Nr. 142. 35. Jahrg.
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.Sozialdemokrat Berlin".
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Sonntag, den 26. Mai 1918.
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Tod des Reichstagspräfidenten.
Nach Monaten schwerer Krankheit ist der Präsident des Reichstags Dr. Johannes Kaempf 76jährig gestorben.
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Kaempf war 1903 als Vertreter von Berlin I zum erstenmal in den Reichstag gewählt worden, nachdem er schon zuvor innerhalb der frotschrittlichen Volkspartei eine nicht unbeträchtliche Rolle gespielt hatte. Rednerisch trat er hier bei der Beratung des Börsengesetzes, der Wasserstraßen interpellation, der Verkehrssteuerdebatte 1906 und beim Schiffahrtsabgabengesetz hervor. Der hervorragende Einfluß, den er in der Fortschrittlichen Volkspartei nicht zuletzt durch tatkräftige finanzielle Unterstüßung der Parteibestrebungen. besaß, führte thn jedoch bald in das Präsidium, in dem er sich aber häufigen unangenehmen Zwischenfällen ausgesett sah. 1907 zum 2. Vizepräsidenten gewählt, rief er zum Beispiel bei der Besprechung des Kolonialetats den Abg. Ledebour dreimal zur Ordnung und befragte geschäftsordnungsmäßig das Haus, ob dieser weiterreden solle. Eine Zufallsmehrheit entschied für Lede= bour, und Kaempf sah sich veranlaßt, darauf sein Amtniederzulegen. Er wurde aber drei Tage später wiedergewählt.
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Noch größeres Aufsehen erregte der Zwischenfall, der sich nach der Wahl Kaempfs zum ersten Präsidenten des Reichstags 1912 ereignete. Am 14. Februar wurde das neue Präsidium, dem auch Genosse Scheidemann angehörte, gegen Zentrum und Konservative gewählt. Bald darauf lehnte der Kaiser ab, das Präsidium in der üblichen Weise im Schlosse au empfangen, und sandte auf die Meldung Kaempfs lediglich das Telegramm: „ Bestens dankfend, aber verhindert, die Herren zu empfangen." Auch Kaempfs Mandat wurde fast zur selben Zeit vom Wahlprüfungsausschuß für ungültig erklärt. Er lagte darauf Präsidium und Mandat nieder, wurde aber im November wiedergewählt und wieder zum Präsidenten ausersehen.
Es gab noch häufig Zusammenstöße mit den Sozialdemokraten, besonders bei jener Rede Scheidemanns, bei der die Regierung wegen angeblicher Beleidigung Preußens den Reichstagssaal demonstrativ verließ. Erst im Krieg besserte sich das Verhältnis zwischen Kaempf und der äußersten Linken.
Der Tod Kaempfs macht eine Neuwahlin Berlin I und im Präsidium des Reichstags notwendig. Wie die N. Pr. Korr." berichtet, beabsichtigt die Volkspartei den Staatssekretär Dernburg als Kandidaten im inneren Berliner Stadtkreise aufzustellen.
In der Zusammensetzung des Reichstagspräsidiums dürfte sich jetzt eine parteipolitische Aenderung vollziehen. Das bisherige Präsidium war im Zeichen des Sieges über den schwarz blauen Blod gewählt und bestand- nach der Nichtwiederwahl Scheidemanns zum Vizepräsidenten aus zwei Fortschrittlern, Kaempf und Dove, und dem Nationalliberalen Paasche. Da sich die Barteifonstellation seitdem gründlich gewandelt hat, besteht fein Grund mehr, die beiden größten Fraktionen vom Präsidium aus
Nächtliche Teilangriffe am Remmel und Die Reform des Strafverfahrens
bei Albert.
Berlin , 25. Mai 1918, abends. Amtlich. Von den Kriegsschauplägen nichts Neues. Amtlich. Großes Hauptquartier, 25. Mai 1918.( W. 2. B.)
Weftlicher Kriegsschauplah.
