Ar. 251. 35. Jahrg. si
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Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Am: Morishias, Nr. 151 90-151 97.
Donnerstag, den 12. September 1918.
Expedition: Sw. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Ami Morinvlag, Nr. 151 90-151 97.
Die Herausforderung des Herrenhaufes.
Sechsgruppenwahlrecht für Dreiklaffenwahlrecht.
Die Herrenhauskommission hat gestern ihre vierte Sigung abgehalten. Was darüber amtlich gemeldet wird, ist eine volle Bestätigung dessen, was hier wiederholt gemeldet worden ist. Mit faltblütiger Gelassenheit setzt das Herrenhaus der von Krone und Regierung unterstüßten Volksforderung des gleichen Wahlrechts den Wunsch nach der Einführung eines berufsstän dischen Wahlrechts entgegen. Der amtliche Bericht sagt:
Bei Eröffnung der heute begonnenen Spezialberatung über das Gesetz betr. die Wahlen zum Abgeordnetenhause lag solgender Antrag von konservativer Seite vor:
Die Kommission wolle beschließen: nachstehende Anfrage an die Kgl. Staatsregierung zu richten:
1. Hat die Kgl. Staatsregierung die Einführung eines Berufswahlrechts einer fachlichen Prüfung unterzogen, und wenn ja, ist sie bereit, das Material vorzulegen?
2. Auf welcher Grundlage haben ihre Erörterungen stattge. funden? 3. Welche Gründe sind maßgeblich dafür gewesen, daß der Gedanke nicht weiter verfolgt worden ist?
Aus welchen Gründen ist insbesondere die Berufsstatistit für das Deutsche Reich von 1907 als Grundlage für ein Berufswahlrecht als nicht geeignet betrachtet worden?
4. Welche vorhandenen Berufsvertretungen würden als Wahlförper bei einer indirekten Wahl dienen können und für welche Berufe würden neue Wahlkörper zu schaffen sein?
Im Laufe der Verhandlungen wurde sodann unter Zurüdziehung dieses Antrages ein Antrag auf Abänderung des§ 3 der Vorlage eingebracht, der in seinen wesentlichen Bestimmun gen lautet:
Jeder Wähler hat eine Stimme in einer Berufs. wählergruppe, der er nach seinem Hauptberuf im Sinne der Berufsstatistik des Deutschen Reiches angehört.
Es werden
gebildet.
sechs Wählergruppen
Die Gruppe I umfaßt die Selbständigen aus dem Bereiche der Land- und Forstwirtschaft sowie der Fischerei( Abt. Aa der Berufsstatistik).
Die Gruppe II umfaßt den Rest der in Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei Tätigen( Ab und e der Berufsstatistik).
Wiederum heftige Kämpfe bei Gouzeaubei Gouzeaucourt und Epehy, an der Straße HamSt. Quentin und zwischen Ailette und Misne.
Berlin , 11. September 1918, abends. Amtlich. An den Kampffronten ruhiger Tag. Amtlich. Großes Hauptquartier, 11. September 1918.( WTB)
Westlicher Kriegsschauplah.
Bei Abwehr englischer Teilvorstöße südlich von pern und nördlich vom La Bassée- Kanal machten wir Gefangene.
Süblich der Straße Péronne - Cambrai führten erneute Angriffe der Engländer wiederum zu heftigen Kämpfen südlich von Gouzeaucourt und um Epchy. An einzelnen Stellen erreichte der Feind unsere vorderen Linien; im Gegenstoß schlugen wir ihn zurück. 300 Gefangene blieben in unserer Hand. Teilangriffe der Franzosen , die beiderseits der Straße Ham St. Quentin überraschend und nach Artillerievorbereitung erfolgten, wurden abgewiesen. Dertliche Kämpfe nördlich der Ailette. Zwischen Wilette und Aisne steigerte sich das Artilleriefeuer am Nachmittage wieder zu großer Heftigkeit. Am Abend brach der Feind zu starken Angriffen vor. Sie scheiterten vor unseren Linien.
Der Erste Generalquartiermeister.
Ludendorff.
Der österreichische Bericht. Wien , 11. September. Amtlich wird verlautbart: Italienischer Kriegsschauplay.
Auf der Hochfläche von Asiago scheiterten zwei feindliche Erkundungsversuche.
Im Asolone- Abschnitt, wo es dem Italiener unter Einfat starker Artillerie gelang, in unsere Linie einzubringen, stellte cin Gegenstoß des Jufanterie- Regiments Nr. 99 die Situation wieder her.
An der Piave Front erhöhte Artilleriekämpfe. Der Chef des Generalstabes.
| steriums zu veranlassen, die die sofortige Auflösung
des Abgeordnetenhauses verfügte.
