Die MröslL der Entente m RuZlanö» Die Entente geht auf die Schaffung siner neuen Ost- front aus, nicht indem sie die Heere eines Nikolai Nikola- jewitsch Mieder in den Schützengraben stellt. Das wäre fruchtlos-törichtcs Beginnen. Aber sie will Deutschland zur Intervention in Nutzland zwingen, sie besetzt dazu russisches Gebiet, desorganisiert die Herrschaft der Bolschewik!, arbeitet auf den allgemeinen Tohuwabohu hin und findet ihre leiden- schaftlichsten Helfer unter den linken Sozialrevolutionären. Die Sozialrevolutionäre haben Seite an Seite mit den Bolschewisten die proletarische Revolution gemacht und mit ihnen die eroberte Macht geteilt. Ddr Brester Frieden warf den Streitapfel zwischen die Brüder. Maria S P i r i- d o n o w a und S a w i n k o w, die sozüalrevoliüionären Führer, hatten und haben nicht die Geduld eines Lenin, der im Vrester Frieden nur eine Atempause sieht, bis die allge- meine Weltrevolution alle imperialistischen Mächte stürzt und Rußland jene Atemfreiheit wiedergibt; sie sehen nur das zer- rissen?, aus tau'end Wunden blutende Nutzland, verweigern dem Breiter Frieden die Anerkennung, erklären ihn für null und nichtig und führen von Partei wegen den Krieg gegen Deutschland fort. Das Kampfmittel der Sozialrevolutionäre sind Bombe und Revolver. Sie wollen den empirischen Nachweis erbrin- gen, daß Deutschland mit dem russischen Volk nicht im Frie- den lebt. Sic wollen das deutsche Heer zum Einmarsch brin- gen und die heilige russische Erde opfern, müßten sie auch bis zum Ural zurückgehen. Deutschland selbst soll beweisen, daß der Frieden von Brest-Litowsk eine Fik- t i o n ist. Die Sozialrevolutonäre spielen damit das Spiel der Entente. Die Entente will die Westfront entlasten, dem beut- ichen Volke vor Augen führen, daß seine Machthaber weder Frieden schließen noch halten können, und schließlich und vor allem durch Aufhebung des Vrester Friedens alle Ostpro- R'ms vor die allgemeine Friedenskonferenz ziehen. Alle ..Fragen", von der baltischen über die- Polnische bis zur kau- kasischen sollen internationalisiert werden. Eine solche Abücht zielt auf die Erweiterung der Kom- Pensationsmöglichkciten ans der�Friedenskonferenz und hat zum unmittelbaren"weck, jede Stabilität in den Ostgebieten zum Schwinden zu bringen, die Parteien und Gruppen, die sich an Deutschland anlehnen möchten, zu erschüttern und die Gegner einer mehr oder weniger engen politischen oder Wirt- schastlichen Verbindung mit Teutschland zu ermutigen. So biGer die sich ietzt über die Folgen des Brester Frie- dens offenbarende Wahrheit ist, so darf Deutschland die vei- iahrene Situation nicht noch verschlechtern, indem es offen- sichtlichen Provokationen nachgibt und damit die Absichten seiner erbitterten Feinde vollendet.
