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Nr. S2 4 ZS.�ahrgaag

Heilage ües vorwärts

Donnerstag, 21. Jebrnar 1 Hl S

Gestliche Zrieöensfragen im Reichstag.

130. Sitzung. Mittwoch, 20. Februar, dorm. 11 llhr. «m BundesratStisch; v. P aher, v. Kühlmann. In der Diplomaten löge die gegenwärtig in Berlin weilenden Mitglieder der Ukrainischen Regierung. Der Frieden mit der Ukraine . Staatssekretär v. KSHlmam»: Der Frieden mit der Ukraine ist der erste Friedensschluß in diesem gewaltigsten aller Kriege. Als die ukrainischen Abgeordneten in Brest -Lilowsk klar erkannt hatten, daß daS Petersburger Kabinett keine au'richtige Friedenspolitik trieb, haben sie freundschaftliche Beziehungen zu den Mittelmächten hergestellt. Die Verhandlunge» mit ihnen waren nicht sehr leicht, denn eS wurden u n e r f lll l> l'arc territoriale Fordernngen gestellt. Wir haben unS darauf beschränkt, die Grenze nach Westen zu ziehen. Die Lösung hat. bei den Polen lebhafte Lritik erfahren. Wenn aber an dieser Frage der Friedensschluß ge- scheitert wäre, würde die erdrückende Mehrheit des deutschen Volkes ein solches Verhalten der Unterhändler aus daS schärfste mißbilligt haben. Die Grenzziehung im einzelnen haben wir der Regelung durch eine Kommission vorbehalten, in der auch Polen vertreten sein wird. Dort können die ethnographischen Wer« Hältnisse und die Wünsche der Bevölkerung in weirestgehendem Maße berücksichtigt werden. Der Streit um die Cbotmer Grenze bringt die Gefahr mit sich, daß die Auseinandersetzungen über diesen FriedenSverlrag zu einer Erörterung des ganzen polni- schen ZutunftSproblems werden. Dafür wird später Zeit und Gelegenbeit genug vorhanden sein. Nächst den poliuichen Er» wägungen hat auch die Erwägung bei Abschluß des Vertrages mit» gewirkt, daß die Ukraine über wesentliche Borräte an Brotgetreide und Futtermitteln verfügt. Sowohl für unS wie in erhöhtem Maße für die ö st erreichisch-ungarische Monarchie bildet der Austausch der in der Ukraine vorhandenen Ueberschüsie an Getreide. Futtermitteln uud Rohstoffen gegen bei unS und in Oester­ reich vorhanden« Jndustrieprodukte ein ganz vitales Jnrer- esie. fReichSkanzler Graf H er t li n g erscheint im Saal.) Der Abschluß dieses Vertrages braucht den Abschluß des Frieden? mit der bolschewistischen Regierung durchaus nicht zo gesährden. Ja, er war vielleicht überhaupt das einzige Mittel, Herrn Trotzki zur Unter- Zeichnung eines befriedigenden FriedenSveltrages zu bewegen. Mittler- weile sind neue Vorgänge eingetreten, welche für die Beziehungen mit Groß-Rußland, soweit es durch daS bolschewistische Kabinett ver- treten ist, von erheblichem Einfluß sein werden. Auf das erneute Vorgehen der deutschen Heere hat gestern daS Volks- kommissariar in Petersburg einen Funkspruch an die deutsche Regierung gerichtet, in welchem eZ nach einem einleitenden PaffuS über den Waffen still st andsverlrag heißt: Der Rat der Volkskommissare sieht sich veranlaßt, in Anbetracht der geschaffenen Lage sein Einverständnis zu erklären, den Frieden unter den Bedingungen zu unter­zeichnen, welche von den'Delegationen des Vierbundes in Brest-Litowsk gestellt waren. (Lebhaftes Hört! Hört! Bewegung.) Der Rat der Volkskommissare erklärt, daß die Ant- wort auf die von der deutschen Regierung gestellten genauen Bedingungen unverzüglich gegeben werden wird." Diese durch Funkspruch ergangene Mitteilung stellt nach den icllheren bösen Erfahrungen, die wir mit Funksprüchen gemacht haben, kein für uns absolut verbindliches Dokument dar. Wir haben der Petersburger Regierung mitgeteilt, wir bäten um eine schriftliche Bestätigung seines Inhalts an unsere Linie und haben eine Zusage erhalten. Damit haben wir den Frieden ,nit Rußland durchaus uoch nicht in der Tasche.