Einzelbild herunterladen
 

Nr. 277

1918

Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Damaskus  .

Was Neapel   bem Italiener, Stambul   dem Türken, das ist Damaskus   für den Araber. In einer von aller Ueppigkeit bes Morgenlandes begnadeten Ebene gelegen, deren Fruchtbarkeit und Farbenpracht sprichwörtlich im Orient find, genießt die Stadt, aus der jetzt die Türken verdrängt wurden, schon seit Mohammeds Beiten den Ruf als Mittelpunkt des schönsten der vier irdischen Paradiese. Und in der Tat, die ganze Herrlichkeit des Morgen­landes entfaltet sich unter diesem azurblauen Himmel, der über Damaskus   und über der weiten, fruchtbaren Hochebene lacht, die sich hier, am östlichen Fuß des Antilibanon etwa 700 Meter über dem Meere gleich einem Garten Eden ausbreitet. Der wasserreiche Baraba, der Chryforrhoas der Mten, fließt, in der Tat ein gol dener Strom", in mehreren Armen durch die Ebene, die viel Stunden weit wie ein einziger Garten blüht und sprießt, die am Horizont in üppige Felder übergeht, und in deren Mitte Damastus selbst gleich einem pruntenen Diadem strahlt.

Bea

Diensing, s.@tober

Frd.

Auf den einsamsten Inseln des Weltmeeres. fchen Festland liegt die fleine Gruppe ber Juan Fernandos- Inseln, Zwischen der Infeltvelt Polynesiens mnb dem füamerifani die nur sehr selten von Europäern betut verben und zum Teil noch ganz unerforscht gewesen find. Im Jal. 1917 hat Dr. Scotts­bere mit seiner Frau und dem geslosen Beckström eine Sicise dort­hin gerichtet, die über diese einsamen Gilanbe völlig neue Kunde gebracht hat. Nach Betermanns Mitteilungen landete er zunäit auf der größeren Infel Mafatterra und richtete bort ein besonderes Laboratorium ein. Die Insel ist bureus vullencher Natur und bilbet einen einheitlichen Bergrüden bis zu 930 Meter Höhe, der von mehreren parallelen Schlichten burchgogen wird. Ein Krater ist nirgends ardennbar. Die Lafenbe fins is fell und die schei­benden Kämme so scheef gehnitten, daß die Durchforschung der Insel nur durch Ausführung wagbalger etter hunde möglich war, aber siemlich sollständig burchgeführt serben ist und na­menélich an richtigen preprographischen Gepeniffen geführt hat in Bersuch, auf der Heineren Insel Masafuora zu landen, mißlong bes erhemal voltandig, da an dem Steilabfall der Insel Beine Sanbungsmöget bot. Gest bei ser Biederholung konnte ein einer Gift in ben Belfen gefunden werden, der einen Zugang vermittelte. Disse fel ist trop ihrer geringen Aus­behnung noch weit höher als die größere und erhebt fich bis 1500 Meter Höhe. te jente Sofreht sie aus Babeschichten, die sich wegen ihner mochfenben Härte oft treppenförmig aufbauten. Hier war von Chile   ens früher eine Straffofonie eingerichtet, die aber ganz­ich verfallen ist, so daß jett feine Bewoner mehr vorhanden sind. Die unteren Gebänge en Täler tegen nur eine Grasnarbe und der oberen Hochfläche fintt the Temperatur auch im Sommer bis erst weiter oberhalb treben gelsene Baumbestände auf. Auf auf wenige Grab über bem Gefrierpant, sbgleich die Inseln nicht weit vom jüblichen Wendelreis Regen, aber wegen des gleichmäßi­Gamas finde im Winter selten.

