Nr. 225. 35. Jahrg.
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elb
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Redaktion: Sw. 68, Lindenstraße 3.
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Neue Neue
Sonnabend, den 17. August 1918.
Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morinplas, Nr. 151 90-151 97.
Anftürme beiderfeits der Hvre.
Das Ergebnis
König Karl Stephan von Polen. Amtlich wird vom 15. August folgendes verlautbart: Die erneute Zusammenkunft der erlauchten Souveräne hat das innige Einbernehmen und die völlige Uebereinstimmung in bezug auf die politischen und militärischen Aufgaben wieder zutage treten lassen, auch die gleiche und treueste Auslegung des Bündnisses festgestellt. Das Zusammensein der Monarchen war von der Herzlich feit getragen, die ihren persönlichen Beziehungen wie den Interessen ihrer Völker entspricht. Die leitenden Staatsmänner und die militärischen Spizen haben eine gründliche und fruchtbare Aussprache ge= pflogen. Der t. und t. Minister des t. und t. Hauses und des Ministeriums des Aeußern, Graf Burian, und der Generaloberst Freiherr v. Arz sind von Seiner Majestät dem Deutschen Kaiser in besonderer Audienz empfangen worden, desgleichen hat Seine Majestät der Kaiser und König Karl den Reichskanzler Grafen Hertling und Generalfeldmarschall von Hindenburg empfangen.
Lieber Leser, nun weißt du es!
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Während man sich amtlich auf nichtssagende Allgemeinheiten beschränkt, wird von der Presse die vor zwei Tagen von uns gebrachte Nachricht, der Erzherzog Karl Stephan sei als neuer Polentönig in Aussicht genommen, bestätigt. Karl Stephan ist der„ polnische Erzherzog" des Hauses Habs burg , lebt in Canbusch in Galizien und hat zwei seiner Zöchter mit polnischen Prinzen, Radziwill und Czartoryski , verheiratet. Mit ihm übernimmt also der polnische Hochadel das Regiment in Polen .
Das neue Polen soll sich natürlich an die Mittelmächte , eng anlehnen", und zwar an Deutschland enger als an Desterreich. Eine Zoll- und eine Militärfonvention sind vorgesehen. Dafür soll den Polen freie Weichselschiffahrt und Mitbenutzung des Danziger Hafens als polni schen Freihafens zugestanden werden. Auch die Grenzfrage soll eine den polnischen Wünschen entgegenkommende Lösung finden wenigstens in der Beziehung, daß eine direkte Grenze zwischen Rußland und Polen gebildet ist.
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Mit der Proklamierung des Königs soll die Zweiteilung der deutschen und österreichischen Dtfupationsverwaltung berschwinden, aber es soll eine Oberaufsicht der Mittelmächte in Warschau bestehen bleiben und die polnischen. Rekruten sollen von deutschen Offizieren ausgebildet werden. Die„ Natl. Korr." sieht infolgedessen bereits auf dem Boden des Friedens von Brest - Litowst zukunftssichere Gebilde emporwachsen". Ueberflüssig zu sagen, daß das Vertrauen in die " Zukunftssicherheit" des polnischen Gebildes nicht überall in gleichem Maße vorhanden ist.
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Bolschewikisiege
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Heftige Feindesangriffe westlich der Oise Gehöft Atteche in Feindesland geblieben Im übrigen der Sturm abgeschlagen- Sechsmaliger vergeblicher Angriff der Franzosen auf Laffigny.
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Berlin , 16. August 1918, a bends. Amtlich. Beiderseits der Avre find starke feindliche Angriffe unter schweren Verlusten für den Feind gescheitert.
Amtlich. Großes Hauptquartier, 16. August 1918.(. Z. B.)
Weftlicher Kriegsschauplah. Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht Vorfeldkämpfe am Kemmel und bei Vieng Berquin. Stärkere Vorstöße des Feindes südlich der Lys, bei Ayette und nördlich der Ancre wurden abgewiesen.
