Einzelbild herunterladen
 

Nr. 211. 35. Jahrg.

Bezugspreis:

Bierteljährl. 4,50 mt, monatl, 1,50 mt. frei ins Haus, vorauszahlbar.Einzelne Nummern 10 Bfennig. Boftbezug: Monatlich, vom Bostschalter abzuholen 1,50 ML, bom Briefträger ins Haus ge bracht 1,64 Mt. Unter Kreuzband für Deutichlard und Desterreich- Ungarn 3,- M., für das übrige Ausland 4.50 ML. monatlich. Bersand ins Feld bel diretter Bestellung monatl. 1,80 RL. Bostbestellungen nehmen an Däne mart Holland, Luxemburg  , Schweden  und die Schweiz  . Eingetragen in die Post- Rettungs- Breisliste. Erscheint täglich.

Telegramm- Adresse:

.Sozialdemokrat Berlin  ".

Vorwürts

Berliner   Volksblaff.

10 Pfennig

Anzeigenpreis:

Die flebengespaltene Solonelzeile foflet 80 Big. Kleine Anzeigen", bas fettgedruckte Bort 30 Big.( zulässig 2 fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 15 Bfg. Stellengesuche und Schlafstellenanzeigen das erste Wort 20 Bfg., jedes weitere Wort 10 Pfg. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte. Zeuerungszuschlag 20% Familien- Anzeigen, politische und gewertschaftliche Vereins. Anzeigen 60 Bfg. die Zeile. Anzeigen für die nächste Nummer müssen bis 5 Uhr nachmittags im Hauptgeschäft, Berlin  SW.68, Lindenstraße 3, ab regeben werden. Geöffnet von 8 Uhr früh bis 7 Uhr abends.

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands  .

Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3. Fernsvrecher: Amt Moritplat, Nr. 151 90-151 97.

Sonnabend, den 3. August 1918.

Nachhutfchlacht.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3.

Fernsprecher: Amt Morigplak, Nr. 151 90-151 97.

Bayerngegendie ,, Bevorzugung" Fortgang der feindlichen Angriffe zwifchen Der Kampf um die Rohstoffe.

Berlins.

Ein Kampf um die Fleischration.

Die bayerische Correspondenz Hoffmann" meldet amtlich: Die Preffe hat die Nachricht gebracht, daß der Stadt Berlin   bas Recht zugestanden worden sei, auch im kommenden Versorgungszeit­raum jedem Versorgungsberechtigten eine Wochenfleischmenge von 250 Gramm zu verabreichen, obwohl nach einer Weisung der Reichs­fleischstelle die Wochenhöchftmenge an Fleisch für das Reich auf 200 Gramm feftgesetzt wurde. Die Presse hat sich einmütig

gegen diese Bevorzugung Berlins  

gewendet. Da Anhaltspunkte dafür bestehen, daß die Nachricht zu­treffend ist, hat, wie wir erfahren, das Staatsministerium des Innern gegen diese Herausnahme der Stadt Berlin   aus dem allgemeinen Versorgungsplan entschieden Einspruch er­hoben und sich vorbehalten, im Bedarfsfalle auch den größeren bayerischen   Städten in gleicher Weise entgegenzukommen. Im Interesse der Schonung unserer Viehbestände wäre es sicher geboten, ausnahmslos eine Herabsehung der Wochenkopfmenge an Fleisch eintreten zu lassen.

Daß dieser Protest gerade aus Bayern   kommt, ist stark! Alle Welt weiß, daß das Königreich Bayern im Punkte der Ernährung und besonders der Fleischversorgung eine be­neidenswerte Ausnahmestellung besitzt. Wir erinnern an das Dokument dieser glücklichen Zustände, das wir am 2. Juni beröffentlichten. Es war die Speisekarte eines mittleren Münchener   Restaurants, die u. a. folgende Genüsse aufzählte: Ochsenfleisch mit gelben Rüben 1,60 M., Reisfleisch garniert 2,30 M., Rostbeef mit Salat 2,40 M., Saftlende mit Spinat 2,40 M., Schmorbraten mit Gemüse 2,00 M., Ochsenzunge mit Kartoffeln 2,60 M., ferner Hammelfleisch, Kalbfleisch, Wild usw. zu ähnlichen für Berlin   märchenhaft niedrigen Preisen. Der Protest der bayerischen   Regierung gegen die Bevorzugung Berlins   durch die armseligen 50 Gramm Fleisch, die es pro Kopf der Bevölkerung mehr bekommen soll, wird uns nötigen, noch etwas tiefer in diese Zustände hineinzu­leuchten.

