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Nr. 253-1918

eine Uhr.

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Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Der Pelz.

Sonnabend, 14. September

Die Nacht war vorüber. Verschlafene Gefichter tauchten auf, an das neue Stüd sich knüpften, nicht eben hoch gespannt. Um so und eine Busfrau werkte geräuschvoll mit Besen und Wasserkübel. angenehmer fand man sich enttäuscht. Geschirr flirrte, ein Zeitungsverläufer fam mit den Morgenblättern. Durch Fenster und Türen strömte herbe Luft; der Anschlußzug nach dem Schwarzwald mußte bald abgeben.

Bilder zum Verkauf.

Die Handlung der Komödie zeigt allerdings eine friegsfost­Der Warteraum in der Bahnhofswirtschaft der kleinen Station mäßige Magerfeit. Aber der verwässerte und glatt gewalzte Dialog war durch wenige Gasflammen schlecht beleuchtet. Nur da und der früheren dramatischen Versuche ist hier munterer Beweglichkeit dort bohrten sich träg flimmernde Lichtkegel in das dichte Dunkel. Der Kranke, der in dem hochgeschlagenen Bela fast verschwand, gewichen. Ein Reiz beschaulicher Gemächlichkeit liegt auf hem Einzelne Schläfer saßen vornübergesunken an den runden Tischen. fab hilflos umber. Seine Stimme war leer und zitternd, als er Ganzen, unwillkürlich hat man die Empfindung, daß er gera am Wenn die knarrende Türe geöffnet wurde, blaßten Gesichter auf jegt wieder sprach. Nicht wahr. Sie denten, was für ein fomi- Wert geschaffen. Die überraschende Feinheit, mit der Kurt Gob mit bestürzten Augen und verschwanden wieder im Dunkel. Um icher Mensch das ist! Aber wissen Sie, es ist doch fast so eine Art das Bild des noch in alten Tagen auf Heiratsgedanken verfallenden Bierreste summten müde Fliegen, kalter Rauch von Pfeifen Abschied... es ist doch sonderbar! Ich glaube auch, wenn ich Rofofo- Seigneur herausarbeitete, kam dem aufs glücklichste ent­und Zigarren beklebte den Gaumen, und dann und wann schlug meinen Belz..." Seine Wangen hatten sich hektisch gefärbt, er gegen. Die Ironisierung des in seine Illusionen hartnäckig ein­hustete. Der Zug war zur Abfahrt bereit. Der Krante erhob sich gesponnenen Alters entfaltet sich in Szenen, die die weltmännische Aus der Tiefe des Raumes sprach plößlich eine heifere, aus- mühsam, wie ein Lastträger. Dann gab er dem Gesunden die Geschliffenheit, die erotischen Schlüpfrigkeiten, die spielerisch gehöhlte Stimme, und der einzige Reisende, der noch wach gelessen Hand. Der Gesunde wünschte ihm gute Reise und Genesung. Der motante Stepsis und kokette Freigeisterei des damaligen, von Paris hatte, drehte den Kopf. Ein gut gekleideter, etwa dreißigjähriger Strante sab ihn an. Dann schlürfte er hinaus auf den Bahnsteig. beherrschten aristokratischen Salongeschmacks anschaulich wider­Mann er mochte auch älter sein- tam mit schlürfenden Schritten Der schwere Pelz schien ihn fast zu erdrücken. spiegelt. Das wirkte um so echter, als in Hermanns eigener Art und hüftelnd näher. Er bat, Plaz nehmen zu dürfen. Der am Otto Graf München . manche verwandte Züge liegen. Auch das Verhältnis, in das der Tische nickte. Der andere hing dicht hinter sich einen Belzmantel Verfasser den Alten Friz zum Helden der Komödie, den achtzig­auf und ließ sich dann schwer nieder. Um seine blassen Lippen jährigen Lord Georg Keith, den Erbmarschall von Schottland und Gast Friedrichs( seinen Nachbar Ameise) jest, ist charakteristisch schlich Verzeihung heischend ein dünnes, verlegenes Lächeln. Keiner ohne fünstliche oder gar patriotisch tendenziöse Verrenkung durch sprach. Der Eine, der schon vorher am Tisch gesessen hatte, nahm geführt. Beide Herren Hören sich gern über Gott und Welt in schließlich eine Zigarre aus der Tasche und widmete sich ihr mit Bonmots räfonnieren und sind dabei bemüht, wenn der andere großem Eifer. Endlich brannte sie und genießerisch blies er den zum Wort kommt, ihm durch erlesen liebenswürdige Art des Zu­Rauch vor sich hin. In den Augen des Anderen quoll es auf, hörens das Vergnügen noch zu würzen. und zitternd griff er mit wühlenden Fingern in die Taschen feines Pelzes. Als er sich jetzt auch eine Zigarre anzündete und rauchte, unterbrach ihn ein ipizes, dürres Gehüstel. Die Lampen waren ausgelöscht worden bis auf die eine am Tisch der zwei Mühsam drängte sich die Frage des Schwindsüchtigen nach dem Reiseziel des Anderen durch die lastende Stille. Diefer antwortete und fragte den Kranken das Gleiche. Dieser aber konnte nicht ant worten, weil ihn wieder sein Husten zerquälte. Er wischte sich Schweiß von der Stirne. Dann erzählte er, daß er lungenfrant fei und in den Schwarzwald fahre. Nach einer Weile sah er seine Zigarre an und meinte, es sei wohl die legte auf lange Zeit, und langfam nickte der Gesunde. Beide schwiegen. Dann nahm der Kranke ein Bild aus seiner Brieftaiche und legte es seinem Nachbar hin; so sei er vor drei Jahren eingerückt, sagte er. Wieder nickte der andere nur. Die Zigarre war ihm ausgegangen. Der Krante zog jetzt seinen Belz an. Weich strichen seine Hände über den Wantel und seine Stimme wurde etwas frischer, als er von seinem Beiz sprach. Er hätte schier Streit bekommen seinetwegen.

