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Nr. 139. 35. Jahrg.

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Sozialdemokrat Berlin".

Vorwürts

Berliner Volksblaff.

10 Pfennig

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Diefiebengewaltene Solonelzelle fostet 80 Big. eine Anzeigen", das fettgedruckte Wort 30 fg.( zulässig 2 fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 15 fg. Stellengesuche und Schlafstellenanzeigen das erste Wort 20 Big., jedes weitere Wort 10 Bfg. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Teuerungszuschlag 20% Familien- Anzeigen, politische und gemerfichaithee Vereins Anzeigen 60 Big die Zeile. Anzeigen für die nachite Nummer müssen bis 5 1hr nachmittags im Hauptgeschäft Berlin SW. 68, Lindenstraße 3, abaegeben werden. Geöffnet von 8 Uhr früh bis 7 Uhr abends.

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernivrecher: Amt Moriapias, Nr. 151 90-151 97.

Donnerstag, den 23. Mai 1918.

Expedition: GW. 68, Lindenstraße 3. Fernivrecher: Amt Morinpias, Nr. 151 90-151 97.

Die ruifische Gegenrevolution in der Ukraine .

Wir veröffentlichen weiter unten eine Darstellung der Vorgänge in der Ukraine , die auf genauer Kenntnis aller ein­schlägigen Verhältnisse beruht, im übrigen aber von dem, was man sonst in deutschen Zeitungen über dieses Thema zu lesen pflegt, recht erheblich abweicht. Der Bericht geht, wie man bald bemerfen wird, von der Voraussetzung aus, daß die Loslösung der Ukraine von Rußland eine vollzogene Tat­fache sei, an der festzuhalten im Interesse des ukrainischen Volfes liege. Wie wir wissen, sind über diesen Punkt die Meinungen unter den Utrainern selbst ge­teilt. Die nationale Frage, die zwischen Rußland und der Ukraine spielt, wird durch das Hervortreten der Klassengegen­säge aufs stärkste beeinflußt.

Ist die ukrainische Selbständigkeitsbewegung in erster Linie eine Bewegung gegen die nicht ukrainische herrschende Klasse, so steht wiederum diese herrschende Klasse aus Gründen des Klassenkampfes in schärfstem Gegensatz zu dem heute offi­ziellen, d. h. dem bolschewistischen Rußland . Die Großrussen der Ukraine sind, wie jede herrschende Minderheit, reaktionär, sie würden durch die Anerkennung der bolschewistischen oder auch nur der gemäßigteren sozialrevolutionären Grundsäße sich selber das Todesurteil sprechen. Daher ihr doppelter Gegensatz zu der gestürzten ukrainischen Volksregierung und der bolsche­wistischen Regierung Rußlands .

Die folgenden Darlegungen löschen mun den letzten Zweifel daran aus, daß diejenigen Elemente, die jetzt in der Utraine mit deutscher Hilfe zur Herrschaft gelangt sind, mit fliegenden Fahnen zu Großrußland übergehen werden in dem Augenblick, in dem die bolschewistische Regierung in Moskau bon einer bürgerlichen abgelöst werden wird. Kein Wunder also, daß die Ufrainer, die von der deutschen Hilfe die Erhaltung threr staatlichen Selbständigkeit erhofften, fich arg enttäuscht fühlen. Sie mögen in dem, was in Wirklichkeit nur ein tastendes Herumerperimentieren ist, die Durchführung eines macchiavellistischen Programms erblicken, in sich selber aber den Mohren, den man gehn läßt, nachdem er seine Schuldig­teit getan hat. So ist Deutschland ganz offenbar nicht auf dem richtigen Wege, sich in der Utraine Freunde zu gewinnen, die alten stößt es ab, ohne neue zu erwerben.

Starke feindliche Teilangriffe am Kemmel. Rege Artillerietätigkeit zwischen Lys und Albert.

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Berlin , 21. Mai 1918, a bends. Amtlich. Von den Kriegsschauplägen nichts Neues. Amtlich. Großes Hauptquartier, 22. Mai 1918.( W.. B.)

Weftlicher Kriegsschauplah.

Im Remmel- Gebiet hielt lebhafte Feuertätigkeit an. Nördlich vom Dorf Kemmel und südlich von Loker scheiterten am Abend starke feindliche Teilangriffe.

