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fTe. 37 1918

Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Seelenärztliche Heilmethoden.

Mittwoch, 6. Februar

Explosionsheizungen.

Bes

ver­

Von Dr. Bruno Saaler( Charlottenburg ). Bestrebungen frankhafte Erscheinungen auf psychischem Wege zu Beeinflußen, sind so alt wie die Medizin. Schon der griechische Arzt Asclepiades foll eine Art Hypnose angewandt haben, indem er aufgeregte Stranke durch Reiben in Schlaf versetzte, und der im 2. Jahrhundert n. Chr. lebende Arzt Coelius Aurelianus wußte fchon, was heute noch immer nicht Gemeingut aller Aerzte ist, daß Störungen der seelischen Vorgänge nicht mit Arzneien, sondern mi psychischen Mitteln zu befämpfen sind. Richtsdestoweniger begann die eigentliche Aera der Psycho­therapie erst mit der Geburt der wissenschaftlichen Bihchiatrie zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Allerdings ist die Lebre bom tierischen Magnetismus, die von dem Wiener Arzt Mesmer in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts aufgestellt wurde und in der des im 16. Jahrhundert lebenden Arztes Theophrastus Paracelsus ihren Vorläufer hatte, die Grundlage für eine Behandlungsart geweien, wie sie auch heute noch geübt wird; indessen kann hierbei von einer eigentlichen psychischen Heilweise aus dem Grunde nicht gesprochen werden, weil Mesmer seine Erfolge nicht, toie es in Wirklichkeit der Fall war, der suggestiven Beeinflussung seiner Aranten, sondern einer magnetischen Kraft, die er sich zuschrieb, berdaufen zu müssen glaubte. Aus dem gleichen Grunde find die Behandlungsarten der durch den Mesmerismus" beeinflußten, Heil­magnetiseure" nicht als pinchische anzusehen, wenn auch die Erfolge, die fie bei manchen Stranten gelegentlich erzielen, duro Suggestion, also durch einen psychischen Mechanismus, herbeigeführt werden. Die günstige Wirkung entsteht in diesen Fällen lediglich durch den Glauben des Kranten an die Heilkraft der vorgenommeren, an fich völlig gleichgültigen Prozedur, der ja bei jeder ärztlichen Maßnahme einen nicht zu unterschäzenden Heilfaktor bildet. Von wirklicher Biychotherapie unterscheidet sich das Vorgehen der genannten fur pfuichenden Laien aber sehr wesentlich dadurch, daß nicht, wie un bedingt gefordert werden muß, nach genauer Untersuchung eine zielbewußte Behandlungsart gewählt, fondern unterschiedslos eine in der Hauptsache auf Täuschung berechnete Heilmethode be­folgt wird, die oft genug Schaden stiftet, wenn sie auch gelegentlich von Nugen sein lann. In wiffenichaftlicher Form wurde die Bedeutung der Euggeftion und der lediglich durch Suggestion zu erklärenden Hypnose für die Heilung psychischer Störungen zuerst von dem französischen Arzt Ziebault im Jahre 1866 in einem auffebenerregenden Wert dar­gelegt, das die Grundlage für den großzügigen Ausbau der hyp­notischen Heilmethode durch die französischen Professoren Bernbeim und Charcot in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts bildete und dessen Lehren im wesentlichen auch heute noch Gültig Teit haben. Wir verstehen seitdem unter Hynose einen schlaf­ähnlichen Zustand, der auf dem Wege der Suggestion zu erzielen ist, und in dem wiederum eine erhöhte Empfänglichkeit für fuggestive Die finnisch ungarische Stammesverwandtschaft, die fürzlich Beeinfluffung besteht. Die Beseitigung auf pincifchem Wege ent- burch Entsendung einer Abordnung der Universität Helsingfors im ftandener Störungen in der Hypnose gefchieht daber nicht anders Namen der neuen finnischen Republit an die ungarische Regierung als durch Ausnutzung dieser erhöhten Beeinflußbarkeit von feiten ihre neue Besiegelung gefunden hat, reicht bis in ferne Urzetten des Arztes zum Zwede einer Suggestion, wie sie auch in wachem zurück. Recht ist fie eigentlich erst durch die vergleichende Sprach­Bustande angewanet werden fann. wissenschaft wieder erkannt worden, die auf Grund ihrer Forschungen Die