Raucher.

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Wissen Sie, ich stand in Dresden auf der Straßenbahn, und gleich hinter mir rauchte einer. Und ich bat ihn, daß er auf meinen Belz achten solle, der sei sehr wertvoll, nicht wahr! Und der andere wurde da ganz Sein Anfall unterbrach ihn. Er legte seine längst ertaltete Zigarre fort und schwieg. Mühselig tastete die Unterhaltung sich weiter, oft zerrissen von Hüfteln und langen Bausen. Vor dem Strieg war er als Reifender in einer Autofirma tätig gewesen. Im Felde hatte er sich seine Krankheit geholt und war dann entlassen worden. " Wissen Sie, wenn ich nicht Freunde hätte, gute Freunde, dann wäre ich wohl zugrunde gegangen." Seine Eltern, einfache Leute, hatten alles aufgebraucht, um ihn auf die Realschule zu schicken. Und er sprach und sprach. Sein Reden wurde mählich wieder lang­jam und leiser. Auch sein Pelz sei von guten Menschen. Wissen Sie, ich glaube nicht, daß ich es den Winter über gemacht hätte ohne meinen Belz." Er strich wieder über ihn hin. blies die Haare des Pelzes auf, daß man die Wolle sehen konnte, und ließ ihn, wie lieblosend, über die Wange gleiten. Der Herr auf der Tram­bahn, nicht wahr, mit dem ich beinahe in Streit tam, der hätte mir meinen Belz sicher nicht erfegen können."

"

Wisien Sie, ich habe mir auch schon eine kleine Bücherei zufammengestellt." Er framte in seiner Handtasche, bis ihm ein­fiel, daß er die Bücher im Koffer hätte. Auch griechisch möchte ich etwas studieren, es ist notwendig, nicht wahr, damit man die vielen Fremdwörter besser versteht. Wissen Sie, ich könnte dann auch eher für chirurgische Instrumente reisen! Wissen Sie, wenn ich nicht glauben würde, daß ich wieder gefund werde

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Er hustete, wandte sich jäh ab und hielt sein Taschentuch vor den Mund. Es rötete sich leicht.