(Hört! Hört! und Sehr richtig!) Ich würde einen solchen Eindruck hauptsächlich deswegen de- klagen, weil ich der ehrlichen und aufrichtigen Frie- densliebe des deutschen Volkes, welche von der Regie- rung in vollstem Maße geteilt wird, Enttäuschungen er- sparen möchte. Die Ausfichten auf Abschluß eines Friedens mit der Regierung der Volkskommissare sind durch Abschluß deS Friedens mit der Ukraine und durch den von uns jetzt ausgeübten militärischen Druck und durch das Scheitern gewisser Hoffnungen, die man sich zweifellos in Petersburg gemacht hat sSehr richtig), erheblich besser geworden.<Beifall.) Aber der Freude über das große Ergebnis eines wirklichen Friedens- abschlusseS mit Rußland wollen wir uns erst hingeben, wenn die Tinte unter den Dokumenten ist.(Lebhafter Beifall.) Abg. Dr. Gröber fZ.): Wir danken der Regierung für diesen ersten Friedensvertrag. Hoffentlich folgen ibm bald andere Verträge mit Groß-Rußland und auch uoch anderen Gegnern. Der Friede mit der Ukraine ist die Durchbrechung de» eisernen Ringes, der bisher Deutschland und seine Verbündeten umschlossen hielt. Zunächst eine kurze Bemerkung zu der Form des Vertrages. In unserer Druck- fache ist zu Beginn als Vertreter für die kaiferl. deutsche Regierung nur Herr v. Kühlmana genannt. Bei der Unterzeichnung tritt aber als Bertteter der Deutschen Obersie« HeereSleitav« Generalmajor H o s f m a n n hinzu. lHört l hört I) Generalmajor Hoffmann hätte selbstverständlich als Vertreter der kaiserlichen Regierung den Vettrag mit unterzeichnen können, aber die Oberste HrrreSleitnng kann nicht als Kontrahent neben dem Bevoll- mächttgten der Regierung austreten.(Lebhaste Zustimmung im Zen- trum und links.) Die Bezirke mit überwiegend polnischer Bevölkerung hätte man besser zu Polen geschlagen, wäbrend umgekehrt Bezirk? mit überwiegender ukrainischer Bevölkerung zur Ukraine geboren sollien. ES ist ein Fehler, daß man nicht gleich polni'che Vertreter zmrezogen hol. um io mehr, als man in Bresi-Liiowsl alS ersten Grundioy da« Selb st best immungs- redjt der Völker ausaenelli hat.(Beifall) Abg. Dr. David(Soz.): Der Funkspruch, den uns Herr v. Küblmann mitgeteilt hat, stellt uns vor eine ganz neue Situation. Es ist eine hoch er- s r e u l i ch e Meldung, die da ans Petersburg gekommen ist, eine Meldung, die die zusammengesunkenen Hoffnungen aus Frieden mit Gtvß-Rußland wieder ausleben läßt. Zwar hat der Staats- sckretär seine Mitteilung mit einem gewissen Skeptizismus begleitet, aber auch er meinte doch, die FriedenSauSstchten wären dadurch erheblich besser geworden. Unsere Pfllcht muß eS

sein, dafür zu sorgen, daß diese Hoffnungen nicht von neuem zusammenbrechen.(Sehr wahr! bei den Sozial- demokraten.) Wir halten es auch nicht für richtig, daß man die Schuld an dem Sibeilern der Verhandlungen in Brest-Litowsk nur aus der russischen Seite sehen will.(Sehr wahr I bei den Sozialdemokraten, Hört! Hört I und lauteS Lachen rechts.) Es ist gut wenn wir der Wahrheit inS Gesicht sehen und dafür sorgen, daß bei weiteren Verhandlungen nicht wieder dieselben Fehler begangen werden. DaS Ziel, daS eS zu erreichen gilt, ist so hoch und wertvoll, daß. wenn es nicht erreicht wird, wir nicht in dem Gefühl dastehen dürfen, als hätten wir nicht unsere volle Schuldig- keit getan.