Te. 207-1918
Unterhaltungsblatt des Vorwärts
Kriegsneurofen.
Dienstag, 30. Juli
Die Behandlung der Neurosen besteht darin, daß der Arzt da- der der Russen auf eine Stufe stellen will. Vielmehr hat FinnHin streben muß, den Einbrud Herauszufinden, der die feelische land zugleich mit dem großen wirtschaftlichen Aufschwung, ben es Störung verursachte, um dann diese Erkenntnis dem Scanten selbst in den letzten Jahrzehnten vor dem Striege genommen, auch in inzu vermitteln. Dr. Gimmel gelang das, minbestens in allen ein- telleftueller Hinsicht Rußland weit hinter sich gelassen. Das beweist Kriegeueurofen find feelische oder psychische Leiben , bei benen fachen Fällen, durch eine erhöhte Gedächtnissteigerung, die er durch am besten das Schulwesen des Landes. Aus den Zahlen, die in dem Sie Erkrankung gewiffer Störperteile oder Organe nur eine sympto- bypnotischen Traun erzielte. Durch diese Gedächtnissteigerung, vor furgem erschienenem Sammelwert, Westrußland in seiner Bedenmatische Bedeutung hat. Die Schädigung, die der Striegsneurotifer über die der Krante in der Hypnose gebietet, wiederholt er bas auf tung für die Entwicklung Mitteleuropas " mitgeteilt werden, betrug die durch seine Teilnahme am Krieg davonträgt, fann ein einzelnes ihn eingestürmte Kriegserlebnis: Der„ Film" wird noch einmal Zahl der Lehrer an den städtischen Volksschulen Finnlands 1875 180, Drgan befallen oder den ganzen Menschen. Sehr häufig bestehen abgerollt, der Krante träumt das Ganze noch einmal, das fenfibi die Zahl der Schüler 6818; 1899 war die Zahl der Lehrer auf die Symptome, durch die sich Kriegsneurosen bemerkbar machen, lisierte Interbewußtiein gibt ben Affett frei, dieser entlädt 867 gewachsen, die der Schüler auf 28 886. Jm Jahre 1909 gab in Erkrankungen und besonders in Lähmungen des Mustelapparates; fic in einem entsprechenden Gefühlsausdrud und der Stranke ist es in den 38 Städten Finnlands 1872 Lehrer und 40 370 Schüler. dazu gehören zum Beispiel die hysterischen oder epilepfieartigen gebeilt. Am schwierigsten ist der Anfang des ganzen Werfahrens, Die Anzahl der Schulen auf dem Lande betrug 1885 285 mit Krämpfe, aber auch Lähmungen der Sprache ohne Hirnverlegungen, nämlich die Feststellung, welches Creignis die Neurose veranlaßt 294 Lehrern und 11 421 Schülern. 1899 war die Zahl der Sprachstörungen oder Stottern, Stammeln usw. Oft begegnet man haben mag, benn der Krante lann das, was der Arzt elgentlich Schulen bereits auf 1757 gestiegen mit 2022 Lehrern und dem Ausfall der Funktion von Organen, etwa Störungen der Hör- wissen will, nämlich die feelife Urface feiner Griranfung, nicht 76 552 Schülern. 