Die Regierung ist gestern unter ihrer Aufgabe geblieben Vor der Sizung hatte die Reichskanzler mit Dr. Friedberg und Dr. Drews fonferiert. Die Herren wußten genau, was bevorstand. Und doch blieb die Antwort, die von selbst gegeben war, die einzige Antwort, die dem Volk A chtung vor dieser Regierung einflößen fonnte, aus!
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Die„ Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: Ein heute im Vorwärts" veröffentlichter Aufruf der Sozialddemokratischen Partei erhebt gegen die Regierung den Vorwurf, daß sie tatenlos zusehe, wie der Ausschuß des Herrenhauses, der die preußischen Verfassungsvorlagen berät, das Zustandekommen der geplanten Reformen absichtlich verschleppe. Dieser Vorwurf ist unbegründet. Die Staatsregierung hat keinen Anlaß, daran zu zweifeln, daß der Ausschuß des Herrenhauses die großen Aufgaben, die ihn gestellt sind,
behandelt.
mit Ernst und Sachlichkeit
Der bisherige Verlauf der Beratung läßt feinerlei Berschleppungsabsicht erkennen und schließt es feineswegs aus, daß die Stommission zu Beschlüssen gelangt, die dem JuliErlaß entsprechen und deshalb nicht nur für Sie Staatsregierung. annehmbar sind, sondern auch dem preußischen Volke die Befriedi= gung seiner berechtigten Wünsche gewähren. Es ist deshalb die Bflicht der Regierung, in den Gang der Verhandlungen zurzeit nicht einzugreifen. Die Staatsregierung muß mit Entschiedenheit den Verdacht zurückweisen, daß sie die von der Zeit gebotenen Notwendigkeiten verkenne und die Erfüllung ihrer Pflicht hinausschiebe. Die wiederholten Erklärungen des Reichskanzlers und der beteiligten Staatsminister berechtigen die Regierung zu. dem Anspruch auf das Vertrauen, daß sie die Grfüllung der preußischen Wahlreform unter Erschöpfung sämtlicher Mittel, über die sie nach der Verfassung verfügt, in redlicher Erfüllung des Juli- Erlasses zum Ziel führen wird.
Die Mittel" sind freilich noch nicht erschöpft, aber die Regierung scheint es schon zu sein, und die Geduld des Boltes ist es ganz gewiß.
Die Gruppe III umfaßt die Selbständigen aus In- Angestellten über 195 Size verfügen, während die absolute Warum keine internationale Konferenz?
dustrie und Handwerk( Ba der Berufsstatistik).
Mehrheit 226 beträgt.
Den Selbständigen, d. H. den Unternehmern und Die Gruppe IV umfaßt die Selbständigen aus Arbeitgebern( einschließlich der ohne Hilfskraft arbeiten Handel und Verkehr( Ca der Berufsstatistik). Die Gruppe V umjajt alle übrigen Angehöri. gen von Industrie, Handel und Verkehr( Bb und c, fowie Cb und c der Berufsstatistik).
Die Gruppe VI umfaßt die Beamten und freien Be. rufe( B2 ff. der Berufsstatistik).
Die Zahl der Mandate wird auf die sechs Gruppen folgen. dermaßen verteilt: Gruppe I: 117, Gruppe II: 41, Gruppe III: 89, Gruppe IV: 49, Gruppe V: 99, Gruppe VI: 55 Abgeordnete.
Für jede Wählergruppe werden unter Wahrung der Provinzgrenzen Wahlbezirke abgeteilt, deren jeder eine tunlichst gleiche Zahl der in der betreffenden Gruppe Wahlberechtigten umfassen soll.
trag liegende System im einzelnen führen müsse. Bon mehreren
den Bauern und Geschäftsleute) sind aber 255. Mandate zugedacht: fie berfügen über eine sichere Mehrheit Bon dieser Mehrheit umfaßt die Landwirtschaft mit 117 Mandaten wieder beinahe die Hälfte. Industrie, Handwerk, Sandel und Verkehr erhalten 138, wenig mehr als die Landwirtfchaft für sich allein.
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Seit dem Sommer 1917 scheitert das Zustandekommen
einer internationalen Sonferenz an dem Umstand, daß die Entente sozialisten von ihren Regierungen teine Päife betommen.
Der Beschluß des Nationalrats der französischen Sozialisten will die Kammerfraktion verpflichten, unter Androhung der Kreditverweigerung die Paßerteilung zu erzwingen. Darüber soll im Oktober ein Parteitag als höchste Instanz entscheiden.