Die Kamptätigkeit der Artillerien blieb tagsüber bei Sturm and Regen in mäßigen Grenzen. In Verbindung mit nächtlichen Teilangriffen des Feindes nordwestlich vom Remmel, nördlich und westlich von Albert nahm sie vorübergehend große Stärke an. Die feindlichen Angriffe brachen überall verlustreich zusammen. Bei Hamel warfen wir den Feind im Gegenstoß zurück; im übrigen wurden seine Sturmtruppen schon vor unseren Linien zusammengeschossen.
Die Besatzung eines Beobachterflugzeuges, Leutnant Eisenmenger und Bizefeldwebel Gund haben am 23. 5. aus einer Kette von sechs englischen Kampfeinsigern vier Flugzeuge abgeschossen. Der Erste Generalquartiermeister. Lubeuborff.
Der österreichische Bericht.
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Wien , 25. Mai 1918. Amtlich wird verlautbart: Die Kämpfe im Zugna Raum flauten gestern wesentlich ab. Auf der Hochfläche von Asiago und an der unteren Riave scheiterten feindliche Erkundungsvorstöße. In Riva wurden durch feindliches Artilleriefener einige Häuser beschädigt. Ueber dreißig feindliche Flugzeuge haben Feltre mit Bomben belegt ein Zivilist wurde getötet, acht verwundet, sonst nur geringer Sachschaden erzielt. Feldpilot Offizierftellvertreter v. Rik, einer unserer erfolgreichsten Piloten, wurde im Luftlampf abgegeschossen und tot geborgen.
Der Chef des Generalstabes.
gegen Jugendliche.
Von Heinrich Schulz.
Bei den Beratungen des Reichstags über das Neichsjuftizamt in den letzten Tagen vor der Pfingstpause sind die meisten Redner auch auf die Frage eingegangen, ob und wie eine Wiederaufnahme des in der ersten Session 1912/13 im Rommissionsbericht zweiter Lesung steckengebliebenen Entwurfs eines Gesetzes über das Verfahren gegen Jugendliche zu ermöglichen sei.
In den Kreisen der Jugendfürsorge und den ihr nahestehenden juristischen und volfserzieherischen Kreisen beschäftigt man sich schon seit längerer Zeit mit dieser Frage. Man empfindet hier besonders hart und unerträglich die klaffenden Lücken der geltenden Strafprozeßordnung in bezug auf Kinder und Jugendliche. Die ganze Jugendfürsorge des geltenden Gesetzes besteht darin, daß einem noch nicht sechzehn Jahre alten Angeschuldigten vor dem Landgericht ein Verteidiger bestellt wird, und daß der gesetzliche Vertreter eines Minderjährigen als dessen Beistand auftreten und zu seinen Gunsten Rechtsmittel einlegen kann. Im übrigen trifft die ganze Härte und Rücksichtslosigkeit des Strafgesetzes unterschiedslos des Knaben lockige Unschuld" wie den„ kahlen schuldigen Scheitel." Insbesondere muß der Staatsanwalt nach dem Grundsatz der Anklagepflicht, dem sogenannten Legalitätsprinzip, jeden Jugendlichen genau so zur Verantwortung ziehen, wenn er gegen die Strafgesetze verstoßen hat, und seine Bestrafung zu erreichen suchen wie jeden Erwachsenen.
