Unterhaltungsblatt öes Vorwärts
hausgeeuel und Heimkultur. Das Verlangen nach Schönheit ist jedem Menschen ein» geboren.— ES ist schon eine Weile her, da besuchte ich an einem Sonntag» morgen eine mir befreundete Arbeiterfamilie. Die Leute waren jungverheiratet. Ihre Wohnung war sehr klein; sie bestand nur aus gwei Zimmern; in dem einen kochten und wohnten sie, in dem rädern schliefen sie. Aber oh! sie glaubten wohl zu wissen, wie man sich eine Häuslichkeit schön einrichtet. Da stand daS unver» meidliche Vertiko, reich mit Nippsächelchen bestellt; in der linken Ecke am Fenster, von der Mullgardine sanft be» schaltet, thronte auf einer Säule ein künstlicher Palmen» stock. der seine dünnen, grünlackierten Wedel vornehm svreizte; rechts in der Ecke am anderen Fenster, auf einer ebensolchen Säule, ein mit seinem grellblcndcnden Messingtrichter mächtig au-IadendeS Grammopbon, der Stolz des musikliebenden Hausberrn. Und eben Hub die Wanduhr zum Schlag« aus; neun langgedebnte. feierlich gestimmte Töne, Marke Domgong. Die Hailstrau. während sie thr Kleine? badete, hielt ein paar Augen» blicke in ihrer Arbeit inne und sab mich fragend an i Gelt, da« balle ich wohl nicht erwartet? Ihr strahlender Slick schien zu sagen: wenn wir auch nur arme Leute sind, fein baden wir eS doch zu Haus.— Ein ganz geschmackloser Salonstil war hier zum Rohmen einer Arbeilerwohnung geworden. Neben dem Palmen» sränder wusch die Hausfrau Windeln, ans dem Ofen brodelte da» Wasser, da? Mittagessen war schon ausgesetzt und erfüllte den Raum mit seinen Düften. In der Nähe hing ein Holzgestell von der Decke herab mit fünf oder zehn Armen, da? zum Aufnehmen der friichgewaichenen Kleinwäsche bestimmt war, die an der Wärmstelle ralch trocknen soll. Auf die.Ottomane" wagte ich mich nicht zu setzen: sie war mit gehäkelten Deckchen belegt, die jede» Per» langen, da auszuruhen, schon im Kenn erstickten: und die Lehne schmückte ein pancelartiger Aufsatz, auf dem allerlei Zierfigürchen nicht ohne IciS klöppelndes Geräusch in wackelnder Bewegung waren— wer wollt' da seinen müden Leib zu Gaste laden? Ich könnt noch viel berichten, was alle? mir bei diesem Morgen» bs'uche im Heim der Freunde nicht gefallen hat. Ich will'S nicht tun. Aus dem Nachhauseweg aber ging mir mancherlei im Kopf herum. Die Leute wollten schön und behaglich wohnen. Abgesehen davon, das; sie eine völlig unzulängliche Behausung hatten— ober mit einigein Geschmack läßt sich auch hier mancherlei erreichen. Es geht iticht an. eine Einzimmerwohnung, in der ge- kocht, gegessen, gewaschen und was alle? sonst noch getrieben wird, mit Möbelstücken einzurichten, die allenfalls in die io oft verrufene, sogenannte gute Stube passen mögen. Was den Leuten fehlt, ist nichts, als ein wenig G e s ch nr a ck S b i l d u n g,«ine Ahnung von Wobnluliur. Tie meisten Wohnstätten sind charakterlos. Ein Salon ist ein Salon, und eine Wohnstube soll den Charakter des Behaglich- wohnlichen tragen. Meist findet man alles durcheinander, e» kommt kem Stil aui und sie sehen, obgleich viel Geld in sie hineingesteckt worden tst. öd und nüchtern aus. im höchsten Grade unwohnlich und ungemütlich. Wer aber glaubt, diesen Zustand nur in kleinen und Aibeitcrwohnungen anzutreffen, irrt sehr. Em gewisser Schönheitssinn ist ihnen allen eigen, die sich solcher- ort emgerichtel haben, nur»st er noch ganz ungeläutert, nicht natür- lich. Es ist oft