Vorherrschaft der Suggestion und Hypnose auf dem Gebiet sowohl die Bewohner Finnlands wie die ungarischen Magharen als der Pinchotherapie war aber nicht von Dauer. Die Erkenntnis, daß zu der gleichen ugro- finnischen Gruppe des uraltaischen Sprachen­es eine große Anzahl psychischer Leiden gibt, vor allem die eigent stammes gehörend festellten. Die uraltaischen Völker, im weiteren lichen Geisteskrankheiten, die der suggestiven und hypnotischen Be- Sinne gleichfalls Finnen genannt und auch von Tacitus unter genni handlung durchaus unzugänglich find, ferner die Erfenninis, daß als die Bewohner Osteuropas bezeichnet, hatten ihre Urfiße vom Altai in durch diese Heilmethoden oft genug die Symptome nur schwanden, Jnneraften bis über den Ural. Sie umfaßten die türfifchen, tunguftichen, anderen Platz zu machen, führte schließlich für ihre famojebischen Stämme und das sich beiderseits des Ural von der Wolga bis Anwendung zu einer ganz bestimmten engen Umgrenzung und zum Db erftredende ugrische Land, die eigentliche Heimat sowohl brachte wieder die allmählich auf Grund der wachsenden Kenntnis der baltischen Finnen wie der Ungarn , deren Namen auch hiernach psychischer Krankheiten entstandene Behandlungsart zu Ehren, die abgeleitet ist. Im Norden dieses Gebietes, also etwa in der Lundra, im wesentlichen dem Arzt die Aufgabe stellt, dem Kranken freund wohnten damals die jegigen baltischen Firmen, worauf auch die dort Der Nationalfonds der Tataren. Die tatas schaftlicher Berater und ärztlicher Erzieher zu sein und deswegen gebräuchlichen finnischen Bauarten hindeuten, den südwestlichen Teil ganz besondere Anforderungen an dessen Bersönlichkeit stellt. Wohl dagegen hatten die Magyaren inne, die damit unmittelbar an die rische Bevölkerung in Südrußland hat ihren Drang nach Unab wollender Sinn, große Geduld, Selbstbeherrschung, eine besondere türkischen Stämme grenzten, woher sich wohl auch die türkischen hängigkeit auch in praktischer Richtung hervorragend betätigt durch die Stiftung eines Nationalfonds, der bereits die Höhe von andert Freiheit von allen Vorurteilen, ein aus einer reichen Welt- Sprachenanflänge bei ihnen ableiten. Dem allgemeinen Drude bom, halb Millionen Rubel erreicht hat. Diese Summe ist in etwa einem fenntnis gefchöpftes Verständnis der Menschen, Gewandt- Often aus Innerafien her, der die türkisch- tatarischen Böller gegen Monat gesammelt worden, nachdem die erste Nationalversammlung heit der Konversation und eine besondere Neigung zu die Ostmarlen Europas warf, vermochten auch die ugrischen Finnen feinem Beruf, die ihn allein über deffen vielfache Mühen und nicht zu troßen und traten eine Verschiebung nach Westen an anfang Dezember einen Ruf zur allgemeinen Teilnahme hatte er Anstrengungen hinwegfest", das find die Eigenschaften. Während bierbei die in der Mitte des ugrischen Gebietes gehen lassen. die Griefinger, der Altmeister der deutschen Psychiatrie, als wohnenden Ditjacken und Wogulen westlich des Urals gelangten,- Der Erfinder der Margarine. Die Erfindung Borauslegungen für eine erfolgreiche Behandlung feelisch Leidender wurde die westwärtige Bewegung im Norden von den baltischen der" echten" Margarine gelang in Paris während der Belagerung fordert. Daß die Persönlichkeit des Arztes allein aber nicht hierzu Finnen bis an das Weiße Meer und auf die Nordhälfte Standina einem französischen Chemiter namens Mouries, und zwar durch befähigt, daß vielmehr tiefste Einsicht, die nur durch sorgfältiges viens getragen, im Süden von den Magyaren bis an die Donau Studium und jahrelange Erfahrung erworben werden kann, unent- fortgefeßt, beiderseits deren sich die eingedrungenen Magyaren nun bebrlich ist, sollte eigentlich faum erwähnt werden müssen. Leider bleibend feftfepten. Die magharische Einwanderung in das jetzige wird diese Tatsache aber auch von Werzten noch zu sehr vers Ungarn vollzog sich im 9. Jahrhundert und fand mit ihm seinen Abschluß.

