Nr. 276. 35. Jahrg.
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Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutfchlands.
Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Am: Morisplan, Mr. 151 90-151 97.
Montag, den 7. Oftober 1918.
Expedition: Sw. 68, Lindenstraße 3. Fernsprecher: Amt Moritplas, Nr. 151 90-151 97.
In Erwartung der Antwort.
Ein großer Teil der Berliner Presse betrachtet die Lage als völlig geflärt: entweder werde Wilson den deutschen Vorschlag annehmen, und dann werde man an den Konferenztisch gehen, oder er werde a blehnen, und dann bleibe nur der Endkampf auf Leben und Tod übrig. So einfach liegen bie Dinge nicht, wie man alsbald bemerkt, wenn man die deutsche Note etwas genauer ansieht. Diese ersucht den Präfidenten der Vereinigten Staaten von Amerifa, die Herstellung des Friedens in die Hand zu nehmen, alle kriegführenden Staaten von diesem Ersuchen in Kenntnis zu setzen und sie zur Entsendung von Bevollmächtigten zwecks Aufnahme der Verhandlungen einzuladen".
Das ist dreierlei: Wilson soll die Herstellung des Friedens in die Hand nehmen. Darauf kann der Präsident der Vereinigten Staaten aus seinen eigenen Gedankengängen heraus antworten, er habe dies längst getan. Die Herstellung des Friedens nach seinen Grundsäßen sei das einzige Ziel seiner Kriegführung, das einzige, zu dessen Erreichung er Gewalt, Gewalt ohne Maß und Grenzen" gefordert habe. Sei dieses Ziel wirklich erreicht, so sei weitere Gewaltanwendung überflüssig.
Wilson soll zweitens alle friegführenden Staa. ten von dem deutschen Ersuchen in Kenntnis sezen. Daß er das tun wird, ist selbstverständlich und erfordert weiter nichts als einen Auftrag an die Post. Die ihm berbündeten Regierungen werden inzwischen freilich schon durch die Preise non der deutschen Note Kenntnis genommen haben. Das Ersuchen der deutschen Regierung hat feine weitere Bedeutung, als daß dadurch ausgedrückt werden soll, der Wunsch nach Friedensverhandlungen sei zwar an Wilson adressiert, aber für alle friegführenden Staaten bestimmt. Wenn sich die deutsche Regierung gerade auf dem Wege über Wilson an ihre sämtlichen Gegner gewendet hat, so geschah das nach unserer Auffassung bloß deshalb, weil die amerikanische Regierung ihre Kriegsziele besonders deutlich formuliert hat und weil zwischen ihren Auffassungen und denen der neuen deutschen Regierung offensichtlich die weitestgehende Uebereinstimmung besteht.
Die Note ersucht Wilson drittens, die Kriegführenden zur Entsendung von Bevollmächtigten zwecks Aufnahme der Verhandlungen einzuladen. Es ist ihm damit ein näherer Weg gewiesen, auf dem er die Wiederherstellung des Friedens in die Hand nehmen soll. Ob er ihn beschreitet oder nicht, steht bei seiner eigenen Entscheidung.
Daß er auf dieses Ersuchen mit einem unbedingten Nein antworten wird, dünkt uns ganz unwahrscheinlich. Ein solches bat er, worauf hier schon wiederholt hingewiesen worden ist, auch der Burian- Note nicht entgegengestellt. In der amerika. nischen Mitteilung vom 16. September heißt es:
Aufgabe des Stellungsbogens bei Le Cate
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Schwere Kämpfe nördlich St. QuenDie Stellungen am Brimont und Berru geräumt Amerikanische Angriffe zwischen Argonnen und Maas Her auslösung der in Bulgarien kämpfenden deutschen Truppen.
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Berlin , 6. Oftober 1918, abends. Amtlich. Teilkämpfe nördlich von St. Quentin und in der Champagne . Zwischen den Argonnen und der Ma à s wurden heftige Angriffe der Amerikaner abgewiesen.
Amtlich.