rührend, anzusehen, mit welch' heißem Bemühen der Mensch versucht, Schönes, den Sinnen Wohlgefällige» um sich her aufzubauen— wenn er mit seinem Ungeschmack so staunen»- wer: hilflos daneben greift. Aber das Grundübel liegt in der Zeit, die nicht wahr ist gegen sich selbst. Die große Industrie brachte den Aufstieg de» Bürger- tums; das ist schon lang« her. Geld kam unter die Leut«. Eine neue Geiellichansschicht rang aus der Tiefe, alt« Ideale rückten näher: was Jene sind, die gesellschaftlich über un» stehen, zum Donncrwcilcr! das sind wir auch oder, wenn wir» schon nicht sind, so wollen wir's doch scheinen. Da« ist'»! Und diese» Scheinenwollen, was man nicht ist. verdirbt nicht nur die Sitten, es verdirbt auch den guten Geschmack. £7. In einer Möbelhandlung steht ein Kleiderschrank. Nobel sieht er au?, nnßbaumgemalt, aus der Ferne von cchleni Nußbaum kaum zu unterscheiden. Man sieht da? Möbelstück in vielen Tausenden von Wohnungen, und seine Besitzer denken sich nicht» dabei; sie wissen nicht, daß sie sich damit die Lüge in» Haus gekauft haben. Das einzige, woraus dieser Schrank stolz sein könnte, sein reine», unverdorbenes Selbst, seine wahr« Natur, ist vom Maler
lloSz. 22' das gelobte£an6. Roman von W. St. Rehmont. „Wa§ für Hinterwäldler! Fossilen!" brummte er etwas aufgebracht, im Zimmer berumgehend. Endlich fetzte er sich und las den Brief seiner Braut. „Mein teurer Herr Borowtecki! Herzlichen Dank für den letzten Brief. Großpapa hat er eine große Freude gemacht, mich hat er einfach gerührt und fortgerissen. Wie gut Sie sind! Durch einen Boten gar die Blumen zu schicken." Er lächelte höhnisch. Die Blumen hatte er nämlich von seiner Geliebten in solchen Mengen bekommen, daß er nicht wußte, was damit anfangen. Er schickte sie der Braut. „Wie schön diese Rosen sind! Sie sind doch nicht aus Lodz ! Vielleicht hat mein teurer Herr sie gar aus Nizza kommen lassen, wie damals? Das würde mich sehr freuen und zugleich sehr betrüben, weil ich mich mit nichts gleich Schönem revanchieren kann. Wissen Sic, heut nach zwei Wochen sind die Blumen noch ganz unverändert— das ist wunderlich. Ich Pflege sie zwar sehr gut. jedem Blättchen habe ich, es mit den Lippen berührend, gesagt: ich liebe. Aber.., Großpapa lacht über nlich und sagt, er würde es Ihnen mitteilen, drum sage ich Ihnen lieber selbst die Wahr- heit. Sie sind mir doch nicht bös darum?" „Die liebe Anka," flüsterte Karl, vom Gefühl über- wältigt, und las mit glänzenden Augen weiter. „Die Sache mit dem Geld ist schon erledigt. ES liegt in der Handelsbank zu Ihrer Verfügung. Ich habe es nämlich auf Ihren Namen eintragen lassen. Auf unseren Namen.. „Ein Goldmädel!" „Wann wird's denn die Fabrik geben? So ungeduldig warte ich schon drauf, so neugierig bin ich sie zu sehen, und meinen teuren Herrn als Fabrikanten! Und Großpapa hat sich sogar eine Pfeife angefertigt und iveckt uns mit ihr und ruft uns zum Frühstück und Mittag zusammen. Gestern war Herr Adam Stawski bei uns, können Sie sich noch an ihn erinnern? Tie Herren sollen im Gymnasium zusammen gewesen sein? Sehr interessante und lustige Gc- schichten erzählte er aus eurem Leben. Von ihm erfuhr ich erst, daß mein lieber Herr Karl so ein Nichtsnutz war, und so viel Glück bei den Frauen hatte schon ini Gymnasium. Aber Großpapa widerspricht dem energisch und behauptet, daß Herr Stawski ein berühmter Lügner ist. Wem soll ich glauben?