Berlin   ist im Gegensatz zu Bayern   in der Ernährung am ungünstigsten im ganzen Reiche gestellt, die sächsischen und west­lichen Industriebezirke vielleicht ausgenommen. Wenn von dort der Protest gekommen wäre, hätte man es allenfalls noch verstehen können. Aber aus Bayern  !

Die Bewegung" der bayerischen Bresse   und der Einspruch der bayerischen   Regierung ist nichts als ein Zeichen der allbe­fannten Antipathie gegen den Wasserkopf Berlin  ". Aber, mit Verlaub zu sagen, wir Berliner   sind doch auch Menschen, und wenn man uns wirklich 50 Gramm Fleisch mehr zugestehen will, so ist das nur ein sehr notdürftiger Ersatz für vieles andere, was wir entbehren müssen.

Die Abneigung zwischen Bayern   und Berlin   beruht ja nicht auf Gegenseitigkeit! Je mehr die Bayern   gegen Berlin   haben, defto weniger hat Berlin   gegen die Bayern  . Um so mehr müssen wir bedauern, daß durch das Vorgehen der bayerischen   Regie­rung auch auf dem Gebiete der Ernährung innere Gegen. fäße geschaffen werden, die im Interesse des Ganzen doch besser vermieden würden. Und darum wäre es gut, wenn das König­reich Bayern seinem nationalen Leberknödel- Egoismus einige Schranken auferlegte!

Soissons und Fère en Tardenois Nach ihrer Abwehr die deutschen   Bewegungen plangemäß fortgesett Gefechte in der

-

Champagne.

Berlin  , 2. Angust 1918, a bends. Amtlich. An der Kampffront lockere Gefechtsfühlung mit dem Feinde.

Amtlich. Großes Hauptquartier, 2. August 1918.( 2. Z. B.)

Weftlicher Kriegsschauplah. Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht Die Artillerietätigkeit lebte am Abend vielfach auf. Rege Erkundungstätigkeit während der Nacht.

Heeresgruppe Deutscher Kronprinz. Zwischen Soissons   und Fère en Tardenois fezte der Feind gestern seine vergeblichen Angriffe fort. Nach ihrer Abwehr und nach Aufräumung des gestrigen Schlachtfeldes haben wir während der Nacht in der großen Nachhut­schlacht unsere Bewegungen plangemäß fort­gesett.

Starker Artilleriekampf ging den feindlichen Angriffen vor­aus, die sich am Vormittage gegen unsere Front beiderseits von Billemontoire richteten und sich am Nachmittage bis füd­lich von Hartennes ausdehnten. Sie wurden vor unseren Linien teilweise im Nahkampf abgewiesen. Ohne jeden Gelände gewinn hat der Feind hier wiederum einen vollen Mißerfolg er­litten. Unter Einfah stärkster Kräfte griffen englische und fran­ zösische   Divisionen am frühen Morgen aus der Linie nördlich von Grand Pozoy- Fère en Tardenois an. Beider­seits von Beugneng konnten ihre Panzerwagen über unsere vordere Linie hinaus die Höhen nördlich des Ortes gewinnen. Hier schoß unsere Artillerie sie zusammen. Nach erbittertem Kampf wurden auch die Infanterieangriffe des Feindes an den Nordhängen der Höhen zum Scheitern gebracht. Auch am Nach­mittage erneuerte feindliche Angriffe wurden hier blutig abge­wiesen. Zwischen Cramaille und Fère en Tarde­nois brachen die ebenfalls sehr starken Infanterie- und Panzer­wagenangriffe des Feindes bereits vor unseren Linien zusammen. Starkem feindlichen Feuer zwischen Fère en Tardenois und dem Meuniere Walde folgten Infanterieangriffe nur nördlich von Cierges. Sie wurden abgewiesen.

An der übrigen Kampffront herrschte Ruhe.

In der Champagne erfolgreiche Vorfeldkämpfe füdlich vom Fichtel- Berge und östlich der Suippes. Nord­westlich von Perthes drängten wir im örtlichen Borstoß den Feind aus seinen vorderen Linien zurück und wiesen nördlich von Le Mesnil Teilangriffe des Feindes ab. Heeresgruppen Gallwit und Herzog Albrecht. Erfolgreiche Infanteriegefechte westlich der Mosel   und an der Selle

Wir schoffen gestern 14 feindliche Flugzeuge und vier Fesselballone ab. Hauptmann Berthold errang seinen 40. Luftfieg. Unsere Bombenflieger waren während der Nacht sehr tätig und vernichteten unter anderem ein großes französisches Munitionslager nördlich von Chalons  .

Der Erste Generalquartiermeister.

Ludendorff.

Der österreichische Bericht. Wien  , 2. Auguft. Amtlich wird verlautbart: Italienischer Kriegsschauplatz.