Beiderseits der Lys und am La Bassée- kanal lag unser rückwärtiges Gelände wiederum unter starkem Feuer. Auch zwischen Arras und Albert war die feindliche Artillerie am Abend sehr rege.

Zwischen Somme und Dise lebte die Gefechtstätigkeit nur vorübergehend auf.

An der übrigen Front nichts von Bedeutung.

Eines unserer Bombengeschwader vernichtete in der Nacht vom 20./21. 5. die ausgedehnten Munitionslager bei Blargies. Leutnant Menkhoff errang seinen 27., Leutnant Puetter seinen 23. und 24. Luftfieg. Der Erste Generalquartiermeister. Ludendorff.

Der österreichische Bericht. Wien , 22. Mai 1918. Amtlich wird verlautbart: An der italienischen Gebirgsfront hält erhöhte Kampftätig feit an. In der Nacht zum 21. brangen zwei feindliche Kom­pagnien in unsere Stellungen nordwestlich des Colbel Rosso

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ein und wurden durch Gegenstoß unter großen Berluften zurück­

geworfen.

Der Chef bes Generalstabea.

Aprilergebnis des U- Boot­Krieges.

Die deutsche Sozialdemokratie hat die Auseinander­setzung zwischen Großrussen und Ukrainern stets als die eigene Angelegenheit dieser beiden Stämme betrachtet, und sie sieht durchaus kein Unglück in der Möglichkeit, daß sich auf der Grundlage beiderseitiger Freiwilligkeit eine Wiederver­einigung anbahnen könnte. Die deutsche Regierungs­politik hingegen scheint bis vor kurzem die Zerschlagung Ruß­ lands als ihren größten Triumph betrachtet zu haben, sie des für unsere Feinde nutzbaren Handelsschiffsraumes vernichtet ist aber drauf und dran, aus wahrer Affenliebe zu den sog. staatserhaltenden" Elementen diesen ihren vermeintlichen

Berlin , 21. Mai. Jm Monat April find insgesamt 652 000 Br.-R.-T.

worden.

Triumph wieder zu nichte zu machen. Mit heiterem Erstaunen Der ihnen zur Verfügung stehende Welt- Handels­liest man in einem W. T. B.- Telegramm den Trinkspruch, den schiffsraum ist somit allein durch kriegerische Maßnahmen der Botschafter v. Mumm aus Anlaß des Besuches des Herrn seit Kriegsbeginn um rund

17116000 Br.-R.-T.

v. Waldow in Kiew gehalten hat: Er hoffe bestimmt, daß sich nach siegreich beendetem Kriege aus unserer militärischen Hilfeleistung für das junge Staatswesen eine dauernde fried- verringert worden. liche Zusammenarbeit mit dem Deutschen Reiche auf kul­Der Chef des Admiralstabes der Marine. turellem und politischem Gebiete entwickeln werde. Man Ein von W. T. B. verbreiteter Kommentar weist darauf hin, würdige in Deutschland durchaus den Wunsch des ukraini - daß etwa seit Herbst 1917 die Kurve der Monatsergebnisse stetig schen Volkes, feine Eristenz fortan auf demokratischer sei, woraus sich entnehmen lasse, daß es den gesteigerten Abwehr­Grundlage zu gestalten und sei ferner davon überzeugt, maßnahmen der Gegner bisher nicht gelungen ist, die Erfolge der daß neben der unter unserer Mitwirkung bereits erfolgreich deutschen U- Boote zu drücken. Ferner wird hingewiefen auf die angebahnten Finanzreform die Durchführung der dringlichen auch nach feindlichem Eingeständnis geradezu erschreckliche Steigerung Agrarreform sowie eine klare Kulturpolitik auf nationaler Grundlage der beste Grundstein für das neue Staatsgebäude sein würde." Vielleicht erfährt der deutsche Botschafter in Kiew nun aus dem Vorwärts", wie es in der Ukraine wirklich aussieht!

