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Nr. 145. 35. Jahrg.

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Letegramm Adreffe

.Sozialdemokrat Berlin".

Vorwärts

Berliner   Volksblaff.

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion: Sw. 68 ,, Lindenstraße 3. Fernivrecher: Am: Mortevias, Nr. 151 90-151 97.

Mittwoch, den 29. Mai 1918.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morisolas, Rr. 151 90-151 97.

Die Vesle beiderseits Fismes überschritten.

Erstürmung des Chemin des Dames

Einnahme von Vailly

der Nisne

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Ueberschreitung

- Südlich Vailly bis in den Höhen an der Vesle vorwärts Aisue­Marne- Kanal überschritten

15 000 Gefangene.

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Bisher

Berlin  , 28. Mai 1918, abends. Amtlich. In Fortführung unseres Angriffs über die Aisne   wurden die Erfolge des gestrigen Tages erweitert. Wir stehen im Kampf um den Abschnitt der Vesle zwischen Soissons   und westlich von Reims  und haben zu beiden Seiten von Fismes  das südliche Ufer genommen.

Amtlich.

1918.( 2. 2. B.)

Großes Hauptquartier, 28. Mai

Weftlicher Kriegsschauplah.

Am Remmel und an der Lys, auf dem Schlachtfelde zu beiden Seiten der Somme und an der Avre haben sich die Artilleriefämpfe gestern morgen verschärft. Zwischen Voor­mezeele und Loter stießen wir in die französischen   Linien vor und brachten mehr als 300 Gefangene ein.

Der Angriff des Deutschen   Kronprinzen südlich von Laon  

führte zu vollem Erfolge. Die dort stehenden französischen und englischen Divisionen wurden vollständig geschlagen.

Die Armee des Generals von Boehn hat den Chemin des Dames erstürmt. Der langgestreckte Berg­rücken, an dem der große Durchbruchsversuch der Fran­ zosen   im Frühjahr 1917 zerschellte und den wir aus ftra­tegischen Gründen im Herbst vorigen Jahres räumten, ist wieder in unserer Hand.

Nach gewaltiger Artillerievorbereitung erzwang unsere unvergleichliche Infanterie im Morgengrauen zwischen Bangaillon und Craonne den Uebergang über die Ailette und drang weiter östlich zwischen Corbeny und der Aisne   in die englischen Linien ein. Völlig überrascht, leistete die Besatzung der ersten feind­lichen Linien meist nur geringen Widerstand. Schon in den frühen Morgenstunden waren Pinon, Cha­vignon, Fort Malmaison, Courtecon, Cerny, der Winterberg   und Graonne, der

Der Stoß über die Aisne  .

Biller Berg und die ansgebanten Werke bei und nördlich von Berry- an- Bac erstürmt.

Gegen Mittag war unter fteten Kämpfen zwischen Bailly und Berry- au- Bac   die Aisne   erreicht. Bailly wurde genommen. Das Trichterfeld der vorjährigen Früh­jahrs- und Herbsttämpfe war in anaufhaltsamem Angriffs­drange überwunden.

Am Nachmittage ging der Angriff weiter. 3 wischen Bangaillon and Vailly stehen wir auf den Höhen bei Neuville, Laffang und nördlich von Condé, Zwischen Vailly und Berry- au- Bac   haben wir die Aisne   überschritten und den Kampf in das seit 1914 vom Kriege unberührt gebliebene Gebiet hineingetragen. Von den befestigten Waldhöhen auf dem Südufer des Flusses wurde der Feind erneut geworfen. Wir haben zwischen Vailly und Beaurieng die Höhen hart nördlich der Vesle erreicht. Die Armee des Generals von Below( Frit) warf den Feind ans seinen starken Stellungen zwischen Sapignenl und Brimont über den Aisne  - Marne   kanal zu­rück und erstürmte auf dem Westufer des Kanals die Orte Cormicy, Cauroy und Loivre.

