Einzelbild herunterladen
 

Nr. 142. 35. Jahrg.

Bezugsprets:

Blertefjährt. 4,60 mt, monatl. 1,50 RL. frei ins Haus, vorauszahlbar. Einzelne Nummern 10 Bfg. Boftbezug: Monat lich 1,50 Mt. Unter Kreuzband für Deutschland   und Desterreich- Ungarn 8,- Mt, für das übrige Ausland 4,50 ML monatlich. Berland ins Feld bei diretter Bestellung monatl. 1,80 Postbestellungen nehmen an Dane mart, Holland  . Luremburg, Schweden  und die Schweiz  . Eingetragen in die

Bost- Zeitungs- Breisliste. Erichetat täglich.

Telegramm Adreffe

.Sozialdemokrat Berlin".

Vorwärts

Berliner   Volksblaff.

10 Pfennig

Anzeigenpreis:

Die siebengespaltene Kolonelzeile kostet 80 Big. Kleine Anzeigen", das fettgedruckte Wort 30 Big.( zulässig 2 fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 15 fg. Stellengesuche und Schlafstellenanzeigen das erste Wort 20 Big.. jedes weitere Wort 10 Pfg. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte Teuerungszuschlag 20%- Familien- Anzeigen, politische und gewerkschaftliche Vereins Anzeigen 60 Bfg die Zeile. Anzeigen für die nächste Rummet müssen bis 5 Uhr nachmittags im Hauptgeschäft Berlin  SW.68, Lindenstraße 3, abegeben werden. Geöffnet von 8 Uhr früh bis 7 Uhr abends.

S

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3.

Ferniprecher: Ami Morisvlas, Nr. 151 90-151 97.

Sonntag, den 26. Mai 1918.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3.

Berniprecher: Amt Morinplas, Nr. 15190-151 97.

Tod des Reichstagspräfidenten.

Nach Monaten schwerer Krankheit ist der Präsident des Reichs­tags Dr. Johannes Kaempf   76jährig gestorben.

-

Kaempf   war 1903 als Vertreter von Berlin I   zum erstenmal in den Reichstag   gewählt worden, nachdem er schon zuvor inner­halb der frotschrittlichen Volkspartei eine nicht unbeträchtliche Rolle gespielt hatte. Rednerisch trat er hier bei der Beratung des Börsen­gesetzes, der Wasserstraßen interpellation, der Verkehrssteuerdebatte 1906 und beim Schiffahrtsabgabengesetz hervor. Der hervorragende Einfluß, den er in der Fortschrittlichen Volkspartei   nicht zuletzt durch tatkräftige finanzielle Unterstüßung der Parteibestrebungen. besaß, führte thn jedoch bald in das Präsidium, in dem er sich aber häufigen unangenehmen Zwischenfällen ausgesett sah. 1907 zum 2. Vizepräsidenten gewählt, rief er zum Beispiel bei der Besprechung des Kolonialetats den Abg. Ledebour dreimal zur Ordnung und befragte geschäftsordnungsmäßig das Haus, ob dieser weiterreden solle. Eine Zufallsmehrheit entschied für Lede= bour, und Kaempf sah sich veranlaßt, darauf sein Amtnieder­zulegen. Er wurde aber drei Tage später wiedergewählt.

-

Noch größeres Aufsehen erregte der Zwischenfall, der sich nach der Wahl Kaempfs zum ersten Präsidenten des Reichs­tags 1912 ereignete. Am 14. Februar wurde das neue Präsidium, dem auch Genosse Scheidemann   angehörte, gegen Zentrum und Konservative gewählt. Bald darauf lehnte der Kaiser ab, das Präsidium in der üblichen Weise im Schlosse au empfangen, und sandte auf die Meldung Kaempfs lediglich das Telegramm: Bestens dankfend, aber verhindert, die Herren zu empfangen." Auch Kaempfs Mandat wurde fast zur selben Zeit vom Wahl­prüfungsausschuß für ungültig erklärt. Er lagte darauf Präsidium und Mandat nieder, wurde aber im November wiedergewählt und wieder zum Präsidenten ausersehen.

Es gab noch häufig Zusammenstöße mit den Sozialdemokraten, besonders bei jener Rede Scheidemanns, bei der die Regierung wegen angeblicher Beleidigung Preußens den Reichstagssaal de­monstrativ verließ. Erst im Krieg besserte sich das Verhältnis zwischen Kaempf   und der äußersten Linken.