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Ich hätte vielleicht doch... bie... Zigarre nicht rauchen sollen. Aber, nicht wahr, die lange Meise und dann ist ja auch mein Belz sehr schwer. Ich werde ihn aber im Schwarzwald gut brauchen können, nicht wahr?"

Monatelang herumliegen müssen, bloß so herumliegen; wenn ich nicht wüßte... und feine einzige Zigarre, nicht wahr 1" Er versuchte zu lächeln. Sein Reden war schließlich fast un verständlich geworden.

89]

Lodz.

Das gelobte Land.

Roman von W. St. Reymont .

Der Edelmann!" brummte Wilczek wütend, denn Boro­wiecki hatte beim Abschied die Hände in die Taichen gesteckt und ihm bloß mit dem Kopf sehr gnädig zugenickt.

Er konnte diese Beleidigung nicht vergessen und grub fie sich in sein rachsüchtiges Herz ein. Auch diese eine Demüti­gung noch wollte er sich merken, die ihn um so mehr schmerzte, weil er sie nicht verdient hatte.

Die Große Berliner Kunstausstellung hat sich abermals mit den wenigen Sälen des Akademiegebäudes am Pariser Plak begnügen müssen. Der Besucher braucht also nicht zu be­fürchten, übermäßig große Wanderungen vornehmen zu müssen; es läßt sich aber nicht behaupten, daß die fünfhundert Bilder, denen man hier begegnet, wie man das vielleicht hätte erwarten fönnen, eine gefiebte Auswahl darbieten. Der Kritiker( ein an sich sehr übler und keineswegs beneidenswerter Beruf), befindet sich dies­mal in einer besondere fatalen Lage. Sein eigentlicher Zwed ist es, die Entwicklung zu wittern und das Genie aufzuspüren. Wenn aber eine Versammlung von Bildern eigentlich feinen andern 3wed anstrebt, als den, Verkaufsgelegenheit zu sein, so muß sich der Liniensucher einigermaßen überflüssig fühlen. Hier hängt faum irgend etwas, was die Linie der deutschen Kunst bestimmend beein fluffen wird. Aber es sind ganz brave Leute zusammengekommen, und was sie auf den Markt bringen, wird sich in gut bürgerlichen Bimmern immerhin nett und appetitlich ausnehmen. Der Kritiker fann in solchen Prozeß des Anbietens und des Erwerbens nur störend eingreifen. Darum möchte ich ganz ernsthaft einmal den Vorschlag machen, ob es nicht richtiger wäre, derartige reine Ver­faufsausstellungen aufzutun, ohne dabei die sogenannte Zensur der Fachleute( Es lebe der Amateur!) zu beschwören. Die Käufer wer den sowieso vernünftig genug sein, sich mehr nach ihrem Geschmac, als nach der Meinung irgendeines ästhetischen Sonderlings zu richten. Für seine eigentliche Aufgabe aber findet solch ein Schwärmer hier keinerlei Material; was soll er also tun, wenn er nicht den vielleicht gar bedürftigen Malmännern schaden will? Dabei läßt sich nicht einmal sagen, daß es in dieser Ausstellung besonders abschreckende Minderwertigkeiten gibt. Aber es ist alles miteinander überaus gleichgültig. Man kann es entbehren. Durch keines dieser Bilder wird man erschüttert, zu Boden gedrückt oder gen Himmel geschleudert. Das aber ist es gerade, was man er­leben möchte. Man erlebt aber nichts, als daß man etwa eine ganz leidlich gepinselte Arbeit, das erträgliche Ergebnis einer gut ab­solvierten Schule, etliche Mitläufer und Nachhuten gestapelt findet. Wenn man sich wenigstens einmal richtig ärgern könnte! Wenn man wenigstens irgend etwas für halbverrückt, für frech und gegen alle Gefittung erklären müßte. Nun ja: einige Landschaften sind gewiß sehr nett und solid, deutsch - gemütlich, lustig, luftig, Morgenwanderei und Abendschwarm. Ueber einige Stilleben ließe sich leicht lyrisch plaudern, so für gepflegte Stunden harmlofen Nichtstuns. Etliche Spaßszenen, Begegnungen im Garten, Feld­wanderung, Jahrmarktstrubel können für einen Augenblick lächeln machen. Dabei wären dann zumeist die altbekannten Namen: Bracht, Wendel, Antoine, Hoffmann von Fallersleben , Looschen und, wie sie sonst he en, zu nennen. Wenn das aber geschehen ist, so reut es eigentlich schon den Namensverkünder, denn genau ge­nommen hat er den übrigen, den Nichtgenannten, Unrecht getan. So groß nämlich ist der Unterschieb zwischen denen, die hervor­ragen und denen, die noch bescheidener sind, feineswegs, dieweil alles miteinander bestenfalls erträgliches Niveau ist.

