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Nr. 247. 35. Jahrg.

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Telegramm Adresse:

Sozialdemokrat Berlin ,

Vorwärts

Berliner Volksblaff.

10 Pfennig

Anzeigenpreis:

Die fiebengespaltene Rolonelzelle foflet 80 Big. Kleine Anzeigen", das fettgedruckte Bort 30 fg.( guläffig 2 fettgedruckte Worte), jebes weitere Bort 15 Bfg. Stellengesuche und Schlafstellenanzeigen das erste Wort 20 Pfg., jedes weitere Wort 10 Pfg. Borte über 15 Buchstaben zählen für vei Borte. Teuerungszuschlag 20% Familien- Anzeigen, politische und gewerkschaftliche Vereins Anzeigen 60 Bfg. die Zeile. Anzeigen für die nächste Numiner müssen bis 5 Uhr nachmittags im Hauptgeschäft. Berli SW.68, Lindenstraße 3, ab regeben werden. Geöffnet von 8 Uhr früh bis 7 Uhr abends.

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Morigolas, Rr. 151 90-151 97.

Sonntag, den 8. September 1918.

Expedition: GW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplag, Nr. 151 90-151 97.

Gefechte vor den neuen Stellungen.

Das Herrenhaus gegen das

gleiche Wahlrecht.

Obwohl die Herrenhauskommiffion ihren Mitgliedern einen Eid abgenommen hat, daß sie von den volksfeindlichen Neden, die in ihrem Schoße gehalten werden, nichts in die Deffentlich­feit bringen lassen, pfeifen es die Spatzen von den Dächern, daß sich die verwegene Hoffnung der Regierung auf das Herrenhaus als gänzlich eitel erwiesen hat. Wieder einmal hat der gesunde Bolksinstinkt recht behalten, der von den Verhand­lungen diefer hohen Gesellschaft von vornherein auch nicht das geringste erwartete.

Für die Verhandlungen der herrenhäuslerischen Dunkel­fammer gilt, was Franz Dingelstedt in einem ähnlichen Falle gejagt hat:

Gründlich ergründen sie drin des Bolfs zu ergründendes Grundrecht,

Draußen aber grundschlecht wird es dem Volle zu Mut. Nach den Anstrengungen einer dreitägigen Tebatte hat sich die Herrenhauskommission eine fünftägige Erholungspause zu­gelegt. Dann wird weiter ergründet.

Das Bolt aber, das fämpfende, hungernde Bolt hat von biefen Narrenpoffen genug. Es will feine ,, amtlichen Berichte", es will sein Recht, das feinem Aulturboff der Welt vor­enthalten geblieben ist, das ihm jetzt zu weigern dreifach schweres Unrecht ist. Es hat an die Regierung nur eine Frage: Wann wird endlich Schluß gemacht?

Ein gescheiterter Friedensversuch

Ueber einen gescheiterten Friedensversuch, dessen der holländische Genosse Troelstra fürzlich in einer Unterredung Erwähnung tat und mit dem sich im Anschluß daran die Schweizer Blätter lebhaft beschäftigen, fordert die Presse der Rechten ungestüme Aufklärung. Wir sind gern bereit sie zu geben. Zunächst sei mitgeteilt, was Genosse Troelstra in jener Unterredung berichtet hat. Der bekannte holländische Friedensfreund sagte:

Ich weiß nicht, ob und intvieweit England weiß, was im Januar d. J. in der Schweiz borgegangen ist. Wie ich vernehme, hat Herr Haußmann, der Führer der Fortschritt­ lichen Volkspartei Deutschlands , diese Angelegenheit jüngst in einem Artifel gestreift. Wie ich bestimmt und sicher weiß, hat es sich dabei um einen Bersuch von seiten der drei deutschen Mehrheits­

Oertlicher Vorstoß nordwestlich Lange­mark Infanteriekämpfe im Vorgelände Gefechtsfühlung östlich von Vailly.

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Berlin , 7. September 1918, abends. Amtlich. Beiderseits der Straße Peronne - Cambrai Nach­hutgefechte vor unseren neuen Stellungen. Dertliche Kämpfe zwischen Millette und Aisne .

Amtlich. Großes Hauptquartier, 7. Sep­tember 1918.( WTB)

Weftlicher Kriegsschauplah. Heeresgruppen Kronprinz Rupprecht und Boeh n. Nordwestlich von Langemark machten bayerische Truppen bei örtlichem Borstoß mehr als 100 Gefangene. Südlich von Ypern schlugen wir mehrfache Angriffe der Engländer zurück.