Juftkitt und Zrankom'a. Berlin , 7. Aufalst. Eines unserer U-Boote. Kommandant Kapilänlcutnant ö. Schräder, hat an der Nordküste Irlands den stark gesicherten englischen Dampfer I u st i c i a von 32 120 Br.-R.-X. durch mehrere Torpedotreffec so stark beschädigt, dah das Schiff am folgenden Taae durch ein vom Oberleutnant z. S. v. Nuckteschell befehligtes U-Boot trotz Bedeckung durch 18 Zerstörer und 16 Fisch- d cimwer endgültig versenkt werden konnte. Infolge sehr ähnlicher Baiiari wurde daZ Schiff zunächst irrtümlich für den früher beut- scheu Dampfer Vaterland gehalten. Das U-Boot bat außerdem noch awei große Dampfer, davon einen vom Typ Frankonia ll 8 Ol) 0 Br.-R-T.), aus stark gesicherten Geleitzügen an der West- lüfte Englands herauSasichossen. rund insgesamt 57 000 Vr.-R.-T. Der Chef des AdmiralstabeS der Marine. Die Frankonia ist ein Dampfer der Liverpoolcr Cunard-Linie aus dem Jahre ISIl. mit allen Einrichtungen der Neuzeit auS- gerüstet, mic drahtloser Telegraphie, Unterwaffersignalapparat, Kühlanlage ui'w. und mit Maschinen von über 40 000 Pferdekräften Jnsticia ist der 1915 in Belfast bei Harland u. Wolff für die' Holland-Amerika-Linie gebaute Turbincndampfer Statendam, der von der englischen Negierung übernommen wurde. Er war be« stimmt, der Stolz der niederländischen Handelsflolte zu werden, also mit allen technischen Einrichtungen und Feinheiten ausgerüstet, die überhaupt möglich sind. Amsterdam , 7. August. Der Schiffahrtscat hat heute daS Urteil über d-ie Ursachen deS Unterganges des Hospital- schiffes Königin RegenteS gefällt. Der Rat ist oer An- ficht, daß das Schiff durch einen Torpcdoschuß zum Sinken gebracht wurde. Da von dem Torpedo keine Bestandteile gefunden wurden, läßt sich die Na t i o n a l i t ä t dcS U-Bootes, von dem der Schuß gelöst wurde, nicht beweisen.
;R!ks noch KriegsfthauMtze! Der als Nachfolger Eichhorns zum Oberbefehlshaber in Kiew ernannte Generaloberst Graf K i r ch b a ch, bisher Oberbefehls» Haber der VIII. Armee, hat sich, der.Dorpater Zeitung" zufolge, mit einem Erlaß von der Bevölkerung von Livland und Estland verabschiedet, der folgendermaßen beginnt: „An die Bevölkerung von Livland und Estland ! Auf allerhöchsten Befehl bin ich auf einen anderen Kriegs- sch-luplatz berufen worden."... General v. Kirchbach kommt von Livland und Estland , er geht nach der Ukraine , er schreibt:„Ich bin auf einen a n d e- ren Kriegsschauplatz berufen." Danach hält Graf Kirch- buch Livland und Estland , ebenso wie die Ukraine , mit der wir laut Vertrag„in Frieden und Freundschaft" leben, immer noch für Kriegsschauplätze. Aber, hat er eigentlich unrecht?
Ernährung in Gefterreich-Ungarn . Wiener Blättern zufolge verfügte die niederösterreichische Statt- halterei, daß in Wien vom 11. August wieder die volle Brot- r a t i o n verabreicht werde. Auch werden wieder Zubußen für Schwerarbeiter eingeführt. Diese Maßnahmen gelten nicht bloß für Wien , sind vielmehr für das ganze Reich geplant, doch können sie aus technischen Gründen nicht überall gleichzeitig eingeführt werden. Auch die volle Ration an Kuchenmehl wird zur Verteilung gelangen, sobald größere Zufuhren von auswärts vorhanden sein werden, was in einigen Wochen der Fall sein dürft«. In Ungarn werden, einer Verfügung des Volksernährungs- amts zufolge, ab Mitte August— als« im 50. Monat des Weltkrieges— zum ersten Mal« zwei fleischlose Tage und ein fett- loser Tag in der Woche eingeführt. Da standen wir in Deutschland im Jahre 1015, nach etwa 10 Monaten Weltkrieg, inzwischen sind wir zu den fleischlosen Wochen gelangt. Glückliches Ungarn ? Ende eines russischen Großfürsten. London , 8. August. (Reuter.) Die„Times" berichtet aus Santander, daß König AI- phons seine Bemühungen für: die Angehövigen de» früheren Zcrreer
