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Gewerkschaftsbewegung

Die Jahresversammlung

Berwaltungsstelle Berlin.

der Berliner Metallarbeiter verboten, und es ist erst mit großer zu, denn mit Unterstübung und zum großen Teil auch auf Veran­Mühe gelungen, diese Maßnahmen wieder zu beseitigen.

Die Tätigkeit der Kommission.

Die Unternehmer segen die Stückpreise herab.

laffung der Behörden sind zehntausende von Arbeitern und Arbeiterinnen nach Berlin zur Beschäftigung in der Munitionsindustrie gebracht worden. Wenn nun jekt Zehntausende Die infolge des Streiks ins Leben getretene Kommission hat während des ganzen Jahres ununterbrochen gearbeitet, um den Ar- von Arbeitern und Arbeiterinnen als arbeitslos auf die Straße ge­des Deutschen Metallarbeiterverbandes. beitern den ihnen zuſtehenden Anteil an den zur Verfügung stehen- dem, was die Behörden gegenüber den Arbeitern und besonders setzt und ihrem Schicksal überlassen werden, so entspricht das nicht den Lebensmitteln zu sichern und für geordnete Verteilung Sorge den Arbeiterinnen an Verpflichtungen haben. Hier sei es unbe­zu tragen. Mit beteiligt war die Kommission an der Arbeit zur dingt notwendig, daß etwas geschehe. Beseitigung und möglichsten Eindämmung des Schleichhandels, der derartige Dimensionen angenommen hatte, daß die auf ordnungs­gemäßem Wege vorzunehmende Versorgung der gesamten Bevölke- Aber das Nachlassen der Aufträge hat noch eine andere Gr. rung mit Lebensmitteln darunter gewaltig litt. Auch an der scheinung gezeitigt. Die Arbeitgeber halten die Zeit für gekommen, Gründung des Lebensmittelverbandes Groß- Berlin hat die Kommis- um Abzüge zu machen. Sie vermindern in starkem Maße die fion träftig mitgewirkt, und heute noch ist diese Kommission unaus- Stüdpreise und finden dabei, wie es scheint, die Unterstützung der gesett bemüht, alle Beschwerden, die sich bei der Verteilung von Behörden. Die Versuche der Arbeiter, sich gegen diese Verschlech­Lebensmitteln ergeben, durch Verhandlungen mit den in Frage terungen zu wehren, haben bis jetzt wenig Erfolg gehabt. Verhand­kommenden behördlichen Etellen zu beseitigen. lungen haben die Arbeitgeber nicht veranlaßt, von ihrem Stand­punkt abzugehen, und selbst wenn die Arbeiter die Differenz vor den Kriegsausschuß brachten und der Kriegsausschuß, seiner frü heren Stellung entsprechend, entschied, daß Abzüge während des Krieges nicht gemacht werden dürfen, haben die Arbeitgeber sich trotzdem nicht veranlaßt gesehen, die Abzüge zurückzuziehen, er­flärten vielmehr, daß es bei den Abzügen verbleibe. Sie seien be­reit, jedem, der zu den abgezogenen Preisen nicht arbeiten wolle, den Abkehrschein zu geben.

Am 24. d. M. hielt die Verwaltungsstelle Berlin des Deutschen Metallarbeiterverbandes ihre Jahresgeneralversammlung ab, um den Rechenschaftsbericht über die Tätigkeit im Jahre 1917 entgegenzu­nehmen. Der Bericht lag gedruckt vor, und der Bevollmächtigte Cohen gab die notwendigen mündlichen Erläuterungen. Der Mitgliederbestand, der Ende 1916 54 974 betrug, ist bis Ende 1917 auf 73 585 geftiegen. An Lohnbewegungen haben im Jahre 1917 stattgefunden: 365 tn einzelnen Betrieben und 3 für ganze Branchen. Beteiligt waren Durch die intensive Mitarbeit der Kommission ist den Mitglie­on allen diesen Beverungen 75 319 Männer und 93 220 dern derselben auch ein besserer Einblick in das Getriebe der Or­Frauen, zusammen 188 539 Personen. Von einer Ausnahme ab- ganisation der Lebensmittelbeschaffung und-verteilung möglich ge­gesehen, haben alle Bewegungen eine Verbesserung der Lohn- und worden. Dabei konnte festgestellt werden, daß die Erzeuger der Arbeitsbedingungen gebracht. Lebensmittel zu einem sehr großen Teil nur dann geneigt sind, ihrer Pflicht der Gesamtbevölkerung gegenüber nachzukommen, wenn ihnen hohe Preise, manchmal geradezu Wucherpreise, für ihre Produkte gezahlt werden.