R. Br.

Lessingtheater: Mein Nachbar Ameise.

Komödie von Georg Hermann .

Der greise Lord, der den Gedanken an den Tod wie alles, was ihm im Selbstgenuß des Lebens stören fönnte, mit eleganter Hand­bewegung wegschiebt, möchte vor sich und anderen immer noch den Mann in besten Jahren mimen und die zahllosen Liebschaften seiner Laufbahn am Schluß durch eine richtige Heirat frönen. Die schöne Tochter eines gefallenen Türkenpaschas, die er ganz in seinem Sinne erzogen, scheint ihm für diesen Zweck aufs trefflichste ge­eignet, eine Weigerung ihrerseits kaum denkbarer schnödester Un­dant. So sicher dünft er sich, daß er, zur Shakespearelektüre, in die er zwei junge Offiziere einweiht, das Mädchen mit hinzuzieht, deren Herz bei der Gelegenheit natürlich Feuer fängt. Der erste, best­gelungene Aft gruppiert sich zwanglos um diese Shakespeareſtunde. Der zweite stellt in humoristischer Kontrastierung des jungen Pärchens feurige Liebesschwüre im Sanssoucier Park und das bedächtige Philosophieren der beiden Alten, von denen Friedrich sich über das angedeutete Eheprojekt weidlich luftig macht, einander gegenüber. Als er den Platz im Herzen der Pflegetochter besetzt findet, bricht der Egoismus seiner Lordschaft durch die sonst so streng gehüteten gefälligen Formen hindurch. Doch nur auf Augen­blide; bald gewinnt er seine Haltung so weit wieder, um sich an­gelegentlichst für das Verlobungsmahl zu interessieren.

Das Bärchen wurde durch Dagny Servaez und Rudolf Klein- Rogge schmuck und sympathisch dargestellt. Den König Friedrich gab Herr 2oos mit gut getroffener Maske, in der nur die freundlich warmen Augen gar nicht friderizianisch waren. Der Beifall erreichte seltsameriveise kaum das Ausmaß, das heut bei irgendeinem beliebigen Durchschnittsschmarren üblich ist.

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Notizen.

dt.

August Forel für den Weltvölkerbund. Der Schweizer Forscher, dessen Lebensarbeit hier bei seinem 70. Ge­burtstage gewürdigt wurde, dankt allen, die seiner gedachten und fährt dann fort:" Das übertriebene Lob, das mir in der Presse zu­teil wurde, tut mir leid; besonders in den jebigen tragischen Zeiten, die jeden persönlichen Weihrauch verbieten sollten. Arbeitet alle für einen Weltvölkerbund, so werdet ihr mir die allergrößte Freude bereiten. Im Verlag Paul Haupt , Erlachstr. 23, Bern , sind sowohl Vorentwurf als Erläuterungen bereits erschienen, und Herr Karl 3immermann, Klarastr. 19, Basel , wird jede schriftliche Anmeldung mit Freude empfangen."

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TUTOR

Die Schule für angewandten Rhythmus in ellerau wurde im Sommerkurs von 118 Schülern, dabon 95 Erwachsenen, besucht. Die Besuchszahlen überstiegen alle bis­herigen Sommerkurse, auch die der Friedenszeit.

