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Nr. 146. 35. Jahrg.

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Sozialdemokrat Berlin".

Vorwärts

Berliner   Dolksblaff.

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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3.

Fernivrecher: Ami Morisvlas, Nr. 151 90-151 97.

Donnerstag, den 30. Mai 1918.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3.

Rernsprecher: Amt Morinvlas, Nr. 151 90-151 97.

Meue Fortschritte zwifchen Soiffons und Reims

Пеце

Der Stoß über die Aisne  .

( Eigener Drahtbericht des Vorwärts".)

Westfront, 28. Mai, morgens.

Heute früh stehen unsere Truppen auf den Höhen südlich Fismes. Sie haben in 20 Stunden sich aus dem Tal der Ailette in das Tal der Besle geschwungen, dabei zwei starke Gebirgszüge und das breite dazwischenliegende Aisne­Hindernis überschritten. Die Höhen, die sie augenblicklich bei andauernd günstigem Wetter ersteigen, gehören zu jenem Hügelplateau, das die Festung Reims   von Süd­westen her deckt, und das im Süden ins Tal der Marne  abfällt. Die ganze Nacht haben die Franzosen   in verstärktem Make Reserven herangeworfen, die in Fère ausgeladen und auf Kraftwagen gegen den immer weiter südlich vor­brechenden deutschen Angriffskeil geworfen werden. Des­gleichen sind englische Verstärkungen festgestellt, die nordöstlich offenbar zur Unterstübung ihrer geworfenen drei Divisionen marschieren. Bei der Wichtigkeit der Höhen südlich Fismes

für den Besit von Reims  ,

dürfte General Foch sein Aeußerstes tun, um sie zu halten. Es ist mit den stärksten französischen   Gegenan­griffen zu rechnen.

Die gestrige Durchbruchsschlacht muß als eine emp­findliche Niederlage der französischen   Hee­resleitung bezeichnet werden, die tros ihrer viel­gerühmten Wachsamkeit nicht hat verhindern können, daß einer ihrer empfindlichsten Frontabschnitte in 40 Kilometer Breite restlos durchbrochen ist. Dieser Sieg ist die direkte Folge der bsherigen deutschen Angriffsschlachten, die dem Feind jede Initiative, ja jede freie Verfügung seiner Reserven genommen hat.

Der Verlauf der gestrigen Angriffsschlacht, besonders der 18 Kilometer tiefe Durchbruch durch das rein franzö fische Zentrum nimmt dem westlichen Nachbarn jede Möglichkeit, die Schuld am Zusammenbruch wie im März den Engländern zuzuschieben. Der geftrige Sieg ist nicht nur eine Niederlage des französischen   Oberbefehls, sondern, wie der Einzelverlauf der Kämpfe zeigt, auch eine Niederlage des französischen   Soldaten. Dr. Ad. Köster, Kriegsberichterstatter.

Westfront, 28. Mai, mittags. Ueber den Verlauf und Charakter des gestrigen Entschei­dungstages ist noch folgendes zu melden: unser borberei. tendes Gas- und Splitterfeuer aus Tausen­den von Geschüßen und Minenwerfern muß trotz seiner Kürze verheerender als je gewirkt haben. Wir konnten feinen Kopf aus den Stollen kriegen, stunden­lang, und als wir es taten, waren rechts die Engländer ver­schwunden und die Deutschen   schon vor dem Eingang", sagte ein gefangener französischer Offizier. Verzweiflung an der eigenen Lage und Wut über England beherrschen alle Reden der Gefangenen. Zu den schwersten Aufgaben des Tages gehörte das erste

Ueberschreiten des Ailettekanals im feindlichen Feuer. Pioniere und Infanterie mußten bei Morgengrauen über freies Feld vorgehen. Was an feindlicher Artillerie noch lebendig war, warf sich auf die Kanalübergänge. Den ganzen Vormittag über mußten die immer wieder zerschossenen Joch­brücken, die den breiten Kanalsumpf überquerten, in schwerem Feuer wieder aufgebaut werden. Der Nachschub über die bertrichterten steilen Bernstraßen stellt eine unerhörte Leistung dar. Methodischer und deshalb noch verheeren­der als im März arbeitete während des Angriffs die deutsche Feuerwalze, die, bei trockenem Wetter mit Staubwolken fich mischend, wie ein riefenhoher Vorhang der Infanterie voraufzog, alles niederstampfend, besonders jede Nachrichtenübermittlung zerstörend.