fortsetzt. Aus dringenden Telegrammen, die er erhielt, ging hervor, daß Großfürst Georg, der in Petersburg gefangen ist, sich in hoff- nungslosem Zu st and berindet. Vis Grunöftucksvsrkäufs au öle Land- gessllfchsft Westmark. Die„Nordd. Allg. Ztg." meldet halbamtlich: In der Presse ist letzthin eine vom Ministerium für Elsaß- Lothringen an die Liquidation des französischen Grundbesitzes im Meichsland ergangene Anweisung über die Fortsetzung dep Grund- stücksverkäufe an die Landgesellschaft West mark wiedergegeben und von einzelnen Seiten mit Bemerkungen in dem Sinn egleitet worden, daß dadurch die in dem Beschlüsse des Hauptausschusses des Reichstags zum Ausdruck gebrachten Wünsche in nicht zu billigender Weise beiseite geschoben würden. Demgegenüber können wir mitteilen, daß die Reichsverwaltung auf den Beschluß des Hauptausschusie? alsbald in Erörterungen dar- über eingetreten ist, in welcher Weife den zugrunde liegenden Wünschen über die künftige Gestaltung der einschlägigen Verhält- nisse Rechnung zu tragen sein wird. Das Ergebnis wird seinerzeit dem Reichstag mitgeteilt werden. Inzwischen darf aber die Ueberführung de? fran- zösischen Grundbesitzes in deutsche Hand nichts ins Stocken geraten; es muß deshalb der Erwerb dieses Grundbesitzes seitens der vertragsmäßig hierzu berufenen Gesellschaft fortgesetzt und womöglich beschleunigt werden. Ein Verkauf von Grund- stücken zu Siedlungszwecken, auf den die Besprechungen des Hauptausschusses vornehmlich gerichtet waren, ist bisher nicht erfolgt und kommt nach Lage der Sache für die nächste Zeit überhaupt noch nicht in Frage. Meinungsverschiedenheiten im Kriegs- ernährnngsamt. Eine Temifsion. Die„Deutsche Tageszeitung" teilt mit, daß Geheimrat von Rümcker seine Mitarbeit im Kriegsernährungsamt seit dem 1. August eingestellt hat. Man gehe, meint sie, wohl nicht fehl in der Annahme, daß er durch seine Tätigkeit im Kriegsernährungs- amt nicht mehr länger die Verantwortung für die Maßnahmen dieser Zentralbehörde mitübernehmen zu können geglaubt habe. Herr v. Rümcker habe durch diesen Schritt zweifellos zum Ausdruck bringen wollen, daß er die»negative Produktions- f ö r d e r u n g" des Kriegsernährungsamts nicht als im Interesse der Volksernährung und Volkswirtschaft liegend erachten könne. Dazu bemerkt die„Kreuzzeitung ":„Unseres Wissens dürften für den Rücktritt des Geheimrats v. Rümcker Meinungsverschiedenheiten über die Bestimmung der Preise für die diesjährigen Ernteerträge maßgebend gewesen sein." Unter diesen Umstanden haben die städtische» Verbraucher kaum Ursache, Herrn v. Rümcker eine Träne nachzuweinen.
wo Hütte? und Eie? bleiben. Eine Schleichhandelsrechnnng aus dem Siegkreise. Kürzlich veröffentlichten wir einen besonders eindringlichen Not- ruf des LandratS des S i e g k r e i s e s an die Landwirte, mehr Butter und Eier abzuliefern. In welchen Mengen diese hochwertigen Nabrungsmittel an einzelne Private abgehen, dafür liefert unser Kölner Parteiblatt durch den Abdruck einer Originalrechnung einen Beweis. Demnach hat ein Molkereibesitzer in einem Monat an eine Kundin geliefert: 108 Liter Vollmilch a 40 Pf., 12 Piund Butler a 5 M., 15 weitere Pfund Bulter in Töpfen a 5 M., 80 Stück Eier a 40 Pf, 2 Liter Sahne a 3 M., 6 Liter Buttermilch a 20 Pf. Alles im Hungermonat Juli 1918! Da sage noch einer, daß die Lebensmittel auf dem Lande nicht.erfaßt" werden. Gewöhnlichen Sterblichen bietet man im Siegkreise 30 bis 40 Gramm Fett die Woche. Hätte sich der Molkereibesitzer mit Berliner Schiebern in Verbindung gesetzt, so hätte er leicht dreimal so viel verdienen können.
