemokraten an. Borsigender mein mit der nationalen zusammen. gefühl zwingen, wenn auch nicht mit den Personen, so war Landgerichtsdirektor Leue, Berichterstatter Kriegsge- finnische Proletariat als Ableger und Vasallen eines groß­doch mit ihren fachlichen Forderungen, wenn auch richtsrat Dr. Koehler, Verteidiger die Rechtsanwälte Haase russischen Bolichewismus hinstellt, sucht man die schwedische nicht während des Streiks, so selbst nach dem Streit in und Dr. Herzfeld. Bourgeoisie Finnlands   als wahre Bertreterin der finnischen  Berhandlung zu treten". Unabhängigkeit auszugeben, obzvar dieselbe sich noch vor einigen Monaten gegenüber der damaligen sozialistischen  Landtagsmehrheit auf die russische Koalitionsregierung ftigte.

Der Berichterstatter beantragte wegen versuchten Landes­Die rechtsstehende Presse empfiehlt dem Reichskanzler verrats   in Tateinheit mit Bergehen gegen§ 9b des Gesezes allerdings gerade das geeignete Verfahren. Ihr ist der über den Belagerungszustand und wegen Widerstandes gegen Streif willkommener Anlaß, gegen alle Forderungen die Staatsgewalt 6 Jahre Buchthaus und Verlust des Volkes aufzutreten. Dabei bewegt sie sich in sonder baren Birfeln. Einmal bezeichnet sie es als großen Beweis der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer der Reife des Bolts, daß nur ein angeblich fleiner Bruchteil on 5 Jahren. Das Gericht erkannte auf gestreift habe, dann aber ist ihr der Streik wieder ein Beweis

gegeben haben".

Ginstweilen scheint die liberal- fozialistische Roalition Schwedens   einer Intervention noch abgeneigt, wobei wohl die Furcht mitwirft, daß bei dem dann unvermeidlichen Konflikt zwischen der wohlorganisierten 5 Jahre Festungshaft fonservativen Partei und dem rebolutionären Teil des Pro­für die politische Unreife der großen Volksmassen. Die Ber  - wegen versuchten Landesverrats in Tateinheit mit Vergehen letariats der Liberalismus zerrieben und auch die gemäßigte liner Neuesten Nachrichten" beschwören sogar die Regierung. die Macht nicht aus den Händen zu geben, die ihr die be- gegen das Gesetz über den Belagerungszustand und auf 2 Mo- Sozialistenpartei gefährdet würde. Besonders kritisch würde nate Gefängnis wegen Widerstandes gegen die Staatsgemalt. die Situation, wenn die Bedenken verschwänden, durch Inter. ſtehenden Gesetze zum Schutz der Arbeitswilligen Das Gericht nahm das Vorhandensein mildern der Um- vention auf der Innenfeite anzustoßen, was nicht Noch viel zahlreicher sind die Versuche, die Regierung ft än de an und erkannte auf Festungshaft, weil es nicht fest- ausgeschlossen ist, wenn die Entente die Hoffnungen auf Nuß­land endgültig verliert und vielleicht auch bei Schweden   ent­vom Wege des gleichen Wahlrechts abzudrängen. Läßt stellen zu können glaubte, daß die Straftat aus einer ehrsprechende Konzessionen in der Tonnagefrage erhält. sich die Regierung hierauf ein, so würde sie, um in Hertling. Iosen Gesinnung entsprungen wäre. Jedenfalls ist die Gefahr, in die Welthändel schen Gedankengängen zu bleiben, etwa ebenso verfahren, als Wegen unerlaubter Veröffentlichung eines Berichts über bermidelt zu werden, für Schweden   jetzt die ernsteste wenn sie drafonische Strafen auf den Schleichhandel sette, die Verhandlung sind folgende Beitungen verboten: Bost", seit Kriegsbeginn. gleichzeitig aber die Nachprüfung der Lebensmittelbestände Deutsche Tageszeitung"," Deutsche Zeitung"," Deutscher bei den Erzeugern aufheben würde. Ein Nachgeben an die Kurier"," Deutsches Lehrerblatt"," Berliner   Blatt" und Wünsche der Reaktion hieße, nach der Beendigung des Ge­schehnisses die Ursachen, aus denen es erwachsen ist, noch zu verstärken und zu vergrößern. Ein verantwort. licher Staatsmann wie Graf Hertling   wird mit Recht be­zweifeln müssen, ob eine solche Methode der Erzeugung einer Stimmung dienlich ist, wie gerade er sie wünscht und wünschen muß.

Reichsbote".

"

Wir sind infolgedessen nicht in der Lage, über den Prozeß berichten zu können.

Was soll die Berliner   Konferenz? Und wo bleibt der Reichstag?

Es wird jebt viel die Frage der Verantwortlich. feit für den Streif diskutiert. Fest steht, daß die Sozial- Ueber die Berliner   Konferenz, die von W. T. B. mit demokratie an dem Ausbruch des Streits durchaus unbe- großer Feierlichkeit angekündigt wurde, ist in der Presse ein teiligt ist. Ebenso fest steht aber auch, daß sie seit Wochen und Monaten die Regierung gewarnt und immer wieder ge­warnt hat. Sie kannte die Stimmung in den Massen und wies immer wieder auf die Mittel hin, der Unzufriedenheit abzuhelfen.

großes Rätselraten entstanden. Was sollen Kühlmann, Ludendorff, Czernin  , Wedel   in Berlin  ? Das Berl. Tagebl." z. B. schreibt:

Die Verhandlungen von Brest  - Ritow& werden natürlich nicht unerörtert Bleiben, aber sie werden bei dieser Beratung an­Ein Einziges sei hier angeführt: Gerade in den Tagen scheinend nicht im Vordergrunde stehen. Wenn man sich weiter auf der größten Erregung tagte die Wahlrechtskommission des Kombinationen einlaffen will, so wird man die Ursache der Berliner  Abgeordnetenhauses. Aber sie beriet nicht das gleiche Wahl- Busammenkunft also anderswo suchen müssen und es bleiben

Der Bürgerkrieg in Finnland  . Das Eingreifen der Petersburger   Regierung. Einem Funkspruch zufolge hat die Petersburger   Regie­rung dem Präsidenten der Regierung der finnländischen Re­publik, in Beantwortung seiner Mitteilung, betreffs Ein­mischung russischer Truppen in den Bürger­tampf im Innern Finnlands  , folgendes mitgeteilt: Die russische   Regierung erachtet zusammen mit Ihnen die se= waltsame Einmischung ruffifcher Truppenteile in die inneren Angelegenheiten Finnlands   für unzulässig, ebenso, soviel wir wiffen, auch vom Gesichtspunkt des revolutionären finnländischen Proletariats. Aber jene Nachrichten, die wir von diesen Teilen und ihren Mannschaftsbeständen haben, daß die gegen revolutionären hauvinistischen Elemente baten angreifen, auf Eisenbahnzüge schießen, u. a. m., rufen der finnländischen Bevölkerung russische Sol wirkliche Selbstverteidigungsmaßnahmen hervor. Zu­fammen mit Ihnen halten wir für unbedingt notwendig, in kürzester Frist Finnland   von russischen Truppen zu reinigen.