Einzelbild herunterladen
 

Nr. 78. 35. Jahrg.

Bezugspreis:

Bierteljahr. 4.50 ML, monatl, 1,50 frei ins Haus, vorauszahlbar.Einzelne Nummern 10 Bfg. Bostbezug: Monat lich 1,50 ML. Unter Streuzband für Deutschland und Desterreich Ungarn 3- Mil, für das übrige Ausland 4.50 M, monatlich. Bersand ins Feld bei diretter Bestellung monatl. 1,60 m. Bostbestellungen nehmen an Däne mart, Holland . Luxemburg , Schweden und die Schweiz . Eingetragen in die

Post- Zeitungs- Breisliste. Erfcheint täglich.

Telegramm Adresse:

Sozialdemokrat Berlin ".

Vorwärts

Berliner Volksblaff.

10 Pfennig

Anzeigenpreis:

Diefiebengespaltene Solonelzeileloftet 60 Big. Kleine Anzeigen", das fettgebrucie Wort 20 Big.( guläffig 2 fettgedruckte Borte), jebes weitere Bort 10 Big Stellengesuche und Schlafftellenanzeigen das erste Wort 10 Big.. jebes weitere Mort 5 fa Morte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Teuerungszuschlag 20%- Familien Anzeigen 50 PIA.. politische u. gewerfichaftliche Bereine. Pinzeigen 40 Big die Zeile. Anzeigen für die nächste Ruininer müssen bis 5 1hr nachmitt, im Gauptgeschäft. Berlin 3.68, Lindenstraße 3, a gegeben werden. Geöffnet von 8 Uhr früh bis 7 the abends.

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutfchlands.

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morisplas, Nr. 151 90-151 97.

Dienstag, den 19. März 1918.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Wernibreder: Amt Morisblas, R. 151 90-151 97.

Ratifikation des Oftfriedens.

Sowjetkongreß und Reichstag.

Der Reichstag ist gestern sofort nach dem Eintreffen der Nachricht, daß der allrussische Sowjettongreß den Frieden ratifiziert habe, in die Beratung der Friedensverträge ein­getreten. Das Ergebnis wird ohne sonderliche Spannung erwartet werden, denn ebenso wie der Sowjetfongreß wird auch der Reichstag den Friedensverträgen zustimmen. Die Stimmung wird dabei hier eine bessere sein als driiben, da Deutschland bei diesem Handel, wenigstens unmittelbar, nicht der verlierende Teil ist. Im übrigen hat man nicht den Ein. druck gewinnen können, daß der Reichstag mit besonderer Begeisterung sein Ja unter den Abschluß der Ereignisse im Often setzen wird: der Zweifler sind, auch außerhalb der sozialdemokratischen Bänke, zu viele.

behalte macht und auf die vordem ruffischen Randländer einen tows ist den Herren befannt. Sie alle erinnern sich der end­freiheitlichen Geist herabbeschwört, von dem bisher nichts zu losen eden, die nicht so sehr für die Teilnehmer der Dele­bemerken gewesen ist. Morgen wird weiter verhandelt, und gation, als für die weiteste Oeffentlichkeit bestimmt au fein schienen. dann kommen die Berträge an den Hauptausschuß. Ohne wiederaufnahme der Verhandlung. Man war an dem Sie erinnern sich der Unterbrechung und der schließlichen äußeres Bathos und ohne innerliche Glücksgefühle verlief diese Bunft angelangt, wo es sich um eine Entweder Ober handelte. Reichstagsjibung, in der das deutsche Volk unter eines der Am 3. März ist in Brest- Litowsk der Friede unterzeichnet worden. wichtigsten Kapitel seiner Geschichte den Schlußstrich 30g. In Am 16. März ist in Mostau von der zuständigen Versammlung Moskau mag es viel trauriger gewesen sein, aber auch in ber Friede ratifiziert Berlin war es kein Freudenfest.

Rußland ratifiziert.