Ein interessanter Beleidigungsprozeß gelangt wu heutigen Frei- kag vor dem Schöffengericht in Frankfurt a. M. zur Verhandlung. Es handelt sich um eine Prwcuklage, die 18 Mitglieder des Auf- sichtsrates der„Frankfurter Zeitung " gegen den alldeutsch - englischen Schriftsteller Häuften Stuart Chamberlain äuge- strengt haben. Anläßlich der Gründung der Vaterlandspartei hatte Chamberlain einen Artikel geschrieben, in dem er die„Frankfur- ter Zeikung" direkt und indirekt beschuldigte, während des Welt- kriegeS die Interessen Englands zu vertreten. Dabei haitte er auch auf eine Aeußerung Bismarcks aus dem Jahre 1878 über die .»Franks. Ztg." Bezug genommen und daraus gefolgert, daß unmit- telbare Beziehungen zwischen der englischen Regierung und der „Franks. Ztg." beständen. Diese Behauptungen bilden den Gegen- stand der Klage. In seiner Verteidigungsschrift bietet Chamberlain ÜLeweiS dafür an, daß die„Franks. Ztg." während des Krieges alles getan habe, um das deutsche Ansehen im Auslande hcrabzu- setzen. Hierzu rechnet Chamberlain auch das Eintreten der„Franks. .Ztg." für die preußische Wahlreform und das p a r! a- mentarische System! Wunderbar spiegelt sich die Welt in alldeutschen Köpfen. Kriegsbeschädigte in den Urwald. Unser« Alldeutschen haben die Annexion östlicher Gebiete auch mit den Interessen der Kriegs- beschädigten begründet, für die dabei Siedlungsland ge- Wonnen würde. Ein Vorschlag, der jetzt in der„Zeitschrist für Krüppelfürsorge" gemacht wird, dürfte den Kriegsbeschädigten zu denken geben. Ein gewisser H. Riegler faßt dort die Urbar. machung des ungeheuren Urwaldforstes von Bjelowjesch, des einstigen Jagdreviers des Zaren, ins Auge. Er hält die Tätig- keit in diesem Urwaldgebiet gerade für Kriegsbeschä- d i g t e für besonders geeignet nnd empfiehlt ihre dortige Ansied- lung mittels des Kapitalabfindungsgesetzes.— Ganz abgesehen davon, daß es heller Unsinn ist, die Urbarmachung eines Urwaldes, die schon für kräftige Männer eine Leistung darstellt, Krüppeln übertragen zu wollen, haben unsere Kriegsbeschädigten wirklich etwas Bessere? verdient, als daß man sie in den Urwald verbannt. Ueber die Löschung von Borstrafen in der Armee heißt eS in einem Schreiben des preußischen Kriegsministeriums an den Abg. Müller-Mewigen:„Die auf Grund allerhöchster Ermächtigung durch daS Staatsmintsterium angeordnete Löschung des Straf» Vermerks im Strafregt fter hat ohne weiteres auch die Löschung der Strafeinträge in den militärischen Listen und Papieren zur Folge."— Leider hat man sich noch immer nicht dazu entschließe« können, mit dem Erlaß von Strafen auch die Neben st rasen, wie Degradation und Versetzung in die zweite Klasse des Soldaten- standeS aufzuheben. Entthronung de? Königs von Sachsen durch die„RorÄdsutschc Allgemeine". Zum 80. Geburtstag des Strasburg er Bischofs Fritzen schreibt die offiziöse„N. A. Z.", Fritzen sei 1873 Hofkaplan des jetzigen Königs Georg von Sachsen geworden.— Mit den Königen ist der Weltkrieg ja vielleicht unsanft umgesprun- gen. Aber daß sich F r i e d r i ch A u g u st von Sachsen Widerstands- los von einem Redakteur des offiziösen preußischen Blattes ab- setzen läßt, können wir doch nicht recht glauben. Und was werden jurn diu Litauer machen, denen doch gewisse Kreise de» Sachsen-