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) DaS Ver- fahren, mit dem man in Brest-Litowsk daS SelbstbestimmungSrechl durchführen wollte, haben wir nicht i n a I l e n P u n k t e ii f ü r richtig gehalten. Wir boffcn, daß in Zukunft nicht wieber dieselben Schwierigkeiten unnötig gemacht werden. In der all- deutschen konservativen Presse hat man die Schuld am Slbeitern der Verbandlungen darin gesunden, daß Trotzki und die russische Dele« gation ernstlich gar keinen Frieden, sondern die Sache nur verschleppen wollten.(Sehr wahr! rechts.) Wie unrichtig das ist, beweist der Funkspruch.(Lautes Gelächter rechts.) Ich werde den Beweis dafür antreten. Sie sind der Meinung, daß das militärische Vorgehen der alleinige und durch- schlagende Grund ist, die Bolichewiki zum Frieden zu drängen' glauben also, daß sie vorher nicht den Frieden wollten.(Sehr richtig rechts. Zuruf: Die Revolution wollten sie!) DaS ist un- richtig.(Lachen rechts!) Ich mutz dem entgegentreten, um zu ver- bindern, daß man nickt von neuem sich in diese ganz falsche Auf- fassung verrennt und daher dem Frieden Schwierigkeiten bereitet, die nicht notwendig wären. Was ist die P o l i r i k d e r B o l i ch e w i st e n gewesen?(Zuruf rechts: Mord und Totschlag!) Es ist richtig. daß ihre Theorie auf die Hervorrufung einer internationalen Re- volution ausging.(Hört! hört! rechts.) ES ist aber auch bekannt. daß die Bolschewisten in der ganzen sozialistischen Internationale damit in ein�r kleinen verzweifelten Minderheit geblieben sind und daß sie unS deutsche Sozialdemokraten ganz besonders scharf angegriffen haben, weil wir nicht bereit waren, auf diese Taktik einzugehen, die wir für verkehrt und aussichtslos hielten. Wir haben also gar keinen Grund, die Bolsche- wisten etwa in Schutz zu nehmen. Es sind nicht unsere Leute, sie haben uns im Gegenteil stets auf das schärfste und rücksichtsloseste angegriffen. Wir billigen auch nicht ihr praktisch politisches Verfahren, ihre Methoden der Verwaltung, den Terror, ihre Auseinander- treibung der Konstituante, aber es kommt darauf an, die Talsachen richtig zu sehen, denn nur darauf kann eine richtige Politik aufge- baut werden. Welches sind diese Talsachen?'Welches ist der praktische WesenSkern der Politik der Maxiinalisten in Petersburg ? Darauf kommt es an. Die Bolschewisten sind die einzige Partei in Rußland gewesen, die das Programm deS sofortigen Friedens, wenn nicht mir. dann gegen die Entente aufgestellt haben, und die einzige Partei, die das praktische Programm des Sonderfriedens mit den Mittelmächten aufzustellen wagten. Mit diesem Programm des sofortigen Friedens haben sie die Massen in Rußland hinter sich gebracht. Mit dem Programm der internationalen proletarischen Revolution hätten die Bolschewisten in Rußland keinen Hund hiuter dem Ofen bervorgrlockr. Die Gegner ver Bolschewisten in Rußland haben sie zunächst ausgelacht: ihr wollt einen demo- kratischen Frieden mit den Zeinralmächteu. das gibt eS gar nicht. Aber als dann die Bolschewisten ihr Friedensangebot hinausgehen ließen, kam von Oesterreich und Deutschland die Antwort: Jawohl, wir akzeptieren dies Programm als diskutable Grundlage des Friedens. Diese Nachricht wurde in Rußland auf der einen Seite mit größtem Staunen, und aus der anderen Seite mir größtem Jubel aufaenommen. Ein englischer Berichterstatter schrieb