worben. ( Beifall.) Ich habe nicht die Abficht, mich mit der Beur­teilung auseinanderzusehen, die dieser Friedensvertrag bei den feindlichen Mächten gefunden hat. Wo die Seuchelet zur gweiten Natur geworden ist( Sehr wahr!) too die unwahrhaftig­Berlin, 18. März. Der russische Volkskommissär teit sich bis zur Brutalität gesteigert hat( Lebhaftes Sehr richtig!), wo man in demselben Augenblid, da man sich anschickt, ble brückende Der Beifall, den der Reichsfangler erhielt, fang für auswärtige Angelegenheiten hat an die Auswärtigen Hand auf einen neutralen Staat su legen, gu sagen wagt, daß die gedämpft und steigerte sich erst zum Schluß als Antwort auf Aemter in Berlin und Wien folgenden Funkspruch ge- dabei verfolgte Politik die der vollen Selbstlosigkeit sei, da scheitert eine Gegendemonstration der äußersten Zinken zu größerer richtet: jeder Verfuch verständiger Auseinandersetzung, fachlicher Wider­Stärke. Graf Hertling tat aber das beste, was er tun fonnte, Am 16. März 1918 hat der außerordent.shington dem in Moskau versammelten Kongreß die Sympathie legung.( Sehr wahr!) Und wenn eine Depesche aus Wa­indem er die abgeschlossenen Verträge nicht allzu sehr heraus. Tiche Allrussische Kongreß der Sowjets ber Bereinigten Staaten, wie es dort beißt, in dem Moment strich. Seine Rede zeigt deutlich, daß die Sorgen im Osten der Arbeiter, Soldaten, Bauern und Kosaten- Depu- glaubte aussprechen zu sollen, wo die deutsche Macht sich eingedrängt durch den Frieden noch lange nicht zu Ende sind. Von der Anerkennung der furländischen Selb- tierten in der Stadt Moskau den Friedensvertrag, bat, um den Kampf für die Freiheit um feinen Gr­folg zu bringen"( Buruf bei den 1. Soz.: Sehr richtig! Finn­ständigkeit machte der Reichskanzler dem Reichstag Mit den Rußland am 2. März d. J. in Breft Litowsk land!- Große Unruhe rechts. Ruf: Sind das Deutsche teilung, ohne jedoch die heikle Thronfrage zu berühren. In mit den Mächten des Vierbundes geschloffen hatte, Rufe bei den 1. Soz.: Ja, Deutsch e! Vizepräsident dieser entscheidend wichtigen Angelegenheit sprach er weder ratifiziert. Baasche: Ich ersuche den Abg. Haase, solche Zwischenrufe zu un­Nein noch Ja. Optimisten fönnen glauben, es sollte erſt Mostar , 16. März.( Reuter.) Der vom Rongreß der terlassen, die das Saus aufreizen müffen!) fo lege ich bas zu die weitere Entwicklung in Sturland abgewartet und fein end. Sowjets gefaßte Beschluß über die Ratifizierung des Friedens allem andern. Wir wünschen nichts anderes, als daß dem schmer gilltiger Beschluß gefaßt werden, solange das Angebot des vertrages mit Deutschland billigte die Saltung des niife wiedergegeben sein möchten. Der Ihnen vorgelegte Bertrag geprüften Rußland bald geordnete staatliche Verhält Bandesrats nicht durch ein Bolfsvotum auf breifer Grundlage Rats der Boltskommissare bei der Unterzeichnung enthält. gebedt ist. Bessimisten werden annehmen, daß der Reichstag des schmerzlichen, Rußland durch ein Ultima Feinerlei entehrenbe Bebingungen für Rußland , bor vollendeten Tatsachen gestellt werden soll, und daß die tum und durch Gewalt aufgezwungenen Frie- teine brüdenben Rontributionen, Teine gewaltfame Aneignung Entscheidung über die furländische Sutofferte", die" Bujazz- dens und erklärte es als Pflicht der arbeitenden Klaffen, eine russischen Gebietes.( Lachen bei den 1. Soz.) Wenn Randstaa. frone" oder wie stets munterer Wit das Ding sonst benennen i iz zur Verteidigung des Landes gegen imperia- ten aus der russischen Staatsoberhoheit ausscheiden, so ent will, eines Tages fallen wird, wenn der Reichstag nicht bei- list is che Angriffe zn errichten, zu welchem Zwed alle sammen ist. Bersonen beiderlei Geschlechts eine militärische Ansbildung er­halten sollen.

"

Wir erfahren aus des Rede des Reichskanzlers, daß auch die Litauer jetzt so weit sind, sich mit allen möglichen Sonventionen einverstanden zu erklären, worauf die An­erfennung auch ihrer Selbständigkeit" zu erwarten ist. Den Strich aber, der Litauen und Kurland von Estland und Sibland trennt, hob Graf Sertling ziemlich deutlich her vor, er bestritt nicht, daß in die Regelung der Verhältnisse diefer beiden Länder auch Rußland noch mit dreinzureden hat. Der einstimmige Beschluß des furländischen Landesrats beruht nun auf der Voraussetzung, daß Kurland von den anderen baltischen Provinzen nicht getrennt werde, es müßte untersucht werden, inwieweit er nach dem Fall dieser Boraussetzung noch besteht.

Dunkler noch als über Estland und Livland flangen die Worte des Kanzlers über Polen . Weder die gegen dieses Land gerichteten Annegionspläne noch die viel­berufene austropolnische Lösung finden eine flare Zurück­weisung.