Prinzen Georg so eifrig rfls Gedemin II.— Konkurrenz gegen Ikindowe II., alias Wilhelm v. Urach— aufreden möchten I? BundesratSbeschlüsse. In seiner Vollsitzung vom Donnerstag hat der Bundesrat der Vorlage, betreffend die Aenderung und Ergänzung des Warenverzeichnisses zum Zolltarif und der Anleitung für die Zollabfertigung, dem Entwurf einer Bekanntmachung zum Bier st euer- ges ehe. der Vorlage, betreffend Entwurf von Biersteuer-Ausführungs- bestimmungen und der Vorlage, beireffend den Entwurf von Ausführung?- bestimmungen zu dem Gesetze, betreffend die Besteuerung von Mineralwässern und künstlich bereiteten Getränken, nebst Nachsteuerordnung zugestimmt und beschlossen, daß der Reichs finanzhof seinen Sitz in München habe solle._
Industrie und Sandel. Die Neuerungen in der Textilindustrie. _ Ueber eine neue Erfindung, die die Bearbeitung der Zell- stoffgarne vervollkommnen und auf weitere AnwendungSge- biete ausdehnen soll, schreibt dem„Berliner Tageblatt" Herr Professor Paul S ch u l z e in Krefeld , Direktor der preußischen höheren Fachschule für Textilindustrie, das Folgende: Die große Bedeutung der Zellstosfoarue ift von den Webereien in voller Weise gewürdigt worden, so daß heute schon ein« große Anzahl Gewebe in Zellsroffgarnen existiert, die mancher Itot gc- steuert haben. Dcnnoch bot die vollkommene Verarbeitung von Zcllstoffgarnen bei vielen wichtigen Artikeln große Schwierigkeiten, und besonders war es für das Gebiet der Fußbekleidung bisher nicht möglich, einen Stoff zu erzielen, der vollen Ersatz für Oberleder gewährleistet. Der Textil-Jndustrie-Aktien- Gesellschaft(Tiag), Barmen, ist es nunmehr gelungen, einen neuen Flechtweb st uhl zu bauen, der � es ermöglicht, trotz der Eigenart des Materials ein Erzeugnis herzustellen, das ohne jede Apprc-tur die Vorzüge des Leders in sich vereinigt, so daß Schuhe, aus diesem Stoff hergestellt, vollständigen Ersatz für Lederschuhe bieten und auch in normalen Zeiten als vollwertiger Bedarfs- artikel gelten werden. Neben diesen optimistischen Erwartungen melden sich auch skeptische Stimmen. Wir führten bereits das Gutach- ten der Greizer Handelskammer an. Auch der„Konfektio- när" warnt jetzt vor übertriebenen Erwartungen: „Die Fabrikation der Stapelfaser wird durch eine Reih? von Fabriken in Deutschland seit geraumer Zeit ausgeübt und liefert bereits recht ansehnliche Mengen, die aber von der Heeresverwaltung restlos beschlagnahmt sind und bisher für den vorzugsweise zu befriedigender Heeresbedarf reserviert werden mußten. Die Fabrikation der Stapelfaser selbst vollzieht sich ahn- lich wie die der Kunstseide in einem sehr verwickelten, zeitraubenden und umständlichen chemischen Prozeß, der große langjährige Er- fahrungen erfordert und die erdenklichsten Schwierigkeiten für die damit beschäftigten Fabriken bietet. Es ist deshalb ganz ausge- schlössen, daß sich Hundert« von Textilbetrieben mit der Herstellung dieses Materials befassen werden oder befassen könnten, wie es ju einer Veröffentlichung heißt,'die in zahlreichen Blättern abgedruckt war. Denn es genügt für die Fabrikation durchaus nicht, daß etwa die Lizenzen auf die Patente freigegeben werden. Damit und mit der Aufstellung einiger Maschinen ist es nicht getan. Die betreffenden Fabrikanten würden lediglich alle die Schwierigkeit ew und Versuche durchzumachen haben, die die bestehenden Fabriken im Laufe von Jahrzehnten überwunden und durch Verbesserungen nnd spezielle Methoden durch erfahrene Spezialisten zu vermeiden gelernt haben. Es kann deshalb nicht dringend genug davor gc- warnt werden, den Ruf nach Freigabe von Lizenzen zu verstärken. Derartige