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Bisher wurden 15 000 Gefangene gemeldet. Zwischen Maas   and Mosel und an der lothringischen Front lebte die Gefechtstätigkeit auf. Borstöße in die feindlichen Linien brachten mehr als 150 Gesangene französischer und amerikanischer Regimenter ein.

Der Erste Generalquartiermeister.

Ludendorff.

Berlin  , 27. Mai. Neue 11- Boots- Erfolge im Sperr gebiet um England: 15000 Br. Reg.-To. Zwei tief­beladene Dampfer wurden an der Ostküste Englands aus ge­sicherten Geleitzügen herausgeschossen.

ab.

Der Chef des Admiralstabes der Marine.

Der österreichische Bericht.

Bien, 28. Mai 1918. Amtlich wird verlautbart: Die Kampttätigkeit im Tonale Abschnitt flaute gestern Versuche der Italiener, weiter vorzudringen, wurden ver­eitelt. Ein Teil unseres am Presena Gletscher eins gebauten Materials fiel in Feindes Hand. Durch heftiges Artillerie- und Winenfeuer unterstützte starke Erkundungsvorstöße südlich Capo Sile brachten den Italiener in den Besitz eines unwesentlichen Teiles unserer vordersten Linien.

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Der Chef des Generalstabes.

Die lebende Diktatur.

Berlin  , 28. Mai. Der Oberbefehlshaber in den Marken, General­adjutant des Kaisers, Generaloberst v. Kessel, ist kurz bor Mitternacht in seiner Berliner   Wohnung ver­schieden, nachdem er gestern früh einen Schlaganfall erlitten hatte, von dem er sich nicht wieder erholen konnte.

Mit seiner Stellvertretung ist der General der Infanterie v. Derbeu betraut worden.

Der abgeschiedene General von Sessel hat vier Jahre lang mit einer fast phantastisch anmutenden Machtfülle über die Groß- Berliner Bevölkerung geherrscht. Seit er am 31. Juli 1914 durch Säulenanschläge bekannt gab, daß gemäߧ 4 des Belagerungszustandsgefezes die vollziehende Gewalt auf ihn übergegangen sei; stand ihm eine nahezu diktatorische und faktisch kaum begrenzte Gewalt zu. Er entschied über das erste wie letzte, es lag in seiner Hand, Zeitungen das Er­scheinen zu berbieten wie Geschäftsleuten den Handel zu untersagen, er bestimmte über den Eintritt der Polizeistunde wie über das Austragen der Milch an Feiertagen, von ihm hing es ab, ob eine Versammlung stattfinden, ein Redner sprechen oder ein Buch erscheinen durfte.

Auf Grund§§ 4 und 9b des Belagerungszustandsgesebes fonnte er Anordnungen rad Verbote in einer Form erlassen, wie sie bordem nur in der Zeit des Absolutismus möglich waren, so konnte er z. B. einzelnen Personen oder ganzen Personengruppen generell untersagen, sich an dieser oder jener Bewegung zu beteiligen, er konnte Arbeitern auferlegen, zu einer bestimmten Zeit eine bestimmte Arbeit aufzunehmen, er fonnte furz und gut bei hoher Strafe jedermann je de s Zun oder Lassen auferlegen, das er in Interesse des Ganzen für zweckmäßig erachtete, ohne daß der Betroffene das Recht hatte, diese Zweckmäßigkeit nachsuprüfen.

Es liegt im Wesen einer derartigen Befehlsgewalt, daß sie ihrem Träger innerhalb einer an selbständiges Denken und Handeln gewöhnten Bevölkerung feine besonderen Sym­pathien eintragen kann. Der Versuch einiger Zeitungen, Herrn v. Kessel zu einer populären Berliner   Persönlichkeit zu stempeln, ist daher durchaus verfehlt. Auch die individuelle Art, in der Herr v. Kessel die ihm übertragene Macht hand­habte, zielte weder auf Popularität ab noch war sie objektiv geeignet, eine solche hervorzurufen.