Gie Tautet:

Die Tätigkeit des Kriegsausschusses ( Schlichtungsausschuß nach dem Hilfsdienstgesetz) war im Jahre 1917 fehr erheblich, weit stärker als im vorhergehenden Jahre. So waren allein aus der Metallindustrie 5465 Einzelbeschwerden(§ 9 des Silfsdienstgefebes) eingegangen. Davon sind vor der Erledigung 21 Beschwerdefälle zurückgezogen worden und 1594 waren vorher durch Verhandlungen erledigt. Alle anderen Fälle sind vor dem Kriegsausschuß durch Verhandlungen erledigt worden. An so­genannten Massenfachen, d. h. an Differenzen in den Betrieben, die eine Mehrzahl von Personen betraf, waren 621 angemeldet, davon wurden vor der Verhandlung 80 Fälle im Betrieb erledigt und 12 Fälle zurückgezogen. Alle anderen Fälle sind durch Verhand­lungen vor dem Kriegsausschuß erledigt.

Der Kassenbericht, der gleichfalls gedruckt vorlag, ergibt in der Hauptsache folgendes Resultat: Die Hauptkasse balanciert in Gin­nahme und Ausgabe mit 2061 133,82 M. Dem Vorstand sind im Laufe des Jahres 1 334 204,15 M. überwiesen worden.

