durchgeführten Sieuerprmzrp suchen" werde, so ist auch da? noch heute mein Urteil. Ihm entsprechend habe ich den Borschlag, ihren Steuersatz von 8 auf 20 vom Hundert zu erhöhen, für„Stümperei" erklärt und hinzugefügt, ihm nur deshalb zustimmen zu können, weil er ein Druckmittel fei, auf die allgemeine Kriegseinkommen- steuer hinzuwirken. 4, Was schließlich meine Abstimmung gegen die Erhöhung der Stempelsteuer für Aktienkäufe usw. auf 2 ,>IB0 anbetrifft, so steht sie in vollem Einklang init der Haltung, welche die Sozialdemo» kraiie in früheren Jahren stets zu dieser Art Bekämpfung des Geldhandels eingenommen hat. Die Partei hat es früher stets ab- gelehnt. Arm in Arm mit den Antisemiten und anderen Rittern vom„Sozialismus des dummen Kerls" gegen das Kapital an der falschen Stelle anzurennen. Wenn Keil und seine Freunde jetzt mit Konservativen, Bauernbündlern usw. im Bunde gegen Leute wie Gothein und Waldstein sich für Steuern ins Zeug legen, deren tat» sächliche Wirkung nur das Gegenteil von dem sein kann, was sie vermeintlich bewirken sollen, so mögen sie tun, was sie nicht lassen können. Aber nicht erlauben kann ich ihnen, zur Beschönigung ihres Verhaltens das meine in falschem Licht hinzustellen. Berlin- Schöneberg , 6. Juli 1918. Eduard Bernstein . I•'" Ein neues Programm öer Zentrums- partes. Ter Reichsausschutz der deutschen Zentrumspartei hat in den letzten Junitagen ein Programm angenommen, das jetzt von der Zcntrumspresse veröffentlicht wird. Vorausgeht eine allgemeine Einleitung, in der zur Betätigung der ch r i st- lichen Weltanschauung aufgefordert wird. Unter anderem heitzt es:„Die Zentrumspartei wird bestrebt sein, soweit möglich einen Weg zu gemeinsamer Arbeit mit anderen Parteien zu finden, dabei aber ihre Telbständigkeit und grundsätzliche Eigen- art gegenüber den übrigen Parteien nach rechts und links ent- schieden aufrechterhalten." Der allgemeinen Erklärung schließen sich folgende„Nicht- linien für die Parteiarbeit" an: 1. Verfassung. 1. Treue zum Reick und Treue zum Heimatlanid. Bolle Wahrung des bundesstaatlichen Charakters des Reichs, vor allem durch Ausrechterhaltung der Sonderrechte der Einzelstaaten, ihrer eigenen Kulturpolitik, sowie der Selbständigkeit und des nötigen Entwicklungsspielraums auf finanziellem Gebiet. 2. Erhaltung einer starken Monarchie und einer kraftvollen Volksvertretung, die allein eine jede Ausnahmebehandlung aus- schließende Gerechtigkeit und eine hochsinnig erfaßte bürgerliche Freiheit in Gesetzgebung und Verwaltung zu gewährleisten ver- mögen. 3. Volkstümliche und freiheiiliche Ausgestaltung der Verfassung. Schulung der breiten Volksschichten für die Aufgaben der Selbst- Verwaltung. 2. Außenpolitik. 4. Sicherung und Ausbau der deutschen Weltstellung in poli- tischer, kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht. b. S:-ug eines den deutschen Wirt.chaftsbedürfnissen ge- rmgendcr:n KolonialgcbieteS.— Förderung der Christianisierung d borenen. Beseitigung jeder Form der Sklaverei. 8. C;:<! des Volkes zu einem besseren Verständnis der avßenpolitiiozeu Fragen; erhöhte Anteilnahme der Volksvertretung an der Außenpolitik. — Gründliche Reform des diplomatischen Dienste». 7. Schaffung und Durchführung eines den christlichen Grund- sätzen entsprechenden Völkerrechts.— Vollkommene, durch völkerrechtliche Bürgschaften gesicherte Unabhängigkeit des Heiligen Sjuhles.