An den Schlachtfronten entwickelten sich heftige Infanterie­gefechte im Borgelände unserer Stellungen. Unsere Nachhuten zwangen den Feind in der Linie Fins- 2ieramont­Longavesnes zur Entwicklung und zu verlustreichen An­griffen. Unsere Schlachtflieger griffen feindliche Kolonnen beim Uebergang über die Somme bei Brie und St. Christ mit Erfolg an. An der Somme und Dise ist der Feind über Ham und Chaung gefolgt und stand am Abend im Kampf mit unseren Rachhuten in der Linie Aubigny - Billequier Aumont. Zwischen Dise und Aisne lebhafte Vorfeldtämpfe. Beiderseits von Baug­aillon wurden stärkere Angriffe des Feindes abgewiesen.

Heeresgruppe Deutscher Kronprins Deftlich von Bailly stehen wir an der Aisne in Gefechts­fühlung mit dem Feinde. Auf den Höhen nordöstlich von Fismes wiefen wir erneute Angriffe der Amerikaner ab.

Der Erste Generalquartiermeister.

Ludendorff.

Der österreichische Bericht. Wien , 7. September. Amtlich wird verlautbart: Italienischer Kriegsschauplatz.

Auf der Hochfläche von Asiago wiesen unsere Truppen einen von Italienern und Franzosen nach starker Artillerievor­bereitung durchgeführten Angriff blutig ab. Der westlich des Monte Sisemol in die erfte Linie eingedrungene Feind wurde im Gegenstoß wieder hinausgeworfen. Am Col del Arso unternahmen Sturmpatronillen einen gelungenen Weber­fall auf eine feindliche Feldwachenbefagung. Albanien . Keine nennenswerte Gefechtstätigkeit.

Der Chef des Generalstabes.

Ueber die Köpfe.

Der Austausch der ratifizierten Zusatzverträge zwischen Deutschland und Rußland ist erfolgt ohne Einholung der ver­fassungsmäßig notwendigen 8ustimmung des Reichs­tages. Der Berliner Lofalanzeiger", der sich gern zum Sprachrohr offiziöser Meinungen macht, sieht den Grund für Diese ungesetzliche Handlungsweise in dem Umstand,

" Saß unsere Regierung fich angesichts der Berhält niffe im Osten ber gebieterischen Notwendigkeit nicht ber­schließen fonnte, eine baldige Festlegung der deutsch­russischen Beziehungen herbeiguführen, was natürlich nicht mög­lich gewesen wäre, wenn zubor der Reichstag hätte gehört wer­den müssen."

Wir können uns dieser Argumentierung durchaus nicht an­schließen. Eine Durchberatung der Verträge im Reichstag hätte, zumal wenn die Regierung die Notwendigkeit einer beschleu­nigten Erledigung überzeugend nachweisen konnte, binnen weniger Tage erfolgen fönnen. Aber gerade diese sonderbare Eile ist es, die den Bertrag gleichzeitig verdächtig macht.

Was ist das für ein seltsamer Vertrag, der die Beziehungen groeier Bölfer auf Jahre hinaus regeln soll, und dessen Abschluß gleichwohl eine Verzögerung von 5 oder 8 Tagen nicht verträgt?! Hält die deutsche Regierung die inneren Verhältnisse Rußlands für so wenig konsolidiert, daß auch die kleinste Verzögerung die Gefahr des Nichtzustandekommens in fich barg, so ist der Vertrag auch von ihrem Standpunkt aus wertlos. Er ist dann wirk­lich nur ein Fezen Papier , denn ob ein solcher Vertrag erst gar nicht geschlossen oder acht Tage nach seinem Abschluß nicht mehr anerkannt wird, das bedeutet nur einen formalen Unterschied von geringer Tragweite.

Wir tadeln die Außerachtlaffung wichtiger verfaffungs­mäßiger Bedingungen feineswegs nur aus formaler Recht­haberei. Die anerkannten Rechte des Reichstages unter unserem ,, halbparlamentarischen" System sind ja an sich noch immer so gering, daß es notwendig erscheinen könnte, auf alle Fälle die genaue Beobachtung dieser wenigen Rechte zu bewachen. Aber es dreht sich hier keineswegs nur um eine Formalie. Der ganze Vorgang ist ein Symptom dafür, wie unsere Diplomatie noch immer glaubt, über die Köpfe der Bevölkerung hinweg schalten und walten zu können. Man hat den Vertrag ebenso über die Köpfe der deutschen Voltsvertretung hinweg ab­geschlossen, wie einzelne Bestimmungen über die Köpfeder beteiligten Randvölfer hinweg getroffen worden sind.

