Einzelbild herunterladen
 

Nr. 152. 35. Jahrg.

Bezugspreis:

Bierteljährl. 4.50 Rt, monatl. 1,50 frei ins Haus, vorauszahlbar.Einzelne Nummern 10 Bfg. Bostbezug: Monai lich 1,50 mt. Unter Kreuzband für Deutschland und Desterreich- Ungarn 8,- Mt, für das übrige Ausland 4,50 ML. monatlich. Bersand ins Feld bei diretter Bestellung monatl. 1,80 L Bostbestellungen nehmen an Däne­mart, Holland , Luxemburg , Schweden und die Schweiz . Eingetragen in die Bost- Zeitungs- Breisliste. Ericheint täglich.

Telegramm- Adreffe

.Sozialdemokrat Berlin ".

Vorwärts

Berliner Dolksblaff.

10 Pfennig

Anzeigenpreis:

Die fiebengespaltene Solonelzeilefoflet 80 fg. Kleine Anzeigen", das fettgebrudte Bort 30 Big.( zulässig 2 jettgedrudte Worte), jedes weitere Wort 15 Bfg. Stellengesuche und Schlafstellenanzeigen das erite Wort 20 fg., jedes weitere Wort 10 Big. Borte über 15 Buchstaben zählen für mei Borte. Leuerungszuschlag 20%- Familien- Anzeigen, politische und gewertschaftliche Vereins Anzeigen 60 Bfg. die Zeile. Anzeigen für die nächste Rummer müssen bis 5 br nachmittags im Hauptgeschäft Berlin B. 68, Lindenstraße 3, abegeben werden. Geöffnet von 8 Uhr früh bis 7 Uhr abends.

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernivrecher: Amt Morigolas, Nr. 151 90-151 97.

Mittwoch, den 5. Juni 1918.

Expedition: GW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morisplas, Nr. 151 90-151 97.

Erfolgreiche Kämpfe weftlich von Soiffons.

Der Bundesrat und der rumänische Friede. Der französische Widerstand bei Soissons Amtlich wurde gestern gemeldet:

In der heutigen Sigung des Bundesrats wurde der Friedensvertrag zwischen Deutschland , Desterreich­Ungarn, Bulgarien und der Türkei einerseits and Rumänien andererseits angenommen.

Rücktritt des belgischen Ministerpräsidenten Brocqueville.

Le Havre , 3. Juni. Havas. Der belgische Ministerpräsident Brocqueville ist zurückgetreten. Der König hat die Führung der Geschäfte dem früheren Vorsitzenden des Abgeordnetenhauses Cooreman anvertraut. Der Rücktritt Brocquevilles wurde nicht durch eine Meinungsverschiedenheit in Fragen der inneren oder äußeren Politik hervorgerufen, sondern ist das Ergebnis gewisser Verschiedenheiten der Anschauungen, über die Regierungs. methoden. Cooreman übernimmt das Portefeuille der wirt. schaftlichen Angelegenheiten, ein Departement, welchem die Be­fugnisse des Departements des nationalen Wieder­aufbaues angeschlossen sind.

Die belgische Regierung ist in einer schlimmen Lage. Sie bc= findet sich außer Landes und kann nicht hindern, daß die Dinge in Belgien , da nichts in der Welt stille stefyt, in eine von gewöhn­lichen Umständen beeinflußte Entwicklung geraten. Man geht sicherlich nicht fehl mit der Annahme, daß der Wechsel des leitenden Ministers mit dem Bemühen zusammenhängt, trop der aufgehobe­nen unmittelbaren Verbindung mit dem Lande doch einen Einfluß auf die Bevölkerung sicherzustellen. Die Wahl von Personen kann in diesem Falle nicht allzu viel bedeuten, und so ist denn auch aus­drücklich gesagt, daß Ansichten über die Regierungsmethoden im Spiele sind. Daß es dabei auf eine Neuorientierung nach demo­fratischen Gesichtspunkten ankommt, liegt auf der Hand, und der Hinweis, daß Cooreman die Fragen des nationalen Wiederaufbaus ganz besonders angehen werden, gibt einen weiteren Fingergeig, in welcher Richtung Einwirkungen versucht werden dürften.

-

gebrochen Der Feind auf Linie Le Soulier- Dommiers zurückgeworfen Fortschritte nordwestlich Chateau- Thierry.

-

Berlin , 4. Juni 1918, a bends. Amtlich. Erfolgreiche Kämpfe auf dem Südufer der Aisne westlich von Soissons . Amtlich. Großes Hauptquartier, 4. Juni 1918.( W. Z. B.)