überpinselt worden. Nun ist er nur noch Schein— aber Schein von einem.Höheren",.Besseren". So ist der Mensch! Kleider machen Leute. Aber wer etwas ist, braucht nach außen bin nichts aus sich zu machen, braucht nicht zu tun, als ob er etwa? sei. Er bat seinen Wert in sich. Aber die Lüge im HauS spinnt ihre Fäden über alle Stücke. Der Geschmack am Echten, Natürlichen, Wahren ist verdorben. Was hat der Krieg an GeschmackZgreuel nicht alles hervor- gebracht! Eine sehr geschäftige Industrie hatte frühzeitig die Witterung sür das. was Ungeschmack zur Ausschmückung seines Heim? verlangt. Kriegsgewinnler, rasch emporgekommene Profit» schlucker, g»t verdienende Arbeiter erinnern sich lang zurückgestellter Wünsche; Schönheitsdurst lechzt gierig nach Befriedigung. Schund bläht sich in allen Schaufenstern. Die Künstler-Steinzeichnungen aus dem Teubner-, aus dem Voigtländer -Verlag und die schönen Reproduktionen, die der.Kunst- wart" herausgegeben hat und an denen jeder, der sie sieht, feine helle Freude haben muß. stehen im Wettbewerb mit dem glänz- lackierten Nichts der Oeldruckbilder aus der Massenindustrie. Süß- licher GemütSzimt aber und sentimentaler Schwulst ist Trumpf! Die kirschigen Wandbilder»Als er Abschied nahm" und.Als er wiederkam" feierten in vielerlei Gestalt eine unrühmliche Auferstehung. .Krieger» Abschied und Heimkehr" in buntbemaltem Gips lund teuer meist, unverschämt teuer) sieht man in jedem Warenhaus; Aschen« becher mit dem Bildnis Hindenburgs auf dem Grunde, Schlummer- kiffen, mit dem Kronprinzenbilde eingestickt und der Aufschrift .Immer feste druff 1", oder mit dem Zweikaiserbilde und der sin- «igen Aufforderung:.Nur ein Vierlelstündchcn"; Fußabstreicher mit eingewirktem Eisernen Kreuz; Waschgarnituren mit vaterländischem Bilderschmuck; Kaffeegeschirre.Zur Erinnerung an den großen Weltkrieg"; dann Kriegergcdächtnistafeln in künstlerisch schauder- basier AuSsührung mit der fast lebensgroßen Photographie de» Verstorbenen und mit prunkvollem Rahmen, gar auf die Staffelei zu stellen— oh, die Fabrikation weiß, wa» das.ungebildete" Publikum verlangt! Und sie darf auch hohe Preise fordern, es wird schon bezahlt; wenn der Kaufpreis hoch ist, muß doch wohl auch waS Große» an der Sache sein! Ve- icheiden steht das wirklich Gut« im Hintergrund. In vielen Fällen ist es überhaupt nicht zu haben, weil die Geschäftsleute oft selbst zwischen wahrhaft schön und minderwertiger Nachahmung oder künstlerischem Schund nicht unterscheiden können, weil sie an dem einen mehr als an dein anderen verdienen, oder:.das Publikum verlangt eS ja nicht ander«". So fließt in breiten Strömen künst- lerische Unkultur durchs Land. Man muß e» den Leuten sagen, die solche Dinge kaufen, und man muß e» ihnen derb und deutlich sagen, daß ihr gering ge- schulter Kunstverstand schmachvoll ausgebeutet wird, daß ein Heer von Geichäslemachern auf Kosten ihrer Naivität sich hier die Taschen füllt. Wer von gutem Geschmack geleitet wird, weiß für weniger Geld besseres einzukaufen. Auch der Aermste, wenn er recht be- raten ist, kann feine Wohnung schön und nett und freundlich auS- gestalten und seinem Verlangen nach Verschönerung des Daseins reichlich Nahrung bieten. ES ist höchst bedauerlich, zu sehen, für welche Nichtigkeiten in Menge heute viel Geld ausgegeben wird. Ein« künstlerische Geschmacksveredelung des breiten DolkeS tut not; nicht nur au» erzieherischen, auch aus volkswirtschaftlichen Gründen ist das dringend zu wünschen. Karl A. Meyer.