— Ausbau der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit.— Freiheit der Meere, insbesondere durch Abschaffung de» Seebcute- rechts und durch Gewährleistung ungehinderten Verkehrs der neu- traten Handelsschiffe zwischen neutralen Staaten.— Internationale Regelung de? ArbeiterfchutzeS und der Arbeiterversicherung. 3. Innenpolitik. s) Religiös- sittliche Forderungen: 8. Erhaltung und Kräftigung der christlichen Kultur, und Er- ziehungsideale im deutschen Volksleben. ö. Förderung und Festigung des guten Einvernehmens zwischen Staat und Kirche. Kampf gegen Bestrebungen auf Trennimg der beiden Gewalten.— Freiheit der Kirche, kirchlicher Genossenschaften und Vereine, insbesondere auch der katholischen Orden und Kon- grcgatione». 19. Gleichmäßige Berücksichtigung der Angehörigen sowie der ?lnstalten der verschiedenen Glaubensbekenntnisse auf allen Ge- bieten, insbesondere bei der Verleihung öffentlicher Aemter und bei Zuwendung öffentlicher Mittel. 11. Freiheit für die christliche LiebeSiätigkeit und paritätische Förderung ihrer Einrichtungen. 12. Erhaltung der konfessionellen Volksschule. Errichtung freier konfessioneller höherer Schulen unter Wahrung des dem Staat gebührenden Aufsichts- und Prüfungsrechts. Sicherung eines genügenden Religionsunterrichts an allen Schulen. Wahrung der landesrechtlichen Zuständigkeit für Unterricht und Erziehung, auch der schulentlassenen Jugend. Gewährung der freien Zeit für Er- füllung der religiösen Pflichten. 13. Schutz der Ehe und Familie, Eindämmung der Ehe- g'cheidungen, Förderung aller Bestrebungen auf Erhaltung des Kindersegens der Familie. Kampf gegen sittliche Verwilderung, insbesondere auch gegen eine entartete Kunst und verkommene Lite- ratur. 14. Abschaffung de? TuellzwangcS. b) Soziale und wirtschaftliche Forderungen: IS. Freie Bahn zum Aufstieg der Tüchtigen aus allen Volksschichten. 16. Tatkräftige Fürsorge gegenüber kinderreichen Familien (Steuererleichterung. Wohnungspolitik, Kinderzulagen an Bc- amte usw.).— Schutz der Jugend gegen Ausbeutung und Ver- sührung. 17. Schutz der nationalen Arbeit. Erhaltung einer leistungZ- fähigen Landwirtschaft. — Ausgleichende Förderung von Land- Wirtschaft, Handwerk, Industrie, Handel und Verkehr. Gesetzliche Anerkennung der bcrufsständischen Organisationen und Ausbau ihrer Rechte. Soziale Fürsorge auch für die freien Berufe— Schaffung und Erhaltung eines lebenskräftigen Mittelstandes. Aus. aestaltung der Rechtsstellüng des ArbeiterstastdeS als glcichberechtig- !?n Gliedes der Volksgemeinschaft. Fortführung des gesetzlichen Arbeiter» und AngestclltenschutzeS und der sozialen BersicherungS- gefetzgebung. Zeitgemäße Fortbildung des Beamtenrechts. 18. Erhaltung des Privateigentums als eine wesentliche Grund. läge der sozialen und wirtschaftlichen Ordnung. Kampf gegen den Mißbrauch des Privateigentums, insbesondere Ausbildung der Rechtspflege im urinne fortschreitender sozialer Gerechtigkeit und erhöhten wirtschaftlichen Schutzes gegen Wucher, unlauteren Weit- bewerl) und Schwindel aller Art. Bekämpfung der Auswüchse de? Kartell- und Shndikatswesens. 19. Planmäßige Förderung des Kleinwohnungswesens sowie der inneren Kolonisation. c) Finanz- und Steuerfragen. 29. Energische Sparsamkeit in Reich, Bundesstaat und Ge- meinden. 21. Gerechte Verteilung der Steuerlasten unter Schonung der minderleistungsfähigen Volkskreise und Berücksichtigung der Gesamt. lasten sn Reich, Bundesstaaten und Gemeinden.