Die einzige Milderung besteht darin, daß der Jugendliche die zur Erkenntnis der Strafbarkeit erforderliche Einsicht gehabt haben muß. Diese Milderung bedeutet aber nicht viel, da diese vom Gesetz verlangte Einsicht beim Jugendlichen befanntlich beginnt die Strafmündigkeit schon mit dem vollendeten zwölften Lebensjahre- anders beurteilt und eingeschätzt werden muß als beim Erwachsenen. Dem Kinde und dem Jugendlichen mögen die rein inOffupationsmächte in nächster Zeit mit der Gesamtheit der das tellektuellen Fähigkeiten, die Strafbarkeit einer Handlung eingegenseitige Verhältnis der Mächte regelnden Fragen auch an eine zusehen, nicht fehlen, und doch darf ihre Handlung nicht der Auseinanderießung der polnischen Frage herantreten werden. Daß gleichen Handlung eines Erwachsenen gleichgestellt werden, die endgültige Regelung der polnischen Frage unter Zu- weil dem noch in der körperlichen, geistigen und ſittlichen zichung der polnischen Regierung wird erfolgen müssen, daran Entwicklung befindlichen Menschen alle die zahlreichen inneren halten wir feft. Die in letzter Zeit vielfach aufgetretenen Gerüchte Hemmungen abgehen, die erst im Laufe der Jahre auf die über die eine oder die andere Art der Lösung der Erfahrungen des Lebens eingeschaltet werden und weil bei polnischen Frage sowie über Gebietsschmälerungen be- ihnen der Wille noch nicht die genügende Festigkeit erlangt Der verstorbene Reichstagspräfident Dr. Kaempf gehörte zu ruhen demnach, ich will es hoffen, auf willkürlichen Vermutungen. hat. Jugendliche Sünder bessert man nicht den politischen Bankdirettoren. Er batte fast dreißig Jabre lang, Was den Staatsrat anbetrifft, io bestand die Absicht, ihn durch Abschreckung, besonders nicht, indem man bis 1899, die Berliner Filiale der Darmstädter Bank geleitet. In sofort nach den Pfingstfeiertagen einzuberufen. Unterhandlungen sie vor den Richter lädt und hernach ins Gefängnis dieser Eigenschaft wurde er Mitglied des Aeltestenkollegiums der über die Uebernahme der Verwaltung zwangen zu einer Ver- sperrt. Dadurch Dadurch wird das jugendliche Ehrgefühl nur Berliner Kaufmannschaft und später sein Präsident. Von 1887 bis ichiebung. Der Tag der Einberufung wird aber erst unge- abgeftumpft 1898 war er, mit vierjähriger Unterbrechung, unbesoldeter Stadtrat,| fähr in die zweite Hälfte des Juni fallen. und zum Dank für seine fommunalen Verdienste wurde ihm die Würde eines Stadtältesten verliehen. Kaempf war außerdem Ehrendoktor Exzellenz. reides Leben hat seinen Abschluß gefunden.
zuschließen.
und oft genug für für das ganze fernere Leben ertötet. Für die Jugend sind erzieherische Maßnahmen am Plaze.
better und gelen in an äußeren Erfolgen ungewöhnlich Ukrainisch- russische Friedensverhandlungen. zwölften Legislaturperiode des Reichstags zu gefeggeberischen
Costarica erklärt den Krieg. New York , 24. Mai. ( Reutermeldung.) Reuter erfährt aus San Juan del Sur, daß Costarica den Mittel. mächten den Krieg erklärt hat.
Die ersten Bolligungen.
