Nr. 54. 35. Jahrg.
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Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplas, Nr. 151 90-151 97.
Sonnabend, den 23. Februar 1918.
Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. #erniprecher: Amt Moritplas, Nr. 151 90-151 97.
Vor den rumänischen Verhandlungen
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Der Vormarsch in Estland und Livland Rjezyca und Minsk besett Die Hilfs kolonnen für die Ukraine .
Amtlich. Großes Hauptquartier, 22. Februar 1918.( 23. 2. B.)
Weftlicher Kriegsschauplah.
In einzelnen Abschnitten Artillerie- und Minenwerfertätig. feit. Kleinere Erkundungsgefechte. An der Bahn YpernRouters wurde eine englische Feldwache überrumpelt und gefangen.
In den legten 3 Tagen wurden im 2nftkampf unb von der Erde aus 24 feindliche Flugzeuge und 2 Feffelballone abgeschoffen.
Deftlicher Kriegsschauplat. Heeresgruppe Eichhorn.
In Estland wurde a psal genommen. Das 1. Eftenregiment hat fich dem deutschen Kommando unterstellt.
In Livland stießen unsere Kolonnen über Ronneburg , Wolmar und Spandan hinaus vor.
Unter dem Jubel der Bevölkerung find unfere Truppen in Rjesyca eingerädt. Bon dort stießen fie bis 2jnsyn vor. Min31 wurde besetzt.
Heeresgruppe Sinsingen.
Bei Unterstügung der Utraine in ihrem Befreiungstampfe wurden Fortschritte erzielt. Ja Nowograd- Wolynst haben wir die Berbindung mit ukrainischen Abteilungen aufgenommen.
Andere Kolonnen marschieren auf Das.
Der Erste Generalquartiermeister. Lubendorff.
Abendbericht.
Berlin , amtlich. 22. Februar 1918, abends. Im Osten nehmen die Operationen ihren Fortgang. Von den anderen Kriegsschaupläßen nichts Neues.
Das Schicksal der russischen Revolution.
Agelrod an die Internationale.
Die„ Humanité" vom 17. Februar veröffentlicht folgendes Schreiben Agelrods an Huysmans :
" In dieser schrecklichen und gefahrbollen Stunde wenden wir imms an die Sektionen der Internatiortale. Wie in den schlimmsten Zeiten des Barismus sind wir der Möglichkeit beraubt, mit den sozialistischen Barteien Westeuropas in Verbindung zu treben. Die Grenze ist geschlossen. Die Arbeiter aller Bänder sind über die Vorgänge in Rußland entweder gar nicht oder nur auf tendenziöse und falsche Weise informiert. Im Interesse der russischen und int nationalen Arbeiterbewegung ist es nötig, in die Mauer des Schweigens, die durch die Bolschewiti aufgerichtet wurde, Bresche zu legen. Es muß Licht verbreitet werden über den unerhörten Terror, der in Rußland im Namen des Sozialismus wütet und beffen veine Fahne befleckt.
Reichstagsrecht
und Belagerungszustand.
Der Reichstag hat gestern den Antrag der Unabhängigen, die Entlassung des Abg. Dittmann aus der Festungshaft zu fordern, gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und der Unabhängigen abgelehnt. Busammenfaffend fann man sagen, daß sich die Mehrheit an Buchstaben flammert, während der Geist des Rechts bei der Minderheit gewesen ist.