A)' S! e l l u n g n ä h m'e z u d e n K r i e g z f o 1 g e n. 22. Sicherung des Wiederaufbaues des Wirtschaftslebens durch Vereinbarungen in den Friedensverträgen, welche die früheren Handelsbeziehungen erneuern und die Weiterführung des Wirtschaftskrieges ausschließen. Möglichst baldige Wiederherstellung der freien wirtschaftlichen Tätigkeit durch Abbau der kriegAvirtschaft- lichen Organisationen, insbesondere der Kriegsgesellschaften und der monopolistischen Syndikate. 23. Wiederaufbau der durch den Krieg schwer geschädigten Er- werbszweige in Industrie, Gewerbe und Handel, unter besonderer Berücksichtigung des Mittelstandes. 24. Angemessener Schutz der Kriegsteilnehmer bei ihrer Wieder- einführung ins Wirtschaftsleben. Weitherzige Fürsorge für kranke und beschädigte Kriegsteilnehmer und für die Hinterbliebenen; Ver- besserung des Rentenfeststellungs- und Einspruchsverfahrens durch Schaffung von Rechtsgarantien. 25. Kamvf gegen Habsucht und Gewissenlosigkeit im Erwerbs- leben, besonders gegen Kriegswucher und übermäßigen Kriegs- gewinn. Das Programm ist insofern sehr geschickt gemacht, als aus dem Wege der Interpretation jeder auch nur denkbare Beschlutz der Fraktionen für vereinbar mit den hier niedergelegten Grund- sätzen erklärt werden kann.
�iis öem �auptausschuß. Beamtenreorganisation.— Papierverteuerung. In der Sitzung am Sonnabend gab Staatssekretär Graf Roedern zunächst eine vertrauliche Tarstellung unserer Finanz- läge. Der Ausschutz beriet dann die Forderung einer neuen Amts- wohnnngstür den Chef des Generalstabs. Berichterstatter Erz- berger trat für die Bewilligung ein. Der Ausschuß stimmte nach längerer Aussprache der Vorlage zu. Es beginnt die Beratung der bereits von einem Unterausschuß behandelten Beirmtenreorganisotion in Heer und Marine. Abg. Nvske(Soz.): Der Unterausschuß hat dem Ausschuß viel Arbeit abgenommen; seine Resolution ist erfreulicherweise einstimmig beschlossen worden, so daß sich stanze Debatten hier im Ausschuß erübrigen.— Die Entschließung des Unterausschusses wird genehmigt. Sie ersucht den Reichskanzler unter anderem, eine durchgreifende Organisation der Heeres- und Marineverwaltung schon jetzt vorzubereiten. Ter Aufstieg der Beamten soll erleichtert, Ungleichheiten und Härten sollen beseitigt oder gemildert, ein be- sonderer Beurlaubtenstand geschaffen werden. Die Entschließung fordert ferner Reformen bei den Unterbeamten, den Zahlmeistern usw. Darauf folgt die Besprechung der Papierverteuerung. Bericht- erstatter Gothein legt dar, daß die Zeitungen nach wie vor unter einem bedenklichen Notstand litten. Eine weitere Erhöhung de! Bezugspreises erscheine ausgeschlossen; die an die Zeitungen gezahl» ten Zuschüsse müßten daher in der bisherigen Höhe weiterge- .zahlt werden. Der mit der Beratung betraut gewesene Unterau?- schuß schlägt das einstimmig vor. Abg. Nacken(Z.) fragt. ob es richtig sei, daß man beabsichtige, in Zukunft nur noch für den Text der Zeitungen, nicht aber auch für die Inserat? den Zuschuß zu leisten. DaS würde zu unerträglichen Zuständen führen. Unter- staatssekretär Gilppert: Die Verhältnisse der Zeitungen hätten sich innerhalb zwei Jahren nur noch zu deren Ungunsten verändert, dennoch müsse man jetzt, nicht zuletzt gedrängt von den Bundes- staaten, an den Abbau der Zuschüsse herantreten. Zunächst sollen Barzuschüsse für den Anzeigenteil nicht mehr geleistet werden. Abg. Erzberger : Die Ankündigungen bei Unterstaatssetretärs seien sehr bedenklich, ihre Durchführung würde den Ruin z a b l- loser kleiner Blätter und die weitere Konzentration der Großpresse bedeuten.— Abg. Böttger(natl.) schließt sich dieser Kritik im wesentlichen an.— Der Unterstaatssekretär sucht noch- malS seinen Standpunkt zu rechtkertigen. Di« Zuschüsse seien nicht alle in bar geliefert worden.— Abg. v. Graefe st.) spricht zugunsten der kleinen und mittleren Presse für die Weiterzahlung.— Abg. Gothein: Dringend nötig sei, daß auf eine Herabsetzung der Holz- preise hingearbeitet werde.