Erwägungen dieser Art hatten bekanntlich schon in der Versuchen geführt, bei den Aenderungen des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung besondere Be
„ Beunruhigende Gerüchte" über die Zukunft belegation bertreten würden, da Weißrußland , Sibirien Schaffung besonderer Jugendgerichte, um wenigstens
Kiew , 24. Mai. Gestern nachmittag fand die erste öffentliche Stimmungen über das Verfahren gegen Jugendliche zutreffen, Bolligung der ukrainisch - russischen Friedensdelegation im fleinen die den Jugendlichen nach Möglichkeit vor der Berührung Saal des Radagebäudes unter Vorsiz Scheluchins statt, mit den Strafgerichten schüßen sollten. Aber der Bei der gegenseitigen Prüfung der Bollmachten wies Reichstag ging seinerzeit zu Ende, ehe diese Gesetzentwürfe Scheluchin darauf hin, daß in der Vollmacht nicht angegeben sei, verabschiedet worden waren, die sozialrechtlich und sozialob die Sowjetdelegierten zu Friedens- oder Waffenstillstands. pädagogisch so wichtigen Bemühungen um eine Reform des berhandlungen ermächtigt seien. Ferner fragte er, welche Jugendlichenstrafverfahrens waren damit auch vorläufig errussischen Staatseinheiten durch die Sowjet- ledigt. In den Bundesstaaten half man sich inzwischen durch und die Don und Stautasusrepubliken die Zuständigkeit der durch die Auswahl der Richter nnd durch ihre dauernde BeSowjetdelegation abgelehnt hätten. Der russische Vorsigende schränkung auf diestrafbaren Handlungen Jugendlicher ein geRafowsti erflärte dies zunächst für eine innere russische Angelegen heit. Er ersuchte dann, die Frage schriftlich zu stellen, worauf schriftlich geantwortet werden würde. Die Frage Scheluchins, ob die Utraine von der russischen Vertretung als un Zwei Fragen interessieren in hohem Grade die öffentliche Mei- a bhängiger Staat anerkannt werde, wurde ruifischer aung und bedürfen amtlicher Klarstellung, um vielfach seits bejabt. Die Mitglieder der ukrainischen Dele irrigen und zugleich beunruhigenden Gerüchten vorzu- gation sind außer Scheluchin und Igor Kistiakowski noch Barabeugen. Es sind dies die politischen Abmachungen über nowsti vom Finanzministerium, Generaldirektor Swizin der Hütten die Zukunft Bolens und die Einberufung des Staatsrates. werfe Juiowla vom Handelsministerium, Petrow vom VerpfleIn der ersten Frage muß ich mit vollem Nachdruck erklären, daß die gungsministerium und der Chef des ukrainischen Generalstabes Regierung feinerlei Nachrichten darüber befißt, als ob irgendwelche end. Sliwinski vom Kriegsministerium.
Erklärung des polnischen Ministerpräsidenten. Ministerpräsident Stecztowski erklärte dieser Tage laut sitteilung des Pressebureaus beim polnischen Ministerrate dem Barschauer Pressevertreter:
wisses psychologisches Verständnis für die hier lagernden Probleme und eine Milderung der Rechtsprechung zu erreiken. Unterstützt werden diese Jugendgerichte durch die Behörden, besonders durch die Vormundschaftsgerichte, und durch freiwillige Helfer und Helferinnen die zumeist den Fürsorgebereinen entnommen werden. Aber diese Neubildungen schweben doch mehr oder weniger in der Luft, es fehlt ihnen die folide gefeßliche Grundlage und die organische Verknüpfung der verschiedenen Einrichtungen.
Diesem Mangel sollte das in der dreizehnten, der laufenden, Legislaturperiode eingebrachte Gesetz über das Vergültigen Entscheidungen, welche Polen betreffe, bereits gefällt worden In der heutigen Vollveriammlung der russisch ukrainischen fahren gegen Jugendliche abhelfen. Es löste aus der unwären. In ihrer Stellung als Vertreterin der polnischen Interessen Friedensdelegation wurde die Zuständigkeitsfrage der großrussischen erledigt gebliebenen allgemeinen Reform des Strafprozesses hat die Regierung Anfang Mai Gelegenheit genommen, das Mini- Delegation noch nicht geklärt. Die utramische Delegation fordert die Teile heraus, die sich mit den Jugendlichen beschäftigen, mum dessen zur Kenntnis der Ottupatiosmächte zu erstens Generalvollmacht für die großruistiche Delegation zum Ab- und suchte sie unter Berücksichtigung der von dem vorherbringen, was sie in politischer, territorialer und wirt- schluß aller in Betracht kommenden Verträge, zweitens eine flare gehenden Reichstag gewünschten Aenderungen mit der schaftlicher Beziehung für die Zukunft Bolens als unDefinition der durch die großrussische Delegation bertretenen Gebiete. geltenden Gerichtsverfassung und der jetzigen Strafprozeßerläßlich erwartet. Inzwischen ist bekannt geworden, daß die Die Sigung wurde auf morgen nachmittag bertagt. ordnung in Einklang zu bringen. Der Reichstag begrüßte