In

Der englische   Ministerpräsident hat den verständlichen Wunsch gehabt, den von ihm eingeleiteten fundamentalen Wandel der britischen Wirtschaftspolitik, die völlige Abkehr vom Freihandel, die Beeinflussung der Wirtschaft durch den Staat zu erklären und zu rechtfertigen. Sein Auditorium war eine Deputation englischer Industrieller.

Der führende Gedanke ist: mindestens alle Glieder des britischen Reiches und möglichst auch alle Verbündete in der Weltfoalition gegen Deutschland   auf wirtschaftlicher Grundlage für ewige Zeiten" zu bereinen. Dieser Bund soll durch die vollkommene Herrschaft über die Rohstoffe widerspenstige Außenseiter, in diesem Falle die Mittelmächte, nach seinen Wünschen zwingen. Notwendige Bedingungen des Erfolges seien der noch immer nicht verbindlich ausgesprochene Anschluß der Vereinigten Staaten   an die Beschlüsse der Pariser Wirt­schaftskonferenz, die Einführung der Vorzugszölle in England zugunsten der Dominions und sichernde Maßnahmen während der Uebergangswirtschaft. Je länger die Mittelmächte den Krieg fortsetzen, desto härter müßten sie wirtschaftlich getroffen werden.

Wenn ein Staatsmann von den Qualitäten und der Autorität eines Lloyd Georges öffentlich mit so starker Be­tonung den Anschluß der Vereinigten Staaten   an die Beschlüsse der Pariser Wirtschaftskonferenz verlangt, so ist die Annahme gerechtfertigt, daß er sich bereits der Erfüllung seines Wunsches wohl versichert hat. In der Tat haben bereits die letzten wirt­schaftsfeindlichen Verfügungen der Vereinigten Staaten er­fennen lassen, daß sie den Wirtschaftskrieg in schärfster Form führen wollen. Sie haben die deutschen   Schiffe beschlagnahmt und über diese ja sehr naheliegende Verfügung hinaus den Verkehr der Schiffahrtsgesellschaften mit ihren Unteragenten berboten, um die Nerven der deutschen   Außenhandelsorgani­sation zu zerstören; sie haben deutsche Batente geraubt, so das Geheimverfahren über die Herstellung des hochwertigen Becker­stahls; fie haben die Liquidation von 50 Fabriken im Werte von einer halben Milliarde Mark aus feindlichem Besitz ange­ordnet; fie haben schließlich durch schwarze Listen den deutschen  Ueberseehandel auch außerhalb ihres Hoheitsgebiets zu treffen bersucht. Aber alles konnte noch als Kriegsmaßnahme zur Ein­schüchterung des Feindes erscheinen. Lloyd George   macht dieser Annahme ein Ende, es sei denn, daß er sich in unglaublicher Boreiligkeit eine arge Blöße gegeben habe.