— Abg. Mcerfeld(Soz.): AIS alter Zei- tungSfachmann pflichte ich Herrn Erzberger durchaus bei; meine Freunde unterstützen auch die Anregung, die Zuschüsse auf Wochen- und MonatSblätter auszudehnen. Die Entziehung der Zuschüsse würde die aller- schlimmste Wirkung gerade für die charakterfeste Par- t e i p r e s s e haben, sie würde die kapitalkräftige Generalanzeiger- presse begünstigen und das öffentliche Leben weiter verflachen. Ter Bezugspreis kann nicht noch tvciter erhöht werden. Bei zahl- reichen Blättern ist wegen der technischen Anordnung eine klare Scheidung von Text und Inseraten gar nicht möglich— Abg. NoSke(Soz.) ergänzt diese Ausführungen durch Beispiele aus der Praxis.— Die etwas erweiterte Entschließung de? Unterausschusses, die die Fortzahlung der Zuschüsse fordert, wird ein- st i m m i g angenommen. Der Ausschuß nimmt hierauf noch die Feststellung der Berichte über die Steuergesetze vor._
die Novelle zum Schutzhaftgesetz. Der 21. Ausschuß hat in seiner Sitzung vom Sonnabend die erste Lesung des Entwurfs einer Novells zum Schutzhaftgesetz be- endet. Di« überwiegende Mehrheit der Kommission war sich einig in dem Bestreben, das Vielumstvittene, vom Reichsmilitärgericht etwas allzu arg zurech-tgsdeutets Schutzhaftgesetz so zu gestalte::, daß den reichlichen Mißgriffen wenigstens einigermaßen gesteuert und die Folgen dieser Mißgriffe so tnel als möglich wieder gut gemacht werten. Ander» die Regierung. Sie widersprach u. a. in der energischsten Weise einer Ausitehnung des Gesetzes auf Angehörige neutraler und verbündeter Mächte, mir ten Staatenlosen will sie das Recht der Beschwerde beim ReichSmilitärgericht konzedieren. Noch schärfer war der Widerstand des Regierungs- Vertreters gegen jene Anträge deS Ausschusses, die auch ten auf Grund der sogenannten Kriegsnotweudigkeiten Inhaftierten oder des Landes Verwiesenen die Möglichkeit geben wollten, das gegen sie gerichtete Verfahren durch einen deutschen Gerichtshof nachprüfen zu lassen. Wiederholt erklärte Unterstaaissekretär Lewald— und Generalmajor v. Wrisberg unterstrich diese Er- ilärung—, jede Einengung der Kompetenzen der MilitärbeschlS- Haber, die Zulassung der Nachprüfung ihrer Tätigkeit, mache das ganze Gesetz für die verbündeten Regierungen unannehmbar. Und ebenso ablehnend verhielten sich die Regierungsvertreter gegenüber den Anträgen auf Schadloshaltung der Opfer des Belage- rungs- und Kriegszustandes. Auch hier ertönte das Wort: Nnan- nehmbar! Glücklicherweise hat sich die Mehrheit der Kommission durch diese Haltung der Regierung— bisher wenigstens— nicht beirren lassen. Sie hat das Gesetz nicht nur auf die Staaten- losen, sondern auch auf die Angehörigen neutraler und ver- bündeter Mächte ausgedehnt und hat dem 8 1 einen Zusatz ge- geben, wonach auch die auf Grund der Kriegsnotweudigkeiten an- geordnete Haft oder Aufenthaltsbeschränkungen den Vorschriften des Gesetzes unterliegen, wenn sie insgesamt längeralSeinen Monat dauern. Weiter wurde allen Inhaftierten oder ihres Wohnsitzes Verwiesenen ein Entschädigungsanspruch grundsätzlich zugSbilligt und dem Gesetze rückwirkende Kraft bis zum 23. Juli 1914 verliehen. Außerdem, wurde be- schlössen— auch hier gegen den Widerstand der Regierung—, die Schutzhäftlinge den F e st u n g S h äft lingen gleichzustellen und sie der Vorteile des§ 17 Abs. 3 des Strafgesetzbuches teilhaftig werden zu lassen. Eine weitere Verbesserung des Gesetzes wurde durch die Annahme eines Antrages Herzfeld, wonach bei Aufbebung einer Haft oder Aufenthaltsbeschränkung durch das Reichsmilitärgericht der Militärbefehlshaber auf Grund des alten Tatbestandes ein« neue gleiche oder härte« Maßregel nicht ver- hängen darf, erreicht._ 1_____ �
Nach. den Mitteilungen des Obermi litärgerichtsan waltS belauft sich die Zahl der Schutzfälle überhaupt auf 2299 im Deut- schen Reiche. In Schutzhaft befinden oder befanden sich 889 Per- fönen, von welchen 128 durch ten Spruch des Reichsmilitärgerichts befreit wurden. 429 Person«: wurden wegen Spionagever- d a ch t e s in Haft genommen, 439 gehören der„Berbrechergruppe" an und zirka 49 wurden wegen Flugblattverbreitung, Demonstra- tionen usw. verhaftet.