Der Tod Kaempfs macht eine Neuwahlin Berlin I   und im Präsidium des Reichstags notwendig. Wie die N. Pr. Korr." berichtet, beabsichtigt die Volkspartei den Staatssekretär Dernburg  als Kandidaten im inneren Berliner   Stadtkreise aufzustellen.

In der Zusammensetzung des Reichstagspräsidiums dürfte sich jetzt eine parteipolitische Aenderung vollziehen. Das bis­herige Präsidium war im Zeichen des Sieges über den schwarz blauen Blod gewählt und bestand- nach der Nichtwiederwahl Scheidemanns zum Vizepräsidenten aus zwei Fortschrittlern, Kaempf und Dove, und dem Nationalliberalen Paasche. Da sich die Barteifonstellation seitdem gründlich gewandelt hat, besteht fein Grund mehr, die beiden größten Fraktionen vom Präsidium aus­

Nächtliche Teilangriffe am Remmel und Die Reform des Strafverfahrens

bei Albert.

Berlin  , 25. Mai 1918, abends. Amtlich. Von den Kriegsschauplägen nichts Neues. Amtlich. Großes Hauptquartier, 25. Mai 1918.( W. 2. B.)

Weftlicher Kriegsschauplah.

Die Kamptätigkeit der Artillerien blieb tagsüber bei Sturm and Regen in mäßigen Grenzen. In Verbindung mit nächtlichen Teilangriffen des Feindes nordwestlich vom Remmel, nördlich und westlich von Albert nahm sie vorübergehend große Stärke an. Die feindlichen Angriffe brachen überall verlustreich zu­sammen. Bei Hamel warfen wir den Feind im Gegenstoß zurück; im übrigen wurden seine Sturmtruppen schon vor unseren Linien zusammengeschossen.

Die Besatzung eines Beobachterflugzeuges, Leutnant Eisen­menger und Bizefeldwebel Gund haben am 23. 5. aus einer Kette von sechs englischen Kampfeinsigern vier Flugzeuge ab­geschossen. Der Erste Generalquartiermeister. Lubeuborff.

Der österreichische Bericht.

$

Wien  , 25. Mai 1918. Amtlich wird verlautbart: Die Kämpfe im Zugna Raum flauten gestern wesentlich ab. Auf der Hochfläche von Asiago und an der unteren Riave scheiterten feindliche Erkundungsvorstöße. In Riva wurden durch feindliches Artilleriefener einige Häuser beschädigt. Ueber dreißig feindliche Flugzeuge haben Feltre   mit Bomben belegt ein Zivilist wurde getötet, acht verwundet, sonst nur ge­ringer Sachschaden erzielt. Feldpilot Offizierftellvertreter v. Rik, einer unserer erfolgreichsten Piloten, wurde im Luftlampf abge­geschossen und tot geborgen.

Der Chef des Generalstabes.

gegen Jugendliche.

Von Heinrich Schulz.

Bei den Beratungen des Reichstags über das Neichs­juftizamt in den letzten Tagen vor der Pfingstpause sind die meisten Redner auch auf die Frage eingegangen, ob und wie eine Wiederaufnahme des in der ersten Session 1912/13 im Rommissionsbericht zweiter Lesung steckengebliebenen Entwurfs eines Gesetzes über das Verfahren gegen Jugend­liche zu ermöglichen sei.

In den Kreisen der Jugendfürsorge und den ihr nahe­stehenden juristischen und volfserzieherischen Kreisen beschäftigt man sich schon seit längerer Zeit mit dieser Frage. Man empfindet hier besonders hart und unerträglich die klaffenden Lücken der geltenden Strafprozeßordnung in bezug auf Kinder und Jugendliche. Die ganze Jugendfürsorge des geltenden Gesetzes besteht darin, daß einem noch nicht sechzehn Jahre alten Angeschuldigten vor dem Landgericht ein Ver­teidiger bestellt wird, und daß der gesetzliche Vertreter eines Minderjährigen als dessen Beistand auftreten und zu seinen Gunsten Rechtsmittel einlegen kann. Im übrigen trifft die ganze Härte und Rücksichtslosigkeit des Strafgesetzes unterschiedslos des Knaben lockige Unschuld" wie den kahlen schuldigen Scheitel." Insbesondere muß der Staatsanwalt nach dem Grundsatz der Anklagepflicht, dem sogenannten Legalitätsprinzip, jeden Jugendlichen genau so zur Verantwortung ziehen, wenn er gegen die Straf­gesetze verstoßen hat, und seine Bestrafung zu erreichen suchen wie jeden Erwachsenen.