Die hohen Verdienste" der Berliner Munitionsarbeiter. Bei diesem Punkt gina Cohen auf die seit einiger Zeit durch die gesamte bürgerliche Presse gehende Mitteilung ein, Die Verfütterung von Kartoffeln und Getreide Nun ist es aber schon mehrfach vorgekommen, daß Arbeiter, wonach die Berliner Munitionsarbeiter ganz ungewöhnlich hohe die ihren Abkehrschein nahmen, vergeblich versuchten, in anderen Verdienste erzielen sollen. Eine der letzten Notizen dieser Art er- it trop aller Appelle, Mahnungen und Drohungen nicht unter- Betrieben Beschäftigung zu finden, man nahm sie nicht auf; ja, das reat besonderes Aufsehen und ist in vielen Zeitungen wiederzufinden. blieben, troßdem diese Produkte so dringend nötig für die Bevölke- Bezirkskommando, wo sie sich nach einer neuerlichen Verfügung als rung gebraucht wurden. Demgegenüber hat die Kommission immer Reklamierte melden müssen, falls sie ihren Arbeitsplatz verlassen, hat Der Obermeister der Berliner Klempner- Innung gibt recht und immer wieder betont, daß nur dann eine einigermaßen aus- sie häufig angewiesen, an ihren alten Arbeitsplatz zurückzukehren, lehrreiche Aufschlüsse über die Wochenföhne. So ist in Berlin reichende Belieferung der Bevölkerung mit den notwendigsten troß der Abzüge, da sie sonst eingezogen würden. Das ist unzwei­ein Fall zu verzeichnen, daß ein Bräzisionsarbeiter in der Woche Lebensmitteln durchgeführt werden könne, wenn die Beschlagnahme deutig eine Unterstüßung der Bestrebungen der Unternehmer, die bei 52ftündiger Arbeitszeit 980 W. verdient. Wochenlöhne von der Lebensmittel beim Erzeuger erfolgt. Für die mehrfach vorge- Preise und Verdienste herabzudrücken, und hat bei den Arbeitern 200 M. feien teine Seltenheit mehr: einen gelernten Klempner, fommenen Unruhen wegen der mangelnden Grnährung seien des- eine Stimmung erzeugt, die geradezu an Erbitterung grenzt. ber unter 100 M. Wochenverdienst habe, würde man in Berlin halb letzten Endes die Kreise verantwortlich zu machen, die um Es ist den Arbeitern unverständlich, daß die Arbeitgeber in vergebens suchen. Hierbei ist noch nicht erwähnt, daß ienen schnöden Gewinnes willen die notwendigen Lebensmittel derselben Weise und mit denselben Mitteln den Arbeitern gegen­Arbeitern mit solchen Löhnen auch noch die Bevorzugung der unberechtigterweise zurückgehalten haben. über ihren Willen durchsehen dürfen wie in Friedenszeiten, während Schwerstarbeiter in Prot und Nahrungsmitteln zusteht und day die Arbeiter auf Schritt und Tritt bei der Abwehr der Maßnahmen der Reichskommissar für sie jetzt Kleider z. B. bei Leuten sam der Arbeitgeber durch Gesek, Verfügungen und Verordnungen ge­melt, die im ganzen Jahre nicht soviel verdienen, wie der Präzi­hindert sind. An einzelnen Stellen haben sich die Differenzen be­fionsarbeiter in 14 Tagen." reits so zugespitzt, daß das Ende bedenklich wird. Sollten größere Cohen bemerkt hierzu, es wäre äußerst lehrreich, wenn der Fall Schwierigkeiten entstehen, darf man den Arbeitern, die sich bis zum des Präzisionsarbeiters einmal so bezeichnet würde, daß man seine äußersten bemühen, die Differenzen friedlich aus der Welt zu Richtigkeit nachprüfen und erfahren könne, wo ein Mann 980 M. schaffen, die Verantwortung nicht zuschieben. wöchentlich verdient. Aber auch die Behauptung, daß Wochenlöhne von 200 m. keine Seltenheit seien, fönne nicht stimmen, ebensowenig wie die Behauptung, dak man in Berlin keinen gelernten Alemy­ner finde, der unter 100 M. Wochenlohn habe. Wenn es zuträfe, dak 200 M. Wochenlohn keine Seltenheit und gelernte Klempner unter 100 m. in Berlin nicht zu haben wären, dann sei die vom Verband Berliner Metallindustrieller seit Jahr und Tag geführte Statistik der Verdienste der Berliner Munitionsarbeiter eine ein­aige große unwahrheit. Diese Statistik beweise, daß das Gros der Berliner Metallarbeiter weit weniger verdiene, als in dieser oder hnlichen Notizen angegeben. Wenn es in der Notiz heiße, daß die Munitionsarbeiter bei so horrenden Wochenlöhnen auch noch Kleider bekommen sollen. Die bei Leuten gesammelt find, die faum 2000 M. pro Jahr Einkommen haben, dann sei das ziemlich das stärkste, was man sich in bezug auf Verdrehung und Entstellung leisten könne. Mit der Herausgabe von Kleidern haben Leute mit einem Einkommen von nicht über 2000 M. überhaupt nichts zu tun. Die Dinge stehen. so, daß im Reiche wie auch in Berlin Schwierig­feiten in bezug auf Beschaffung von Kleidungsstüden bestehen. Um dem abzuhelfen sollen besonders die Wohlhabenden von ihrer Gar- die zu Beginn des Jahres 1917 eingeführt wurde, hat sich zwar derobe freiwillig etwas abgeben, damit die weniger Besibenden sich noch nicht vollständig eingebürgert, doch steht zu erwarten, daß es zu erschwinglichen Preisen diese Garderobe erwerben können. Be- gelingt, die derselben noch anhaftenden Fehler und Mängel nach fannt ist auch, daß der Appell an den freiwilligen Onfermut der und nach auszumerzen. Ein Vorteil der Hauskassierung ist auch, oberen Zehntausend Höchst kläglich ausgefallen ist. Die Herren daß wir nunmehr wissen, wie sich unsere Mitglieder auf die einzel­wissen ja nicht, was es für einen Arbeiter heißt, in der gegenwärnen Bezirke Groß- Berlins verteilen, was festzustellen vorher trok tigen Zeit Kleidung zu kaufen. Als seinerzeit der Bezugsschein im aller Mühe niemals möglich war. Anzuge war, hat man den Besitzenden genügend Zeit gelassen, sich in bezug auf Wäsche und Gardeorobe einzudecken, so daß diese Herr­schaften nicht in Verlegenheit kommen, selbst wenn der Krieg noch 10 Jahre dauert.