Eisenbahner unö �rbeitskammern. Die für die Eisenbahnverkehrs- und-betriebSarbeiter überaus wichtige Frage der Gestaltung der für sie zuständigen Arbeits- k a m m e r n stand am 6. Juli in der 34. ReichStagskommission zur Beratung. Der Regierungsentwurf sieht vor, daß die bestehenden Arbeiterausschüsse zu Arbeitskommern erklärt werden können. Der Vorsitzende nnd seine Stellvertreter sollen dann weder Arbeiter noch Leiter oder Beamte der Dienststellen sein, für welche der Arbe:ierausschuß errichtet ist. Auch soll die Wahl der Beamten der Eisenbahnarbeiter in die Arbeitskammer nicht zulässig sein. Der G e w er ks ch a f t s e n t wu r f will in jeder Beziehung die Eisenbahner den sonstigen Arbeitern gleichstellen. Abg. Wiffell (Soz.) begründet eingehend diese Forderung. Der Staat dürfe für seine Betriebe keine anderen Rechte in Anspruch nehmen, als sie durch die Vorlage den sonstigen Unter- nehmern zugestanden werten. Der Vorsitzende müsse unter olle» Umständen ein unabhängiger Mann sein. Die Gefahr, daß irgend ein Beamter der E i s e n b a h n v e r w a I t u ng aus einer anderen Dienststelle als Vorsitzender fungievcn könne, müsse beseitigt werden. Abgg. Jckler, Giebel. Trimborn. Brandes und Weinhausen schließen sich ihm im wesentlichen an. Der Staatssekretär Freiherr v. Stein hat keine Bedenken dagegen, daß Vorsitzender k e i n Beamter irgend einer Ticnststell« der Eisenbahn- Verwaltung sein dürfe. Die Regierung müsse jedoch unter allen Umständen Wert darauf legen, daß für die Eisenbahner b e s o n- dere Arbeitskammern gebildet würden; das bedinge die besondere Stellung des gesamten Eisenbahnbetriebes. Die weitere Debatte dreht sich im wesentlichen um den Auf- bau der Kammern. Fast allseits wird die direkt« Wahl zu den Arbeitskammern gefordert. Auch besteht Neigung in der Kommission, die Beamten der Berufsorganisationen der Eisenbahner als Mitglieder der Kammer wählbar sein zu lassen. Nur Abg. Wildgrube(k.) hat schwere Bedenken gegen deren Zulassung. Die Abstimmung über die Gestaltung der Arbeitskammern für die Eisenbahner wird bis zum Montag ausgesetzt.