1912 betrug die Zahl der Schulen auf dem Lande und Sehfähigkeit bis zur Taub- und Blindheit. Außerordentlich fagen. Wenn er eine solche Ursache angibt, tann man mit Sicher- 3079 mit 4061 Lehrern und 143 597 Schülern. So hat das Volksbäufig sind Erkrankungen der Drgane, die gewisse Stoffe absondern: heit annehmen, daß sie falsch ist, da die letzte Ursache in die Tiefen fulwesen eine außerordentliche Höhe erreicht. Die Zahl der Magen- und Darmneurofen, Samenflüsse, Schwetzausbrüche usw. des Unterbewußtseins herabgebrüdt ist. Das Verdrängte ist wohl des Lesens und Schreibens Unfundigen war daher mit 1,48 Proj. Auch Störungen der Blutkreislauforgane find oftmals anzutreffen, nicht erzählbar, aber trotzdem für den geübten Seelenarzt nicht außerordentlich gering, während das russische Reich einen Prozentvon den sogenannten blauen Händen bis zum nervösen Asthma, ganz unsichtbar; er muß Gesichtsausdrud, Mienenspiel, vor allem fag von 70-80 Analphabeten aufweist. Außerdem gibt es in Finnder Hirnkongestion und Hirnanämie. Dazu kommen noch viele aber Träume zu deuten verstehen, um Anfnfipfungspunkte zu lanb 136 Mittelschulen mit 1852 Lehrern und 23 128 Schülern, die andere Krankheitsformen.( Siebe: Simmel, Kriegsneurofen und finden. für die beiden Hochschulen in Helsingfors vorgebildet werden. Hel-. psychisches Trauma." München 1918, Verlag D. Nemnich.) Die Auffallend ist, daß von einer Anzahl Soldaten, die gleichmäßig fingfors, der geistige Mittelpunkt des Landes mit regftem wissenKriegsneurofe tann zur Veränderung der ganzen Persönlich demselben Striegserlebnis ausgefegt waren, was fa die Regel- ist, schaftlichem Leben, hat eine Universität und eine technische Hochkeit des Soldaten führen. Sie tann fein Gemüt nach manche eine Neurose bekommen, die andern aber nicht. Dabei schule, an benen vor dem Krieg 279 Profefforen lehrten und 8849 irgend einer Richtung festlegen, vorwiegend nach der fonimit, wohl zu einem guten Teil die erbliche Beranlagung in Be- Hörer studierten. Neben den Hoche, Mittel- und Voltsschulen gibt depressiven Seite hin, so daß er von Misstimmung beherrscht ist. tracht. Je schwächer der angeborene Intellett eines Menschen ist, es auch noch eine sehr große Anzahl von Fachschulen für alle mögSie fann bewirken, daß der Betroffene die Gesichtszüge verliert, besto weniger wird er imftande sein, ungewohnte Eindrücke aufzu- lichen Berufe, durch die es den Finnen möglich war, in allen hand die feinem früheren Charakter entsprachen und fie tam ihn au einer nehmen und zu verarbeiten, so daß fie au fiberwertigen Gefühis werflichen und kunstgewerblichen Dingen eine hohe Vollendung zu seinem früheren Wesen entsprechenden Tätigkeit unfäßig machen. Tomplexen werben. Togliche Schädigungen( Vergiftungen), wie erreichen. Der Schritt von diesem Stadium bis zur wirklichen Geiftestrantheit Alfoholmißbrauch, Infektionstrantheiten, Uebermüdung usw. sind ist nicht weit. getviß auch von Einfluß beim Entstehen von Kriegsneurosen. Dazu kommt nach Dr. Simmels Meinung noch, daß manche Kriegsneurofen auf früheres feguelles Trauma( Berlegung) aurüdzuführen sein werden.
Die Heilung der Neurofen ist von großer Bedeutung angesichte der vielen Männerber lufte infolge des gegenwärtige Strieges. Es ist zu hoffen, daß bei Anwendung der Seelenanalytischen und hypnotischen Methode, die Dr. Simmel empfiehlt und die er vielfach erprobte, bessere Seilungsresultate erzielt werden als vordem. H. Fehlinger.
Was jeder gerne steht!