Aber die ganze Notiz ist auch insofern eine große 1Inverschämt heit, weil sie gerade von einer Seite ausacht, deren größte Sorge om Schluß eines jeden Geschäftsjahres darin besteht, wie die rie­fiegen Ueberschüsse teilweise am besten vor der Oeffentlichkeit ver­stedt werden können, um die die Neichskasse durch die Internehmer in der Krieasindustrie erleichtert wird.

Rum Beweise dafür. in welch hohem Maße die Unternehmer der Kriegsindustrie in Berlin

Die geringste Anzahl von Personen, die nach§ 13 des Hilfs­dienstgesetzes eine Beschwerde führten, war 3, während die höchste Rahl der Personen, die eine Beschwerde führten, 21 000 betrug. Daraus ist die ungeheure Bedeutung und der Umfang dieser Tätig­keit zu ersehen.

Zu Beginn des Jahres 1917 wurden auch für die übrigen Be­rufe der Berliner Industrie Kriegsausschüsse, oder, wie es im Hilfs­dienstgesetz offiziell heißt, Schlichtungsausschüsse eingerichtet. Diese Schlichtungsausschüsse haben im Laufe des Jahres an Differenz­fällen zu verzeichnen gehabt: Insgesamt 711 Einzelsachen und 74 sogenannte Massensachen.

Die Hauskassierung,

Die Arbeitslosenmeldung und Arbeitsloſen­bermittlung ist naturgemäß eine geringere wie in Friedens­zeiten; immerhin aber ist die Arbeitsvermittlung mit 7022 Stellen unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten des Arbeitswechsels noch als wesentlich zu bezeichnen.

Die Krankmeldungen unserer Mitglieder betragen im Berichtsjahr 8961. Wesentlich verschieden ist die Durchschnittsdauer der Krankheiten gegenüber dem Jahre 1916. Während im Jahre 1916 pro Krankheitsfall nur 16,19 M. ausgegeben wurden, erhöht fich die Summe im Jahre 1917 auf 20,44. Ein Beweis dafür, daß die Krankheiten im Jahre 1917 von längerer Dauer waren. Der allgemeine Gesundheitszustand ist demnach im Jahre 1917 gegenüber dem Vorjahre wesentlich gefunken. Und aus der Tat­sache, daß die weiblichen Mitglieder einen unverhältnismäßig hohen dienen folgende Angaben über die Geschäftsergebnisse einiger Ber- Durchschnittssah der Krankheitsziffer stellen, erhellt, wie wenig ge= liner Firmen im Jahre 1917: eignet manche der Arbeiten in der Metallindustrie für den weib­lichen Körper sind, und wie sehr berechtigt unsere Forderung ist, auf dem schnellsten Wege die Schutzbestimmungen in Kraft treten zu lassen.

Millionenüberschüsse eingestrichen haben,

Name der Firma

Nationale Automobil- Gef. Berlin . Maschinenbau A.-G. vorm. L. Schwarzkopff Ludwig Löwe 11. Co. A.-G. St. Stock u. Co., Berlin­Mariendorf Metallwarenfabrik, A.-G. Baer u. Stein. Deutsche Waffen- und Mu­nitionsfabriken Franz Seiffert u. Co. A.-G. Vereinigte Kammerichsche

Divi

Zu ver teilender dende Reingew. in Broz.

Nennwert des Aktien­

fapitals

Brutto gewinn

7 000 000 5 007 973 3 556 358 12,0 12 000 000 15 410 909 5 281 876 10 000 000 6 639 009 3 773 664

25,0 32,0

4 000 000 2 289 943 1 366 467 25,0 1 500 000 983 858 664 247 25,0 30 000 000 14 234 592 12 665 370 30,0 2 000 000 2 329 841 1 334 365 15,0

und Belter u. Samee­vogelsche Werke A.- G.. Aug. Elektrizitäts- Weiedlich. 169 500 000 39 751 950 27 193 410

Optische Anstalt C. B. Goerz

A.-G., Berlin- Friedenau

Carl Lindström A.-G.