Wie Reuter aus Petersburg meldet, wurde der Friedens. vertrag am 15. März um Mitternacht in öffentlicher Ab­stimmung ratifiziert. Nach einer Wiener Meldung hat der Stongreß der Sowjets dem Bertrage mit überwältigen der Mehrheit die Ratifitation erteilt. Dem Austausche der Ratifikationsurkunden, der in Berlin zu erfolgen hat, steht fonach fein Hindernis mehr entgegen, fobald. die Bierbund mächte ein diesbezügliches Verlangen stellen werden.

Petersburg, 18. März.( Reuter.) Joffe, der frühere Vorsitzende der Friedensdelegation in Brest - Litost , wurde um Botschafter in Berlin ernannt.

Sigung des Reichstags.

142. Sigung, Montag, den 18. März, nachmittags 2 Uhr. Am Bundesratstisch: Reichstanzler Graf Hertling , b. Bayer,] Wallraf, Dr. Solf. Auf der Tagesordnung steht zunächst das Etatsnotgefes. Abg. Haase( U. Soz.):

pricht das dem eigenen von Rußland anerkannten willen dieser Schube bes mächtigen Deutschen Reiches sich selbst Staaten. Wir hoffen und wünschen, daß diese Wölfer unter dem die Gestalt geben mögen, die ihrer fulturellen Entwicklung, ihrer Sinnesart und ihren Berhältnissen entspricht. Am weitesten ist die Entwidlung in Sturland vorgeschritten. Die vor einigen Tagen hier eingetroffene Deputation des furländischen Landesrats als der feit und Unabhängigkeit Kurlands, die Loslösung von den bisheri anerkannten Vertreter Kurlands, hat den Auftrag, die Selbständig. Wunsch kundzugeben, in eine enge wirtschaftliche, militärische und gen staatlichen Verhältnissen zum Ausdruck zu bringen und den politische Beziehung zu Deutschland zu treten. In der Antwort, die ich im Auftrage des Kaifers als des völkerrechtlichen Vertreters des Deutschen Reichs zu geben hatte, konnte ich mit Freuden die An und Sturland hierzu beglückwünschen. Die endgültige Entscheidung erkennung Kurlands als eines unabhängigen Landes aussprechen über die zukünftige Gestaltung des Verhältnisses zu Deutschland mußte ich mir aber vorbehalten, bis die Verhältnisse sich dort weiter tonfolidiert und sämtliche zuständigen Fattoren gesprochen haben würden. Vom littauischen Landesrat ist bekannt. lich schon im vorigen Jahre gleichfalls eine enge militärische, wirt­schaftliche und politische Angliederung an Deutschland beschlossen worden. Ich erwarte in den allernächsten Tagen das

Erscheinen einer litauischen Deputation,

Alles in allem: bisher ist im Osten nicht Ordnung ge­schaffen, sondern nur ein Chaos. Und aus diesem Chaos die uns diesen Beschluß zur Kenntnis bringen wird, worauf die zieht der Kriegswville im Westen neue Kräfte. Wenn Graf Anerkennung Litauens als eines unabhängigen Hertling aussprach, daß keine Hoffnung bestehe, den opfer­Staatswesens erfolgen kann. Wie sich dort die Verhältnisse peiter entwideln, muß dann mit Ruhe abgewartet werden. reichen Entscheidungsversuchen im Westen durch eine Ber - Wir lehnen den Etat ab, denn wir fönnen einer Regie- it land und 2ibland befinden sich bekanntlich öst I ich der ständigung zuvorzukommen, so sagte er damit nur, daß rung fein Vertrauensvotum erteilen, deren wahre Ge- im Friedensvertrag vereinbarten Grenze, bleiben aber nach dem man ohnehin schon weiß. Um wieviel die Aussichten des all- finnung sich zeigt in der Aufrichtung der Militärdiktatur, in der Friebensvertrag so lange von deutscher Polizeimacht befest. bis gemeinen Friedens besser wären, wenn im Osten ein wirklicher frieden mit Rußland , in der Niederringung der Revolution in Finn- feistet und die staatliche Ordnung hergestellt ist. Dann wird auch Bereicherung großkapitalistischer Unternehmungen, in dem Gewalt Die Sicherung selbständiger Einrichtungen gewähr Berständigungsfrieden geschlossen worden wäre, darüber wer- land, der Unterdrückung der Volksmassen in Estland und Livland für diese Bänder der Augenblick gekommen sein, sich um ihre den die Meinungen immer auseinandergehen, aber wir wer- zugunsten einer kleinen bevorrechteten Herrentaste. Getreu unseren den bei der unseren bleiben, daß durch die Art des Friedens- sozialdemokratischen Grundsätzen lehnen wir deshalb den Etat ab. schlusses im Osten die Friedensaussichten im Westen ver-( Bravo ! bei den Unabhängigen Sozialdemokraten.) schlechtert worden sind.