Heeresgruppe Generaloberst v. Boehn.
Westlich von Roye und südwestlich von Noyon heftiger Fenerkampf, dem beiderseits der Avre, gegen Lassigny und auf den Höhen westlich der Dise feindliche Angriffe folgten. Südlich von Thiescourt blieb das Gehöft Atteche in Händen des Feindes. Im übrigen schlugen wir seine Angriffe vor unseren Kampfstellungen teilweise im Gegenstoß zurück. Schwere Verluste cr= litt der Feind in den Kämpfen um Lassigny. Hier stürmte er bis zu sechs Malen vergeblich an und wurde nach zehnstündigem erbitterten Kampf in seine Ausgangsstellungen zurüdgeworfen.
Geeresgruppe Deutscher Kronprina.
An der Besle nahm die Feuertätigkeit am Abend zu und blieb auch die Nacht hindurch lebhaft.
Wir schoffen gestern 24 feindliche Flugzeuge ab. Leutnant Udet errang seinen 54. und 55., Oberleutnant Koenneke und Loerzer crrangen ihren 30., Leutnant Neckel seinen 22. und 23., Leutnant Roeth seinen 21. Lustfieg.
Der Erste Generalquartiermeister.
Ludendorff.
Der österreichische Bericht. Wien , 16. August. Amtlich wird verlautbart: Neue italienische Angriffe gegen die Zontoffo- Stellung scheiterten an der tapferen Gegenwehr von Abteilungen des Kaiser- Schüßen- Regiments. Sonst verlief im Zonaleabschnitt der gestrige Zag ohne besondere Kampfhandlungen. Auf dem Monte Ciwono wurden feindliche Sturmtrupps abgewiesen. Albanien unverändert.
Der Chef des Generalstabes.
Nuror, Arsaras und Ewijasbaschet sind Konzentrationslager für gegenrevolutionäre Offiziere errichtet worden. Die Reste der russischen Truppen in Frankreich sind durch Aufruf des Rats der Volkskommissare aufgefordert, sich gegen die Einstellung in die lat, gilt als Feind ber Revolution. Armee der Entente auf jede Weise zu wehren. Wer sich einstellen
läßt,
Die Vergiftung der Jugendseele.
Der Jahrestag der Schlacht von Sedan rückt heran, ein Tag, der auch heute noch verfügungsgemäß an unseren Lehranstalten als Feiertag besonderer Art begangen wird. Einer vom Lehrkörper, den das Los trifft, hat eine der Bedeutung des Tages angemessene Rede zu halten.
Aber nicht jedem ist die Gabe des Wortes verliehen; wie wohl wäre manchem, eine passende Vorlage zu besitzen. Aber gottlob, da ist Vorsorge getroffen. Ein hilfsbereiter Kollege, Herr Th. Franke in Wurzen , hat eine„ Sedanrede für Schule und Jugendheim" ausgearbeitet und durch Veröffentlichung im Druck den notleidenden Amtsbrüdern zugänglich gemacht. Erschienen ist sie im Berliner Lehrerblatt", dem Organ der rechtsgerichteten Lehrer, das im Hause der„ Deutschen Tageszeitung" hergestellt und gedruckt wird. Schon der Ort der Herkunft läßt trübe Ahnungen aufsteigen. Aber da die Rede unter der Rubrik Pädagogische Tagesschau" auftaucht, so muß doch wenigstens die Schriftleitung ihr pädagogischen Wert beigelegt haben.
Beim Lesen wird man freilich schnell anderer Ansicht. Man erschrickt geradezu über das Maß der Verhegungs. sucht, das hier zutage tritt. Die Tendenz der Rede geht einzig dahin, schon die junge, unberührte Kindesseele mit Saß, Verachtung und Abscheu vor den Fran30sen, nicht vor irgendeiner französischen Regierung, sondern vor dem Volke der Franzosen als Gesamtheit zu erfüllen.