C. Lorenz A.- G..

2 500 000 2 474 689 1 596 004

12,0 12,0

7 000 000 6 431 788

4 701 665 22,0

5 000 000 3 084 545

1 755 531 12,0

3 000 000

?

2 702 248 35,0

4 200 000 3 597 129 1738 552 18,0 68 000 000 16 142 286 14 003 550 12,0 3 500 000 2 369 662 684 935 12,0 2525 608 25,0

5 000 000

?

M.-G. Mix u. Genest Siemens u. Halste A.-G. Reiniger, Gebbert 1. Schall Telefonfabrik A.-G. vorm. J. Berliner Selbst wenn es wirklich wahr wäre, daß es gelernte Arbeiter in Berlin unter 100 m. Wochenlohn nicht gäbe, was in aller Welt wollte denn dieser Verdienst gegenüber den so gewaltig ge stiegenen Preisen für die notwendigsten Lebens­und Bedarfsartikel sagen? Eine kleine Rechnung ergibt in jedem Fall, daß die Arbeiter trotz der Wochenverdienste, die sie jetzt erzielen, genötigt sind, sich ganz erheblich einzuschränken, um nur einigermaßen sich und ihre Familie über Wasser zu halten. Es ist geradezu unerfindlich, woher die Herren, die sich Riesenvermögen während des Krieges erworben haben, den Mut nehmen, um die Arbeiterlöhne in der Berliner Rüstungsindustrie als etwas ganz Ungeheuerliches der Welt mitzuteilen.

Nach der Zusammenstellung der Versammlungstätig­teit haben im Berichtsjahr im Bereich der Verwaltungsstelle Berlin 15 274 Versammlungen, Konferenzen und Besprechungen stattgefunden.

Die Lokalfasse balanciert in Einnahme und Ausgabe mit 2 752 720,89 M. Der Kassenbestand beträgt 2 166 761,61 M.

Die Diskussion setzte zunächst ein mit einer Kritik der Kassen­geschäfte und konnte wegen vorgerückter Beit nicht zu Ende geführt werden. Die Generalversammlung wurde deshalb vertagt.

Hilfsdienstgesetz und Wumba.

Wir berichteten kürzlich über die Lohnbewegungen der Betriebs­schreiber und schreiberinnen der königl. militärischen Institute zu Spandau . Dort hatte man nach sechsmonatigen Verhandlungen teilweise Rohnerhöhungen von 4-5 Pf. pro Stunde bewilligt und bei den Verheirateten die Lohnerhöhung zum großen Teil durch Abzug der Familien- und Kinderbeihilfen wieder aufgehoben. Am 13. Juni fand nun vor dem Schlichtungsausschuß für die Metall­betriebe Groß- Berlins auf Antrag der Angestelltenausschüsse eine nochmalige Verhandlung über die Angelegenheit statt. Es wurde folgender Schiedsspruch gefällt:

Ueber die Entlohnung der Betriebsschreiber hat sich hin sichtlich der Höhe der Grundlöhne eine Einigung über einen Schiedsipruch nicht erzielen lassen. Im übrigen ist der Schlichtungsausschuß zu folgendem Schiedsspruch gekommen:

Die vom Wumba eingeführte Regelung des Einkommens der verheirateten Betriebsschreiber hält der Schlichtungsausschuß nicht für geeignet, den durch die Schwierigkeiten der Lebensführung bedingten Forderungen dieser Angestellten gerecht zu werden. Es erhalten nach dieser Regelung von den Betriebsschreibern über 25 Jahren die Unverheirateten den höchsten, die mit großer Familie den niedrigsten Zuschuß. Der Kriegsausschuß ist deshalb der Ansicht, daß der durch diese Regelung entstandenen Unzufriedenheit Rechnung getragen werden sollte dadurch, daß das Einkommen der Verheirateten aus Grundlohn zuzüglich boller Familien und voller Kinderkriegsbeihilfe festzulegen ist."