6. Oftober 1918.
Weftlicher Kriegsschauplah. Seeresgruppe Kronprinz Rupprecht
In Flandern und vor Cambrai ruhiger Tag. Rege Er. fundungstätigkeit an vielen Stellen der Front.
Heeresgruppe Bochn.
Wir gaben in vorletter Nacht den zwischen Crevecoeur und Beaurevoir an den Kanal in Linie Banteug- Le Gatelet vorspringenden Stellungsbogen auf und nahmen die bort stehenden Truppen in rüdwärtige Linien zurüd. Engländer und Franzosen setten ihre Angriffe zwischen Le Gatelet und nördlich von St. Quentin fort. Beaurevoir und Montbrehain blieben in ihrer Hand. An der übrigen Front sind ihre Angriffe vor unseren Linien gescheitert. In den Kämpfen bei Beaurevoir zeichnete sich das Reserve- Infanterie- Regiment 56 unter seinem Kommandeur Major v. Loebbecke besonders aus. Heeresgruppe Deutscher Kronpring.
Erneute Angriffe der Franzosen und Italiener am, Chemin des Dames wurden abgewiesen. In Fortsehung der am 3. 10. begonnenen Bewegungen östlich von Reims und beiderseits der Suippes haben wir in vorlegter Nacht unsere Stellungen am Brimont und Berru geräumt und rückwürtige Linien be= zogen. Der Feind folgte im Laufe des Tages. Wir standen am Abend mit ihm an der Suippes beiderseits der Straße ReimsNeufchatel, bei Lavannes- Epoge- Pont Faverger und an der Arnes in Gefechtsberührung.
Zwischen der von Somme- By nach Norden führenden Straße und östlich von Liry griffen Franzosen und Amerikaner erneut mit starken Kräften an. Wir haben nach schwerem Kampf unsere Stellungen restlos behauptet. Das Westfälische Infanterie- Regiment Nr. 55 und das Westpreußische Infan
terie- Regiment Nr. 149 zeichneten sich hierbei besonders aus. Die 199. Infanterie- Division schlug den in 15 Wellen tief gegen die Liry- Höhe austürmenden Feind mehrfach zurück. Leutnant Martod mit Kompagnien des Infanterie- Regiments Nr. 357 hat an der Abwehr des Feindes besonderen Anteil. Der Feind erlitt schwerste Verluste. Teilangriffe des Gegners am Westrande der Argonnen scheiterten.
Heeresgruppe Gallwis.
Zwischen den Argonnen und der Maas setzte der Ame= rikaner seine starken Angriffe fort. Deftlich von Exermont ge= lang es ihm, bis auf die Waldhöhen etwa 1 Kilometer nördlich des Ortes vorzustoßen. Hier sind seine in den Nachmittagsstunden erneut verbrechenden Angriffe gescheitert. Beiderseits der von Charpentry auf Romagne führenden Straße brachen die Angriffe wiederum vor den Linien Elsaß- Lothringischer und Westfälischer Regimenter völlig zusammen. Weiter östlich brang der Feind in den Fans- Wald ein. Im übrigen wurde er abgewiesen.
Wir schoffen gestern 37 feindliche Flugzeuge und 2 Feffelballone ab. Außerdem wurden von einem feindlichen im Angriffsfluge auf die Pfalz befindlichen Geschwader 5 Flugzeuge im Luftkampf abgeschossen.
Südöstlicher Kriegsschauplatz.
Unsere bisher im Rahmen des bulgarischen Heeres kämpfenden Truppen wurden herausgelöst und sind im Rüdmarsch in ihre Versammlungsräume. Sie haben den an sie gestellten hohen Anforderungen voll entsprochen und Hervorragendes ge= Teiftet.
Asiatischer Kriegsschauplah.
Die in Palästina an der Seite unseres treuen türkischen Bundesgenossen kämpfenden deutschen Bataillone mußten im Berein mit den schwachen türkischen Kräften erdrückender feindlicher Uebermacht weichen und sind in Rückmarsch über Damaskus in nördlicher Nichtung.
Der Erste Generalquartiermeister.
Ludendorff.