Lizenzerteilungen würden zu schweren Enttäuschungen. großen Kapitalverlusten und schließlich und vor allem zur V e r- aeuduna der wenigen zur Verfügung stehenden Chemi - kalten fuhren. Diese sind in großer Menge und Verschieden- artigkeit für die Fabrikation erforderlich, stehen unter den gegen- wärtigen Verhältnissen ofor in in beschränktem Maße zur Per- fügung, weil sie auch für andere wichtige Heereszwecke in An- spruch genommen werden. Schon jetzt ist die Knappheit an diesen Chemikalien so groß, daß nicht einmal die bestehende» Betriebs voll ausgenutzt werden können."_ Es wäre wünschenswert, daß möglichst bald eine amtliche Mitteilung die sich aus den neuen Erfindungen ergebenden Möglichkeiten näher präzisieren würde. Die Erwartungen auf einen leistungsfähigen Tertlersatzstoff sind schon so hoch gespannt, daß sich eine Vermeidung größerer Enttäuschungen Wohl empfehlen würde. Soweit zu übersehen, treffen aller- dings die Einwendungen gegen die Erfindungen der Elber- felder Glanzstoffabriken A.-G. und der Vemberg A�G. nicht die neuen Verfrchren selbst, sonder nur die Möglichkeit ihrer sofortigen Anwendung in größerem Umfang. Es wäre eine unparteiische Darlegung um so nötiger, als es nicht ganz ausgeschlossen ist, daß mancher Wi- dersprnch auf besonderen Interessen beruht, die von einer allzu raschen Herstellung genügender Ersatzstoffe zu ertrag- lichen Preisen eine Schädigung befürchten. Ueberhaupt wäre es wünschenswert, wenn über die vermutliche Höhe der Prelis für Ersatzstoffs Auskunft erteilt würde.
Ein«e««S Kanalprosekt für den Osten. Unter dem Titel„Die Schi ffahrtsstvaß« Oberpregel— Gumb innen— Augustowo" hat der Magistrat von Gumlünne-n eine Denkschrift herausgegeben, die den Wort einer neuen Wasserstraß« aus dem Gebiet Oberost nach dem Oberpregel bespricht. Bisher kamen für Ostpreußen als Wasser- weg«, die eine Verbindung mit dem Lande Oberost darstellen, nur die Linien von der Weichsel über das Frische Haff nach Königsberg und die Linie Tapiau— Tilsit— Schmalleninglcn. also der auch für Kowno und sein Hinterland besonders wichtige Memellauf in Frage. Er wurde von den Russen stark vernachlässigt. Das neue Kanal- Projekt würde durch den breiten Landstreisen zwischen dem Wamel- ström und dem Masurischen Kanal führen.
ZtUz Nachrichten. Das englische Gesetz gegen die Ausländer. Bern , 8. Angust. Das englische Gesetz gegen die Ausländer wurde am 2. August vom OberhauSauSschutz mit«inigen Abände- rungen angenommen. Die wichtigsten davon sind, daß feindliche Fremde nicht fünf, wie vom Unterhaus angenommen, sondern zehn Jahre lang nach Friedensschluß nicht naturalisiert wer- den dürfe« und daß die UngültigkeitSerLärung der infolge falscher Angaben erteilten Naturalisationsurlunden nicht dem Ermessen des Staatssekretärs des Innern überlassen, sondern ihm zur Pflicht gemacht wird. In eine köcherliche Lage geriet in der Sitzung der äußerst ftemdenfeindliche Flügel des Oberhauses mit dem An- trage, daß kein Naturalisierter feindlicher Herkunft nach dem 31. August Ritglied des Geheime« Rates oder des Parlaments fein dürfe. ES stellte sich nämlich heraus, daß bei Annahme dieser Maßnahme a»S gerechnet drei bekannte Man- ner aus dem Geheimen Rat entfernt werden müßten, nämlich Sir Edgar Speyer , Sir Ernest Cassel ! und Marquis M i l f o r d Häven, wobei der letztgenannte außerdem die ihm erst kürzlich zur Vertuschung seiner Battenberger Herkunft verliehene Peers- würde verloren hätte.