Alle Neurofen beruhen auf einer Veränderung der Persönlich. feit, die ihren Grund in ihrer feelifchen Spaltung hat Normaler weise werben alle Eindrücke und Empfindungen aus dem eigenen Störper und aus dem Verkehr mit der Umwelt dem Versönlichkeits. gefühl untergeordnet, und zwar im Sinne einer Luftbetonung des ganzen Menschen; es besteht innere Harmonie, die sich nach außen widerspiegelt. Eine Störung dieser Harmonie tritt ein, wenn das Persönlichkeitsgefühl nicht mehr vorherrscht, sondern wenn gleich starte oder stärkere Gefühlsgruppen( fomplexe) im Innenleben des Menschen entstehen, die dann selbständig als sogenannte überwertige Gefühlsgruppen wirken. Das fann im Kriege besonders bann leicht geschehen, wenn sich dem Menschen überstürzende Erregungswellen aus Empfindungen aufbrängen, die ihre Entstehung fatastrophalen Geschehnissen verdanten. Der Intellett ist solchen nicht ge wachsen, weil er infolge des Wangels jeder Vergleichemöglichkeit auf sie nicht eingestellt und vorbereitet war; er fann die Eindrücke nicht verstandesmäßig verarbeiten, nicht ber Tendenz der Gesamtperfönlichkeit unterordnen und sie so unschädlich machen. Der im Menschen entstandene überwertige Gefühlstomplex fann diefem bewußt bleiben, in welchem Fall es leicht zu Geistesstörung fommt, oder er wird aus dem Bewußtsein verbrängt; dann entsteht eine Neurofe, die Dr. Simmel in der zitierten Schrift als Selbfisicherung des Drga nismus gegen die Psychose, die Geistesfrantheit, auffaßt. Die Selbstsicherung besteht darin, daß das Ich den ganzen unluftbringenden und unverarbeitbaren Gefühlstomplex von seinem Bewußtsein ablehnt und in die Zone des unbewußten in ein Gebiet verdrängt, das man Unterbewußtsein nennt. Was Unterbewußtsein ist, fann jeder Mensch beobachten: Dit haben wir bei etwas, das wir sehen, hören oder sagen das Gefühl, das hast du in deinem Leben schon einmal gefeben, gehört oder gesagt, furz, fchon einmal Die Dame hatte die hymnische Rede mit wachsender Befrem erlebt. Das sind Eindrücke, die zu einer Beit das Unterbewußtsein bung angehört. Nun facte fie:" Ich verstehe nicht, Egon, von wem aufgenommen hat, als der Jntelleft für das Jch aubertveitig belegt Du sprichst. Auch ich fand ibn einfach entzückend, aber man spricht war und feine Beit hatte, diese Eindrücke zu rapportieren, zu boch nicht von einem solchen Mann in so drastischen Ausdrücken. Bewußtsein zu bringen. Sie find empfangen und wie in einer Du fannst doch gar nicht wissen, wer das ivar." Grammophonplatte festgehalten worden; es bedarf später nur einer Anregung, die wie ein Stift in die Eindrücke hinabreicht, um sie antlingen zu laffen.
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Det wer'n wa jleich abstell'n: Sie da! Hinten anjeftelt!" " Ja, aba ick muß mir doch vorstell'n!" " Borstell'n is nich, Männelen; imma hinten anjeſtet!" Manu! Jd wer' doch hier anjeſtellt!"
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,, Wat, wat, hier anjestellt??
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Hinten anstell'n Sie Dicktopp!" Ach Jotte boch, stell'n Se Jhn' man nich jleich so an, als ic Wunda wat anjeſtellt hätte!"
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Gena wie der andre! Hier fint alle anjeſtellt 1"
Det id nich lace! Det wärn aba vaflucht ville Anjeſtellte! Borleifich foll id jang alleene an Stelle bon det offe Jestelle von
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„ Ach so- o, Sie fin bestellt!" Na nu jawoll doch!" Det fonnten Se man jleich fagen. Denn brauchen Se Jon' ooch nich anstell'n. Imma jehn Se! Hoffentlich wern Se an( Simplicissimus".)
