Nr. 146. 35. Jahrg.
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Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3.
Fernivrecher: Ami Morisvlas, Nr. 151 90-151 97.
Donnerstag, den 30. Mai 1918.
Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3.
Rernsprecher: Amt Morinvlas, Nr. 151 90-151 97.
Meue Fortschritte zwifchen Soiffons und Reims
Пеце
Heute früh stehen unsere Truppen auf den Höhen südlich Fismes. Sie haben in 20 Stunden sich aus dem Tal der Ailette in das Tal der Besle geschwungen, dabei zwei starke Gebirgszüge und das breite dazwischenliegende AisneHindernis überschritten. Die Höhen, die sie augenblicklich bei andauernd günstigem Wetter ersteigen, gehören zu jenem Hügelplateau, das die Festung Reims von Südwesten her deckt, und das im Süden ins Tal der Marne abfällt. Die ganze Nacht haben die Franzosen in verstärktem Make Reserven herangeworfen, die in Fère ausgeladen und auf Kraftwagen gegen den immer weiter südlich vorbrechenden deutschen Angriffskeil geworfen werden. Desgleichen sind englische Verstärkungen festgestellt, die nordöstlich offenbar zur Unterstübung ihrer geworfenen drei Divisionen marschieren. Bei der Wichtigkeit der Höhen südlich Fismes
dürfte General Foch sein Aeußerstes tun, um sie zu halten. Es ist mit den stärksten französischen Gegenangriffen zu rechnen.
Die gestrige Durchbruchsschlacht muß als eine empfindliche Niederlage der französischen Heeresleitung bezeichnet werden, die tros ihrer vielgerühmten Wachsamkeit nicht hat verhindern können, daß einer ihrer empfindlichsten Frontabschnitte in 40 Kilometer Breite restlos durchbrochen ist. Dieser Sieg ist die direkte Folge der bsherigen deutschen Angriffsschlachten, die dem Feind jede Initiative, ja jede freie Verfügung seiner Reserven genommen hat.
Der Verlauf der gestrigen Angriffsschlacht, besonders der 18 Kilometer tiefe Durchbruch durch das rein franzö fische Zentrum nimmt dem westlichen Nachbarn jede Möglichkeit, die Schuld am Zusammenbruch wie im März den Engländern zuzuschieben. Der geftrige Sieg ist nicht nur eine Niederlage des französischen Oberbefehls, sondern, wie der Einzelverlauf der Kämpfe zeigt, auch eine Niederlage des französischen Soldaten. Dr. Ad. Köster, Kriegsberichterstatter.
Westfront, 28. Mai, mittags. Ueber den Verlauf und Charakter des gestrigen Entscheidungstages ist noch folgendes zu melden: unser borberei. tendes Gas- und Splitterfeuer aus Tausenden von Geschüßen und Minenwerfern muß trotz seiner Kürze verheerender als je gewirkt haben. Wir konnten feinen Kopf aus den Stollen kriegen, stundenlang, und als wir es taten, waren rechts die Engländer verschwunden und die Deutschen schon vor dem Eingang", sagte ein gefangener französischer Offizier. Verzweiflung an der eigenen Lage und Wut über England beherrschen alle Reden der Gefangenen. Zu den schwersten Aufgaben des Tages gehörte das erste
Ueberschreiten des Ailettekanals im feindlichen Feuer. Pioniere und Infanterie mußten bei Morgengrauen über freies Feld vorgehen. Was an feindlicher Artillerie noch lebendig war, warf sich auf die Kanalübergänge. Den ganzen Vormittag über mußten die immer wieder zerschossenen Jochbrücken, die den breiten Kanalsumpf überquerten, in schwerem Feuer wieder aufgebaut werden. Der Nachschub über die bertrichterten steilen Bernstraßen stellt eine unerhörte Leistung dar. Methodischer und deshalb noch verheerender als im März arbeitete während des Angriffs die deutsche Feuerwalze, die, bei trockenem Wetter mit Staubwolken fich mischend, wie ein riefenhoher Vorhang der Infanterie voraufzog, alles niederstampfend, besonders jede Nachrichtenübermittlung zerstörend.
Nachmittags waren die zurückflutenden französischen Divisionen in voller Auflösung begriffen. Neu herangeworfene Kräfte, die den alle Straßen bevölkernden Zügen flüchtender Soldaten und Zivilisten begegneten, wurden mit rückwärts gerissen. Nur so ist im Zentrum der Armeen der Tiefenstoß von 18 Kilometern zu erklären.
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Vorstoß der Franzosen bei Cantigny- Siegreiche Fortführung der Aisneschlacht
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Die Höhen von Terny- Sorny, Fort Condé, Bregny und Missy genommen, die Höhen von Ciry erstiegen- Braisne und Fismes erstürmt, die Vesle überschritten Fortschritte in Richtung Neims 25 000 Gefangene Auflebende Kämpfe im Tonale- Gebiet. Berlin , 29. Mai 1918, abends. Amtlich. Bei und zwischen Soissons - Neims nene Fortschritte.
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Amtlich. Großes Hauptquartier, 29. Mai 1918.(. 2. B.)