Westlicher Kriegsschanplah. Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht. Artilleriekampf wechselnder Stärke. Rege Erkundungstätig feit des Feindes und stärkere Vorstöße au verschiedenen Stellen der Front. Südwestlich von Merris hat sich der Feind in fleineren Grabenstücken festgesetzt.

Heeresgruppe Deutscher Kronprins. Nördlich der Aisne entrissen wir dem Feinde in hartem Kampf einige Gräben. Der zähe Widerstand des auf den Höhen westlich und südwestlich von Soissons sich anklammernden Feindes wurde gestern gebrochen. Die Höhen von Vangbuin nnd westlich von Chadun wurden genommen. Nach Erstürmung von Pernant und Missy- ang- Bois warfen wir den Feind auf die Linie Le Sonlier- Dommiers zurück. Mehrere Batterien wurden erobert, einige Tansend Gefangene ein­gebracht.

Französische Gegenangriffe beiderseits des Ourcq. Flusses scheiterten unter schweren Verlusten. Nord­westlich von Chateau- Thierry haben wir im Kampf die Bahn Bnssiares- Bouresches überschritten und feindliche Gegenangriffe abgewiesen.

An der Marne , zwischen Marne und Reims ist die Lage unverändert.

Der Erste Generalquartiermeister.

Ludendorff.

Der österreichische Bericht.

Wien , 4. Juni 1918. Amtlich wird verlantbart: An der ganzen Südwestfront anhaltend lebhafte Artillerie­tätigkeit. Der Chef des Generalstabes.

Mehr noch will die Franff. 3tg." in der Ernennung Coore­mans sehen. Sie weist zunächst auf die innerpolitische Bedeutung hin: Die Meldung ist von einschneidendster Bedeutung für die Politik Belgiens . Cooreman ist ausgesprochener Flame. Das Kabinett Cooreman bedeutet eine vollkommene um= wälzung der Flamen- Politik der belgischen Regierung." Dann aber sagt das Blatt weiter: Annegionspolitik und Wirt­schaftsfrieg nach dem Kriege ist damit von Belgien aufgegeben. Belgien ist der erste Ententestaat, der mit den wirtschaft= lichen Racheplänen der Entente offen vor aller Welt bricht." Es wäre klug und gut, wenn der Ministerwechsel Gaffung zu, als gestern; sie erklärt, daß die Fortschritte der diese Friedensbedeutung hätte. Aber man wird wohl zunächst, auf ein Dementi rechnen dürfen.

Deutschen immer geringer würden und das Eingreifen der franzöfifchen Referben ein Festerwerben der Front be wirle. Das Hauptgewicht liege immer noch auf dem Frontabschnitt völligen Stillstand des Vorstoßes zu erwarten.

Geistige und materielle Kriegslast

Gleich am ersten Tage seines Zusammentritts hat der Reichstag einen heftigen Kampf auf einem Gebiet wieder auf­nehmen müssen, auf dem die Klagen und Beschwerden nicht ab­reißen wollen: dem Gebiet der Zensur und des Be­lagerungszustandes. Die wievielte Zenjurdebatte dies jeit Kriegsbeginn war, ist faum noch auszurechnen, es wird wohl demnächst wieder ein Jubiläum zu verzeichnen sein.

Was den sachlichen Inhalt der vorgebrachten Klagen be­trifft, so verweisen wir auf den heutigen Reichstagsbericht, namentlich auf die Rede des Gen. Bauer. Da der Reichstag die Tribüne ist, auf der auch heute noch mit meingeschränkter Freiheit gesprochen werden fann( ioweit es dem Herrn Vize­präsidenten a asche nicht etroa anders gefällt), so fönnen wir unseren Lesern die aufmerksame Lektüre der Reichstags­verhandlungen nicht warm genug ans Herz legen; sie werden hier manchen Aufschluß finden, der ihnen sonst perigt bleibt.

In der Hauptsache bot die Verhandlung das ihrer Vor­gängerinnen. Nachdem die Redner ein geradezu erdrückendes und vernichtendes Anklagematerial vorgebracht hatten, das sich noch um das Vielfache hätte vermehren lassen, erhob sich ton der Regierungsbank Herr Staatssekretär Wallraf, jenes ein­same Ueberbleibsel aus der Zeit des Ministeriums Michaelis , und antwortete auf alle vom Reichstag gemachten Neformvor­schläge mit einem dürren Nein" und" Unannehmbar".