Nachmittags waren die zurückflutenden französischen   Di­visionen in voller Auflösung begriffen. Neu heran­geworfene Kräfte, die den alle Straßen bevölkernden Zügen flüchtender Soldaten und Zivilisten begegneten, wurden mit rückwärts gerissen. Nur so ist im Zentrum der Armeen der Tiefenstoß von 18 Kilometern zu erklären.

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Vorstoß der Franzosen bei Cantigny- Siegreiche Fortführung der Aisneschlacht

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Die Höhen von Terny- Sorny, Fort Condé, Bregny und Missy genommen, die Höhen von Ciry erstiegen- Braisne und Fismes erstürmt, die Vesle über­schritten Fortschritte in Richtung Neims 25 000 Gefangene Auf­lebende Kämpfe im Tonale- Gebiet. Berlin  , 29. Mai 1918, abends. Amtlich. Bei und zwischen Soissons  - Neims nene Fortschritte.

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Amtlich. Großes Hauptquartier, 29. Mai 1918.(. 2. B.)

Weftlicher Kriegsschauplah.

An den Kampffronten von der Vier bis zur Dise hielt er­höhte Gefechtstätigkeit an. Französische   Teilangriffe südlich von Opern scheiterten. Westlich von Montdidier   drang der Feind bei örtlichem Vorstoß in Cantigny ein.

Die Armeen des Generalobersten von Boehn und des Generals von Below( Fritz) der Heeresgruppe Deutscher Kron­prinz haben gestern den Angriff siegreich fortgeführt. Heran­eilende französische und englische Reserven wurden geworfen.

Auf dem rechten Flügel haben die Divisionen des Generals von Larisch nach Abwehr französischer Gegenangriffe den Rücken von Terny- Sorny und die Höhen nordöstlich von Soissons   ge­

nommen.

Nach hartem Kampf brachen auch die Truppen des Generals Wichura   den Widerstand des Feindes auf der Hochfläche von Condé. Fort Condé wurde erstürmt, Bregny und Missy ge­nommen, auf dem Südufer der Aisne   und Besle wurden die Höhen westlich von Eiry erstiegen.

Die Korps der Generale von Winckler, von Conta und von Schmettow haben die Besle überschritten. Braisne und Fismes wurden erobert. Wir stehen auf den Höhen hart sädlich der Besle.

Die Truppen des Generals Jlse haben die Höhen nordöstlich von Prouilly   erstürmt, Billers Franqueug und Courch genommen und kämpfen um die Höhen von Thierry.

Der unermüdlich vorwärtsstrebenden Infanterie, Artillerie und Minenwerferwaffe folgen Ballone, Flats und Nachrichten­truppen auf dem Fuße. Kraftvolle Arbeit der Pioniere, Eisen­ bahn  , Armierungs- nnd Bautruppen haben die Neberwindung des Angriffsfeldes und den Nachschub der Kampfmittel durch die raftlos tätigen Kolonnen ermöglicht. In aufopfernder Tätigkeit versorgen Aerzte und Krantenträger die Verwundeten auf dem Schlachtfelde. Trok wechselnden Wetters griffen unsere Flug­kräfte den Feind immer wieder mit Bomben und Maschinen­gewehren an, während Infanterie- und Artillerieflieger ohne Unterbrechung den fortschreitenden Angriff und die Wirkung unferes Artilleriefeuers überwachten.

Die Gefangenenzahl ist auf 25 000 gestiegen, unter ihnen ein französischer und ein englischer General.

Der Erste Generalquartiermeister.

Ludendorff.