Weftlicher Kriegsschauplah.
An den Kampffronten von der Vier bis zur Dise hielt erhöhte Gefechtstätigkeit an. Französische Teilangriffe südlich von Opern scheiterten. Westlich von Montdidier drang der Feind bei örtlichem Vorstoß in Cantigny ein.
Die Armeen des Generalobersten von Boehn und des Generals von Below( Fritz) der Heeresgruppe Deutscher Kronprinz haben gestern den Angriff siegreich fortgeführt. Heraneilende französische und englische Reserven wurden geworfen.
Auf dem rechten Flügel haben die Divisionen des Generals von Larisch nach Abwehr französischer Gegenangriffe den Rücken von Terny- Sorny und die Höhen nordöstlich von Soissons ge
nommen.
Nach hartem Kampf brachen auch die Truppen des Generals Wichura den Widerstand des Feindes auf der Hochfläche von Condé. Fort Condé wurde erstürmt, Bregny und Missy genommen, auf dem Südufer der Aisne und Besle wurden die Höhen westlich von Eiry erstiegen.
Die Korps der Generale von Winckler, von Conta und von Schmettow haben die Besle überschritten. Braisne und Fismes wurden erobert. Wir stehen auf den Höhen hart sädlich der Besle.
Die Truppen des Generals Jlse haben die Höhen nordöstlich von Prouilly erstürmt, Billers Franqueug und Courch genommen und kämpfen um die Höhen von Thierry.
Der unermüdlich vorwärtsstrebenden Infanterie, Artillerie und Minenwerferwaffe folgen Ballone, Flats und Nachrichtentruppen auf dem Fuße. Kraftvolle Arbeit der Pioniere, Eisen bahn , Armierungs- nnd Bautruppen haben die Neberwindung des Angriffsfeldes und den Nachschub der Kampfmittel durch die raftlos tätigen Kolonnen ermöglicht. In aufopfernder Tätigkeit versorgen Aerzte und Krantenträger die Verwundeten auf dem Schlachtfelde. Trok wechselnden Wetters griffen unsere Flugkräfte den Feind immer wieder mit Bomben und Maschinengewehren an, während Infanterie- und Artillerieflieger ohne Unterbrechung den fortschreitenden Angriff und die Wirkung unferes Artilleriefeuers überwachten.
Die Gefangenenzahl ist auf 25 000 gestiegen, unter ihnen ein französischer und ein englischer General.
Der Erste Generalquartiermeister.
Ludendorff.
Der österreichische Bericht. Wien , 29. Mai 1918. Amtlich wird verlautbart:
Die Kämpfe im Tonale- Gebiet lebten gestern wieder auf. Zwei durch starkes Artillerie- und Minenfeuer unterstützte Angriffe der Italiener auf den südlich des Basses liegenden Montecello brachen zusammen. Gegen unsere Stellungen am Unterlauf der Piave hielt das feindliche Artilleriefeuer an.
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Feldpilot Offizierstellvertreter Arigbi schoß bei Durazzo zwei englische Flugzeuge ab und errang damit seinen 25. und 26. Luftfieg. Der Chef des Generalstabes.
Gemäß dem deutsch - französischen Gefangenenabkommen wurde kein einziger Gefangener mehr zu Arbeiten an der Front befohlen. Gestern abend schon sah man endlose schwarze Züge von Gefangenen weit nördlich Laon ins Hinterland abwandern.
Wieder ist die Beute groß, wenn sich auch die fran zösischen Vorräte mit denen der reichen enalischen Verbündeten nicht meisen fönnen. Noch sind die zwischen der Aisne und Während das bergine Terrain und der Kanallauf in der der Vesle gefaßten schweren Batterien nicht gezählt. Unter Mitte und am rechten Flügel der Angriffsarmeen die Ver den genommenen Eisenbahngeschüten befin- wendung deutscher Sturm wagen verboten, haben diese det lich nahe Bailly auch dasjenige, das Laon syfte in der Ebene und am linken Flügel glänzend mitgewirkt. matisch beschoffen hat. Zum ersten Male eraingen Aus allen Einzelheiten der gestrinen Kampfhandlungen sich gestern abend die Bewohner dieser unglücklichen Stadt gewinnt man den Eindruck, daß die deutsche Führung sich die aufatmend in freier Luft. Erfahrungen der letten Angriffsschlachten zunute gemacht, 6 Uhr früh begann gestern die große Kanone, Paris dadurch Menschenleben geschont und die über wieder zu befeuern, und hat im Laufe des Tages 15 Schuß raschende Größe des Erfolges gesichert hat. in Bausen von je einer Viertelstunde abgegeben. Dr. Ad. Köster, Kriegsberichterstatter.