Die einzige Milderung besteht darin, daß der Jugend­liche die zur Erkenntnis der Strafbarkeit erforderliche Ein­sicht gehabt haben muß. Diese Milderung bedeutet aber nicht viel, da diese vom Gesetz verlangte Einsicht beim Jugendlichen befanntlich beginnt die Strafmündigkeit schon mit dem vollendeten zwölften Lebensjahre- anders be­urteilt und eingeschätzt werden muß als beim Erwachsenen. Dem Kinde und dem Jugendlichen mögen die rein in­Offupationsmächte in nächster Zeit mit der Gesamtheit der das tellektuellen Fähigkeiten, die Strafbarkeit einer Handlung ein­gegenseitige Verhältnis der Mächte regelnden Fragen auch an eine zusehen, nicht fehlen, und doch darf ihre Handlung nicht der Auseinanderießung der polnischen Frage herantreten werden. Daß gleichen Handlung eines Erwachsenen gleichgestellt werden, die endgültige Regelung der polnischen Frage unter Zu- weil dem noch in der körperlichen, geistigen und ſittlichen zichung der polnischen Regierung wird erfolgen müssen, daran Entwicklung befindlichen Menschen alle die zahlreichen inneren halten wir feft. Die in letzter Zeit vielfach aufgetretenen Gerüchte Hemmungen abgehen, die erst im Laufe der Jahre auf die über die eine oder die andere Art der Lösung der Erfahrungen des Lebens eingeschaltet werden und weil bei polnischen Frage sowie über Gebietsschmälerungen be- ihnen der Wille noch nicht die genügende Festigkeit erlangt Der verstorbene Reichstagspräfident Dr. Kaempf gehörte zu ruhen demnach, ich will es hoffen, auf willkürlichen Vermutungen. hat. Jugendliche Sünder bessert man nicht den politischen Bankdirettoren. Er batte fast dreißig Jabre lang, Was den Staatsrat anbetrifft, io bestand die Absicht, ihn durch Abschreckung, besonders nicht, indem man bis 1899, die Berliner   Filiale der Darmstädter Bank geleitet. In sofort nach den Pfingstfeiertagen einzuberufen. Unterhandlungen sie vor den Richter lädt und hernach ins Gefängnis dieser Eigenschaft wurde er Mitglied des Aeltestenkollegiums der über die Uebernahme der Verwaltung zwangen zu einer Ver- sperrt. Dadurch Dadurch wird das jugendliche Ehrgefühl nur Berliner Kaufmannschaft und später sein Präsident. Von 1887 bis ichiebung. Der Tag der Einberufung wird aber erst unge- abgeftumpft 1898 war er, mit vierjähriger Unterbrechung, unbesoldeter Stadtrat,| fähr in die zweite Hälfte des Juni fallen. und zum Dank für seine fommunalen Verdienste wurde ihm die Würde eines Stadtältesten verliehen. Kaempf   war außerdem Ehren­doktor Exzellenz. reides Leben hat seinen Abschluß gefunden.

zuschließen.

und oft genug für für das ganze fernere Leben ertötet. Für die Jugend sind erzieherische Maß­nahmen am Plaze.

better und gelen in an äußeren Erfolgen ungewöhnlich Ukrainisch- russische Friedensverhandlungen. zwölften Legislaturperiode des Reichstags zu gefeggeberischen

Costarica   erklärt den Krieg. New York  , 24. Mai.  ( Reutermeldung.) Reuter er­fährt aus San Juan del Sur, daß Costarica   den Mittel. mächten den Krieg erklärt hat.

Die ersten Bolligungen.

Erwägungen dieser Art hatten bekanntlich schon in der Versuchen geführt, bei den Aenderungen des Gerichtsver­fassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung besondere Be­

Beunruhigende Gerüchte" über die Zukunft belegation bertreten würden, da Weißrußland  , Sibirien   Schaffung besonderer Jugendgerichte, um wenigstens

Polens  .