Würde ein solcher Versuch vor Erwachsenen gemacht, so fönnte man sich damit trösten, daß die Urteilsfähigkeit des gereiften Mannes das beste Gegengift gegen solche Giftreden ist. Aber bei zehn, zwölf- und vierzehnjährigen Kindern fann man leider nicht vorausseßen, daß sie die nötige Verstandesschärfe befizen, um unwahrheiten und Verzerrungen, die ihnen eingeflüstert werden, als solche zu erkennen. Wie soll sich ein Kind dagegen wehren, wenn ihm sein eigener Lehrer unter der Maske der Geschichte" Schilderungen und Werturteile vorfekt, die nichts als ein Berr- und Spottbild der wirklichen Geschichte sind.
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Mit Eifer und Fleiß hat Herr Franke alles das einseitig aus der Geschichte zusammengelesen, was zuungunsten des französischen Volfscharakters spricht. Die Kulturleistungen, des französischen Volkes sind ihm nicht bekannt, oder er unterschlägt sie abfichtlich. Seinem Berhezungszweck müssen auch die unbewiesensten Hypothesen dienen. So behauptet Herr Franke frisch und frei, daß die Franzosen vor siebentausend Jahren aus Afrika eingewandert wären, sie seien„ blutgierige Nordafrikaner, den heutigen Berbern in Maroffo und Algier berwandt". Mit genau demselben Rechte wird ein französischer Oberlehrer die Germanen, deren Einwanderung aus Bentralasien eine viel sicherere Sypothese ist, als Stammesverwandte der Baschkiren und Tataren bezeichnen. Der Erwachsene lacht, aber das ahnungslose Rind glaubt seinem Lehrer. Uebrigens sollte Herr Franke von den nordafrikanischen Berbern etwas vorsichtiger sprechen, gehören sie nicht zu unseren islamitischen Bundesgenossen, die Deutschland nach alldeutscher Auffassung von dem französischen Joch zu befreien hat?!
über Tschechoslowaken. Meldungen der Petersb. Telegraphenagentur. Mostau, 12. August.( P. 2. A.) Von der westlichen Zweiter Beweis des Herrn Franke dafür, daß die urtschechoslowakischen Front wird berichtet, daß die Flotte der Sowict: Rotterdamsche Courant" aus London telegraphiert der Korrespondent echten Gallier nordafrikanischen Geblütes seit truppen erfolgreiche Kämpfe bestanden hat. Die Eisenbahnlinie der Urzeit durch Blutgier, Rachsucht, Mordlust Ufa - Simbirst befindet sich teilweise in den Händen der der„ Times" in WIadiwost of vom 10. August: Die TschechoSowjettruppen. Auf der östlichen tschechoslowakischen Front slowaken in Sibirien schweben in der Gefahr, ganz abge- und Quälbrun ft berüchtigt" find: die Bariser Blutwurden ebenfalls Fortschritte gemacht. In dem Abschnitt Woronje fchnitten zu werden. Nur ein Teil von ihnen, der außerdem hochzeit von 1572, wobei viele Tausend Hugenotten meuchsind die gegenrevolutionären Truppen bis zur Station Poljana vor über eine Entfernung von 3000 Meilen längs der sibirischen Bahn lings ermordet wurden. Sier fügt Herr Franke an:„ gerade gedrungen. Sowjettruppen aus Poworino haben den Kampf mit zwischen Wolga und Baitalsce zerstreut ist, ist bewaffnet, und auch in den Hugenotten rollte noch arisch germanisches diese Abteilungen sind ungenügend ausgerüstet und verfügen nicht But". Bekanntlich waren die Hugenotten genau die Mostau, 14. August. ( P. T. A. ) Nach den letzten Rad) über genug Artilleriemution, Schuhe usw. Diejenigen, die die Bera gleichen Franzosen wie ihre Verfolger, von denen sie nichts Aber hältnisse kennen, sind wegen der Tschechoslowaken sehr in Sorge, da unterschied, als der angenommene calvinistische Glaube. weiß Herr Franke denn nichts davon, daß in demselben Zeitdie Bolschewiki mit großer Energie gegen fie vorgehen. alter in Deutschland die Religionsfriege in ihrer unsagMumm bleibt in Kiet. 11baren Scheusäligkeit wüteten? Daß ein Menschenalter vorher Behntausende deutscher Bauern unter unfagbaren Foltern hingerichtet worden waren, weil sie sich zur neuen Lehre befannt und gegen ihre Swingherren erhoben hatten? Weiß er nichts von der Blutgier, Rachsucht, Mordlust und Qual brunst", der damals deutsche Adlige freiesten Lauf ließen?