Stach einer im wesentlichen zustimmenden Rede des Zen­

Abg. Scheidemann ( Soz.):

Rändern gegenüber wünschen wir, in ein nachbarliches, freund­Auch diefen politische cuorientierung zu bemühen. schaftliches Verhältnis zu fommen, aber jp, daß auch ein freund­schaftliches Verhältnis mit Rußland nicht ausgeschloffen ist.( Bravo.) trumsführers Fehrenbach sprach mit erfreulicher Deut batte glatt au bewilligen. Wir feben um jo meniger un bom November 1916 die Selbständigkeit vor aller Welt Bisher war es Brauch, solche Notgesche ohne weitere De. Bolen ist bekanntlich durch die Proklamation der beiden Kaiser lichkeit und Schärfe unser Barteigenoffe Dr. David, laß, davon jetzt abzuweichen, da wir getade in den letzten Tagen über die weitere Ausgestaltung des neuen Staatswesens nur durch zurüdgegeben. Daraus folgt, daß auch die Verhandlungen der den Oitfrieden einen Gewaltfrieden nannte und sich auch mitten in politischen Debatten gestanden haben und im unmittel gemeinsame Berhandlungen einerseits zwischen Deutschland und sonst an den Grundjab hielt: Aussprechen, was ist. Er ließ baren Anschluß an die Erledigung dieses Etats bereits wieder in Desterreich- Ungarn , andererseits mit Bolen zu Ende geführt werden nicht den geringsten Zweifel daran, daß die Sozialdemokra- eine hoch politische Debatie hineingeraten werden. Wir fönnen. Inzwischen sind Anregungen aus politischen Kreisen tische Partei die Art wie diefer Frieden zustande gebracht sehen in der Erledigung dieses Notetats keine Vertrauenstund. Bolens an die Regierung und auch an Mitglieder dieses Hauses wurde, und den Inhalt feiner Berträge auf das entschiedenste gebung, sondern wir wünschen, daß nicht etwa jeder einzelne Reichs- gelangt, Anregungen für eine Gestaltung des künf mißbilligt. Nach dieser Rede, die den Standpunkt der Sozial- beamte nach dem 1. April das Reich berklagt, damit er fein Geigen Verhältnisses zu uns. Wir werden gern prüfen, demokratie klar präzisiert, verliert die Frage, wie sich die sp- balt bekommt, sondern daß das Reich seine Geschäfte ord- ob und inwieweit sich diese Anregungen mit dem Ziele der beiden zialdemokratische Fraktion bei der Abstimmung verhalten teine Beranlassung, bei dieser Gelegenheit eine politische Des frieblichen, freundschaftlichen Nachbar für alle nungsgemäß weiter führen tann. Darum jeben wir verbündeten Mächte deden, in dem neugeschaffenen Bolen einen wird, stark an Interesse, auf jeden Fall wird diese Abstimmung batte vom 3aun su brechen.( Bravo ! bei der Mehrheit.) Bukunft heraustellen. fo begründet jein, daß niemand aus ihr eine Zustimmung zu Das Notetatsgesetz wird dem Hauptausschuß überwiesen. den Rußland aufgedrungenen Friedensbedingungen heraus. Es werden hierauf die Iejen fann. Auf der anderen Seite wird die Fraktion ihre Saltung gegen die Mißdeutung schigen müssen, sie lehne die Beendigung des Kriegszustandes im Osten überhaupt ab, sur Verhandlung gestellt. wünsche also verlängerten Krieg.

Friedensverträge mit Rußland und Finnland Reichskanzler Graf Hertling

Wenn Sie, wie ich nicht zweifle, den Verträgen ihre Genehmi. gung geben, und wenn dann, wie wir hoffen, bald auch der Friede mit tumänien zum Abschluß gereift sein wird, dann wird der Friede auf unserer ganzen Ostfront bergestellt sein.( Bravo.) Aber wir dürfen uns feiner Täuschung hingeben: ber Weltfrieben ist noch nicht da.

Rum Schluß sprach der Fortschrittler Naumann, der geht zunächst furz auf die Entwicklung der Friedensverhandlungen Roch zeigt sich leider in den Staaten der Entente nicht die ge­im Often zwar keine Annegionen fieht, aber doch seine Bor- 1 mit Rußland ein. Der Gang der Verhandlungen in Breft- 21- ringste Neigung, von dem furchtbaren Kriegshandwerk ab