Der österreichische Bericht. Wien  , 29. Mai 1918. Amtlich wird verlautbart:

Die Kämpfe im Tonale- Gebiet lebten gestern wieder auf. Zwei durch starkes Artillerie- und Minenfeuer unterstützte An­griffe der Italiener auf den südlich des Basses liegenden Monte­cello brachen zusammen. Gegen unsere Stellungen am Unterlauf der Piave hielt das feindliche Artilleriefeuer an.

'

Feldpilot Offizierstellvertreter Arigbi schoß bei Durazzo  zwei englische Flugzeuge ab und errang damit seinen 25. und 26. Luftfieg. Der Chef des Generalstabes.

Gemäß dem deutsch  - französischen Gefangenenabkommen wurde kein einziger Gefangener mehr zu Ar­beiten an der Front befohlen. Gestern abend schon sah man endlose schwarze Züge von Gefangenen weit nördlich Laon   ins Hinterland abwandern.

Wieder ist die Beute groß, wenn sich auch die fran­ zösischen   Vorräte mit denen der reichen enalischen Verbündeten nicht meisen fönnen. Noch sind die zwischen der Aisne   und Während das bergine Terrain und der Kanallauf in der der Vesle gefaßten schweren Batterien nicht gezählt. Unter Mitte und am rechten Flügel der Angriffsarmeen die Ver­ den   genommenen Eisenbahngeschüten befin- wendung deutscher Sturm wagen verboten, haben diese det lich nahe Bailly auch dasjenige, das Laon syfte in der Ebene und am linken Flügel glänzend mitgewirkt. matisch beschoffen hat. Zum ersten Male eraingen Aus allen Einzelheiten der gestrinen Kampfhandlungen sich gestern abend die Bewohner dieser unglücklichen Stadt gewinnt man den Eindruck, daß die deutsche Führung sich die aufatmend in freier Luft. Erfahrungen der letten Angriffsschlachten zunute gemacht, 6 Uhr früh begann gestern die große Kanone, Paris   dadurch Menschenleben geschont und die über wieder zu befeuern, und hat im Laufe des Tages 15 Schuß raschende Größe des Erfolges gesichert hat. in Bausen von je einer Viertelstunde abgegeben. Dr. Ad. Köster, Kriegsberichterstatter.

Der neue Angriff.

Von Richard Gädke  .

Nach längerer Zeit der Ruhe hat der deutsche Angriffs­feldzug von neuem begonnen, zunächst in einem neuen Raume zwischen Soissons   und Reims  . Es schließt sich übrigens unmittelbar an den linken Flügel der Armee von Boehn an, die zwischen dem 6. und 9. April östlich der Dise vorstürmte und die Franzosen dort über den Dise­Aisne- Kanal zurüdwarf. Dieser weitausschauende Stoß ber­folgte also einen doppelten Zweck: zunächst den linken Flügel der Armee von Hutier gegen Flankenangriffe von Osten her sicherzustellen, sodann aber auch den rechten Flügel des neuen Angriffs zu stüken und sein Vordringen zu erleichtern. Tie Armee von Boehn bildet das Verbindungsglied zwischen dem alten und dem gegenwärtigen Angriff; die deutsche Angriffs­front dehnt sich nunmehr, wenn wir von dem vorläufig noch gesonderten Kampffeld in Flandern   absehen, von Arras   über Albert, Amiens   und über die Dise hinüber bis in die Gegend von Reims   in einer Frontbreite von etwa 180 Kilometer aus. Von allen Schlachten der Welt hat nur die von Mukden im März 1905 eine ähnliche Ausdeh­nung erreicht; doch sind diesmal aller Wahrscheinlichkeit nach sehr viel stärkere Sträfte am Werk.

Aus den knappen Mitteilungen des Frühberichts vom 28. Mai läßt sich noch nicht ersehen, welche Bedeutung die neuen Angriffe der Heeresgruppe Kronprinz im Rahmen des Gesamtfeldzuges in den Plänen des Feldmarschalls von Hindenburg   zukommt. Erst der Fortgang der Ereignisse fann darüber Klarheit bringen, ob es ein selbständiges Unter­nehmen ist, ob es zur Ablenkung und Täuschung des Gegners dient oder ob es die Einleitung zu noch größeren Schlägen sein soll.