Der österreichische Bericht. Wien , 6. Oktober. Amtlich wird verlautbart: Italienischer Kriegsschauplaz.
Reine größeren Kampfhandlungen. Bei Neumarkt in Südtirol wurden bei italienischen Fliegerangriffen auf die Kriegsgefangenenlager zahlreiche italienische Kriegsgefangene getötet oder verwundet.
Süblich bes Stumbl- Fluffes Nachhutkämpfe. An der ferbischen Front wurden unsere Vortruppen von Branje zurüdgenommen. Der Chef des Generalstabes.
nur die Nachteile des Ganzen davonträgt, die erst durch die Loslösung wirklich Nachteile werden, der Stärkere aber die Vorteile einheimst und das wäre dann kein Sieg der neuen internationalen Gerechtigkeit, sondern nur ein Sieg der alten macht. politischen Idee.
Sich auf diesen Weg zu verlegen, wäre für Deutschland , das gegen einen Weltbund steht, ein Aft nicht nur der Unaufrichtigkeit, sondern auch der höchsten politischen Unflugheit. Möge man es also zum mindesten unserem politischen Verstande zutrauen, daß wir das Wilson- Programm als Ganzes auffaffen, und daß schon deshalb der neue Kurs in Deutsch land auf jede diplomatische Zweideutigkeit verzichtet. Wo noch solche Zweideutigkeit vermutet wird, soll man den Nebel des Mißtrauens mit feftem Wort zerstreuen und zu erfennen geben, daß das neue Deutschland mit voller Aufrichtigfeit bereit ist, am Aufbau einer neuen Welt mitzuwirken!
Wilsons vierzehn Punkte.
Die Regierung der Vereinigten Staaten ist der Ansicht, daß es Daraus fann sich die Frage ergeben, was es heißt, wenn nur eine Antwort gibt, die sie auf die Anregung der kaiser man ein bestimmtes Programm als Grundlage von VerItchen österreichisch- ungarischen Regierung geben kann. Sie hat handlungen annimmt. Es fann fein Zweifel darüber bestehen, wiederholentlich mit voller Aufrichtigkeit die Bedingungen bekannt- daß die neue deutsche Regierung diesen Ausdruck völlig richtig gegeben, auf welche hin die Vereinigten Staaten einen Frieden in und loyal gewählt hat. Ein Programm als Grundlage anBetracht ziehen werden, und kann und wird keinen Ron- nehmen, heißt, sich seine Grundsäße zu eigen machen, um ihre ferenzvorschlag über einen Gegenstand in Er- Ausführung im einzelnen auf dem Berhandlungswege näher örterung ziehen, welchen betreffend sie ihre Stel festzulegen, es heißt nicht, sie zum Ausgangspunkt einer Iung und ihre Absicht bereits largestellt hat. Blauderei machen, die schließlich zu grundsäßlich ganz anderen Das war eine borläufige, aber feine unbedingte Ablehnung. Ergebnissen führen soll. Würde in dieser Beziehung auf der Sie erfolgte, wie die amerikanische Erklärung besagt, deshalb, anderen Seite ein Zweifel vorliegen, so wäre fein Grund vorweil der Gegenstand der vorgeschlagenen Verhandlungen nicht handen, ihn nicht in aufrichtiger Weise zu zerstreuen. näher substantiiert war. Ihre Substanz, d. h. ihre Grundlage, Ein Programm als Grundlage annehmen, heißt aber auch konnten nach amerikanischer Auffassung nur die von Wilson weiter, anerkennen, daß es nichts enthält, was von vornherein borgeschlagenen Bedingungen eines dauernden Weltfriedens indiskutabel wäre. Daß Wilsons Brogramm Einzelheiten entsein. Deutschland , Desterreich- Ungarn und die Türkei haben sich hält, die unserem gewohnten Denken und Empfinden wider nun näher erklärt und Wilsons Programm vom 8. Januar d. J. Streben, braucht keinen Augenblic geleugnet zu werden. Auf sowie seine Rede vom 27. September als Grundlage der der anderen Seite bietet es auch uns im gesicherten Frieden, Verhandlungen anerkannt. Die österreichische