Als Tabat und Tabateríaz werden jetzt die ver­schiedensten Mischungen inländischer Kräuter und Blätter in den Verkehr gebracht. Wenn aber Firmen geschnittenes und getrocknetes Buchenlaub als guten Rauchtabat, und zwar zu einem Preise ver­kaufen, der die Friedenspreise für echten Tabat um ein Mehrfaches übersteigt, so muß man sich doch fragen, wer am meisten zu be dauern ist, die Käufer, die um ihr Geld betrogen werden, oder die Behörden, die es nicht fertig bringen, einem solchen unerhörten Schwindel Einhalt zu gebieten. Die Sache wäre noch nicht fo schlimm, wenn es sich um eine Einzelerscheinung handelte. Aber leider kann man diesen Ersatzschwindel auf allen Wirtschaftsgebieten

Georg Hermann , der als Erzähler in Jettchen Gebert", in Rubinke" und in der Nacht des Doktor Herzfeldt" ganz eigene Wege ging, hat seinen wohlerworbenen Schriftstellerruf burch ein paar farblos schablonenhafte, aber erfolgreiche Dramatisierungen seiner Romane kompromittiert. So waren die Erwartungen, die treffen.

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effen, das ihm ein Arbeiter bereitet hatte, und ging in die Verehrtester, hundertmal. Nicht wahr, Herr Adam?" Der Stadt. Pfarrer wandte sich zum alten Borowiecki.

Zajonczkowski warf die Starten auf den Tisch und sprang

Er liebte es, ziellos herumzuschlendern, sich Menschen Eh, verschonen Sie uns mit Ihren ewigen Bemerkungen. und Fabriken anzuschauen und diese zitternde, mit Kohlen- Bet Gott, was zu viel ist, ist ungesund. Sie täten besser, an und Farbengeruch durchsättigte Luft einzuatmen. Die Macht Ihren Gottesdienst zu denken, Herr Pfarrer, und nicht daran, der Stadt blendete ihn, die riesigen, in den Läden und Fa- ob jemand etwas gesagt hat oder nicht." briten aufgestapelten Reichtümer entfachten in seinen Augen gierige Blize, durchglühten seine Seele mit fürchterlichen erregt auf. Träumen, erfüllten ihn mit immer größerem Verlangen nach Macht und Genuß; dieser wahnsinnige Lebensstrudel, dieser Goldstrom, der durch die Stadt floß, berauschten ihn mit ihrer Gewalt, hypnotisierten ihn und durchdrangen ihn mit Schauern einer unaussprechlichen Gier und verliehen ihm neue Kräfte zum Kampf, zum Sieg, zum Raub.

Es war aber feine Zeit zum Ueberlegen, denn der Tag ging zu Ende und der Betrieb an den Lagern steigerte sich ins Wahnsinnige. Jeden Augenblick schleppten Dampf- Er liebte dieses Gelobte Land', wie ein Raubtier die maschinen ganze Reihen vollbeladener Waggons heran, beutereiche stumme Wüste liebt. Er bergötterte dieses von freuzten sid), schoben leere Waggons weiter, spien Rauch- Gold und Blut fließende Gelobte Land', begehrte es, ver­wolfen aus und drangen beim Rangieren zischend, pfeifend langte nach ihm, streckte ihm die gierigen Arme entgegen und und schnaufend durch und Staub, oder fausten, von den schrie mit der Stimme des Sieges der Stimme des Zügen losgekuppelt, mit einem wilden Schrei in die Remisen. Hungers: Mein! Mein! Und schon fühlte er manchmal, daß Und unten rangen sich aus den mit schwarzem Ruß be- er es in Besiz genommen hat für immer, daß er die Beute deckten Läden tausend ineinander verwobene fiebernde Stim- nicht preisgibt, bis er ihr alles Gold ausgesogen. men los, Pferde wieherten wild, Peitschen knallten, Rutscher schrien, und von der Straße tlang Gepolter und das mächtige Getöse der mit Rauchwolfen bedeckten Stadt herüber. Fieberhaft rannte Wilczek herum. Er lief in die Jetzt eins in den Rücken, jetzt eins von der Seite, und Kontors, zu den Kohlenlagern, auf den Bahndamm, bis jetzt eins auf den Kopf. So, und noch einmal, und noch ein­er schließlich todmüde sich neben einem leeren Waggon mal, mein Verehrtester!" niederließ.