Wie der Anschluß der Vereinigten Staaten   das welt­umspannende Rohstoffsyndikat zur Bekämpfung des Außen­feiters Deutschland voll aktionsfähig machen soll, so soll die Ge währung von Vorzugszöllen an die Kolonien in dem britischen  Weltreich den festen Kristallisationspunkt dieses terroristischen Riefentartells schaffen. Die englische Regierung weiß, daß sie mit politischem Druck und Zwang gegen die selbstbewußten Farmer und Kaufleute der Dominions wenig ausrichtet. Sie hat deswegen nur in den eigentlichen Kolonien mit einge­borener Bevölkerung, z. B. in Aegypten  , summarische Beschlag­nahmeverordnungen erlassen. Die gewißten Produzenten von Lebensmitteln und Rohstoffen in Australien   und Neuseeland  , Kanada   und Südafrika   hat sie durch langfristige Lieferungs­berträge zu gewinnen gesucht, in denen sie mit hohen Preisen nicht fargte und das Risiko für den Verderb der Ware im Falle von Schiffsraumknappheit übernahm. Eine geradlinige Fortsetzung dieser zielstrebigen Politik ist die Gewährung bon Vorzugszöllen an die Kolonialen. Sie soll diesen zu Bewußtsein bringen, daß ihnen ein großer aufnahmefähiger und kauffräftiger Markt, auch für den Fall einer ungünstigen Ronjunktur, vorbehalten bleibt und daß sie durch eine Ver­bindung mit dem Außenseiter Deutschland   nur ihre ungleich größeren Abnehmer auf dem begünstigten Markt brüsfieren. In diesen Tagen ist in Deutschland   gelegentlich aus einer Erklärung des kanadischen Premiers Borden   geschlossen worden, daß das vorgeschlagene System britischer Vorzugs­zölle bei den Kolonien selbst auf Widerstand stoße. Borden  hat gesagt, Kanada   strebe keine Sondervorteile an, verzichte also auf eine begünstigte Stellung auf dem englischen Markt. Die englischen Freihändler greifen in ihrer Verlegenheit auch Die Volschewifi, wird darin ausgeführt, hätten alle Seime einer dieses Diftum auf, um es als Argument für ihre Sache aus­demokratischen Ordnung vernichtet, das russische   Volk zuspielen. In Deutschland   weiß man erst recht nicht, was sei der jungen Freiheit beraubt, die Industrie vernichtet, das Funda­damit anzufangen ist, und fintemalen der Wunsch gern der ment der nationalen Produktion untergraben. Sie Vater des Gedankens ist, so sieht man darin schon einen Be­hätten die Armee entlassen, ohne auch nur den Abschluß des weis auseinanderstrebender Tendenzen. Die Wahrheit ist viel Friedensvertrages abzuwarten, und damit das Land der letzten Ver­einfacher: Wenn Borden   heute gegen die Vorzugszölle Stel­teidigung beraubt, den Weg zum allgemeinen Frieden gesperrt. Sie lung zu nehmen scheint, so nicht deshalb, weil er zu wenig, verfolgten alle übrigen sozialistischen   Parteien mit zügellofem Darum wird vorgeschlagen, eine internationale fondern weil er zu sehr schutzöllnerisch ist. Diese eigentüm­Terror, unterdrückten sozialistische Zeitungen und Organi sozialistische Untersuchungsfommission zu er- liche Charakteristik findet ihre Begründung in der Geschichte sationen und überfluteten Stadt und Land mit dem Blute der Ar- richten, die ihre Erhebungen an Ort und Stelle der fanadischen Handelspolitik. Sind schon die übrigen Do­beiter. Jeht seien Arbeiter und Bauern von solchem Haß gegen treffen soll. Die Anflagepunkte, die den Gegenstand der Er- minions( Australien  , Neuseeland  , Südafrika  ) schutzöllnerisch, die bolschewistischen Unterdrücker erfüllt, daß es unmöglich fei, fie hebungen bilden sollen, werden dann im einzelnen aufgezählt. so ist es Kanada   ganz besonders. Das Vorbild der Vereinigten länger von einem bewaffneten Aufstand gegen diese Tyrannei zurüd. Darunter befindet sich auch der, daß die Bolichewifi nichts zur Staaten Lodt zu einer ausgesprochenen Industrieförderungs­zuhalten. Berwirklichung des Sozialismus ausgerichtet haben. Die Inter- politik, zu deren Hilfsmitteln der Schutzzoll gezählt wird. nationale, heißt es weiter, dürfe nicht die Verantwortung dafür Die fanadische liberale Partei unter Zaurier, die die Farmer übernehmen, daß sie die Stellung der Bolschewiki mit ihrer bertritt, hat nun seit Ende des vorigen Jahrhunderts versucht. Autorität befestige und, indem sie die sozialistische Opposition den von den Ronservativen eingeführten hohen Zollschutz auf gegen den Bolschewismus schwäche, der Reaktion Hilfe leiste. Industriewaren durch die Gewährung von Vorzugszöllen zu

Rechtssozialdemokraten und Sozial­revolutionäre gegen Bolschewiki. Vorschlag einer sozialistischen   Untersuchungskommission. Die Auslandsvertretung der russischen sozialdemokratischen Partei und der sozialrevolutionären Partei( unterzeichnet Paul Axelrod und Nikolas Roussanoff) haben ein gemein­fames Manifest erlassen, das sich in schärfster Form gegen die bolfchemistische Herrschaft wendet.

Im sozialistischen   Ausland halte man die Behauptung, daß die Bolschewiki wie die Selbstherrscher regierten, für eine Räuber geschichte und jede Auflehnung gegen diese Selbstherrschaft für eine fonterrevolutionäre Bewegung."

Geschüttätigkeit an vielen Stellen andauernd rege. den Judicarien bei Bezecca, südwestlich von Asiago und südlich von Duero   wurden italienische Erkundungen vereitelt. Albanien  .

Beiderseits des Sereni- Knies dort ringende Truppen des Generalobersten Freiherrn v. Pflanzer- Baltin gelangten in der Verfolgung bis glatt an die Linie Fieri- Berat  . Weiter östlich am oberen Devoli Tale und auf den dieses begleitenden Höhen stießen unsere tapferen Bataillone auf heftigen Widerstand. Mehrere Stütpunkte wurden im Sturm genommen. Der Feind weicht nun auch hier zurück.

Der Chef des Generalstabes.