Der Buchstabe des Gesezes war bei der Mehrheit, insofern als der Art. 31 der Reichsverfaffung mur bestimmt, daß auf Verlangen des Reichstags jedes Strafverfahren gegen einen Abgeordneten für die Dauer der Sizungsperiode aufgehoben wird. Im Falle des Abg. Dittmann aber ist das blizartig vollzogene Strafverfahren bereits abgeschloffen, und es handelt sich um ein rechtskräftiges Urteil und um den StrafOhne Wissen der übrigen sozialistischen Borteien und bemo- bollzug. Daß aber auch der Strafvollzug auf Vertvatischen Organisationen hat sich eine militärische Ber- langen des Reichstags zu unterbrechen ist, wird von der Verschwörung am 25. Oftober( 7. November) ber Staats- faffung nicht ausdrüdlich bestimmt, und die Juristen fagen, getvalt bemächtigt. Die Arbeitermassen haben keinen direkben An- daß der Strafvollzug nicht mehr zum Strafverfahren gehört. teil an der Revolte genommen, aber sie sympathifierben mit thr Der Geist des Rechts war aber auf seiten der Minderheit, in passender Weise, weil sie den demagogischen Versprechungen weil diese durchzuführen gedachte, was der Artikel 31 seinem über Frieden und die soziale Revolution Glauben schenkten. Der Sinne nach will. Die Immunität des Abgeordneten hat nicht provisorische Rat der Republik, der zu brei Vierteln aus Sozia- den Zwed, ihm den gewöhnlichen Sterblichen gegenüber eine listen und Demokraten bestand, wurde mit Hilfe von Bajonetten privilegierte Rechtsstellung zu verschaffen, fondern sie hat den verjagt. Die provisorische Regierung, die zur Hälfte aus Sozia Beck, die Zusammensetzung des Reichstags gegen einseitige listen bestand, murde in die Beter- Pauls- Festung geworfen. Der Eingriffe der Berwaltungs- und Justizbehörden ficherzustellen. Winterpalast, der Sik der Regierung, wurde der Blünderung Der Fall Dittmann hat aber gezeigt, daß sich der Reichstag in preisgegeben, und mehrere seiner Berteidiger wurden gelyncht. Dieser Beziehung im Zustande der vollkommensten RechtsunDie gewaltsame Machtergreifung der Bolschewiki fand statt am ficherheit befindet. Vorabend der Gröffnung des zweiten Rongresses ber Arbeiter und Soldatenräte. Sämtliche sozialistischen Fraktionen haben eine nach der anderen gegen die Verschwörung Einspruch erhoben und haben dann den Kongreß verlassen. Der Versuch Kerensfis, militärischen Widerstand zu organisieren, schlug fehl. In Moskau berloren 700 Bersonen the Leben in diesen Kämpfen. Der Streml wurde von der Artillerie bombardiert.
Im Fall Dittmann ist durch das Eingreifen der Militärbehörde eine Aenderung in der Zusammensetzung des Reichstags erfolgt, ohne daß diefer, nach seiner eigenen Auffassung, eine Handhabe befäße, die Aenderung wieder rückgängig zu machen. An jedem Tag kann es im Reichstag zu einer AbStimmung fommen, deren Entscheidung von einer Stimme, der des Abg. Dittmann, abhängt. Da der Abg. Dittmann von der Militärbehörde festgesetzt ist und der Reichstag feine MögDie Bolschewili, die drei Wochen vor den Wahlen zur ver- lichkeit hat, ihn freizubekommen, wird dann die Entscheidung faffunggebenden Versammlung fich der Staatsgewalt bemächtigten, anders ausfallen als fie ausgefallen wäre, wenn Dittmann
Verhandlungen mit Rumänien.dufen einen Rat ber Beauftragten bes Bolles. Diefe hätte mitſtimmen können. In diesem Falle wird dann die
Budapest , 21. Februar. Abgeordnetenhaus. Auf eine Anfrage über die Friedensverhandlungen mit Rumänien sagte Ministerpräsident Dr. Beterle:
Mit Rumänien werden Berhandlungen geführt, bezüglich deren ich die Aufklärung erteilen tann, baß fie nur der leber prüfung und Ergänzung des mit Rumänien bestehenden affenstillstandes 28 gelten, bie aber, wie ich hoffe, ficherlich demnächst zu Friedensverhandlungen führen werden. Unser Standpunkt ist der, unser Berhältnis zu Rumänien wenn möglich auf gütlichem Wege, andernfalls durch Operationen mit den Waffen
zu flären. Wir werden es selbstverständlich als Pflicht erachten, im Laufe der Verhandlungen unfere staatlichen Interessen nach jeder Richtung hin zu wahren.