der durch Angriffe deutscher U- Boote beschädigten Handelsschiffe. In demselben Umfang, wie dem Feind durch Ausnutzung seiner Abwehr mittel die Bergung schußverlegter Schiffe und dadurch scheinbar eine verminderung seiner Schiffsverluste gelingt, steigt die Zahl der be­schädigten Schiffe und fürzt sich die Schiffsräumte, die betriebsfähig zu seiner Verfügung übrig bleibt. Der Mangel an gelernten Werft­arbeitern berzögere die Reparatur febr.

meint ist die deutsche Unterstüßung). In politischen Beratungen fam die Orientierung nach Rußland deutlich zutage, und die Tat­sache, daß Scheluchin( einer der Führer der ukrainischen Selbs ständigkeitspartei) in das Kabinett eingetreten ist, spricht feineswegs dafür, daß die Politik der ukrainischen Regierung auf die Selb­ständigkeit binzielen wird.

W

Das Blatt Juschnyi Rabotschij" bringt die Meldung, daß laut Erzählungen von Teilnehmern des sogenannten Bauernfongresses" die Gruppe des des kleinen Bauernbefizes durch polnische und ruffische Großgrundbefizer vertreten war, die Bauernkleidung an­gezogen hatten. So wurde das ukrainische Volt auf dem Bauern­tongreß vertreten!

Die neue Regierung inaugurierte einen scharfen Kampf gegen das trainertum. Es wurden viele ukrainische Beitungen verboten, darunter die vier größten ukrainischen Zeitungen in Kiew , nämlich Nowa Rada"," Borodba, Widrods­chenje und Narodna Wola ". Einige Tage, nachdem das Verbot erlassen wurde, wurde der Nowa Nada" allein erlaubt, den Betrieb aufzunehmen, doch wurde die Borzensur über sie verhängt. Dic Mitteilung von dieser Maßnahme erfolgte in deutscher Sprache. Es wurde der ukrainische Bauernfongres verboten, der für den 12. Mai einberufen wurde. Zu diesem Kongreß batten sich be­reits am 10. Mai über 4000 Leute eingefunden. Sehr viele dieser Delegierten wurden verhaftet. Der allukrainische Arbeiter. tongreß am 14. d. M. wurde berboten. Massenhaft werden die Verhaftungen unter den Ukrainern vorgenommen, die bis jezt an hervorragenden Stellen in den Gouvernements Boltawa, Charkow und Siew betätigten. Der Kriegszustand wurde über fünf Gouvernements und in Kiew verhängt. Die ukrainische Sprache wird in den Aemtern nur als eine Nebensprache gebraucht, während die russische Sprache die Hauptrolle spielt.

Vor dem Verbot konnte der allufrainische Bauernkongreß aber noch folgende Entschließung fassen:

1. Das ukrainische arbeitende Bauerntum wünscht, in Neber­einstimmung mit dem geschlossenen Friedensvertrag, in den Zentralmächten, insbesondere in Deutschland , befreundete Staaten zu sehen.

ein

2. Zugleich erachtet der Kongreß es für notwendig, zu, for­dern, daß diefe Staaten sich in die inneren wirt. schaftlichen und politischen Angelegenheiten der ukrainischen Volksrepublik nicht mischen, und bringt seinen entschiedenen Protest und seine Empörung aus dem Anlaß zum Ausdruck, daß die Vertreter fremder Regierungen, ihre Machtstellung ausnüßend, in den Klaffenkampf in der Ufraine attiv eingreifen, sich an der Auflösung des Ukrainischen Parlaments und der Ein­führung der Hetmanengewalt in der Ukraine beteiligen, welche Politik nur von einem Häuflein von Grund­besizern und Kapitalisten unterstützt wird, die der ukrainischen Volksrepublik und allen Errungenschaften der Nevo­lution feindlich sind.

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Der Kongreß verwirft die von den Großgrundbesitzern, Dorf­schindern und Kapitalisten errichtete et manengewalt als eine absolutistische Einführung, die keine Stütze und feine Anerkennung der demokratischen Kreise der Ukraine finden fann. Diese Gewalt, die sich auf eine kleine Gruppe der das Land besibenden lasse stützt und nur dank Der Anwesenheit fremder Truppen behaupten fann, wird nicht im stande sein, normale internationale, wirtschaftliche und politische Zustände wieder herzustellen, und sie bedroht das Dasein des ukrainischen Staates."