Die Hauptschuld liegt hier allerdings nicht einmal bei der Regierung. Der Vorwurf, ein wertvolles parlamentarisches Recht verschleudert zu haben, trifft in erster Linie die Führer parteien im Reichstage gehandelt, bevor noch der Friede Geite die Führung haben, die aufrichtige und ehrliche Neigung auf der bürgerlichen Parteien, die sich nach einem Ein­von Litauisch- Brest geschlossen war und ungeachtet weitestgehendes Entgegenkommen herrscht. ter Tatsache, daß die führenden Generale einem weiteren Gin- würde, scheint uns, für Leute von gutem Willen der Augenblid verstanden erklärt haben. Gegen ein solches Vorgehen, das dazu So blick in den Vertrag namens ihrer Fraktionen" mit ihm ein­greifen des Reichstags in jene Friedensverhandlungen ihre eines prattischen Verständigungsversuches so nahe wie noch nie weit über die Kompetenzen einzelner Barlamentarier hinaus­Drohung mit Entlassung entgegengestellt hatten, durch Verständi feit dem 28. Juli 1914 liegen. geht, hat bei dieser Besprechung Genosse Ebert mit Recht ent­gung mit den politischen Führern der friedensgefinnten Strömung Der Sachverhalt ist folgender: Im Januar d. J. wurden schiedene Berwahrung eingelegt. Englands eine energische Aktion in beiden Sändern zugunsten eines in der Schweiz von dritter Seite Bestrebungen in Gang ge- Das ganze Vorgehen fann nicht dazu beitragen, im Ausland Friedens im Sinne der Wilfonschen Verschläge anzubahnen. Der englische Gesandte in Bern ist gebeten worden, bracht, eine Aussprache zwischen deutschen und englischen den Eindruck zu erwecken, als ob die deutsche auswärtige Politif seine Regierung von diesem Versuch in Kenninis zu setzen. G3 Parlamentariern herbeizuführen. An ihr teilnehmen sollten sich mehr als früher in Uebereinstimmung mit dem äre interessant, zu wissen, ob er dies getan und was Lloyd Ge- ein Vertreter der drei großen englischen Parteien, der fonfer- Boltswillen befindet, als ob der Einfluß der Volksver­orge ihm hat antworten laffen. Auch möchte man gern wissen, ob dativen, der liberalen und der Arbeiterpartei, und drei Vertretung auf den Regierungskurs gewachsen sei. Schon dieser bie englischen Führer, welche bei biejer Sache in Betracht famen, treter der deutschen Mehrheitsparteien, des Sentrums, der Eindruck bedeutet ein Minus, das wir bei dem Abschluß des Die Herren Vertrages in Rechnung setzen müssen. bon ihrer Regierung über diefe Angelegenheit unterrichtet worden Fortschrittspartei und der Sozialdemokratie. Sachlich kann der vorliegende Wortlaut des Vertrages die sind. Ich kann mir taum vorstellen, bag, falls die englische Re Fehrenbach, außmann und unser Parteigenoffe gierung Denberson, Lansdowne, Budmaster und ähnlichen Befür- bert hatten sich bereit erklärt, an einer solchen Besprechung Bedenken nur berstärken, die wir bereits geäußert wortern eines Berständigungsfriedens von der Bereitschaft der teilzunehmen. Was das Berner Intelligenzblatt" über ihren haben, als sein Inhalt offiziös bekanntgegeben wurde. Gewis deutschen Bolitiker au einer Befprechung in oben erwähntem Sinne voraussichtlichen Inhalt zu berichten weiß. beruht auf bloßer enthält der Vertrag auch einzelne Bestimmungen, die Beifall er­Renntnis gegeben bätte, diese nicht alles barangefekt haben Kombination. Die Reichstagsentschließung vom 19. Juli 1917 weden, wie die Einsegung internationaler Schiedsgerichte in dem würden, um auf den gemachten Vorschlag einzugehen. Die und die 14 Punkte Wilsons sollten den Rahmen der Be- Rechtsabkommen. Gewiß ist sachlich auch nicht ausschließlich Rußland der gebende und Deutschland der nehmende Teil, son­jüngste äifeberweigerung aber an Henderson beweist sprechung bilden. deutlich, daß die englische tegierung, anstatt derartige Die deutsche Regierung war von den Absichten der drei