Ebenso wie der Suggestion und der Hypnose Grenzen gesezt Je mehr fich nun aber im Laufe der Zeit die großrussische Macht find, gibt es aber auch einen Bunft, über den hinaus die erziehe von ihrem Mittelpunkt Moskau aus nach Westen und Dsten ausdehnte, rische, überredende und beratende Beeinflussung des Keranlen macht um so boltommener verschwand der Zusammenhang sowohl zwischen los ist. Dies gilt nicht allein für die eigentlichen Geiftesfrankheiten, den nördlichen Finnen und den südlichen Magyaren als auch zwischen sondern ganz besonders für das große Gebiet der als Psycho- diesen und ihrer Heimatgegend am Ural . Auch die in der Mitte westwärts neurofen bezeichneten, von Unfundigen nur zu gern als eingebildet" vorgerüdten Stämme der Ostjaden und Wogulen, mit deren Sprache angelehenen nervösen Leiden, die durch sorgfame und zielbewußte die magyarische am unmittelbarsten verwandt ist, wurden dadurch pihchiiche Behandlung oft zwar weitgehend gebessert, selten wieder nach Osten über den Ural zurüdgedrängt. Heute bewohnen aber für die Dauer geheilt werden konnten. Dies änderte sich erst diese das eigentliche Bindeglied der Verwandtschaft zwischen Finnen mit der durch die neuesten Forsaungen errungenen Erfenntnis, daß und Magharen bildenden Böllerschaften als ärmliche Jäger und es fich bei den Psychoneurofen uni Störungen der gemütlichen Fischer das Gebiet östlich des Urals bis zum Mittellauf des D6. Sphäre handelt, die durch Verdrängung start unluftbetonter und das Ihre Erforschung berbanten sie ungarischen sowie finnischen Ge­her bewußtseinsunfähiger Borstellungen aus dem Bewußtsein ins lehrten, die die alten Urfipe ihres Geschlechtes bereisten und dabei unbewußte entstanden sind und daher zweckmäßig nur durch sich durch die Wissenschaft als stammberwandte Böller wieder­systematische Erforschung und Bewußtmachen der untere bezw. un fanden. bewußten feelischen Vorgänge, die zur Entstehung der Neurose ge­Diese Heilmethode, die zuerst führt haben, beseitigt werden fönnen. im Jahre 1895 von den Wiener Aerzten Bräuer und Freud an­Das gegenwärtige Verfahren der Heizung mit Kohle ist unvoll gegeben und später besonders von Freud weiter ausgebaut wurde, wird die psychoanalytische genannt. Sie hat im Laufe der zwei Jahrs fommen, ja geradezu verschwenderisch, wenn die Kohle unmittelbar deren sie geübt wird, biele Wandlungen verfeuert wird; etwas vollkommener ist das Verfahren der Ver­zehnte, während durchgemacht und ist auch manche Frrwege gegangen. Viel ange folung, das eine beffere Ausnutzung gestattet und wertvolle Neben­feindet, von hervorragenden Aerzten in Grund und Boden ver- erzeugnisse entstehen läßt. Viel versprechend ist der Gedanke der dammt, durch übereifrige Anhänger zur Karifatur verzerrt und der Stohlenstaubfeuerung, den zuerst Oberbergrat Henschel ausgesprochen Lächerlichkeit preisgegeben, hat sie doch allmählich festen Boden ge- bat, aber bei weitem überlegen scheint all diesen Heizverfahren ein wonnen. Heute darf man mit Befriedigung feststellen, daß die neues, jüngst durch Patent geschüßtes zu sein, das die Explosion den Dienst der Heizung stellen will. Nach der Pinchoanalyse nicht nur unsere Psychotherapie um eine aussichts- in reiche Heilmethode bereichert, sondern durch die Erschließung des fchreibung, die Ingenieur B. Stade( Essen- West) in dem