Die Bedingungen für die Friebensverband lungen sind wohl noch nicht festgestellt, ja, ich kann auf einzelne territoriale Fragen, die in der Breffe befprochen wurden, nicht eingeben, denn diese hängen von internationalen Vereinbarungen ab. Dennoch aber erlaube ich mir, au bemerken, daß toir unfere Rechte wahren wollen
1. vom Gesichtspunfte der Verteidigung,
2. bom wirtschaftlichen Gesichtspunkte,
Lande und
merde.
formell verantwortlich vor einem ausführenden Zentralaus- Entscheidung der gefeßgebenden Körperschaft durch die Vorschuß, der durch den zweiten Kongreß der Sowjets gewählt wurde, entscheidung der Militärbehörde bestimmt sein! nachdem die übrigen Barteien auseinander gegangen waren. In Man kann sagen, dies sei ein willkürlich konstruierter Wirklichkeit ist der Rat der Volksbeauftragten nichts anderes als Fall, und dafür, daß er wirklich eintreten werde, spreche kein Troti sich berstedt, und die fich auf die Bajonette der Sol- gehen weiterer fann mit Bestimmtheit sagen, daß das, eine Dedung hinter der die Dittatur Benin - hoher Grad von Wahrscheinlichkeit. Aber die Konsequenzen baten füßt und von zweifelhaften Gestalten, Abenteurern oder gar was Dittmann passiert ist, nicht eines Tages brei , zehn, Verbrechern umgeben ist. awanzig, fünfzig Abgeordneten passieren fönnte? Die RechtsTerror. Der Nat der Voltsbeauftragten war noch nicht im Diese Diktatur hält fich nur durch züdfichtslofen frage wird durch die Quantitätsfrage nicht berührt. Der Rechtszustand ist aber der, daß ein komandierender stande, die Reichsverwaltung seinem Willen zu unterwerfen. Die General nach Verhängung des verschärften BelagerungszuBeamten und die Angestellten des Staates lehnen es| ftandes alle in seinem Rommandobezirk anwesenden Abgeab, unter Beitung von Ufurpatoren zu arbeiten. Gange Diordneten berhaften und kriegsgerichtlich aburteilen lassen ftritte lehnen es ab, die neue Macht anzuerkennen und fie ver- fann. Es besteht somit die Möglichkeit, daß der Reichstag , suchen, Bezirksverwaltungen zu organisieren. Die demokratischen wenn er sich nach einigen bewegten Tagen oder Wochen wieder Organe der Städte und der Gemstwos, die durch das zusammenfindet, eine total andere Zusammenfeßung aufweift allgemeine, gleiche, unmittelbare, geheime und proportionale als zuvor, und dann hat der Reichstag fein Mittel an der Wahlrecht gewählt wurden, wollen die neue Regierung nicht aner Sand, seine frühere, durch das Eingreifen des Militärs verfennen und wollen mit ihr nichts zu tun haben. Von allen fozia änderte, Bufammenlegung wieder herzustellen. liftischen Parteien ist es nur die aus ihrer Partei aus Das ist eine Rechtslage, von der niemand jagen kann, daß geschlossene fozialrevolutionäre Binke, die mit fie der Würde der gesetzgebenden Bersammlung und dem Geiste den Bolschewiti ausammengeht und sich an der Re- der Verfassung entspricht. Und jetzt, nachdem sie offenbar gegierung" beteiligt. Alle übrigen bemokratischen Organisationen worden ist, müßte sich der Reichstag auch wirklich ihrer ingruppieren fich um den Ausschuß zur Rettung des Ba- erträglichkeit bewußt werden.