8 weites Buch.

I.

Sie schlagen da mit den Karten auf den Tisch wie mit Die Nacht brach an. Feuerscheine lagerten über der Stadt, einem Dreschflegel, Herr Pfarrer," sagte bitter der alte das Sausen nahm zu, das Getöse wurde deutlicher, das Ge- Borowiecki. Es war bei polter wuchs, die Schreie dröhnten mächtiger bis schließ­lich alle länge in einen gewaltigen Chor zusammenflossen, den Maschinen und Menschen sangen, und von dem die Luft erzitterte und die Erde erdröhnte.

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Lodz hallte von der nächtlichen, fieberhaften Arbeit wider.

Erst eine Stimme, die aus der leeren Straße herüber­flang, weckte Wilczet auf. ,, Auf dem Markt Gajer " Fand fie' nen Freier

,, ta ra ra bumdera!"

Wilczet ging ins Kontor, erledigte noch alles, fertigte die legten Wagen ab, ließ dann zuschließen, verschlang das Abend­

Das erinnert mich an eine Begebenheit. Migurskis..."

Ach was, Dreschflegel oder nicht," unterbrach der Pfarrer, wohlgefällig mit den Augen zwinkernd, mit den schönsten Trümpfen schlag' ich, mein Verehrtester. Die Dämchen heb' ich mir noch auf, um mit ihnen deinem König eins zu ver­fegen, Zajonczkowski."

" Das wird sich ja zeigen! Aber Sie haben eine scheuß­liche Gewohnheit, einen immer zu unterbrechen, Herr Pfarrer; sobald man den Mund aufmacht, unterbrechen Sie einen, Herr Pfarrer. Also wie gesagt, bei Migurskis...

,, Ob es nun bei Migurskis war oder wo anders, ist ja ganz gleich, wir haben es ja schon hundertmal gehört, mein

He, Thomet, anspannen!" brüllte er mit einem mäch­tigen Baß durchs Fenster in den Hof und zupfte nervös an seinem geschwärzten Schnurrbart und schnaufte hikig.

Na, Herr Nachbar, bitte, Herr Baum gibt." " Ich spiele nicht mehr, ich fahr' nach Haus, ich hab' genug von den hochwürdigen Predigten. Gestern erzähle ich bei Zawadzkis von politischen Stonjunkturen, und da leugnet es der Herr Pfarrer öffentlich ab und macht sich lustig über mich," fnurrte der higige Gutsbesitzer, das Zimmer mit großen Schritten durchmessend.

" Ja, weil Sie furchtbar dummes Zeug geredet haben, mein Berehrtester."

" Ich hab' dummes Zeug geredet!" schrie Zajonczkowski und ging wütend auf den Pfarrer zu.

" Ja, dummes Zeug," erwiderte leise der Pfarrer, aus einer langen Pfeife qualmend, die ihm ein kleiner Junge tniend immer wieder ansteckte.

"

Ach, Jesus Christus , erbarme dich unser," rief Bajonez­towsti entsetzt, die Arme ausbreitend. " Hochwürden sagen an," sprach May Baum und schob ihm die Karten zu. Sieben Pick!" rief der Pfarrer." Bajonezkowski, was haft du?" " Ich geh' blind mit," erwiderte jener und setzte sich rasch an den Tisch. Der alte Borowiecki begann ein Liedchen vor sich hin zu summen, mit dem Fuß den Tatt gegen das Fußbrett seines Fauteuils schlagend. Er war halb gelähmt und wurde im Rollstuhl gefahren.

Eine Weile herrschte Stille im Zimmer. Die vier Lichter, die an den vier Ecken des Spieltisches brannten, erhellten das grüne Schlachtfeld und die Gesichter der Kämpfenden.

Zajonczkowski schwieg. Er war ärgerlich auf den Pfarrer, mit dem er sich seit zwanzig Jahren mindestens zweimal wöchentlich stritt. Gorts. folgt.)