Nr. 174. 85. Jahrg.
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Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3.
Bernivrecher: Am: Moritblas, Nr. 151 90-151 97.
Donnerstag, den 27. Juni 1918.
Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Hernsprecher: Amt Moritplan, Nr. 151 90-151 97.
Ruffisch- Ukrainische Verständigung.
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Kühlmannkrise ist Kanzlerkrise.
Arbeiter die Arbeit nicht wieder aufnehmen. Zu diesem Zwede würden täglich Flugzettel verteilt, worin es heiße, es bedürfe nur der Ausdauer, denn die Tage der Regierung feien ge= zählt. In einigen Tagen schon werde eine neue Regierung Die Presse der Rechten spricht mit großer Bestimmtheit von tommen. Es ist absolut unmöglich, fuhr Weferle fort, daß einer se ühlmannkrise. Ein paar Tage oder Wochen werde die Regierungsgewalt von einzelnen provisorisch man dem Staatssekretär Beit laffen, sich zu verschnaufen, seinen gebildeten Organisationen, Arbeiterräten und Prozeß zu erledigen und sonst einige Dinge in Ordnung zu dergleichen ausgeübt werden kann.( Langanhaltender bringen. Dann werde er verschwinden und irgendeinem ,, tüchtigen Beifall rechts, großer Lärm auf der äußersten Rinken Mann aus der Praris" Platz machen. Auf alle Fälle sei seine und Rufe: Das wollen die Arbeiter auch nicht.) Stellung vollkommen erschüttert. und daß diese von unlauteren Elementen dirigiert werden.( Großer Die Verbreiter dieser Darstellung berufen sich u. a. auch Lärm links.) Die Arbeiter fordern die Entfernung der Gendarmerie darauf, daß der Vorwärts" an dem Verbleiben Kühlmanns und die Entsendung von Militär in die Fabriken. Wer wirklich fein Interesse zeige, der Staatssekretär sei somit nicht nur für das Interesse des Volkes im Auge hat, muß wünschen, die Rechte unmöglich, sondern auch von der Linken aufgegeben, daß die milder vorgehende Polizei und Gendarmerie und nicht das auf alle Fälle also erledigt. strengere Militär die Aufsicht in den Fabriken ausübe. Ministerpräsident wies die Anschuldigungen zurüd, als ob die Renoch keine Regierung gegeben, welche auf diesem Gebiete soweit gierung die Tendenz verfolge, die Löhne herabzusetzen. Es habe gegangen sei, als gerade die gegenwärtige.
Kiew , 23. Juni. In den ukrainisch - russischen Friedens. Berhandlungen ist ebereinstimmung über den Grundfaz für die Grenzen dahin erzielt worden, alle nach Friedensschluß entstehenden Streitigkeiten durch ein Schiedsgericht zu schlichten. Beide Delegationen sind bereit, bei der Grenzfestsetzung jeden Gedanken an Annegionen und Vergewaltigungen auszuschließen, daher ist unter Berücksichtigung politischer, wirtschaftlicher und sonstiger Interessen der Völker als Ganzes das ethnographische Prinzip für die Grenzfest febung maßgebend. Nur in einzelnen, im Friedensvertrage besonders auszuführenden strittigen Gebieten soll zu einer unbeeinflußtay Befragung der Bevölkerung geDer frühere Rommissar für das Cholmer Gebiet Storpis Joltuchowski ist jetzt zum Gouvernementsstaroste von Cholm ernannt; im Dongebiet wird der Landwirt- sei nicht so sehr der Wunsch des Boltes, als schaftsrat unter Zuziehung zahlreicher Vertreter der Provinz auf die Linke weisend der Herren Abgeordneten. in den nächsten Tagen mit der Ausarbeitung einer Agrar-( Große Heiterfeit rechts, Lärm duf der äußersten Rinken.) Diesen reform beginnen.
schritten werden.