Sucheckern'SuchSl. Genosie F. A. Baudert schreibt un«: Ich habe in Nr. 172 de».Vorwärt»" den Beitrag unter dieser Ueberschrift mit Interesse gelesen. E» stimmt alle», wa» darin ge- sagt ist— bi» auf«inen Punkt. Nämlich, damit der Bucheckerscgen auch den armen Leuten wirklich zukomme, dürfen nicht wieder solche hirnverbrannte Bestimmungen erlaffen werden, wie e» vor zwei Jahren, wo wir auch ein« sehr gute Bucheckernernte haben konnten, in Tbüringen der Fall war. Da war da» Bucheckernsammeln aus eigen« Rechnung und Gefahr verboten. Wer sammeln wollte, der mußte sich von der in Frage kommenden Oberförsterei eine Bescheinigung ausstellen lasiem Diese Bescheinigung zu erholten hatte aber für den größten Teil der ärmeren Leute seine Schwierigkeiten. Und zu alledeni mußten dann die gesammelten Bucheneckern.— da sie als Oclfrucht beschlag- nahmt waren— abgeliefert werden. Wohl gab e» immerhin solche Sünder, die ohne die behördliche Genehmigung gesammelt hatten. Denen ist es aber, soweit sie der
Herr Stawski hat alles verloren, weil ihm die Gesell- schaft sein Gut verkauft hat. In nächster Zeit soll er nach Lodz fahren, er wird Sie auch besuchen." .Noch ein Krüppel!" flüsterte Karl unwillig. .Er hat irgendeine Idee, eine Erfindung, und verspricht sich damit in Lodz ein Vermögen zu machen." »Idiot! Nicht der erste und nicht der letzte." .Ich muß schließen, weil mir die Augen zufallen und Großpapa immer reinruft, ich soll schlafen gehen. Gut' Nacht, mein goldener König, gut' Nacht! Morgen schreib' ich aus- führlicher. Gut' Nacht! Anka." In der Nachschrift wurden die Ueberbringer des Briefes noch besonders warm empfohlen. „Das Geld ist also da. Das ist gut, sehr gut. Zwanzig- tausend Rubel, ein Goldmädel. Ohne sich zu besinnen, gibt sie ihre Mitgift her." Er laS den Brief noch einmal und schob ihn in den Schreibtisch. „Ein goldige?, guteS, sich aufopferndes Mädel, aber... aber? Zum Teufel Er stampfte mit dem Fuß auf den Teppich und begann gedankenlos in den Papieren, die in Haufen auf dem Tisch lagen,' herumzustöbern. „Ja, gut ist sie. die beste vielleicht von denen, die ich kenne, aber... aber... was geht sie mich an?... Liebe ich sie denn? Habe ich sie je geliebt? Wenn ich die Frage offen stelle!" dachte er, sich alles ins Gedächtnis zurück- rufend. „Ter Wagen des Herrn Buchholz wartet auf den Herrn Direktor," meldete Matthias. Borowiecki stieg ein und fuhr zu Buchholz. Der Fabrikant wohnte ganz am Ende der Stadt hinter seinen Fabriken. In einem großen Park stand das einstöckige Palais, im Lodzer-Berliner Renaissancestil, mit einer Reihe von zierlichen Fassaden und einer Terrasse auf dem Dach. Auf deni Rasen vor der Auffahrt schimmerte eine Gruppe großer, trauriger Birken in weißen Farben. Die Wege ivarcn mit Kohlenschlacke bestreut und liefen wie Streifen einer schwarzen Kreuzwebung zwischen den mit Stroh um- wickelten Rosenstöcken und den südländischen Bäume». Diese umgaben in einer langen und rechtwinklig abbiegeitden Linie wie Schildwachen einen großen, viereckigen Rasenplatz, in dessen vier Ecken vier Statuen standen, die für den Winter mit vom Regen und Frost rostigen Barchentstücken umwickelt waren. Am Ende des Parkes, an einer roten Fabrikmauer, glitzerten in der Sonne die Troibhausfenster durch die niedrigen Sträucher und Bäume herüber.