Das Wesen der Resselschen Diktatur war patriarcha. Iische Strenge. Von der Bevölkerung verlangte Herr b. Sessel absoluten Gehorsam gegenüber seinen Anordnungen, und gegen den Ungehorsam handhabte er das Mittel der Strafe und der Unterdrückung. Gewiß hat Herr v. Kessel sein Amt nach pflichtmäßiger Ueberzeugung ausgeübt. Er wollte den Sieg Deutschlands   fördern und wendete dazu die Mittel an, die ihm als ergrautem Militär dazu tauglich schienen. Aber das Bild, das er in 50jähriger Offizierslauf­bahn beim Berliner   Gardekorps von der Welt und den Dingen gewonnen hatte, wich wohl weit ab von den Anschauungen einer in praktischer Erwerbstätigkeit großgewordenen Be­völkerung; und so ist die psychologische Wirkung manches Kesselschen Erlasses eine ganz andere gewesen, als der an den Gehorsam der Kaierne gewöhnte Militär es sich vorgestellt hatte.

Brüden gesprengt waren, wurde der stattliche Fluß über der Schleuse bei Bailly sowie bei Bourg und Berry au Bac kämpfend über. schritten. Unter dem Schuß unseres Artilleriefeuers, das vom ( Eigener Drahtbericht des Borwärt8".) Chemin des Dames glänzend geleitet, in die abziehenden englischen Westfront, 27. Mai, abends. und französischen   Kolonnen geworfen wurde, drangen unsere Seute früh 4 Uhr 30 haben nach kurzem Trommelfeuerschlag Spigen, darunter die Garde und badische Truppen, in den Höhen deutsche   Divisionen auf 30 Kilometer Breite zwischen Laon   und rüden zwischen der Aisne   und Besle ein. Er beherbergte die Reims   die franzöfifche 6. Armee unter General Duchène ange- Hauptmasse der feindlichen Artillerie. Gegen star. griffen und bis zum Abend 18 kilometer tief nach Süden ken Widerstand und vereinzelte Gegenangriffe, die aber den bis Fismes geworfen. Der Gegner hielt den Frontabschnitt wegen Schwug unseres Angriffs nicht hemmen konnten, wurde auch dieser Zwischen dem Denken des Herrn v. Kessel und dem der feiner außerordentlichen Geländeschwierigkeiten gegen jeden An- Höhenrüden bis zum Abend durchstoßen. Die untergehende Sonne Groß- Berliner Bevölkerung lag eine Kluft der Weltanschau­griff für so schwierig, daß er ihn unter anderen auch abgekämpften sah deutsche   Regimenter vor Fismes. Damit war am ersten Tage ung. Politisch mochte der in altpreußisch- militärischen An­englischen Divisionen zur Ruheftellung anwies. Wider alles Er- ein Ziel erreicht, das keine deutsche  , geschweige eine feindliche West- schauungen aufgehende Herr zur äußersten Rechten gezählt warten hat die deutsche   Führung das Ueberraschungs. offensive fich ie zu stecken gewagt hat. werden, wenn er auch öffentlich als Politiker nicht hervor­moment auch hier wieder voll ausnüßen können. Heute abend stehen wir mit unserem Zentrum tiefim fran- getreten ist. Die Ansichten der Vaterlandsparteiler ent­Der heutige Angriff ging aus der ungünstigen Tallinie, zösischen Etappengebiet. Unser rechter Flügel bringt sprachen seinem inneren nur- militärischen Gefühl und die in die wir durch die vorjährigen schweren Abwehrkämpfe hinunter- über Laffour in der Richtung auf Soissons   günstig vor; unser Idee des Verständigungsfriedens hat er selbst verstandes­gedrückt waren, zunächst gegen den bis zu 200 Meter ansteigenden linker Flügel hat sich von Brimont aus füdwestlich gegen die Straße mäßig wohl faum gerecht bewerten können. Gerade bei einer waldschluchtreichen Chemin des Dames, eine starke verdrahtete Rheims  - Laon   in Bewegung gesetzt. Gutes Wetter und große Beute so hohen Machtfülle, wie sie Herr b. Kessel in seiner Person und an manchen Stellen betonierte Grabenfeftung von 25 Kilo-, erleichtern den Truppen die Strapazen. Furchtbare Nüd- bereinigte, ist es schwierig, gefühlsmäßige Sympathien und meter Länge, vor. Eine wind- und wolkenlose Mondnacht begün zugsbilder werden von den Straßen zwischen der Aisne   und Antipathien bei Entscheidungen gänzlich auszuschalten, mag ftigte unsere Artillerievorbereitung. Kurz vor Sonnenaufgang der Vesle gemeldet. Die Echlacht geht nachts weiter.