Der aus Riem zurückgekehrte General Swetschin erklärte, daß die politisch- wirtschaftlichen Verhandlungen des Dons mit der Ukraine auf bestem Wege.
Taganrog wird eine freie Stadt. In den Verhandlungen des Generals von Knoerzer mit Vertretern der Taganroger Stadtverwaltung ist die Unterordnung sämtlicher in der Stadt befindlichen staatlichen Behörden unter die Munizipalität vorgesehen.
Die Entfernung der gegenwärtigen Regierung
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Der
Diesem Versuch der Rechten, den Vorwärts" für ihre Zwecke in Anspruch zu nehmen, treten wir mit der größten EntSozialdemokratie ganz gewiß keine Fahne, mit der sie steht und schiedenheit entgegen. Der Name Kühlmann bedeutet für die fällt. Der Mann des Brest - Litowsker Friedens, der Mann, der die Livland - Estland - Erklärung im Hauptquartier ruhig hinnahm und sich am lezten Dienstag beinahe entschuldigte, weil er am Tage zuvor der Wahrheit zu nahe gekommen war, ist nicht ihr Mann. Aber was sie an Kühlmann auszusehen hat, ist etwas ganz anderes als das, weswegen die Rechte gegen ihn Sturm läuft, es ist vor allem nicht die Sache Kühlmanns allein, sondern die Sache der ganzen Regierung. Und darum kann es für sie auch keinen Fall Kühlmann geben, der isoliert zu betrachten wäre. Der Fall Kühlmann ist ein Fall Hertling.
frommen Wunsch, fuhr er fort, haben manche Parteien auch schon früher gehegt. Sie beschuldigen die Regierung, daß fie fich zwischen Wolf und Krone stelle. Das widerspricht vollkommen den Tatsachen, denn jeder Schritt dieser Regierung wird vom König gebilligt, und Hinsicht. Die Regierung verfolgt feine persönlichen Zwede, aber sekretär des Auswärtigen auf höheren Befehl einfach davonjagen zivar sowohl bezüglich der Wahlreform als in jeder anderen Es ist naiv zu glauben, der Reichskanzler könnte den Staatses ist Pflicht der Regierung, daß sie ihren Posten nicht feige berläßt. und dann ruhig in seinem Amte bleiben. Würde Herr v. Kühl( Großer Beifall rechts, lebhafter Widerspruch auf der äußersten mann wegen seiner Rede vom Montag entlassen, so wäre damit Linken. Abg. Fenyes wird wegen fortwährender Zwischenrufe eine vollkommen neue politische Lage geschaffen, die Riew, 22. Juni. Nach Meldungen der Breffe hat die Eisen- welche in einem großen Teile des Auslandes ver- Regierung aufbaut, würden damit hinfällig. zweimal zur Ordnung gerufen.) Die staatsfeindlichen Bestrebungen, Voraussetzungen, auf denen sich der Bestand der gegenwärtigen bahnlommission beschlossen, den Güterberlehr zwischen der breitet sind, haben auch bei uns Eingang gefunden, Ukraine und Rußland in den nächsten Tagen zu eröffnen. Dagegen zum Teil infolge agitatorisher Tätigkeit unserer Staatssekretärs fönnte uns nicht blind dafür machen, was seine Auch die große Gleichgültigkeit gegenüber der Person des machen die Utrainer die Eröffnung des Personenverkehrs Feinde, leider aber auch dadurch, daß gewisse irregeführte Verabschiedung unter den gegenwärtigen Umständen sachlich bevon der Rüd gabe des ukrainischen Wagenmaterials Glemente fie unterstüßen. Da die Bewegung sich bisher in deuten würde. In den Augen der ganzen Welt wäre das nichts an die Ukraine abhängig. friedlichen Gleisen vollzog, hat die Regierung gewartet, anderes als ein Autodafé, bei dem ein Rezer gegen das miliDas Handels- und Industrieministerium macht bekannt, daß bis eine Wendung zum Besseren eintritt, und nichts gegen sie unter- taristische Evangelium der Gewalt öffentlich verbrannt würde. während des Waffenstillstandes jeglicher ruffisch- ukrainische Waren nommen, sie ist auch bei den getroffenen Maßnahmen mit großer In diesem Vorgang würde man einen Beweis dafür erblicken, austausch nur mit Genehmigung der ukrainischen Warenaustausch Schonung vorgegangen und bittet die abgeordneten, daß sich in Deutschland kein Minister in seinem Amte halten Rommission bei der ukrainischen Friedensdelegation zulässig fei. nicht Oel ins Feuer zu gießen.