Der letzte Beschluß des Reichstages war dahin gegangen, daß Zeitungen nur auf höchstens drei Tage und mit 311­stimmung des Reichskanzlers verboten werden dürften. Herr Wallraf erklärte, daß die Regierung auf den Boden dieses Beschlusses nicht treten fönnte. Jetzt macht die Reichstagskommission den Vorschlag, als Beschwerdeinstanz für die Handhabung des Belagerungszustandes und der Zensur Den Angelegenheiten in allen nicht militärischen Reichskanzler einzusetzen, dagegen den militärischen Ober­befehlshaber nur noch als Beschwerdeinstanz für die rein mili­tärischen Angelegenheiten bestehen zu lassen. Wie die Regierung sich zu diesem Vorschlag, falls er zum Beschluß erhoben wird, stellen wird, ist unschwer zu erraten.

Der Reichstag aber wird sich ernsthaft die Frage vorzulegen haben, ob er sich den Widerstand der Regierung gegen seine Beschlüsse noch weiterhin in dieser Weise gefallen läßt. Man jage nicht, daß die Situation von Debatte zu Debatte die gleiche geblieben jei. Nach zwiefacher Richtung hin hat sie sich verändert und verschärft. Erstens wachsen mit der 3 1!- nehmenden Länge des Krieges die Gefahren der geistigen Freiheitsbeschränkung unaushaltsam. Ein paar Wochen oder ein paar Monate Kriegszustand bedeuten ganz etwas anderes als vier oder fünf Jahre geistiger Unfrei­heit. Eine so lange dauernde Periode des Rückfalls in vor­märzliche Zeiten fann nicht ohne tiefe Rückwirkung

Am Vorabend der Interpellationen. Dife- Marne, Somme Libre" warnt allerdings davor, schon einen auf das gesamte geistige Leben einer Nation bleiben.

Schlechte Aussichten der finnischen Monarchisten.

Ein zweites sehr wesentliches Moment ist bisher ut. E. viel zu wenig beachtet worden. Seit der letzten Zensurdebatte ist der Friedensschlußaufdergesamten Ost front perfeft geworden. Offizielle und offiziöse Kundgebungen haben mit vielen Worten gefeiert, daß durch diesen Friedensschluß die Be­drobung Deutschlands durch den Zweifrontenfrieg auf. gehört habe, daß die Bedrohung des Landes damit eine viel geringere geworden sei.