Nach längerer Zeit der Ruhe hat der deutsche Angriffsfeldzug von neuem begonnen, zunächst in einem neuen Raume zwischen Soissons und Reims . Es schließt sich übrigens unmittelbar an den linken Flügel der Armee von Boehn an, die zwischen dem 6. und 9. April östlich der Dise vorstürmte und die Franzosen dort über den DiseAisne- Kanal zurüdwarf. Dieser weitausschauende Stoß berfolgte also einen doppelten Zweck: zunächst den linken Flügel der Armee von Hutier gegen Flankenangriffe von Osten her sicherzustellen, sodann aber auch den rechten Flügel des neuen Angriffs zu stüken und sein Vordringen zu erleichtern. Tie Armee von Boehn bildet das Verbindungsglied zwischen dem alten und dem gegenwärtigen Angriff; die deutsche Angriffsfront dehnt sich nunmehr, wenn wir von dem vorläufig noch gesonderten Kampffeld in Flandern absehen, von Arras über Albert, Amiens und über die Dise hinüber bis in die Gegend von Reims in einer Frontbreite von etwa 180 Kilometer aus. Von allen Schlachten der Welt hat nur die von Mukden im März 1905 eine ähnliche Ausdehnung erreicht; doch sind diesmal aller Wahrscheinlichkeit nach sehr viel stärkere Sträfte am Werk.
Aus den knappen Mitteilungen des Frühberichts vom 28. Mai läßt sich noch nicht ersehen, welche Bedeutung die neuen Angriffe der Heeresgruppe Kronprinz im Rahmen des Gesamtfeldzuges in den Plänen des Feldmarschalls von Hindenburg zukommt. Erst der Fortgang der Ereignisse fann darüber Klarheit bringen, ob es ein selbständiges Unternehmen ist, ob es zur Ablenkung und Täuschung des Gegners dient oder ob es die Einleitung zu noch größeren Schlägen sein soll.
Beachtenswert ist immerhin, daß am gleichen Tage sich auch die Artilleriefämpfe in Flandern und an der Lys zu beiden Seiten der Somme und an der Avre berschärft haben. Wer die Sprache unserer Heeresberichte kennt, darf immerhin annehmen, daß die Kämpfe der gegeneinander aufgehäuften Geschüßmassen, die niemals abreißen, am 27. Mai eine recht erhebliche Stärke erreicht haben.
Zwei Dinge sind schon jetzt flar. Zunächst um einen rein örtlichen Vorstoß unserer Truppen handelt es sich hier bestimmt nicht; ein Angriff in der zusammenhängenden Breite von 80 Kilometer ist unter allen Umständen eine Schlacht und wird um höherer Ziele willen unternommen, als nur um einen Raumgewinn von einigen Kilometern zu erzielen, einen Höhenrücken zu erstürmen, und sei es auch der viel und blutig umfämpfte Damenweg.
Sodann, die Feinde sind wieder einmal gründlich überrascht worden, der Verlauf des ersten Schlachttages spricht dafür, schon in den letzten Tagen flagten ihre Militärschriftsteller, daß man aus den Vorbereitungen der Deutschen die Richtungen ihres neuen Stoßes nicht erkennen könne. Sie trösteten sich aber damit, daß die Zahl der Möglichkeiten eine beschränkte sei, so daß der Oberbefehlshaber Foch in keinem Falle werde überrascht werden. Nun scheint doch ein Fall eingetreten zu sein, auf den er nicht gefaßt war. Dafür spricht, daß unsere Truppen dort auf Engländer gestoßen sind, wie der französische Heeresbericht erwähnt. Uebrigens wurden diese schon am 2. Mai durch unsere Truppen bei La Neu ville , nordwestlich Reims , festgestellt. Die Gesamtlage zwingt zu der Annahme, daß dies abgefämpfte Divisionen waren; die man an einer scheinbar ruhigeren Front einsehen wollte. Zur Ueberraschung des Gegners hat beigetragen, daß die Deutschen ihrem bewährten Verfahren treu geblieben sind, den Angriff nicht durch ein vieltägiges Geschützfeuer vorbereiten zu lassen, erst in der Nacht vom 26. zum 27. Mai hat der Artilleriekampf begonnen und am frühen Morgen des 27. scheinen unsere Sturmtruppen dann vorgebrochen zu sein. Sie haben in einem Zuge den Höhenrücken des Damenweges in seiner ganzen Ausdehnung, das will sagen, vom Walde von Pinon westlich bis Craonne, östlich dem Feinde entrissen. Hier wird es angebracht sein, einen Blick auf die vorhergehende Schlacht an der Aisne zu werfen, in der vor 13 Monaten die Franzosen die Angreifer waren. Zehn Tage lang, vom 6. April 1917 an, ließen sie ihre überwältigenden Geschüßmassen in immer wachsender Wut gegen die deutschen Laufgräben und gegen die deutschen Batterien arbeiten, ehe sie sich getrauten, ihr Fußvolk zum Sturme loszulassen. Am 16. April trat dieses an, ohne Zweifel mit großem Schwung. Aber der Erfolg war sehr mäßig, trotzdem die Deutschen gleichzeitig bei Arras durch die Engländer gefesselt waren und am folgenden Tage auch in der Champagne auf breiter Front angegriffen wurden. Der beabsichtigte Durchbruch mißglückte, die bereitgestellte, Berfolgungsarmee" mußte schon vom zweiten Tage an zur Ablösung der ausgebluteten Divisionen verbraucht werden; nicht einmal die völlig zertrommelte erste Linie der Deutschen wurde überall