Die zur Minderheit gewordene Mehrheit will diesen Be41 schluß auf dem Parteitag zu Fall bringen. Darum muß sie 89 aus der Not eine Tugend machen und quält sich nun um den 49 Beweis, daß man mit deutschen Sozialisten nicht zusammen,
Aber lassen wir die Zahlen noch deutlicher sprechen. Gruppe I zählt Personen 1 357 590 befommt Mandate 117 II III IV VI
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4 531 754
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PP
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1 086 050
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590 293
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7 129 423
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99 fommen fönne, solange sie nicht das Londoner Memorandum
1 027 012
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55 der Interalliierten vorbehaltlos akzeptieren. Die Zumutung,
einfach schlucken zu müssen, verträgt sich schlecht mit der erhabenen Idee des„ Völkerbundes". Es ist peinlich, einen Mann, der einst mit uns für die Erhaltung des Friedens wirkte, nun so mit knifflichen Argumenten für die Erhaltung des Strieges fämpfen zu
Der Minister des Innern sprach sich grundsählich Es entfällt somit ein Mandat in Gruppe I( selbständige Beschlüsse, an deren Fassung man nicht teilgenommen hat, gegen die Annahme eines berufsständischen Wahlrechts aus und Landwirte) auf 12 295 Personen, in Gruppe II( Nichtselbstänlegte die Ungleichheiten dar, zu denen das in dem vorliegenden An- dige der Landwirtschaft) auf 110'530 Personen, in Gruppe III ( Selbständige in Industrie Handwerk) auf Seiten wurde erneut der Wunsch ausgesprochen, daß die Regierung 12 191 Berjonen, in Gruppe IV( Selbständige in Handel und weiteres Material zur Prüfung der Wirkungen des Berufswahl rechts beibringen möge, da man im Lande erwarte, daß diese wichtige Berkehr) auf 12 048 Personen, in Gruppe V( Arbeiter und Angestellte in Industrie, Handwerk, Handel und Verkehr) auf Frage gründlich geprüft werde. Bon anderer Seite wurden schwere 72 014 Personen, in Gruppe VI( Beamte und freie Berufe) Bedenken gegen den Antrag geltend gemacht. Die Verhandlung über den Gegenstand wurde nicht zu Ende geführt. Nächste Sigung auf 18 664 Personen.
Donnerstag 11 hr.
Ein Grundbesitzer hat somit ein zehnmal stärkeres Wahl
sehen!
Unterredungen mit Joffe.
recht als ein Landarbeiter, ein sechsmal stärkeres als ein In- Die Gegenrevolution Das Herrenhaus leistet sich den schnöden Biz, zu erklären, dustriearbeiter, ein um die Hälfte stärkeres als ein Beamter oder das Wahlrecht, das es wolle, sei gleich, denn in jeder Berufs- ein Angehöriger eines freien Berufs! gruppe hätte jeder Wähler nur eine Stimme. Dann aber ist Ein Arbeitgeber in der Industrie hat ein sechsmial stärkeres das Dreiflaffenwahlrecht auch ein gleiches Bahlrecht, denn in Wahlrecht als ein Arbeitnehmer! jeder Alaffe hat jeder Wähler auch nur eine Stimme.
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- Der Bürgerkrieg- Die Zusahverträge.
Der Berliner Vertreter des„ Az Est", J. Dery, hat Gelegenheit gehabt, mit Herrn Joffe, den Vertreter der russischen Sowjetrepublit, eine längere Unterredung zu haben, in der dieser ein Bild der Lage gab, in der sich augenblicklich Rußland befindet. 3wischen Nußland und den Alliierten begann Herr Joffe-- ist zwar kein formeller Kriegszustand, aber de facto führen die Alliierten Arieg gegen Rußland . Das ist der letzte Bunft einer Entwicklung, die von der Entente, besonders von England, systematisch vorbereitet wurde. Wir haben Dokumente Der Minister des Innern Dr. Drews hat den Antrag veröffentlicht, die ein grelles Licht auf die Wühlereien und Treibe zurückgewiesen. Und doch hat er seine Pflicht nicht getan. reien werfen, mit denen die Alliierten gegen die bolschemistische Seine Pflicht war es, ohne ein Wort zu sprechen, die Türe Regierung und wenn ich Bolt und Regierung als eine Einheit hinter sich zuzuschlagen und eine Sigung des Staatsmini- ¡ nehme auch gegen das russische Volt arbeiteten. Die Alliierten
Das ist das gleiche Wahlrecht" des Herrenhauses! Was es mit der„ Gleichheit" auf sich hat, fann man natürDas ist die Grundlage, auf der durch gegenseitiges lich nur erkennen, wenn man die Zahl der Mandate in Be- Entgegenkommen" eine„ Berständigung" erzielt werden soll! tracht zieht, die jeder Gruppe zugewiesen werden. Da ergibt jich und dieser Antrag geht, wie wir schon gestern fagten, von auf den ersten Blick, daß den Nicht selbständigen, d. h. den Ar- einer Partei aus, die im Herrenhaus über Zweidrittelmehrheit beitern und Angestellten, bon 450 Mandaten ganze verfügt! 140 zugewiesen werden sollen, das ist noch nicht ein Drittel aller Mandate.
Die Beamten und Angehörigen der freien Berufe sollen 55 Mandate bekommen, sie würden also mit den Arbeitern und
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