Erklärungen Clemenceaus im Heeresausschus. Paris , 3. Juni. ( Havas.) Clemenceau gab heute vormittag vor dem Heeresausschuß ausführliche Erklärungen ab über die militärische Lage, den Stand der im Gange befindlichen Operationen und die Verwendung Stockholm , 3. Juni. ( Eigener Drahtbericht des Vorwärts".) der Streitkräfte der Alliierten. Nach Schluß der Sigung be- Die Diskussion über die Regierungsform wird in der finnischen tonten mehrere Ausschußmitglieder auf Befragen ihr Vertrauen Bresse und in Versammlungen immer intensiver. Die Schweden und die Altfinnen sind Monarchisten, die Jungfinnen und zu dem Fortgang der Operationen: Nun aber hat die Verhängung des Belagerungszustandes Dazu meldet Havas am Montag: Die Blätter besprechen die Agrarier sind Republikaner . Doch blieb die altfinnische Bresse die Bedrohung des Landes zur rechtlichen Voraus­bon Clemenceau heute vormittag im Heeresausschuß ab- in der Proving teilweise republikanisch, und unter 75 Unter- jegung. Artikel 68 der Reichsverfassung bestimmt: Der Kaiser fann, wenn die öffentliche Sicherheit gegebenen Erklärungen und führen aus, der durch diese Erklärungen zeichnern eines am 29. Mai erschienenen republikanischen Auf­in dem Bundesgebiete bedroht ist, einen jeden Teil hervorgerufene Eindruck sei derartig gewesen, daß es jetzt fast sicher rufs befinden sich mehrere Altfinnen. Andererseits ging ein desselben in Kriegszustand erklären. Bis zum Erlaß eines die fei, daß morgen feine Erörterung vor der Kammer stattfinden werde, Bruchteil der Helsingforser Jungfinnen zu den Monarchisten Voraussetzungen, die Form der Verkündigung und die Wirkungen und daß die Urheber der in der letzten Woche eingebrachten über, darunter jungfinnische Regierungsmitglieder, wohingegen einer solchen Erklärung regenden Reichsgefebes gelten dafür die Interpellationeu über die militärische Lage nicht auf die Agrarier sänttlich Monarchisten blieben, darunter beide der Vorschriften des Preußischen Gesetzes vom 4. Juni 1851. deren Besprechung bestehen werden. Agrarpartei angehörigen Minister. Von der schwedischen Partei Das Preußische Gesetz vom 4. Juni 1851 aber bestimmt Die Zahl der aterpellationen wächst aber einstweilen noch. sind mindestens drei Landtagsmänner Republikaner. Trots in seinem§ 1, daß für den Fall eines Krieges der Beinge­Ueber Genf verlautet gestern: Der Abgeordnete Begui fündigte für heftiger monarchistischer Agitation hält das Landvolk an der rungszustand in den vom Feinde bedrohten oder die heutige Sitzung der Kammer eine Interpellation über die Republik fest. Jedenfalls ist das Zustandekommen einer teilweise schon bejetten Provinzen verhängt Kriegslage an. Und Havas meldet, daß, wie nach Ntenaudels qualifizierten Mehrheit für die Monarchie im werden kann. Nun erklären sich zwar die Gerichte für nicht gestern erwähntem Artifel zu erwarten stand, die sozialistische Landtag ausgeschlossen, und bei einer Neuwahl wiir- befugt, nachzuprüfen, ob die Voraussetzung einer Bedrohung Kammergruppe beschlossen hat, die Forderungen nach einer den die Republikaner jedenfalls gewinnen. Eine Volks- im konkreten Fall der Verhängung des Belagerungszustandes Geheimsisung zur Erörterung der von den Sozialisten eingebrachten abstimmung hätte dasselbe Resultat. vorgelegen hat. Aber das schließt nicht aus, daß eine Ver­Interpellationen über die letzten miliärischen Unternehmungen zu In monarchistischen Kreisen und in der Regierung besteht hängung des Belagerungszustandes ohne eine tatsächlich vor­die Neigung, auf Grund der Verfassung von 1773 mittels ein- handene Bedrohung dem Gejege zuwiderläuft. Wer will nun stellen. Ueber die Haltung der Pariser Presse zu den Kriegsereignissen facher Abstimmung die Königswahl vorzunehmen und erst her aber den Beweis liefern, daß in dem gleichen Zeitpunkt, in wird gestern aus Genf berichtet: Die Presse bespricht die Schlacht nach über die Regierungsform Entscheidung zu fassen. Die Re- dem unsere Truppen im Westen 70 Kilometer von Paris unter dem Gesichtspunkte der Bedrohung von Paris . Der publikaner bezeichnen dies als Staatsstreich, da tatsächlich stehen und noch unaufhaltsam vorrücken, das in der Luft­militärische Mitarbeiter des Temps", General Lacroix, fagt: Die Finnland die Republik proklamierte, und auch der Landtags- linie zirfa 1500 Kilometer entfernte Ostpreußen bont Franzosen müssen selbst angreifen, um den Vormarsch auf Baris vorsitzende widerstrebt diesem Verfahren. Auch glaubt man, Feinde bedroht sei?! aufzuhalten und sich zur Verteidigung vorzubereiten. Journal daß der in Aussicht genommene Thron kandidat nur des Debats" erwartet binnen furzem die strategische Entscheidung. eine einhellige Wahl annehmen würde. So ist es Das Blatt behauptet, die Deutschen hätten eine numerische Ueber- wahrscheinlich, daß die Reichsvorstandschaft vorläufig beibehalten macht von fünfzig Divisionen. Das Journal" schreibt, die Ent wird. Die Regierung ist entschieden monarchistisch, aber ihre scheidung müßte demnächst fallen. Umgestaltung hat die schwedische Partei verstimmt, und ebenso Aus Bern wird vom Montag gemeldet: Dem Verlauf der der vor Wochenfrist geschehene Stücktritt des Generals Dffensive fieht die französische Presse heute mit noch größerer Mannerheim .

Auch die Fassung des Artikels 68 der Reichsverfassung läßt eine beliebige Ausdehnung des Belagerungszustandes nicht zu, denn auch sie knüpft die Verhängung an die Vor­ausseßung, daß die öffentliche Sicherheit in dem vom Belagerungszustand betroffenen Bundesgebict tatsächlich bedroht sei. Zur Zeit des Zweifrontenfrieges behalf man jich mit der Konstruktion, daß die von beiden Seiten heran­