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3. vom Gesichtspunkte des Vertebrs zu Waffer amb zu terlandes und der Revolution und um die demokrati- Es handelt sich dabei um nicht mehr und nicht weniger schen Organisationen der Städte und der Gemstwos. als um die Frage, ob wir ein Rechtsstaat oder ein Militär4. auch in der Stichtung, bak jebe Einmischung Verlassen bon der Demokratie, verschärften staat sein sollen. Das preußische Geset über den BelagerungsRumäniens in unfere inneren Angelegenheiten die Bolfchewifi ihr terroristisches System. Sie zustand, dem wir diese Bustände verdanken, ist bekanntlich nicht unmöglich werde. unterdrückten die bürgerliche Breffe unb fogar die sozialistische nur ein Kriegs-, sondern auch ein Friedensgefeß. Nach§ 2 Ja, wir legen auch auf einen Umstand, ben der Interpellant Bresse , soweit sie ihnen nicht gehört. Lenin veröffentlichte ein dieses Gesetzes kann„ bei dringender Gefahr für die öffentliche nicht erwähnt, der uns aber nicht gleichgültig sein tann, Gewicht, Detret für die Preise, wie es sogar der Barismus nie ge- Sicherheit" der Belagerungszustand sowohl in Kriegs- als in werden. Gine reaktionäre darauf nämlich, daß die Lage unserer in Rumänien wagt haben würde. Die Diktatur der Bolschewiki bahnt nur der Friedens zeiten verhängt wohnenden Brüder in jeder Hinsicht gesichert Gegenrevolution den Weg. Der rote Terror ist nur der Vor- preußische Regierung kann aus verhältnismäßig geringfügiTäufer des weißen errors. Die Angriffe auf die bür- gem Anlaß auch im Frieden den Belagerungszustand erklären gerlichen Freiheiten, auf die politischen Rechte und überhaupt auf mit der Wirkung, daß die vollziehende Gewalt an den Militärdas allgemeine Wahlrecht erleichtern der Gegenrevolution jede befehlshaber übergeht. Für die Handlungen dieses MilitärMaßnahme gegen die Demokratie und geben ihr die Möglichkeit, befehlshabers tragen dann, wie wir das jest jeden Tag erspäter auch den Arbeitern und Bauern die politischen Rechte zu leben, die Zivilbehörden gar keine Verantwortung: die Hauptnehmen. Die sozialistischen" Experimente auf dem fächlichste Garantie des Verfassungsstaats, die VerantwortGebiete der Industrie werden zu einem Berbot der Ge- lichkeit der Regierung für die Maßnahmen der Behörden gewerkschaftsbewegung und zur Unterdrückung der Arbeiterschuß- genüber der Volksvertretung ist aufgehoben. gejekgebung führen. Schließlich: die Abwesenheit einer wirtlichen Staatsgewalt führt unentrinnbar zu einem 3erfall des Wien , 22 Februar.( Meldung des Wiener K. R. Telegrandes in einzelne und einander feindlich gegen Korresp.- Bureaus.) Den Blättern zufolge begibt sich der Minister über stehende Provinzen. des Aeußern Graf Ezernin nach Bukarest . Sollten zu In diesem kritischen Augenblick rechnen wir auf den moraligleicher Zeit die neuen Verhandlungen mit Rußland beginnen, schen Beistand der ganzen Internationale. Das Schicksal der ruffi- Reichstage ändern kann, trägt er letzten Endes auch noch die so würde zu diesem Zwede eine Spezial- Delegation nach fchen Revolution ist aufs engste mit dem der Internationale ver- Fähigkeit in fich, entscheidender Faktor der Breß- 2itowi! entfendet werden. tnüpft." Reichsgefetgebung zu werden. Das sind die Folgen
Was die zweite Frage betrifft, daß die Siebenbürger an ben Friedensverhandlungen teilnehmen, so will ich erklären, daß es fich hier nicht um eine fiebenbürgische Frage, fondern um eine Frage ganz Ungarns bandelt, um die Frage, die wir alle nicht nur verstehen und fennen, sondern von der wir auch durch brungen fein müffen.