damals: Wir sind aufs höchste überrascht durch dies Entgegen- kommen, das ist ei» ungeheurer Erfolg der Bolschewisten. Und' als dann am 25. Dezember 1917 in Brest-Litowsk die weitergehenden Erklärungen vom Grafen Czernin abgegeben wurden, steigerte sich der Jubel in Petersburg noch mehr. Die Bolschewisten luden das Proletariat Petersburgs zu einer großen Jubel- und Friedcnsfeier auf den 30. Dezember ein. Wenn die Bolschewisten den Frieden nicht wollten, warum jubelten sie dann, als der Frieden in greisbare Nähe rückte? Als dann freilich die Erklärungen vom 27. Dezember bekannt wurden, gab es eine ungeheure Enttäuschung und Wut bei den Bolschewisten und großes Frohlocken bei ihren Gegnern. Hätten Sie(nach rechts) recht mit Ihrer Auffassung, daß die Bolschewisten nicht den Frieden, sondern die Ver- schleppung der Verhandlungen und die proletarische Re- volution gewollt hätten, so hätten die Bolschewisten am 25. Dezember tranern und am 29. frohlocken müssen Die Erklärungen vom 28. Dezember in Brest-Litowsk lieferten der Politik derer Wasser auf die Mühlen, die die internationale Revolution haben wollte». Das beweist auch die Stellungnahme der Gegner der Bolschewisten in Petersburg . Also die Bolschewisten wollten einen iosortigen Frieden, aber natürlich einen demokratischen Friede». DaS gab ihnen die R ü cke n d e ck u n g für alles, was der Friede Rußland eventuell an Vertu st von Land bringen konnte. Nun begreifen Sie, wie der 28. Dezember auf die Situation in Brest-Litowsk wirken mußte. Die Bolschewisten mußren alles daran setzen, einen Frieden zu bekommen, bei dem sie das demokratische Gesicht wahren konnten. Daher ihr zäber Kampf. Sie hatten zwei Möglichkeiten: ent- weder einen Notfrieden zu schlucke», weil sie nicht weiter kämpfen konnten, oder auf den Ausbruch der revolutio- nären Bewegung bei den Mittelmächten zu rechnen. Dieter letzte Gedanke trat natürlich wieder neu in den Vordergrund, nach- dem der Friedensgedanke geschwunden war. Soweit Rädel seinen Einfluß ausüben konnte, haben auch wohl Ver- tckleppiingslendenzen mit hliieingespielt. Aber eS ist ganz falsch. von da auS die Politik der Bolschewisten verstehen zu wollen. Trotzki hat offenbar bis zuletzt an dem Gedanken des Sondersriedens festgehalten und bat sicher auch seine Schlußerklärung als«ine Friedenserktärung gemeint. Untere deutsche Delegation in Brest - Lilowsk lcheint ja anfangs auch die Erklärung der Russen in dem Sinne aufgcsaßt zu haben, daß damit der Krieg im Osien beendet sei. So wurde die Nachricht bei uns auch aufgefaßt, Fahnen wurden berausqehängt. Schulfeiern veranstaltet, in verichiedenen Städten die blocken a e I Z ,i t r» Dann kam aber in Deuticktan» offenbar unter militärischem Einfluß eine andere Anschauung aus. Man wollte die Situation militäriick möglichst ausnugen. Die kon- servalive alldeutsche Presse hat darüber gejubelt. Ihr Stand- pnnkt, der Waffenstillstand sei erledigt und brauche nicht gekündigt zu werden, ist anfangs auch von derNord- deutschen Allgemeinen Zeitung" bekämpft worden. Auch hier trat ein Wandel ein. Ich halte die anfängliche Ans- fassung für richtig. Der Waffenstillstand konnte sein Ende finden entweder durch den Friede» oder durch die vorgesehene siebentägige Kündigung. So hat auch dio