zum Bazar gehören und voller Berkaufsstätten sind. Man muß Jahrzehnt zeichnerisch ins Weite gebrungen: mit dichten Meisen schon febr ortsfundig jein, wenn man sich in diesem Labyrinth phantastisch- lebendigfter Bilder au Märchen, Gelben und Abenteuer­zurechtfinden soll. Wie in allen Bazaren des Orients, find auch geschichten, zum Rübezahl und Simbbab und babe, zum Beder­hier die einzelnen Handelsameige voneinander abgesondert; vor strumpf und Benvenuto Cellini  , Kohlbans und Sill. Biel   von dieser allem ist der ganze Großhandel vom Kleinhandel getrennt; in einem Saat ist in Schafffteins wohlfeilen Blaten Bändchen gestreut. Bogen ist die Börse untergebracht; zwischen den Bazaren der ein­zelnen Gewerbe und Händler gibt es Kaffeehäuser, in denen alle grundverschieben, aber der Acker, auf dem sie schaften. Tegt ihre In ihrer fünstlerischen Ket find beide, Slevoiet und Fidus  , Sprachen der mohammedanischen Welt durcheinanderschwirren. Bis Arbeit nebeneinander. Ihr Korn wächst auf entfernten Flurbreiten, zur Eröffnung des Suezkanals war der Handel der Stadt der be- doch beides gibt Brot, föftliches Bret, immer neue Tausende gu deutendste der ganzen Levante  , und im Bagarviertel vereinte sich erquiden. So war es vor dem Striege, unb so wird es wieder sein. der lebhafte Durchgangshandel mit dem Vertrieb der Erzeugnisse Der Krieg wird diesen beiden nichts genommen haben. der blühenden Damaszener   Industrie. Aber das hat aufgehört, seit der sichere und billigere Seetweg vorhanden ist, und auch der Wohlstand der Stadt hat dadurch sehr gelitten. Immerhin ist der Gewerbefleiß von Damastus auch heute noch bedeutend; nach wie vor boden die Bäcker ihre berühmien Kuchen, erzeugen die Stupfer­schmiede ibre erlesenen Metallarbeiten die Sattler ihre im ganzen Orient berühmten Pferdegeschirre, Sättel und Schabraden. sonderen Ruf genießen auch die Webereien in schweren, geblütmten Der Anblick, den Damaskus   mit seinen Sunderten von Kup- Seidenstoffen und die Erzeugnisse aus wertvollen Hölzern, meist beln und Minaretts aus der Ferne bietet, ist von hinreißender Möbel, die mit Perlmutter eingelegt werden. Schönheit. Allerdings verliert sich dieser Gindrud, wenn man die Aber nicht alles, was angeblich aus Damastus fommt, ist mit Türmen bewehrben alten Mauern hinter sich hat und durch eigenes Erzeugnis; die schweren, geblümten Seidenstoffe, die eines der neuen Tore die Stadt betritt. Dann erkennt man in Damaste, denen die Stadt feit aftersher ihren Namen gibt, werden ihren frummen, ungepflasterten Straßen, deren Staub und Un- heute weit beffer und schöner in Krefeld  , die berühmten Damasgener fauberkeit den echten, unverfälschten Orient, der uns ob seiner Klingen mit gleicher Bollendung in Solingen   erzeugt und aus dem malerischen Farbenpracht aus der Ferne berückt, der uns aber in Abendlande nach dem Orient geliefert, um dann als echte Damas der Nähe so wenig Anziehendes bietet. Das ist besonders bei Da zener Ware wieder hinauszugehen. Doch von diesem Einbringen maskus auffallend, das eine der ältesten Städte der Welt ist, in der europäischen   Industrie in diese Domäne morgenländischer ver aber nur eine verhältnismäßig recht geringe Bahl von Bauten Kunstfertigkeit merkt der oberflächliche Bagarbefucher nichts. De an die altberühmte Vergangenheit erinnert. Die Hauptstraße der herrscht ein immerwährendes Hunies Menschengewühl von einer Stadt zieht sich eine gute Viertelstunde Weges schnurgerade dahin; geradezu verwirrenden Mannigfaltigkeit, und niemand kommt auf e heißt Tarifel- Mostatim, was gerade Straße" bedeutet. Die den Gedanken, daß der moderne Handel längst zum großen Teil die Säuser sind mit ihren fahlen Lehnwänden recht unansehnlich, und Erzeugnisse heranschafft, die in diesen dämmerigen Bazaren so man muß schon Zutritt in die Wohnungen der reichen und hochbodenständig echt anmuten und die doch aus nüchternen europäischen gestellten Damassener baben, um sich davon überzeugen zu können, Fabriken stammen. baß sich hinter dem schmudlosen und unsauberen Heußeren reiches Stilgefühl und orientalischer Geschmad verbergen. Denn diese Lehmmauern umschließen lauschige Gemächer und Hallen in man­rischem Stil, geschmidt mit foftbaren Teppichen und kunstvollem Gerät, mit Möbeln, die Meisterwerte orientalischen Sunstgewerbes darstellen. Und diese Lehmhäuser umschließen Gärten, die wie ein Blick in die Märchenwelt von tausendundeine Nacht anmuten, Gärben mit leise plätschernden Springbrunnen, mit Granatbäumen, mit verträumten Palmen und Bypressen. Das berlihmteste Bauwerk von Damaskus  , biefer Stadt, in der sich alljährlich im September die große Bilgerfarawane nach Metta   zu sammeln pflegte, ist die Moschee der Omaijaden   oder die Große Moschee, die sich an einer Stelle erhebt, wo schon seit Jahr­taufenden Gotteshäuser gestanden haben. Ginstmals ein heinischer Tempel, wurde später hier eine dem heiligen Johannes gewidmete Kirche errichtet, die im achten Jahrhundert vom Kolisen Welid aus dem Hause der Omaijaden   völlig umgebaut und zu einem Wunderwert arabischer Baukunft gestaltet wurde, das sich durch Pracht und Schönheit gleichmäßig auszeichnet: Drei Minarette ragen über die Moschee empor; von ihnen genießt eine besondere Verehrung. Geht doch die Sage von diesem Minarett, daß sich an Jüngsten Tag Jesus darauf vom Himmel hinablassen werde. Das größte Heiligtum in der Moschee ist die Kapelle, in ber nach der Gage das& Johannes des Täufers rust. Meben dieser Großen Mojdee gibt es weit über 200 andere, vielfach nur unbedeutende mohammedanische Gotteshäuser, und auch alle übrigen Ston­feffionen find mit Betstätten vertreten. Ein fehr altes, in feiner Anlage eigenartiges Bauwerk ist auch die weitausgedehnte Bitabelle, die noch aus der Zeit der Kreuzfahrer stammen foll. Und ein Kunstbau von mächtigen Ausmaßen ist ber alte, prächtige Aquadukt, der auf 360 Bogen den Barada in die Stadt geleitet.