Note nimmt der mit der Abrüstung der Wirtschaftsfreiheit gewaltige Vorteile, Bollständigkeit wegen auch auf die Nede Wilsons vom 12. Fe- die zu gewinnen man auch Opfer nicht scheuen darf. Dabei bruar Bezug. besteht zwischen beiden Teilen des Programms ein so enges Wenn Wilson schon auf die erste Note Burians nicht un- Verhältnis, daß Zuverlässigkeit in der Durchführung des einen bedingt ablehnend geantwortet hat, so fann er es auf die Teils auch die Durchführung des anderen ganz wesentlich erbiel weiter gehenden Noten der übriggebliebenen drei Ver- leichtern muß. bündeten erst recht nicht. Erstens handelt es sich diesmal um Kriege hat man bisher um Land geführt. Aber im Der erste Punkt ist, daß alle Friedensverträge einen viel bedeutungsvolleren Schritt, da er von allen dreien dealzustand einer gesicherten Staatengemeinschaft fönnte man ffentlich sind und öffentlich zustande gekommen sind, und daß gleichzeitig unternommen wird, und zweitens fällt der Ab- fich wohl den Fall denken, daß ein Staat einen Gebietsteil an danach keine geheimen internationalen lehnungsgrund, daß es sich nicht um einen genau umschriebenen einen anderen abgeben möchte, dieser jedoch ihn gar nicht an barungen irgendwelcher Art mehr getroffen werden Ronferenzgegenstand handelt, fort. Konferenzgegenstand sollen nehmen will. Ein solcher Idealzustand fordert Verzicht auf dürfen, sondern die Diplomatie immer offen und vor aller Welt die 14 Punkte Wilsons und das in seinen Reden vom 12. Fe- machtpolitisches Denten auf allen Seiten. Und in der Tat, getrieben werden soll. bruar und vom 27. September entworfene Weltfriedenspro- was bedeutet machtpolitisches Denten noch, wenn alles Land Der zweite unft ist vollkommene Freiheit gramm sein. Soweit ist also die Sache klar. sozusagen allen zu eigen ist, wenn ich Baumwolle, Kupfer, Be Schiffahrt auf dem Meere außerhalb der territorialen GeAber das alles macht es noch nicht sicher, daß die Antwort troleum aus fremden Ländern genau so gut beziehen fann wie wäffer im Frieden sowohl wie im Kriege, mit Ausnahme jener Miljons ein sofortiges unbedingtes a sein werde. Zunächst aus dem eigenen, wenn ich im Ausland Kattun , Nägel und Meere, bie ganz oder teilweise durch eine internationale Handlung fann er seine Verbündeten nicht zu einer Konferenz einladen, Maschinen ebensogut absehen fann wie im eigenen und feinerlei zwecks Durchsegung internationaler Verträge geschlossen werden. ohne fich zuvor dessen vergewissert zu haben, daß sie seiner Kriegsgefahr diese gesicherten wirtschaftsfriedlichen Beziehungen Der dritte Punkt ist die Beseitigung, soweit fie Einladung auch folgen werden. Er fann ihnen zuraten oder mehr stört? Das aber ist der Hauptinhalt des Wilson- Pro- möglich ist, aller wirtschaftlichen Schranken und die abraten, ob er das eine oder das andere tut, fann er aber von gramms, und so ist dieses als Ganzes annehmbar, als Ganzes Errichtung der Gleichheit ber Handelsbeziehungen einer weiteren Klarstellung der deutschen Ab- biel eher als in einzelnen losgelösten Teilen. Eine solche Zei- unter allen Nationen, die sich dem Frieben an. sichten abhängig machen. lung würde schließlich darauf hinauslaufen, daß der Schwächere ichließen und fich zu seiner Aufrechterhaltung vereinigen.
Die Bedingungen des Weltfriedensbundes. Das Programm Wilsons, das von der deutschen Regierung als Grundlage von Friedensverhandlungen angenommen wurde, enthält folgende bierzehn Punkte:
Verein
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