russische Regierung dies aufgefaßt, wie der Funk- s p r u ch beweist, in dessen Eingang es heißt, daß die russische Regierung nicht annehmen konnte, daß die militärischen Feindseligkeiten sofort eröffnet werden würden, sondern der Meinung war, der Wnffcuflillstand bestehe noch und damit sei die Möglichkeit für weitere Verhandlungen gegeben.(Hört! hört! b. d. Sog.) Das ist offenbar auch die Auffassung der österrelchische» Regie- rung. Wir waren also in einer ganz verwickelten Situation, und es ist zu begrüßen, daß durch die erneute Friedensbereitjchaft Ruß- lands nun der Weg geöffnet wird, die Sache zum Guten zu führen. Freilich müssen gewisse Fehler auf unserer Seite vermieden werden. Wir dürfen ruhig annehmen, die rnssischc Regierung will ehrlich de» baldigen Frieden und wenn wir da« auch wollen, so mutz er zustande kommen. Geschieht e» nicht, so wird man fragen: Wen trifft dir Verantwortung? (Sehr wahr l bei den Sozialdemokraten.) Unsere erste Pflicht ist, wie gesagt, den Frieden herbeizuführen. Die Alldeutschen (jubeln stets, wenn eine FriedcnSmöglichkeit zer- schellt. Ihre Presse schrieb, man müsse eS� Gott auf den Knien danken, daß die Engländer unser Friedensangebot seinerzeit abgelehnt hätten. Also diese Leute danken Gott auf den Knien, daß das Massen- morden weiter geht.(Unruhe recht?, Zurufe: Unerhörte Entstell»» 1) Eine Presse, die so arbeitet, ist geradezu gemcingefähli ch. (Lebh. Zustimmung links.) Wir sind eZ den Männern in den Schütz en- grüben und denFrauen zuHaufe schuldig. denFrieden sobald wie möglich herbeizuführen. Nach der neuen Bereitschaflserklärung der ruisischen Regierung sollten die neucingeleiteten militärischen Operationen zurückgenommen werden. Jedenfalls darf nickt der Anschein erweckt werden, als ob man in Groß-Rußland hineinmarschieren und dort etwa einen RegiernngSwechftl herbeifübre» wolle. Das scheint man nämlich zu beabsichligsn. lHört, hört 1 bei den Soz.) Schreibt doch die.Tägl. Rimdschau", wir werden jetzt Rußland zu einer Regierung verhelfen, die den Frieden bringt.(Hört, hört I> Was die Vorgänge in Finnland , Estland und Lid- l a n d anlangt, so handelt«S sich vor allem in Finnland nicht um nationale Gegensätze, sondern um die soziale Revolution iimerhalb Finnlands . Es ist eine falsche Vorstellung,»IS ob eine Invasion von Rußland nach Finnland die Revolution gebracht hätte. Aehnlich liegen die Dinge in Estland und Livland . In der Ulraine dagegen sieht offendar die große Mehrheit des Volkes hinter den gemäßigten Sozialisten. Ans all diesen Gründen wird es für uns nolwerrdig sein, unsere Sicherungen auf daS Aeußerste zu beschränken und vor allem jede Einmischung in die inneren russischen Verhältnisse z« vermeiden. In der Ukraine müssen wir uns auf Sicherungen für den A b- iransport des Getreides bcsthränken. In der Kritik des Vertrages mit der Ukraine schließe ich mich den Bemerkungen des Abg. Gröber über das Cholmer Gebiet vollkommen an. Die ganze deutsch -polnische Verständigungspolitik scheint zusam- menzubrechen. Das muß verhütet werden. Nach einer Notiz derDeutschen TageSzeirung" scheint eS, als ob die Oberste Heeresleitung hinter den nnncxivnistischcn Plänen der Alldeut- schen in bezug auf Polen steht. Hier liegt die Quelle der Zivi-- spältigkeit nnserer ganzen Ostpolitik.(Sehr wahrl bei den So- zialdemokraten.) DaS Wesen der Militärpolitik ist eingestellt auf Gewalt; bei ihren Mitteln und Zielen befindet sie sich in schroffem Gegensatz zu jeder Politik der Verständigung. Sie kümmert sich nicht darum, was die Betroffenen über ihre Matz- nahmen denken. Nach dem GrundsatzTeile und Herrsche" bringt sie einen gegen den andern auf; dazu ist im Osten natürlich die beste Gelegenheit. Man schsint eine» neuen Balkan im grossen dort schaffen zu wollen. Im Gegensatz dazu wünschen wir geregelte Verhältnisse im Osten, mit denen sich jeder Teil zufrieden geben kann. Dann können natür- lich nicht alle Wünsche restlos erfüllt werden.