bei Spamer in Leipzig erscheinenden Brometheus" Unterbewußtseins der psychologischeu Forschung neue Wege gewiefen Dito hat, deren Bahnung fich wiederum für das therapeutische Handeln öffentlicht, bedient sich die Explosionsheizung einer Vorrichtung, die als segensreich erweisen und so letton Endes den Kranken zugute in regelmäßigen Zeitabschnitten eine bestimmte Menge Rohtohle allerdings nicht furz und heftig zu Staub zermalmt, fortschleudert und dem kleinen lommen wird. Diejenigen Nervenärzte, die die Kunst der Pinchoanalyse sich zu eigen gemacht Neste nicht genügend zerkleinerter Kohle zum Nachglühen einen leicht erlernbare baben, wiffen, daß obne fie alle Biyotherapie nur Stückwerf Platz im Feuerraume zuweist, der von dem Feuer der verbrennenden fein fann, da fie allein von allen piychischen Heilmethoden die ideale Staubfohle und von der Luft bestrichen wird. Die Rohtohle ge­Forderung der Medizin erfüllt, taujale Therapie zu sein, d. 5. eine langt dabei auf mechanischem Wege aus einem Fülltrichter in ab­Therapie, die fich nicht damit begnügt, das Symptom zu befämpfen, gegrenzten Mengen in ein Gehäuse; hier erfolgen in regel­Explosionen bon Gas- oder Koblen sondern das Nebel an der Wurzel faßt. Im übrigen macht sie die baren Beitabschnitten anderen psychischen Behandlungsarten nicht entbehrlich. Es wird staubgemischen oder bon fleinen Sprengstofflapfeln, wodurch immer Fälle geben, die sich für die psychoanalytische Behandlung die Stoble zermalmt und in die Feuerung geschleudert wird. Die nicht einnen; ferner darf nicht vergessen werden, daß ihre Anwen zu Staub zerfezte Kohle verbrennt beim Eintritt in den erbitten dung fich streng auf das Gebiet der Pinchoneurofen beschränft. Ofen sofort, während die förnigen Neste, durch eine Feuerbrüde aber auch in diesen Fällen darf in der Regel nicht auf eine forg- aufgehalten, in den Nachglühbehälter gelangen, der von den Stich fame Ueberwachung der Erfolge und zielbewußte pfychisch- ortho- flammen der verbrennenden Staubfohle bestrichen wird. Da hier pädische Nachbehandlung verzichtet werden, durch die erft die Dauer Luft sowohl von unten wie von der Seite eintritt, ist ein Verfofen der Restlohle nicht möglich. Der Nachglühbehälter, der einen heilung gewährleistet wird. engmaschigen Rost hat, dient zum Anfeuern und Sammeln der Aiche und gleichzeitig als Reserverost bei Betriebsstörungen der Hauptanlage. Das Gehäuse und seine Düse find innen mit spigen, spiralförmig laufenden Zügen versehen, damit die nicht völlig zerkleinerte Stohle fich weiter zerreibt und der austretende Strahl zerftäubter Koble rotiert, wodurch der Kohlenstaub innigst mit Luft gemischt und lange schwebend gehalten wird. Die Zündungen eine fleine Spannvorrichtung; nach jeder erfolgen durch Explosion springen der federnd angebrachte Fülltrichter und das Explosionsgebäude infolge des Rückstoßes zurüd, hier durch wird Sohle in den Fültrichter geschüttelt, und die ganze Ein­richtung ist für eine neue Zündung bereit. Es versteht sich von felbst, daß als Sprengmittel nur ein Sicherheitssprengstoff in Be­tracht tommen fann. Zu untersuchen bleibt noch, ob man mit einem geeigneten Zünder und Düsenkopf 3 reinen Stohlenstaubexplosionen übergehen, also als Betriebsmittel nur Koblenstaub und verdichtete Luft oder gar flüssigen Sauerstoff verwenden kann.