Arm de? Gesetze« erreichte, schlecht ergangen. Nicht nur, daß man ihnen das Oel ohne jede Entschädigung wegnahm, sie wurden auch, wegen dieser Selbsthilfe zum besseren Durchhalten, obendrein noch gerichtlich bestraft. Ungeheuere Mengen von Bucheckern sind vor zwei Jahren im Walde zugrunde gegangen. Als in einem der Thüringer Landtage auf das verfehlte Vorgehen der Behörden hingewiesen wurde, da suchte sich die Regierung mit der schönen Ausrede herauszuhelfen, daß es gar nicht so viele Bucheckern gegeben habe. Nun aber, wo diese? Jahr die Buchen bereits so voller Kapseln hängen, wie es äußerst feiten einmal der Fall ist, sollte man gerade mit Rücksicht auf die ärmeren Leute von allen unsinnigen Be« schränkungen beim Sammeln der Bucheckern absehen. Das Sammeln der Bucheckern sollte freigegeben werden, damit auch die Armen etwas von diesem Segen unserer Buchenwälder haben.
Wie Üas»oftpreußische Golö� entftanö. Während die Provinz Ostpreußen im allgemeinen sehr arm an nutzbaren Minerallagerstätten ist, besitzt sie doch ein Bergwerk, das in jeder Beziehung starkes Interesse verdient. Diese Fundstätte, die. in der Zeitschrist.Ostpreußen ' geschildert wird, liegt in der nord- westlichen Ecke des SamIandeS, und sie birgt da«„ostprentziswe Gold", nämlich den Bernstein . Da Ostpreußen nach dem glücklich überwundene» Rnsseneinfall einer neuen Aera lebhafter Täligseit entgegengeht, darf auch die Ausnützung seines Bernsteinbesitzcs nicht übersehen werden. Die Frage nach der Entstehung des Bernsteins, den man vorerst lediglich sür ein Erzeugnis des Meeres hielt. war lange Zeit umstritten, und am häufigsten waren die. Meinungen, nach denen es sich um ein Material tierischer Herkunft handelte. Im vorigen Jahrhundert aber vermochte die Forschung endgültig festzustellen, daß der Bernstein im Grunde nichts anderes ist, als das Harz vorweltlichter Kiefern- und Fichtenarten. Wenn jenen Bernsteinbäumen durch Witternngseinflüsse oder Insekten Schaden zugefügt wurde, so floß das Harz in wiederholten Er- güsien aus den Wundstellen und tropfte auf den Waldboden. Von besonderem Einfluß auf die Verschiedenheit der Färbung und Klarheit de? Bernsteins wurde die Sonnenwärme, durch die chaS an die Oberfläche getretene Harz mehrmals umgeschmolzcn wurde. In der geschilderten Weise konnten sich im Laufe von Jahr- tausendin große Bernsteinvorräte in dem Waldboden ansanimcln. Diese Entwicklung vollzog sich in der Tertiärzeit, und die Bernstein - Wälder bedeckten große Strecken eines Gebiete?, das Heine das mittlere und das südliche Schweden , Finnland und Estland sowie Teile der damals noch Festland gewesenen Ostsee umfaßt. Heute bildet der Waldboden der Beinsteinwälder, in dem sich da» Harz anhäufte, längst nicht mehr seine Lagerstätte. Durch die Senkungen der Erdoberfläche, durch welche die Ostsee gebildet wurde, gingen die Wälder unter, um vom Meere überflutet zu werden. Gemeinsam mit den Bestandteilen des Waldbodcns wurde der Bernstein von den Meereswogen fortgeführt und dann an anderen Stellen als eine Bernstein führende tonige Sandschicht, die so- genannte„blaue Erde" abgelagert. So entstand das einzige bekannte Bernsteinbergwerk im nordwestlichen Teil von Samland . Durch Bohrungen wurde eine zusammenhängende Lagelstätte in einem ungefähr 300 Ouadratkilometer großen