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Ein Serr und eine Dame spazieren mit ffeinen gelangweilien Gehilfen anjeſtellt wern, wiffen Se, der wo sich hat stellen missen!" Schritten unter den ausnehmend schönen und prächtigen Kastanien, die die Königin- Augusta- Straße beichatten, auf und ab. Da schwingt sich in einer aus Gefahr und Schönheit gleich reizvoll sich entfaltenden Sturbe ein Automobil aus der Bendlerstraße in die schattige jeſtellt!" Uferstraße hinein. Die Bertung hat ein junger Matrose, im Wagen figt ein junger Marineoffizier. Notizen. Donnerwetter," sagt der Herr toie bingeriffen,„ haft Dit gefehen, Edith? Das war boch großartig! Das hatte Schmiß Ueber- luft der Wolfsbühnen haben die Reinhardtbühnen sich eine neue Steinhardt in Charlottenburg . Nach dem Berhaupt, diefer junge Kerl war zum Walen. Samoses Titelbild für Wirkungsstätte gesucht. Sie werden von Mitte September an Gastdie Jugend". Ganz ausgezeichnet, dieses wundervoll energische und dabei ein wenig tropige und noch jungenhafte Stinn, Diefes spiele in der Hochschule für Musik in Charlottenburg geben. Der funge Auge mit dem harten und scharfen Blick eines Maubvogels. geeignet sein. dortige Theatersaal dürfte allerdings nur zu einem Provisorium und in der Haltung diese scheinbare Lässigkeit, unter der sich die schärfste Anspannung der Nerven verbirgt. Ich täusche mich nicht, das war Friesenrasse. Die macht uns das Ausland nicht nach Was, Edith?"
Jetzt war die Reihe an dem Herrn, erstaunt zu sein: Ja, wen meinst denn Du, liebe Edith? Ich meine natürlich den jungen Matrosen an der Steuerung, diesen figen, bronzefarbenen Jungen. Wahrhaftig, ein Bild von unseres Volkes Gesundheit und Straft und Schönheit."
Mit dem Hinabtauchen übermächtiger Gefühlskomplege in das Unterbewußtsein werden sie aber nicht ausgelöst, sondern sie bleiben, ohne daß das Jch des Menschen selbst davon etwas weiß, mehr Ach so, den," tam es gelangweilt von dun Lippen der oder weniger wirfiam, ihr ffett tritt hervor: Der Betroffene wird Dame, den habe ich gar nicht gefehen. Ich meinte natürlich den von den unluftbetonten Empfindungen gequält und hat dabei blöschen, jungen Marineofftater. Es war gewiß ein Admiral, der förperliche Schmerzen. Das tritt um so leichter ein, wenn An- fchon über tausend feindliche Schiffe verfeuft hat." E. W. T. Inüpfungen an früher bereits vorgekommene Empfindungen bestehen; die durch Erkrankungen veranlagt waren. Hierauf beruhen auch die sogenannten hysterischen Folgeerfcheinungen in Form von Lähmungen, Zusammenziehungen usw., die fich an Verwundungen ober Erkrankungen der betroffenen Organe anschließen.
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Die Volksbildung in Finnland .
Es ist eine ganz falsche Anschauung, toenn man, wie es noch bisweilen geschieht, die Bildung und Geiftestultur der Finnen mit
und ich werde bis zu dieser Höhe Ihre Verpflichtungen decken."
Trawinski sprang vom Stuhl auf und begann in einer heißen Aufwallung sich zu bedanken.
Nichts zu danken, Herr Trawinski, ich risfiere ja nicht einmal etwas, ich kenne Sie und Ihr Geschäft doch gut. Hier haben Sie die Formulare, füllen Sie sie gleich aus.
Den alten Baum fand er im dritten Pavillon, der auf die Straße ging. Er saß in einem kleinen Zimmer vor dem Schreibtisch, auf dem in lange Streifen geschnittene Waren- Jer proben aufgeschichtet lagen.
Sie begrüßten sich schweigend. Der Alte drückte ihm fest die Hand und schob einen Stuhl vor.
Ich habe sie lange nicht mehr gesehen," begann er. Trawinski entschuldigte sich mit Sorgen und vieler Arbeit, er sprach lange, hatte aber keinen Mut, von dem Zweck feines Besuches zu reden. Die Traurigkeit der Fabrik hielt ihn ab, die auch auf dem Gesicht des Fabrikanten eingegraben war; unwillkürlich hatte der Alte die blaffen Augen aufs Fenster gerichtet, durch welches man sehr gut die aus allen Fenstern leuchtende Müllersche Fabrit sehen konnte.