( Beifall rechts, Lärm Die rufftiche Delegation teilt mit, daß Rußland ½, Milliarde links.) Die Verantwortung für die Folgen trifft nicht die Re- kann, der die Möglichkeit eines durch Verständigung herbeiArchin Manufatturwaren sowie Baumwolle für vier gierung, sondern diejenigen, die die Bewegung fördern. Der geführten, nicht auf reiner Schwertentscheidung beruhenden Monate, ferner Schuhwaren, Seide und Kerzen zum Ministerpräsident schloß: Ich laffe mich nach keiner Richtung hin lichen und der neutralen Welt nicht dieses Schauspiel geboten Friedens auch nur von ferne anzudeuten wagt. Soll der feindFriedens auch nur von ferne anzudeuten wagt. Soll der feindAustausch gegen ukrainische Produkte zur Verfügung hat. terrorifieren( Beifall rechts), ich habe ruhig auf die Einstellung der Bewegung gewartet, Sie aber find es auf die Linke werden, das die Auffassung, Deutschland sei von Militaristen rechtfertigt, ( Beifall rechts, Lärm links.)
Martin Lobaszy die Abdankung der Regie: Dem W. T. B. ist zu entnehmen, daß Abgeordneter rung gefordert hatte, weil sie die Wahlreform im Stich gelassen habe.
der die Kühlmannrede vom Montag nicht nur gehalten hätte, bleiben soll. Das muß offen ausgesprochen werden, obwohl wir an Rühlmanns Stelle hundertmal lieber einen Mann sähen, sondern zu ihren Worten auch stände und in ihrem Sinne ent
Die zwischen den Vertretern Rußlands und der Ukraine weisend, welche die friedliche Lösung berhindern. Sann muß Kühlmann jegt bleiben, wenn Hertling getroffenen Friedensvereinbarungen haben den Wert eines europäischen Vorbilds und sind in diesem Sinne von der größten Bedeutung. Sie zeigen außerdem, daß die beiden Hauptstaaten, in die das europäische Rußland durch den Krieg zerfallen ist, sich die Bahn zu einer späteren noch engeren Wiederannäherung offenhalten wollen. Rußland ist auf dem Wege, sich selber als Staatenbund wiederzufinden!
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Der
schlossen handelte.
So möglich oder unmöglich die in vielen Farben schillernde Gestalt des Staatssekretärs auch sein möchte, am unmöglichsten wäre die Erscheinung eines Reichskanzlers, der ihn wegen feiner Rede vom Montag opferte, um selber bleiben zu können. ft Kühlmann unmöglich, so ist es Hertling auch: Kühlmannfrise ist Kanzlerfrise.
Zwischen dem Ministerpräsidenten Malinow und dem Reichskanzler Grafen Hertling find Telegramme gewechselt worden. Der bulgarische Ministerpräsident erklärt: Die Interessen der bulgarischen Nation sowie die zwischen uns bestehenden Bündnisverträge und Verein. Die Enthüllungen, die Genosse Noste gestern in barungen vor Augen, bin ich fe ft entfchloffen, ftets feiner flaren, scharf zupackenden Rede über das Eingreifen diejenige äußere Politit zu verfolgen, für deren einer dritten Seite in den Kühlmannstreit gemacht hat, geheiligte Ziele mit dem Aufgebot aller ihrer Kräfte unsere nehmen der Lage jeden Nest von Unklarheit. tapferen Soldaten auf den ruhmreichen Schlacht
feldern kämpfen."