um

fannt.

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Töchter der Hekuba.

Ein oman aus unserer Zeit von Clara Wiebig . Am nächsten Tage war Minta Dombrowski etwas scheu. Ihre schwarzen Augen blickten zur Seite, als Gertrud fragte: Haben Sie mich gar nicht rufen hören gestern abend?"

Die finnisch- ungarische Stammesverwandtschaft.

Notizen.

gufall beim Darcheinandermengen von Milch und Rinderfeit. Mouries verbesserte die Mischung und ließ fie patentieren. Später, als man fah, daß man für größere Fabriten nicht genug Rinderfett zur Verfügung hatte, machte man auch Versuche mit pflanzlichem Fett, und so entstand schließlich die heute gebräuchliche Margarine.

müde und hungrig. Einen Augenblic schoß es ihr durch den Arbeiterin. Sie sind wohl in Berlin beschäftigt? Wohnen Kopf: seine Mutter! Wenn sie zu der ginge, die würde ihr Sie auch draußen?"

die Tür jetzt vielleicht nicht verschließen. Aber dann sah sie Gertrud lächelte dankbar wie lange hatte sie keiner die harten Augen der Frau vor sich, und der alte Groll teilnehmend gefragt! bäumte fich auf in ihr: wenn die nicht gewesen wäre! Nie" Ich nähe Tornifter," antiportete fie leise; fie neigte sich und nimmer würde sie zu der gehen, nic. Unter die Näder, zu der ihr gegenüber Sitzenden, die anderen brauchten ja nicht unter die Räder, dann war alle Not zu Ende! zu hören, was sie sprach. Die Stirn gegen das angelaufene Fenster des Abteils Frau von Voigt sah ganz aus der Nähe in ein paar Sie hätte Zahnschmerzen gehabt, den Kopf sich did zu- gedrückt, starrte Gertrud hinaus in die Finsternis, die sie Augen, die schon soviel geweint hatten, daß der Glanz der gebunden. Dabei ließ fie in einem verlegenen Lachen ihre durchraffelten. Ihr graute vor dem Heimweg über das Jugend weggeweint war. Berdienen Sie denn gut?" ferngefunden starken Zahnreihen sehen. winddurchpustete Feld, ihr graute vor ihrer falten Stube, ihr ,, Bier Mark fünfzig, wenn ich den ganzen Tag arbeite. graute vor dem Leben überhaupt. Mit einem tiefen Seufzer Früher nähte ich auf Militärmäntel, das war besser. Aber hob sie die Stirn vom Fenster und lehnte den Stopf mit ge- ich fürchte, es hat auch bald ein Ende mit den Tornistern; fchloffenen Augen zurück an die Holzwand des Sikes. das Leber fehlt. Und was ich dann mache?!" Ein düsterer,

Gertrud sagte fein Wort mehr darüber. Der Kopf war ihr benommen, sie hatte wenig geschlafen. Spät in der Nacht hatte sie Tritte gehört, die Tritte des Mannes, der fich jezt eutfernte, unter ihre Zürschwelle war Lichtschein geschlüpft. Dh Gott, Herr Dombrowski, Herr Dombrowsft!

"