Von der neuen Regierung wurde ein russischer monarchischer Stongres in Odessa faweigend erlaubt, der die Wieder. herstellung des alten zaristischen Rußland auf fein Programm schreiben will. Man trifft Vorbereitungen zur Einberufung eines allrussischen Semstwo- Kongresses, an dessen Tagesordnung die Vereinigung aller ruffischen Provinzen zu einem Ganzen, wie es vor der Revolution war, gesetzt wurde. Die Kreis­und Gouvernements fommissare, die von der neuen Regierung ein­gelegt wurden, sowie auch die übrigen Beamten des neuen Regimes find alte zaristische Beamte, so z.B. wurde für das Gouvernement Kiew der Fürst Escartoryskyj zum Landeskommissar er­

Aus der Ukraine wird uns geschrieben: Das Kabinett des Hetmans ist bis zum beutigen Tage noch nicht endgültig gebildet. Im gehören vorläufig adetten, föderativen Verhältnisses der Uraine zu Auß- nannt, der während der ruffischen Offupation in Galizien im Jahre Oftobristen und russische Monarchisten an. Die land verwarfen. Der Stongreß der Kadettenpartei in der 1915 ein russischer Generalgouverneur für das Gouvernement Kadetten sind im Kabinett diejenige Gruppe, die am meisten nach Utraine( wie sie sich selbst nennen, nicht aber der utraintschen Ka- Tarnopol war. lints orientiert ist. Ihre Betätigung in dem Aufbau des ukraini- detten), der am 12.. d. Mts. in Kiew stattfand, erklärte, daß er aus schen Staatswesens bestand darin, daß sie im Juli 1917 ihre Ver- taftischen Gründen keine Beschlüsse bezüglich der Vereinigung aller treter in der Rada abberufen batten mit der Begründung, daß russischen Länder fassen wolle. Derfelbe Kongreß sprach sich die Kadetten die ukrainische Selbständigkeit für die russische Sprache als Staatssprache der nicht anerkennen tönnen. Die Kadetten entiandten Utraine aus. Diese Kadetten bilden den linken Flügel im Minister­daraufhin eine Abordnung nach Moskau . die die Ukrainer als Hoch- fabinett. Was fann man nun von den Oktobristen und den Rechten berräter und als Erbfeinde Rußlands , die zugunsten Deutsch - sagen?

Die Parole ist also: Russisch! Aber nicht russisch - revolutionär, sondern russisch- zaristisch. Alle Nachrichten über die Stimmung der Bevölkerung lassen darauf schließen, daß die Lage gefahr­drohend ist!

Aus Kiew wird dem Berliner trainischen Presseburean gebrahtet: lande arbeiteten, denunzierte. Die Kadetten verlangten von Für die Drientierung des neuen Kabinetts nach russischer Seite Der russische Volkskommissar für auswärtige Angelegenheiten der Regierung Kerensti die Verhaftung der Zentralrada und spricht auch folgende Tatsache: Das Blatt Odesstija Nowosti" fandte einen Funkspruch nach Kiew , in dem die Sowjet­der ulrainischen Regierung wegen separatistischer und deutich bringt eine Unterredung mit Herrn 2. Reichert, der einer der regierung ihr Einverständnis erklärt, die Frie­freundlicher Bestrebungen, und die Anwendung von Militär- wichtigsten Organisatoren der Großgrundbefizer war und eine große densverhandlungen in Kiew am 22. Mai zu bc= gewalt. Die ganze Zeit bis zum Einmarsch der deutschen Rolle auf dem sogenannten Bauernkongreß" spielte. Herr Reichert ginnen. Truppen haben die Kadetten gegen die Deutschen heftig agitiert. meinte: Die Kandidaten für die Ministerposten wurden unter Si betätigten fic in feiner Weise am Aufbau des ufrainischen unserer Beteiligung und mit starker Hilfe derjenigen Kreise aus Staates, da sie grundsäglich sogar die Möglichkeit eines erwählt, die augenblicklich die Macht in der Utraine befizen( ge

Die Zeitungen beschäftigen sich dauernd mit der Möglichkeit einer Kabinettsorganisation; von möglicher Beteiligung der Sozial­Föderalisten, der Sozialrevolutionäre und Ssamostijniki wird ge­