Beachtenswert ist immerhin, daß am gleichen Tage sich auch die Artilleriefämpfe in Flandern   und an der Lys zu beiden Seiten der Somme und an der Avre ber­schärft haben. Wer die Sprache unserer Heeresberichte kennt, darf immerhin annehmen, daß die Kämpfe der gegeneinander aufgehäuften Geschüßmassen, die niemals abreißen, am 27. Mai eine recht erhebliche Stärke erreicht haben.

Zwei Dinge sind schon jetzt flar. Zunächst um einen rein örtlichen Vorstoß unserer Truppen handelt es sich hier bestimmt nicht; ein Angriff in der zusammenhängenden Breite von 80 Kilometer ist unter allen Umständen eine Schlacht und wird um höherer Ziele willen unternommen, als nur um einen Raumgewinn von einigen Kilometern zu er­zielen, einen Höhenrücken zu erstürmen, und sei es auch der viel und blutig umfämpfte Damenweg.

Sodann, die Feinde sind wieder einmal gründlich über­rascht worden, der Verlauf des ersten Schlachttages spricht dafür, schon in den letzten Tagen flagten ihre Militärschrift­steller, daß man aus den Vorbereitungen der Deutschen   die Richtungen ihres neuen Stoßes nicht erkennen könne. Sie trösteten sich aber damit, daß die Zahl der Möglichkeiten eine beschränkte sei, so daß der Oberbefehlshaber Foch   in keinem Falle werde überrascht werden. Nun scheint doch ein Fall eingetreten zu sein, auf den er nicht gefaßt war. Dafür spricht, daß unsere Truppen dort auf Engländer gestoßen sind, wie der französische   Heeresbericht erwähnt. Uebrigens wur­den diese schon am 2. Mai durch unsere Truppen bei La Neu­ ville  , nordwestlich Reims  , festgestellt. Die Gesamtlage zwingt zu der Annahme, daß dies abgefämpfte Divisionen waren; die man an einer scheinbar ruhigeren Front einsehen wollte. Zur Ueberraschung des Gegners hat beigetragen, daß die Deutschen   ihrem bewährten Verfahren treu geblieben sind, den Angriff nicht durch ein vieltägiges Geschützfeuer vorbe­reiten zu lassen, erst in der Nacht vom 26. zum 27. Mai hat der Artilleriekampf begonnen und am frühen Morgen des 27. scheinen unsere Sturmtruppen dann vorgebrochen zu sein. Sie haben in einem Zuge den Höhenrücken des Damenweges in seiner ganzen Ausdehnung, das will sagen, vom Walde von Pinon westlich bis Craonne, östlich dem Feinde entrissen. Hier wird es angebracht sein, einen Blick auf die vor­hergehende Schlacht an der Aisne   zu werfen, in der vor 13 Monaten die Franzosen die Angreifer waren. Zehn Tage lang, vom 6. April 1917 an, ließen sie ihre überwältigenden Geschüßmassen in immer wachsender Wut gegen die deutschen Laufgräben und gegen die deutschen Batterien arbeiten, ehe sie sich getrauten, ihr Fußvolk zum Sturme loszulassen. Am 16. April trat dieses an, ohne Zweifel mit großem Schwung. Aber der Erfolg war sehr mäßig, trotzdem die Deutschen  gleichzeitig bei Arras   durch die Engländer gefesselt waren und am folgenden Tage auch in der Champagne   auf breiter Front angegriffen wurden. Der beabsichtigte Durch­bruch mißglückte, die bereitgestellte, Berfolgungsarmee" mußte schon vom zweiten Tage an zur Ablösung der ausge­bluteten Divisionen verbraucht werden; nicht einmal die völlig zertrommelte erste Linie der Deutschen   wurde überall