Urlaub.

Das Wumba war in dieser Verhandlung wiederum nicht selbst vertreten und hat auch bisher keinerlei Erklärung abgegeben, ob es den Schiedsspruch anerkennt und die den Verheirateten zuteil ge­wordene Lohn verschlechterung wieder aufheben will. Am 20. Juni fand wiederum eine Verhandlung der Angestellten ausschüsse gegen die Königl. Institute in Spandau vor dem Diesmal handelte es sich um den Schlichtungsausschuß statt. Die Angestellten erhalten nach ihren Annahme­bedingungen einen Urlaub von 14 Tagen bis 3 Wochen. In den Jahren 1916 und 1917 traten nun ein Teil der Angestellten unter die sogenannte Lohnordnung, d. b. sie wurden statt mit Monats­gebalt nach Stundenlohn beschäftigt. Diese Aenderung geschab deshalb, weil nur auf diese Weise den Angestellten ein der Teurung angemessener Lohn gewährt werden konnte. Jetzt sollen nun diese Angestellten den Urlaub lediglich nach den Bestimmungen in der Art ihrer Tätigkeit nichts geändert hat und sie auch nach wie vor der Angestelltenversicherung unterliegen. Der Schlich­tungsausschuß tam zu dem Ergebnis, daß zwar die Forderung der Angestellten, ihnen den Urlaub wie den auf Annahmebedingungen beschäftigten Angestellten zu gewähren, abzulehnen sei, weil ein Rechtsanspruch auf diesen Urlaub nicht bestehe, er empfehle aber dem Bumba, den Angestellten aus Billigkeitsgründen entgegen­zukommen. Auch zu dieser Entscheidung hat sich das Wumba bisber noch nicht geäußert. Es scheint also, als ob es nicht geneigt ist Schlichtungsausschusses für vorliegend erachteten, gelten zu lassen und den Angestellten den gerade in der gegenwärtigen Zeit drin gend notwendigen Erholungsurlaub zu gewähren. Bemerkenswert ist, daß der als Vertreter der Königl. Geschoßfabrik in Spandau anwesende Betriebsleiter dort die Erklärung abgab, die Institute stellten allen Angestellten, die es wünschten, ohne weiteres den Abkehrschein zu Verfügung. Dabei kommen An­gestellte in Frage, die bis 20 und mehr Jahre dort be fchäftigt sind.

Zur Frage der Vereinbarung, die Ende Januar zwischen Re­gierung, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern über die Ent­schädigung für den Fall einer Betriebsstodung infolge Kohlenmangel getroffen wurde, teilt Cohen mit, daß eine der Lohnordnung erhalten, das heißt 3 bis 6 Tage, obwohl sich später stattgefundene Konferenz im Reichswirtschaftsamt die Frage der Verlängerung dieser Vereinbarung vom 31. März bis zum 30. September 1918 behandeln sollte; sie konnte ihre Aufgabe jedoch nicht erfüllen, da zwar Regierung und Arbeitnehmervertreter, nicht aber die Arbeitgebervertreter mit der Verlängerung in der alten Form einverstanden waren. Die Arbeitgebervertreter erhoben den Einwand, daß sie nicht bevollmächtigt seien und erst mit den übrigen Arbeitgebern oder ihren Organisationen Rücksprache nehmen müßten. Auch erklärten die Vertreter der Arbeitgeber, daß, da die Behörden nach den Vorkommnissen bei Daimler die Kalkulationen der Arbeit- die Billigkeitsgründe, die selbst die Arbeitgeberbeisiger des geber wesentlich einschränken, für Ausgaben, wie sie in der Ver­einbarung über den Kohlenmangei vorgesehen sind, bei den Arbeit­geberverdiensten fein Raum sei. Die Arbeitgeber erklärten sich aber bereit, binnen kurzem die Stellung der übrigen Arbeitgeber zu er­kunden und dann dem Reichswirtschaftsamt Mitteilung zu machen. Seitdem sind eine Reihe von Wochen verflossen, aber irgendwelche Nachricht darüber, ob in diesem Punkte schon etwas geschehen, ist uns nicht geworden. Es sei deshalb notwendig, daß die Arbeiter bei eintretenden Betriebsstockungen sofort ihre Ansprüche geltend machen, und, falls man ihnen für die Zeit der Betriebsstockung keine Entschädigung in bestimmter Form zusagt, den Abkehr schein fordern. Die Forderung der Arbeiter betrage dann natürlich den vollen Lohn. Falls eine Verständigung nicht gelingt, sei es notwendig, die Organisationsleitung sofort zu verständigen.