brach unsere Infanterie hinter der Feuerwalze los. Strahlendes Sonnenwetter wies anders als am 21. März ihr und unseren

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auch das Bestreben nach einer absolirt gerechten Amtsführung vorhanden gewesen sein. Dem Guten" gestattet man unwill­fürlich mehr als dem Bösen".

Dr. Adolf Köster, Striegsberichterstatter. anderen Waffengattungen Wege und Ziel. Schon um 6 Uhr früh Die verlorene Denkschrift. Stand Herr v. Kessel dem Gefühl der Groß- Berliner war der Höhenrüden an vielen Stellen erflommen, waren wochen­Bevölkerung im allgemeinen fern, so gilt dies ganz besonders lang von den Franzosen berannte Punkte, wie Craonne, der Winter­Schwierigkeiten der internationalen Verständigung. in bezug auf sein Verhältnis zur Berliner   Arbeiterschaft. berg und Malmaison in unserer Hand. Von oben blickten unsere Jm Stodholmer Sozialdemokraten" teilt Branting mit, daß Nicht als ob Herr v. Kessel jedes Gefühls für die Berliner  Truppen in die Ebene bis auf die Felder der Marne   er das Memorandum der Interalliierten Sozialisten am 29. April Arbeiter bar gewesen wäre. Aber sein Wohlwollen war durch­schlacht hinab. in eingeschriebenem Brief an den sozialdemokratischen Parteivorstand aus patriarchalischer Natur, wie er denn überhaupt in fon­Während unsere Artillerie unter großen Schwierigkeiten die zu Händen des Gen. Scheidemann   gesandt habe. Die gleiche fervativer Weise das Arbeitsverhältnis nur unter dem Ge­wegelosen Höhen hinaufgezogen ward, stießen die Divisionen des Sendung sei auch an Gen. Dr. Adler- Wien   und an den Vorsigenden fichtsvinkel vormärzlicher patriarchalischer Verhältnisse hat beutschen Zentrums durch die Schluchten des Südhanges hinab in 3 der Unabhängigen Haafe gegangen. Tatiache aber ist, daß der sehen können. Wenn es ihm im Gesamtinteresse der Krieg­Aisnetal. Breve, Aizy und Sanch wurden überrannt. Am Parteivorstand das Schriftstück noch nicht erhalten hat. Ob das an führung notwendig oder nüßlich erschien, hat wohl Herr linken Flügel betraten wir bei Bontavert Land, das seit September den allgemeinen Schwierigkeiten der Postverhältnisse liegt, die jede b. Kessel auch diesen oder jenen Anspruch der Arbeiterschaft 1914 keinen deutschen Soldaten gesehen hat. Bald nach Mittag war Redaktion schmerzlich empfindet, oder an anderen geheimnisvoll unterstützt. bie Aisne   erreicht und damit das gesamte französische In- wirkenden Kräften, wie Branting bermutet, dürfte sich wohl noch fanteriestellungssystem über den Haufen geworfen. Trogdem alle feststellen lassen.

Alle selbständigen Regungen und Betwegungen der Pro­Letariats betrachtete Herr v. Kessel jedoch mit mißtrauischen