der es sind Bestimmungen in dem Vertrag enthalten, die für Friedensversuche zu fördern, ihnen mit aller Macht entgegen. Abgeordneten unterrichtet. Auch auf der anderen Seite die Russen von Vorteil find. Es ist schließlich auch nicht anzu­arbeitet. Wenn dies so bleibt, ist die geplante internationale Ston- schienen die Aussichten des Unternehmens zunächst nicht un- nehmen, daß selbst eine bolfchemistische Regierung ihre Unter­ferenz schon von vornherein unmöglich gemacht. günstig, wenigstens durfte man das aus der Haltung der schrift unter den Vertrag gesett hätte, wenn er gegenüber dem Das Berner Intelligensblatt" bemerkt dazu folgendes: Sortigen diplomatischen Vertreter schließen. Plöglich trat je ersten Brester Abkommen lediglich Verschlechterungen Es ist bemerkenswert festzuhalten, daß die Mehrheit der Bolts- doch eine Wendung ein, die nach den Andeutungen, die für Rußland aufgewiesen hätte. vertretung des Deutschen Reiches einen ersten Versuch im Anfang Genosse Troelstra in der vorerwähnten Unterredung macht, des Jahres 1918 gemacht hat, um mit der englischen Bolts. auf ein persönliches Eingreifen Lloyd Georges zurüdzuführen bertretung auf Grundlage der Formel Wilsons in einen Ge- zu sein scheint. Jedenfalls wäre es sehr interessant, über bankenaustausch über den Frieden einzutreten, und das biefem diefen Punkt noch weitere Aufklärungen zu erhalten. Berfuch, der die Abschlechtung von Hunderttausenden von Menschen Soviel steht fest: Auf deutscher Seite war man bereit, zeichnet habe. Wir haben hier oftmals betont, daß es sich um hätte verhüten können. feine Folge gegeben wurde. Auf diese an die Stelle der Brester Friedensverhandlungen, die erst rein bolschewistisch zusammengesetzte Körperschaften handelt, und furchtbare Anlage muß eine flare und unzweideutige Ant- später stattfanden, allgemeine Friedensverhandlungen daß eine spätere russische Regierung über das, was für Nußland wort von englischer Seite erivartet werden Es ist aber noch mehr treten zu lassen. Erst durch die Weigerung der Entente, in günstig oder ungünstig ist, vielleicht einmal ganz anders gefagt worden: Der Verfuch zur erständigung dauert solche Verhandlungen einzutreten, befamen auch in Deutsch - urteilen fönnte. Auf das bolschewistische Erekutivkomitee hat fort. Dieselbe deutsche Bertretung foll bereit fein, eine genaue land die Gegner eines Verständigungsfriedens wieder Ober- es beispielsweise sicher großen Eindruck gemacht, daß Deutsch­ufflärung von den Gegnern enigegenzunehmen umb in Erwägung wasser, und so erst wurde der Brester Frieden möglich. Die land sich verpflichtete, das jetzige kommunistische Wirt­su atehen, die Aufschluß gibt über das, was sich Wilson und der Ententeimperialisten wurden Helfer und Bundesgenossen der schaftsiy item Rußlands anzuerkennen. Eine spätere nicht­Verband unter der Forderung eines Syftemirechfels in Deutschland deutschen Imperialisten und indirekt Mitschuldige au dem, kommunistische Regierung wird sich vermutlich für diese Zu­vorstellen. Wir glauben, es nux offen fagen au sollen, daß ab was sie jetzt an diesem Frieden auszusehen haben. Sie ficherung sehr wenig interessieren. Dafür wird sie gegenüber gesehen von einer etwaigen extremen Forderung einer deutschen wurden zugleich Hauptschuldige an der Verlängerung des anderen Punkten( wie z. B. Gebietsfragen) durchaus nicht die­felbe Gleichgültigkeit an den Tag legen, wie dies die Bolsche­Republifbei den Politikern, die in biefer Sache auf beutscher Krieges.

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Ein Teil der deutschen Presse stellt mit großer Genug­tuung fest, daß das Exekutivkomitee der Räteregierung der Nati­fizierung mit mehreren hundert gegen nur 2 Stimmen zu­gestimmt und das Abkommen als für Rußland günstig be­