Kiew  , 24. Mai. Gestern nachmittag fand die erste öffentliche Stimmungen über das Verfahren gegen Jugendliche zutreffen, Bolligung der ukrainisch  - russischen Friedensdelegation im fleinen die den Jugendlichen nach Möglichkeit vor der Berührung Saal des Radagebäudes unter Vorsiz Scheluchins statt, mit den Strafgerichten schüßen sollten. Aber der Bei der gegenseitigen Prüfung der Bollmachten wies Reichstag   ging seinerzeit zu Ende, ehe diese Gesetzentwürfe Scheluchin darauf hin, daß in der Vollmacht nicht angegeben sei, verabschiedet worden waren, die sozialrechtlich und sozial­ob die Sowjetdelegierten zu Friedens- oder Waffenstillstands. pädagogisch so wichtigen Bemühungen um eine Reform des berhandlungen ermächtigt seien. Ferner fragte er, welche Jugendlichenstrafverfahrens waren damit auch vorläufig er­russischen Staatseinheiten durch die Sowjet- ledigt. In den Bundesstaaten half man sich inzwischen durch und die Don und Stautasusrepubliken die Zuständigkeit der durch die Auswahl der Richter nnd durch ihre dauernde Be­Sowjetdelegation abgelehnt hätten. Der russische Vorsigende schränkung auf diestrafbaren Handlungen Jugendlicher ein ge­Rafowsti erflärte dies zunächst für eine innere russische Angelegen heit. Er ersuchte dann, die Frage schriftlich zu stellen, worauf schrift­lich geantwortet werden würde. Die Frage Scheluchins, ob die Utraine von der russischen Vertretung als un Zwei Fragen interessieren in hohem Grade die öffentliche Mei- a bhängiger Staat anerkannt werde, wurde ruifischer aung und bedürfen amtlicher Klarstellung, um vielfach seits bejabt. Die Mitglieder der ukrainischen Dele irrigen und zugleich beunruhigenden Gerüchten vorzu- gation sind außer Scheluchin und Igor Kistiakowski noch Bara­beugen. Es sind dies die politischen Abmachungen über nowsti vom Finanzministerium, Generaldirektor Swizin der Hütten die Zukunft Bolens und die Einberufung des Staatsrates. werfe Juiowla vom Handelsministerium, Petrow vom Verpfle­In der ersten Frage muß ich mit vollem Nachdruck erklären, daß die gungsministerium und der Chef des ukrainischen Generalstabes Regierung feinerlei Nachrichten darüber befißt, als ob irgendwelche end. Sliwinski vom Kriegsministerium.

Erklärung des polnischen Ministerpräsidenten. Ministerpräsident Stecztowski erklärte dieser Tage laut sitteilung des Pressebureaus beim polnischen Ministerrate dem Barschauer Pressevertreter:

wisses psychologisches Verständnis für die hier lagernden Probleme und eine Milderung der Rechtsprechung zu erreiken. Unter­stützt werden diese Jugendgerichte durch die Behörden, be­sonders durch die Vormundschaftsgerichte, und durch frei­willige Helfer und Helferinnen die zumeist den Fürsorge­bereinen entnommen werden. Aber diese Neubildungen schweben doch mehr oder weniger in der Luft, es fehlt ihnen die folide gefeßliche Grundlage und die organische Verknüpfung der verschiedenen Einrichtungen.

Diesem Mangel sollte das in der dreizehnten, der laufenden, Legislaturperiode eingebrachte Gesetz über das Ver­gültigen Entscheidungen, welche Polen   betreffe, bereits gefällt worden In der heutigen Vollveriammlung der russisch ukrainischen fahren gegen Jugendliche abhelfen. Es löste aus der un­wären. In ihrer Stellung als Vertreterin der polnischen Interessen Friedensdelegation wurde die Zuständigkeitsfrage der großrussischen erledigt gebliebenen allgemeinen Reform des Strafprozesses hat die Regierung Anfang Mai Gelegenheit genommen, das Mini- Delegation noch nicht geklärt. Die utramische Delegation fordert die Teile heraus, die sich mit den Jugendlichen beschäftigen, mum dessen zur Kenntnis der Ottupatiosmächte zu erstens Generalvollmacht für die großruistiche Delegation zum Ab- und suchte sie unter Berücksichtigung der von dem vorher­bringen, was sie in politischer, territorialer und wirt- schluß aller in Betracht kommenden Verträge, zweitens eine flare gehenden Reichstag gewünschten Aenderungen mit der schaftlicher Beziehung für die Zukunft Bolens als unDefinition der durch die großrussische Delegation bertretenen Gebiete. geltenden Gerichtsverfassung und der jetzigen Strafprozeß­erläßlich erwartet. Inzwischen ist bekannt geworden, daß die Die Sigung wurde auf morgen nachmittag bertagt. ordnung in Einklang zu bringen. Der Reichstag   begrüßte