Gebiet festgestellt. Sie beginnt an der Nordküste in Höhe des Meeresspiegel? und senkt sich dann nach Süden, um bei Palmuickeit etwa 6—7 Meter unter den Meeresspiegel zu reichen. Diese? Bergwerk ist schon darum merkwürdig, weil seine Schichten durch den Absatz ans dem Meere entstanden sind, es hat also den Bernstein vom Meere bezogen. In Anbetracht de» Ostpreußen zugewandten gesteigerten Interesses sei auch auf diese Bernsteinwerke aufmerksam gemacht, die die einzigen in ihrer Art sind._
Notizen. — Die Wiener Pbilharmoniker setzien am Mitt- woch und Donnerstag ihr Gastspiel im ZirkuS Busch mit einer Ans« führung Von Beethovens neunter Sinfonie fort.— Leider könne, r wir darüber nickit berichten, da die Kommandantur e? für gut fand, die uns zugesagten Karten weiter zu geben und eS sonst keine Möglichkeil gab. solche zu erhalten. Die Presse existiert für gewisse Kreise nur. wenn es gilt, tägliche Rellamenotizen unterzubringen. — P o r t r ä g e. lieber„Meine Erlebnisse auf S. M. H. Wolf" spricht Oberboolsmannknraat Bülte am Freitag und Sonnabend 8 Uhr in der Trcptow-Stcrnwarte.
Traurig war der Park und schlecht erhalten. Ein Lakai in schwarzer Livree öffnete vor Borowiecki die Türe zum Vorzimmer, das mit Teppichen ausgelegt und von oben bis unten mit Photographien von Fabriken, von Arbeitergruppen und mit Karten der Buchholzschen Besitzungen behängt War. Vier Türen führten inS Innere de? Hauses und eine eiserne Wendeltreppe ins obere Stockwerk. .Wo ist der Herr Rat?" „Oben, in seinem Arbeitszimmer." Der Lakai ging voran, schlug die Portieren zurück, öffnete die Türen, und Borowiecki ging langsam durch die Pracht- vollen, mit ernsten und schweren Möbeln ausgestatteten Räume. Durch die herabgelassenen Stores drang fast gar kein Licht herein. Tiefste Stille umgab ihn, selbst den Laut seiner Schritte dämpften die Teppiche. Ein feierlicher, kalter Ernst lag über der Wohnung. Die Möbel standen in dunkeln Ueberzügen da, die Spiegel, die Lüster, die Kandelaber, sogar die Bilder waren mit Ueberzügen verdeckt und verschwammen in der Dämme- rung, in der nur die bronzenen Ornamente der Majoliköfen.. und das Gold des Plafondstucks funkelten. „Herr von Borowiecki!" meldete ernst�der Lakai in einem Zimmer, wo am Fenster, in einem tiefen Fauteuil, den Strick- strumpf in der Hand, Frau Buchholz saß. „Guten Morgen, Herr Borowiecki!" ließ sie sich zuerst vernehmen, nahm die Stricknadel heraus und reichte ihm die Hand mit einer automatischen Bewegung. „Guten Morgen, Madame." Er küßte ihre Hand und ging weiter. „Pudel! Pudel!" schrie ihm der Papagei nach, der mit den Pfoten am Geländer hing. Herrn Buchholz traf Borowiecki im Eckzimmer an. Er saß vor einem großen Ofen aus grünen, wunderbar verzierten Danziger Kacheln und stocherte mit dem von ihm unzertrennlichen Stock in dem brennenden Feuer. „Guten Tag! Pudel, einen Stuhl für den Herrn," rief er mit lauter Stimnre zum Lakai, der an der Tür stand, auf jeden leisesten Wink bereit. Karl setzte sich dicht neben Buchholz, mit dem Rücken gegen die Wand. Buchholz hob seine roten Habichtsaugen und heftete sie eine Zeitlang auf sein Gesicht. „Krank bin ich." flüsterte er. auf seine Beine zeigend, die in weißen Flanell eingewickelt, wie zwei Ballen rohen Stoffes auf einem Taburett dicht am Feuer lagen. Vor«, folaü