Beginnende Arbeitslosigkeit in der Munitionsindustrie. Zum Schluß schilderte Cohen die gegenwärtige Situation und bemerkte, es sei in letzter Zeit ein Nachlassen der Aufträge zu bemerken. Die Folge davon seien bereits zahlreiche Entlassungen besonders von Arbeiterinnen. Heute schon sind in der Berliner Sehr eingehend verbreitete Cohen sich sodann über die Arbeits- Rüstungsindustrie zirka 30 000 Personen weniger be­einstellung im April 1917. Er schilderte, wie die Arbeitseinstellung, schäftigt als vor einigen Monaten. Worauf das zurückzuführen die am 17. April früh begann, durch Beschluß der hierzu zuständigen ist, sei noch nicht vollständig klar; entweder seien große Reserven Körperschaft am 18. April abends ihr Ende erreichte. Dieser Be- an Heeresbedarf aufgestapelt, oder die Aufträge werden nicht mehr schluß wurde auf der ganzen Linie ausgeführt, bis auf 5 Betriebe, im früheren Maße an Berliner , sondern an Betriebe außerhalb Ber­die glaubten das Recht für sich in Anspruch nehmen zu können, lins vergeben. aus der Neihe zu tanzen. Diese Disziplinwidrigkeit hat sich bitter Was es in der gegenwärtigen Zeit aber heiße, wenn eine große perächt, denn bald darauf wurde der größte der noch aus- Rahl von Arbeitern und Arbeiterinnen arbeitslos werde, das könne ständigen Betriebe unter militärische Leitung ge- fich jeder, der das praktische Leben einigermaßen kenne, sehr gut tellt. Desgleichen wurden Besprechungen und Versammlungen l'ausmalen. Den Behörden falle hier eine besondere Verpflichtung

Das Hilfsdienstgesetz wurde seinerzeit bekanntlich auf Ver­langen der Militärverwaltung erlassen. Dadurch sollte der Arbeits­wechsel im Interesse der nationalen Produktion möglichst ein geschränkt und weiter die Möglichkeit gegeben werden, Streitig feiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern auf gütlichem Wege zu erledigen. Die Privatunternehmer haben sich ja von vornherein gegen diese Einrichtungen gesträubt und nur die Befchränkung der reizügigkeit der Arbeitnehmer verlangt. Will nun auch die Militär­verwaltung ihr eigenes Kind verleugnen, oder sind etwa die Gründe, die seinerzeit das Hilfsdienstgesez rechtfertigten sollten, nicht mehr vorliegend? Dann sollte man aber das Gesetz aufheben und es nicht nur da anwenden, wo es den Arbeitern schadet, und es da ablehnen, wo es ihnen nüßt. Sollen ernste Differenzen vermieden werden, dann muß verlangt werden, daß die Militärverwaltung den berechtigten Wünschen der Angestellten, die auch vom Schlichtungs­ausschuß anerkannt sind, entgegenkommt.

Berantwortlich für Politik: Erich Kuttner , Berlin ; für den übrigen Teil des Blattes: Alfred Scholz, Neukölln; für Anzeigen: Theodor Glocke, Berlin . Berlag: Vorwärts- Berlag G. m. b. S., Berlin . Drud. Vorwärts- Buchbruderei und Verlagsanstalt Baul Singer u. Co. in Berlin , Lindenstraße 3. Sierzu 1 Bellage und Unterhaltungsblatt.