Ist Ihnen nicht wohl?" Eine Hand berührte leicht in sich gekehrter Ausdruck kam in die braunen Augen. ihren Arm. Erschroden machte sie die Augen auf. Sie hatte Straßenfehren wer weiß, das kommt auch noch!" Es Den ganzen Tag wurde sie die traurigen Gedanken an es gar nicht bemerkt, daß im legten Augenblick der Abfahrt fuhr ihr bitter heraus, es war, als ob die Blicke der Dame den betrogenen Mann nicht los. Als sie am Abend von der noch jemand die Wagentür aufgeriffen hatte und eilig ein- ihr aftes herauszogen.. Ich fönnte Sontorarbeit machen, Arbeitsstube durch die naßkalte Winternacht zur Bahn ging, gestiegen war. hab's gelernt. Aber mich nimmt ja keiner!" um nach Hause zu fahren, dünfte ihr selbst Berlin traurig. Die Dame in dem tostbaven Pelzmantel paßte Stlang das nicht wie ein Aufschrei tiesinnerer Not? Frau die dritte Klasse, tat So hatte sie es noch nie gesehen. Lag es nur an ihrer gar nicht in die aber ganz von Voigt legte ihre Hand begütigend auf die zerstochenen Mit einer Frau, die, eigenen Stimmung, oder war es wirklich so trübfelig leer, fo, als führe sie immer hier. wie sie es heute empfand? Es gingen ja noch Menschen, einen Hentelforb auf dem Schoß, neben ihr gezwängt faß, Ginger. Die Mitfahrenden hatten schon hingehorcht, so flüsterte viele Menschen sogar, aber sie gingen in ftummem Cilen. einigte fie fich freundschaftlich. Gizem Kleinen Jungen gegen- ie: Baisen Sie jetzt gut sein. Wir sprechen ein andermal Nichts mehr von dem behaglichen Schlendern, vom Herum- über, der sie mit den baumelnden Füßen stieß, sagte sie: Baß darüber. Wollen Sie nicht zu mir kommen?" Sie nannte stehen an den Ecken und vor den strahlenden Schaufenstern die Rappelei, mein Jungchen", sah ihn aber dabei freund- ihren Namen und ihre Adresse. Gertrud fuhr zusammen: daß fie die nicht wiedererkannt nichts von all dem Getriebe, das in einem immerwährenden lich an. Summfen über den Straßen schwebt. Und der Nachthimmel, Frau von Voigt fiel das blaffe verstörte Gesicht auf, das hatte! Das war ja der Dombrowski ihre Erzellenz. Scheu der sich über die Riesenstadt wie ein dunkles Tuch breitet, ihr gegenüber mit geschlossenen Augen gegen die harte and stammelte sie: Danke!" Und dann schwieg sie. war nicht angeschimmert vom Glanz strahlender Beleuchtung. lehnte. Wieviel solcher Gesichter fah man jetzt! es war Die großen Geschäftshäuser, die sonst die Buchstaben ihrer nicht Neugier in der Stimme. die Gertrud Hieselhahn fragte. Firmen in immer wechselnden Lichtern aufleuchten fießen, wie Frau von Boigt fühlte es: ihrer Seele war im Serieg das aneinandergereihte golbene, filberne, bunte Sterne, hatten ihre Mitleid gewachsen wie einem Vogel die Flügel, die nicht Reklamen eingestellt. mehr geftugt werden; Stand und Erziehung hatten sie Als sie an dem Zigarrenlädchen von Dietrich vorüberkant, Ein dunkles Gefühl, dessen.Ursprung sie sich nicht flar eingezwängt gehalten, jeht flatterten ihre Gefühle freier. fiel es ihr plöglich auf die Seele, wie lange fie Margarete machte, troch Gertrud an. Würde die Zeit noch härter werden? Gertrud rietete fich auf und rüste die Pelzt appe zurecht nicht gesehen hatte. Ueber der eigenen inneren und äußeren Wie würde es ihr dann ergehen, ihr, der armen Arbeiterin, sie fühlte die klaren Augen forschend auf sich ruhen. Sie Not hatte sie die ganz vergessen. Sie gudte einen Augenblic der ledigen Mutter mit dem vaterlosen Kind?! Ihr wurde brachte es aber nicht fertig, abweisend zu sein, fie sagte: ins Schaufenster, Frau Dietrich stand gerade in dem schwach. beleuchteten Lädchen hinterm Ladentisch. Augenblicklich war fo bange, daß sie sich am liebsten vor den Bug geworfen Dante sehr, mir ist ganz wohl, ich war nur müde." hätte, statt in ihn einzusteigen, Wo sollte sie dann hin, zu kein Feldgrauer drinnen, der sich Zigarren faufte. Gertrud mem flüchten? Jeder hat doch eine Zuflucht auf der Welt, trat rasch ein und fragte nach Gretchen. fte hatte feine, fie war ganz allein auf sich geftellt. Und war

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Ein sympathisches Gesicht! Frau von Voigt sah die ganz zerstochenen Finger, die keine Handschuhe trugen. Ein Gesicht mit einem feinen Ausdruc, nicht das einer ganz gewöhnlichen

Die Dame hatte ihr noch zugenicht: Also auf Wieder­fehen!" Gertrud empfand die Freundlichkeit, aber nein, hin­geben würde sie doch nicht. Was wußte eine so vornehme Dame von ihrer Not?!

Corts. folgt.)