Er gab kurze Antworten und wartete auf die Aufklärung des Besuchers.
Trawinstt fühlte es, unterbrach sich mitten in einer Erzählung und sagte kurz:
" Ich bin mit einer Bitte zu Ihnen gekommen!" Er atmete auf.
„ Bitte sehr... Ich höre.
Rasch erzählte ihm Trawinski seine ganze Lage, traute fich aber nicht, ihn um Hilfe zu bitten, als er die streng zujammengezogenen Brauen sah und einen gewiffen unwilligen Ausdrud in den Augen.
"
„ Wir alle fahren auf diesem Karren, die fressen uns
auf!..."
Baum sprach langsam und zeigte auf die großen Fabriken hinter dem Fenster.
"
Womit kann ich Ihnen helfen?" fügte er hinzu. ,, Mit einem Darlehn oder einem Wechselgiro." Wieviel?"
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Sturz und gut, ohne zehntausend Rubel muß ich fallen," erwiderte Trawinski leise und ausweichend, als befürchtete ex, mit einem lauteren Stlang das Wohlwollen, das er in Baums Augen bemerkte, zu verscheuchen.
alter passen keine Ehrenpräsidien mehr," erwiderte der Oberpräsident -Der Ehrenpräsident. In unser demokratisches Zeitvon Westfalen Prinz v. Natibor dem Provinzialausschuß des man versicherte, daß er seines hervorragenden Interesjes für die Theaterkulturverbandes, der ihm den Ehrenvorsiz antrug. Aber als Arbeiten des Ausschusses wegen gewählt sei, wurde er doch Ehrens präsident.
Strindbergs Briefe. Strindbergs Erben haben fürzlich dem„ Nordischen Museum " in Stockholm Strindbergs Bibliothef sowie eine größere Anzahl von Handschriften und Kunstgegenständen aus seinem Besitze überwiesen. Dieser Erbschaft ipurde jeht ein Strindberg- Archiv angegliedert, das funlichst alle Sandschriften und Briefe des Dichters sammeln soll. Dec Verwalter der Pinterlassenschaft Strindbergs, Professor CarlheimGyllensföld, Senit vor allem an die Sammlung und Veröffentlichung der etwa 12 000 Briefe, die Strindberg, auch im Briefschreiben ein Niese, hinterlassen hat.
Aus einer in Strindbergs Hinterlassenschaft borgefundenen Direttive" über die Herausgabe seiner Schriften geht hervor, daß er seine Briefsammlungen als Selbstbiographie herausgegeben schen wollte, doch sprach er sich zugleich scharf dagegen aus, daß seine Briefe als" Hintergründe für die Grpektorationen anderer" herausgegeben würden. Diese Weifung foll nun geireulich befolgt werden.
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Bloß vom Sehen. Ich verlehre ja nicht in der großen Lodzer Welt, bei diesen verschiedenen Mendelsohns, Buchholzens, Salzmanns, Meyers und dem anderen Gewürm. Ich kenne sie alle, die Jungen vom Sehen, die alten von Michel her. wo wir manchmal zusammenkommen; wir tannten uns alle mal näher, aber das ist schon lange her, als in Lodz noch Anständigkeit herrschte und es teine Millionäre gab. Das waren Zeiten, von welchen ihr Jungen feine Ahnung habt. Jch und der alte Geyer, wir waren damals die großen Lodzer Firmen, Dampf, Maschinen, Elektrizität, Wechsel, Schundwaren, Pleiten, Brandstiftungen, das kannte man nicht mal vom Hörensagen."