(Sehr wahr! bei den Sozialdemokraten.) Man kann die Ostfragen nicht mit ostelbische» Mitteln und Methobe« lösen.(Sehr gut! l>ei den Sozialdemokraten.) Hier ist eine neue Zeit und sind neue Verhältnisse gekommen, die nur durch de- mokratische Politik gemeistert werden können; nicht durch einseitige Gewaltanwendung in einemso Willrichs, so befehl ichs", sondern durch Inbetrachtziehung aller Interessen können aus dem Wege vernünftigen Ausgleichs Zustände geschaffen werden, bei denen alle Beteiligten sich dauernd zufrieden gäben. Nur so ist das große Kriegsziel im Osten zu erreichen: ein« dauernd« Bc- friedigung dieser gewaltigen Gebiete und Bölkermassen, eine dauernde politische und wirtschaftliche Annäherung zwischen Mittel» und Osteuropa . Damit würde auch die Position geschaffen, die uns jede Sicherheit nach Westen gemährt für den Fall, daß Eng- land den Krieg fortsetzt oder nach dem Krieg in feindseliger Hal- tung gegen uns verharrte. Dieses Kriegszicl ist das einzige, das im deutschen Interesse liegt und überragt weit alle Einzelfroge«. (Lebhafter Beifall bei den Sozialdemokraten.) Abg. Dr. Sehda(Pole): Gerade vom Zentrum hätte ich nicht erwartet, daß eS diesem Friedensvertrag zustimmen wird, der den Grundsatzkeine An­nexionen" auf das schwerste verletzt und eine vierte Teilung Polens darstellt. Die Zensur gestattet freilich nicht mitzuteilen, daß in Krakau und Lemberg bereits Blut geflossen ist wegen dieses Friedensvertrages. Der Redner verliest nun da« van der Zensur unterdrückte Manifest des polnischen RrgentschastSrat» an da? Volk, worin gesagt wird, daß die Versprechungen der Zen- tralmächte sich als leere Worte erwiesen hätten und die neue Teilung als ein Akt der Gewalt gebremdmarkt wird. Der Redner bespricht eingehend die Cholmfrage und behauptet, daß dieses Gebiet nach Recht, Gerechtigkeit und Bevölkerung zu Po- len gehör«. Die Okkupationsbehörden haben dort ein« syst«- matlsche ukrainische Propaganda durch zalizische Ukrainer geduldet, man versprach den Leuten sogar Aufteilung des HerrenlanoeS. wenn sie sich als Ukrainer bekennen würden.(Pfui! bei den Polen .) Wir bitten Sic, diesem Friedensvertrag nicht zuzustimmen.(Zuruf bei den NationaUiberalen: Was denken Sie denn von uns? Beifall bei den Polen .) Abg. Dove(Vp.): Diesem Wunsch werden wir nacht Folge leisten, denn wir sind uns bewußt, hier in der deutsch cn Volksvertretung zu sein. (Beifall.) Den bolschewistischen Funkspruch betrachten wir nicht so optimistisch wie Dr. David, denn wir wissen nicht, welche Macht hinter Trotzki und Radek steht. Aber hoffen wir das Beste und freuen wir uns, wenn aus der Verwüstung einzelne Inseln auftauchen, aus oenen künstig Staatsgebilde werden können. Die Poleg sollten nicht vergessen, daß die Zentral mächte erst den Grund zu ihrer Staatlichkeit gelegt haben. Für uns muß das Interesse des deutschen Ratio» nalstaates maßgebend sein, wir können keine weitere fremdnativnnle Belasftmg brauchen.(Lebhafte Zustimmung links.) Wir legen entschiedenste Verwahrung dagegen ein, daß etwa unter dem militäri- schen Gesichtspunkt solche Annexionen erfolgen. Die Lei- tung der Verhandlungen darf nur da da« u»4 verantwortlichen