Kampf um die Wah! reform. Budapest , 26. Juni. Im Abgeordnetenhause begann gestern die Beratung über die neue Wahlrechtsvorlage, und zwar unter allgemeiner Teilnahmlosigkeit der Abgeordneten, die sich bei Beginn der Diskussion bis auf wenige Ausnahmen Ausdruck, daß Malinow gewillt fei, die erfolgreiche Politit Graf Hertling gibt seiner Freude und Genugtuung aus dem Sigungsiaale entfernten. Vor Beginn der Beratung feines Amtsvorgängers im gleichen waffenbrüderlichen Sinne hatte der Abg. evaszy im Namen der Karolyi- Partei fortzuführen". Er fönne dabei unserer vertrauensvollen die Zurückziehung der Wahlrechtsvorlage ge- unterstüßung sicher sein". fordert, die weder den Wünschen der Bevölkerung noch den gegebenen Zusagen entspreche.
Kaukasisch- Armenien unabhängig.
Was die Leere des ungarischen Abgeordnetenhauses und die geringe Aufmerksamkeit verursachte, dürfte aus den Mitteilungen zu schließen sein, die Ministerpräsident Dr. Wekerle Kiew , 26. Juni. Kaukasisch- Armenien hat vor einigen über den Budapester Streik, der noch keineswegs beendet ist, Tagen seine staatliche Unabhängigkeit erklärt. Ministerpräsimachte. Folgende Meldung des Wolff- Bureaus liegt vor: dent ist O. R. Katschaznuni, Minister für auswärtige AngeMinisterpräsident Dr. Weferle erklärte, es sei richtig, daß legenheiten Dr. A. Chatiffian.- Gine armenische Delegation, in den meisten Fabriken die Arbeit eingestellt an deren Spize der Präsident des armenischen Nationalrats, A. Aharonian, steht, und zu deren Mitgliedern auch der fet. Selbst Beitungen erscheinen nicht, was um Minister für auswärtige Angelegenheiten, Dr. A. Chatiffian, fo mehr zu bedauern sei, da infolgedessen die verschiedensten der frühere Dumaabgeordnete Dr. Papadjanian zählen, ist zur Schredensnachrichten und größten unwahrheiten Besprechung der schwebenden transfaufafischen Fragen am Verbreitung fänden. So werde die Agitation geschürt, damit die 19. Juni in Ronstantinopel eingetroffen.
Die vom Regierungstisch ausgesprochene Erkenntnis, daß ,, durch rein militärische Entscheidungen allein solutes Ende kaum erwartet werden kann", wäre, ohne diplomatische Verhandlungen ein ab. wenn sie mit Bestimmtheit festgehalten würde, vielleicht geeignet, eine Aenderung der internationalen Lage in der Richtung zu größerer Friedensbereitschaft auf allen Seiten anzubahnen. Es muß einen üblen Eindruck machen, wenn die Regierung von dieser Erkenntnis, kaum daß sie ausgesprochen wurde, wieder zurückweicht, die Folgen müßten aber geradezu katastrophal werden, wenn nach allem, was vorangegangen ist der Träger dieser Erkenntnis gezwungen würde, von seinem Posten zurüdzutreten. Minister sollen, wenn sie dazu reif sind, parlamentarisch gestürzt, sie sollen nicht militärisch gemaßregelt werden. Ein Reichskanzler, der sich zum Werkzeug einer solchen Maßregelung machte, wäre selbst reif für den parlamentarischen Sturz.
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mit dem Schicksal Kühlmanns unlöslichy verbunden, der RückSo ist das Schicksal der Regierung Hertling- Payer tritt fönnte nur ein gemeinsamer sein. Ob er ein Unglüd wäre, ist schwer zu entscheiden, und wir haben gestern schon ausgesprochen, wie weit wir davon entfernt sind, uns an diese