Tratinsti war berauscht. Diese fast unvorhergesehene Rettung brachte ihn aus dem Gleichgewicht. Fieberhaft füllte die Wechselformulare aus, hob aber jeden Augenblick den Kopf und schaute zu Baum hinüber, der im Kontor-umber ging, am Fenster stehen blieb und mit einem dumpfen, drohenden Blick auf Lodz herabsah. Dann wieder spazierte er" Und doch mußte das, was jeht hier herrscht, kommen." im Zimmer, herum, das trockene, fnochige Gesicht vornüber-" Ich weiß, daß es kommen mußte, daß die alte Ordgebeugt. Er war auch groß, wie sein Sohn, aber viel magerer nung der neuen immer weichen muß, was sollen wir und lebendiger in den Bewegungen. Er sprach wenig und übrigens darüber reden." Er machte eine verächtliche Handerledigte die wichtigsten Geschäfte mit wenigen Worten. bewegung und sah die Wechsel durch. Ruhig, ja still, seiner Frau und den Kindern gegenüber Eine ohnmächtige Wut erfaßte sein Herz so heftig, daß manchmal bis zur Schwäche nachgiebig, gab es doch für ihn ihm die Stimme versagte. Er unterschrieb die Wechsel und. Dinge, bei denen er unbeugsam ipar; feine Gefälligkeit war schwieg lange. in Lodz sprichwörtlich geworden und unerschöpflich, zugleich Haben Sie's eilig?" war er aber zu Hause geizig bis zur Wunderlichkeit. " Ja, doch ich möchte noch einmal Ihnen aus ganzer Welche Frist wollen Sie haben?" Seele für Ihre Hilfe danken."
„ Die Ihnen am bequemsten ist," erwiderte Baum, die Tür nach dem Nachbarsaal öffnend, in dem alle Webstühle in Tätigkeit waren.
Er schloß die Tür gleich wieder, steckte die Hände in die Taschen der grauen, mit Rrempelwolle gefütterten Joppe und sah sich wieder die Stadt an. Das Telephon flingelte. Es war die einzige moderne Einrichtung in seiner Fabrik. ,, Das ist für Ste. Borowiecki ruft an," sagte Baum. Gestaunt ging Trawinski an den Apparat. „ Von deiner Frau habe ich erfahren, wo du bist, mein Lieber, also, ich habe abgerechnet, ich kann dir fünftausend Rubel leihen. Aber nur auf zwei Monate. Wenn du also willst?" sprach Borowiecki.
Ja nehme es freudig an," rief er glücklich. Woher telephonierst du?"
Bon deinem Arbeitszimmer, unter Aussicht deiner Frau," lautete die Antwort. ,, Barte auf mich, ich tomm' gleich.". „ Gut."
Schab' um die Beit! Mir tut nur eines leid, daß Sie vor. fünfzig Jahren nicht schon in Lodz waren, damals hätten Sie hier eine Fabrik haben sollen. Sic passen auch nicht zum heutigen Lodz . Hier ist kein Platz für anständige Fabrikanten, Herr Trawinšti. Jener erwiderte nichts. Er hatte es eilig, nach Hause zu kommen. Sie besprachen nur noch einige Fragen wegen der Wechselfristen und trennten sich.
Gleich begannen auch die Pfeifen die Luft zu zerreißen, zum Zeichen des Arbeitsschluffes, und die Fabriken erloschen eine nach der anderen und entschivanden in der Nacht.
Als die Arbeiter fort waren, ging Baum nach seinem Hause; es stand in einem Garten vor den Fabrikpavillons, mit der Front zur Straße.
In feinem Zimmer zog er sich um, zog seine gestickten Pantoffeln an, bedeckte das noch volle, weiße Haar mit einer fleinen, mit weißen Glasperlen bestickten Mühe, und ging ins Eßzimmer, in dem zum Abendessen gedeckt wurde.
Max saß am Tische und bante seinen Sichten, die an seinem Halfe hingen, fleine Häuser aus Holzklözzen. Die Borowiecki war es, er möchte mich sprechen. Kennen Mädchen lachten laut und zwitscherten wie Vögel.
,, Bargeld habe ich nicht, aber was ich werde tun können, werde ich tun. Geben Sie mir Wechsel über diese Summe, I Sie ihn?"
Gorts. folgt.)