ihnen begonnen.
richten ist Simbirsk von den revolutionären Truppen besetzt worden. Die ganze Strede nach Jekaterinburg ist von den Sowjetregimentern besetzt worden. Die Truppen nähern sich immer mehr der Stadt und die Einnahme von Jekaterinburg durch die Sowjettruppen stekt dicht bevor.
Moskau , 15. August. Nach Meldungen hiesiger Blätter wurde Berlin , 16. August. Nichtamtlich. Das in der Schweiz an in Wologda die bürgerliche Bevölkerung zwischen 18 und sässige ukrainische Telegraphenbureau verbreitet die 40 Jahren zum Ausheben von Schüßengräben mobili. Meldung, daß der Vertreter des Deutschen Reiches in Kiew , Botschafter Freiherr von Mumm, feinen Poften in der Ukraine fiert. Das Verlassen der Stadt wurde verboten. berlassen wolle. Diese Meldung entbehrt jeder Begründung; viel leicht ist sie dadurch zu erklären, daß der Botschafter beabsichtigt, demnächst seinen Urlaub anzutreten.
Die Rätetruppen rüden gegen Onega vor und haben das Dorf Kirillowka besetzt. In der Gegend von Archangelsk wurden französische Soldaten festgestellt.
Ein Aufruf der Regierung von Nordrußland.
Ein Teil von Rasan soll sich bereits in den Händen der Rätetruppen befinden. In der Umgegend der Stadt dauern die Nach der Bandung der Ententetruppen in Archangelst hat sich Kämpfe fort. Auf der Südfront in der Richtung Tichirst und um den Besitz der Eisenbahnbrücke über den Don wird heftig geGerüchtweise verlautet, daß die Engländer in Baku
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fämpft. 900 Mann gelandet haben.
eine Regierung unter Vorsitz des alten Revolutionärs Tschaikowsky gebildet. Sie erläßt einen Aufruf, in dem sie in Anlehnung an die Entente Ruhe und Ordnung zu schaffen verspricht und die Wieder herstellung Rußlands im alten Umfang anzustreben Moskau , 14. August. Die hiesige Presse meldet: Kasan ist von erklärt. In der inneren Politik werden als Hauptziele genannt: den Rätetruppen eingeschlossen und wird bombardiert. Eine Reihe Die Beseitigung der Hungersnot und die Sicherung des englischer und französischer Untertanen ist berhaftet worden. Jn Rechtes der Arbeiter auf Land.
Dritter Beweis des Herrn Franke: Die Ereignisse der Französischen Revolution. Von der Menschheitswende, welche die Franzöfifche Revolution als das größte Aulturereignis der letzten Jahrhunderte bedeutet, verrät Herr Franke den Kindern nichts. Nur, daß dabei Menschen hingerichtet wurden. Und wieder die ans Irrenhaus gemahnende Behauptung:„ Auch hier tobten die echten Gallier gegen die, in denen noch ger manisches Blut(?!) freiste." Solche hanebichene Verdrehung der Dinge wird den Kindern in der Schule, affo unter höchster Autorität, erzählt. Könnten nicht aber französische Lehrer ihren Kindern mit weit mehr Recht vortragen, daß zur