Reaktionäres Hexen-Eirnnaleins. Das umgekehrte Proportionalwahlrecht. Bei den ReichZtagSwahlen von 1912 erhielt die Sozialdemo. kratie mit 4 259 999 Stimmen 119 Mandate, die Konservativen erhielten mit 1 126 99 Stimmen 58 Mandate. Auf einen sozial- demokratischen Abgeordneten entfielen im Durchschnitt also fast 49 999 Stimmen, auf einen konservativen Abgeordneten dagegen noch keine 29 099 Stimmen. Im Gesamtdurchschnitt entfielen aus einen Abgeordneten etwa 39 909 Stimmen. Für jeden Menschen mit fünf gesunden Sinnen ist danach klar, daß im Verhältnis zu ihrer Stimmenzahl die Sozialdemokraten viel zu wenig, die Konservativen viel zu viel Mandate erhalten haben. Ausge- schlössen von dieser Erkenntnis ist dagegen Dr. S. P f a f f. Dieser Pfaff hat ein Wahlsystem ausgeklügelt, mit dem er beweist, daß bei gleichem Wahlrecht die Sozialdemokraten 29 Mandate zu viel, die Konservativen dagegen 17 Mandate zu wenig erhalten hätten! Warum? Pfaffs Antwort gleicht jenen bekannten Rechen- scherzen, mit denen man beweist, daß 4 größer als 5 istl Er hat ein System einer angeblichen„Vertretung der Minderheit" ausge- tiftelt, das ihm tatsächlich an der Hand einiger Sophismen und Trugschlüsse dieses Resultat liefert. Wie gesagt, ein Rechen- kunftftück. Herrn Pfaffs Bruder ist bayerischer Finanzminister. Wenn er ebenso rechnet wie der andere Sohn seiner Mutter, dann wehe den bayerischen Finanzen I Bollsitzung des Bundesrats. In der am Sonnabend unter dem Vorsitz de« Stellvertreters des Reichskanzlers Wirkl. Geb. Rats von Payer abgehaltenen Vollsitzung des Bundesrate wurden d,e Entwürfe eines Gesetzes, betr. die Feststellung eine? zweiten Nachtrags zum RcichshauShaltsplan ftir das Rechnungsjahr 1918, sowie einer fünften Ergänzung des BesoldungS- g e s e tz e S angenommen. Herr v. Kllhlmann. Amtlich wird unter dem 6. Juli mit- geteilt: Staatssekretär von Kühlmann begibt sich heute abend m das Groß? Hauptquartier. Bon der Reichspartei. Der Hauptausschuß der Reichs- und frei. konservativen Partei ivählte an Stelle des wegen seines Gesund- heitSzustandeS ausgeschiedenen Vorsitzenten Freiherrn v. Zedlitz zum ersten Vorsitzenden den Reichstagsabgeordneten Schul tz-Brom- bevg und zum gefchäftsführenden Vorsitzenden den Landtagkabgwrd- neten Lüdicke.._ Reichstag . (Schluß aus der Beilage.) Abg. PoSpiech lPole): Warum wird hier im Haufe den Reichs-. tagsabgeordneten Fleisch ohne Marken verabfolgt, wenn da» Fleisch so knapp ist? Staatssekretär v. Waldow: Eine gemeinsame Bewirtschaftung der neuen oder alten Ernte in Deutschland und Oestorreich-llngarn kommt nicht in Frage, sondern nur die selbständige Bewirtschaftung der Vorräte in den drei Staaten n a ch g l e i ch c n G r u n d s ä tz c n. Ein gemeinschaftliches Wirtschaftsgebiet bilden nur Rumänien und die Ukraine und hieraus ist Oesterreich-Ungarn eine Vorbelieferung zugestanden worden.(Zuruf bei den Soz.: Und 199 999 Tonnen aus Teutschland?) O Gott bewahre. 5— 19 999 Tonnen von der Heeresverwaltung, aber nichts von der Reichsgc- treidestelle oder ReichSkartoffelstelle. Nach weiteren Ausführungen de? Abg. West er mann(wUd) wird die Abstimmung t» e r ta g t. Nächste Sitzung: Montag 1 Uhr.(Verlängerung der Legis- laturpcriode.) Schluß der Sitzung 1954 Uhr.
LeKte Nackrichten. , Die Tschecho-Slowaken in Wladiwostok . London , 6. Juli. Die„Times" erfahren aus Tokio vom 29.: Das russische Konsulat erfährt ans Kabe, daß die Tscheche- Slowaken die Kontrolle über Wladiwostok in die Hand bekommen haben. Ihr Führer, D i e t e r i ch S, veröffentlicht eine Proklamation, durch die die Schließung deS Hafens bei Nacht an- geordnet wnrde.
Die Cholera i» Südrustland. Bukarest , 6. Juli. Die Regengüsse der letzten Tage haben den Stand der FrühlingSsaaten in der Moldau und Walachei gebessert. Nach Jajsyer Meldungen ist in der südlichen Ukraine die Cholera ausgebrochen. Auch im nördlichen Beßarabien wurden Cholera- fälle festgestellt. TS werden schleunige Vorkehrungen verlangt, um die Einschleppung der Seuche in die Moldau zu verhüten.