Die größte Sehenswürdigkeit von Damaskus   waren jeboch feine berühmten Bazane. Was von ihnen heute noch erhalten ist, läßt sich mit Zuversicht nicht sagen, soweit man sich nicht neuerdings durch den Besuch der Stadt davon zu überzeigen Gelegenheit hatte. Denn bei dem gewaltigen Brande, ber vor etwa sechseinhalb Jahren die Stadt heimgesucht hat, ist besonders bas Bazarviertel zum großen Teil in Asche gelegt worden, und da feither die Türkei   aus bem Kriege taum herausgekommen ist, so fragt es fich, inwieweit die abgebrannten Bazarhallen inzwischen schon wieder neu er­ftanden sind. Vor dieser Feuersbrunst aber waren sie die berühm­besten und eigenartigsten im ganzen Ortent. Es sind ihrer im ganzen mehr als dreißig, die sich in Gestalt weitgedehnter, zum Teil breiter Bogenballen um das Viertel der Großen Moschee ziehen, und in die wiederum enge Gäßchen münden, die gleichfalls

109]

Lodz  .

Das gelobte Zand.

Roman von B. St. Reymont

Slevoigt und Fidus  .

Baben diese beiden Maler so viel miteinander gemein, daß man sie in dieser engen Verbindung wie einen zusammentönenden beide heute fünfaia Jahre alt. Ohne dieses Zusammentreffen würde Afford nennen darf? Sie find am gleichen Tage geboren, werden man kaum darauf verfallen, ihre Namen wie etwas Geistbrüber­liches aneinander zu heften. Aber beider Auf hat im lesten Biertel jahrhundert in Deutschland   einen weiten Kreis gezogen. Ueber die engere Stunftiveft reicht er ine breitere Leben hinein, in Siram bahnen, wo der Wille brängt, persönliche Kultur au gewinnen, steigern und the Wachsen bewußt anzuspornen und aufsupflegen. In dieser unserer lebten Vergangenheit vor dem Striege hieß das Zauberwort fünstlerischer Entwicklung: Nähe zur Natur. Aus biefem Geiste find beide geworden, jeder in anderer Art, und weil fie eigen und start waren, aus springenbem Blut und vollem Herzen fchufen, tamen sie zu einem Wirken in weiterem Sereise.

20

Notizen.

-Ija Riepin, ber große raffische Maler, dessen Stunft sich mit leidenschaftlichem Realismus en Stoffen der russischen Ge­schichte und bes russischen Boltslebens erwies, ift 74 Jahre alt gestorben. Seit kurzem gingen Gerichte um, nach denen Stjepin im Glenb lebte. Seix mm fefgestellter Ios dürfte be­tätigen, bak biefe Gerüchte letter nicht falich waren. Das Forum. Diese van Wilhelm Herzog   herausgegebene geitschrift wird von Enbe Ottoker an in Berlin   wieber erscheinen. Das Bayerische   Kriegsministerium het die im September 1913 er­gangene Berfügung, die den Seifcift in Gube machte, wieder aufgehoben.

Mufit. Im Beffing- Mafen firbel am 9. Oftober ein Beiterer Beethoven  - Abend statt. Prof. Dr. M. Sternfeld spricht einleiten über Beethovens Humor.

Slevoigt, der Baher, ein unwüdfiger, realistisch breifter Simmen. mensch, der die innerlicht spannenden Stäfte au paden sucht, um leistungsfähiges Leben im wirkendsten Augenblick darzustellen, ein Meister der schnellenden Bewegung, ein kühn fesierender Ergründer des farbigen Wesens der Erscheinung! Fidus- Höppener, der ver­formene Norddeutsche, ein Theischer Schönheitfucher und Sichtfinder, der in feierlichen Andachten die lautersten Hoheiten feufcher Natur dichtet, ein Gwiajunger, ber eine Sendung im Tempeldienst des Sehnens nach verebelnder Freude und burdelarender Kraft fühli - Borträge. Anlaßlich des gwanzigjährigen Bestehens und ausführt! Slevoigt, der Maler des Don Juan  ", ber Dar des Vereins von Freunden ber Treptow  - Sternwarte" spricht steller männlicher Vollnatur, Fidus  , der Maler des Richtgebets",| Direktor Dr. Archenhold om 9. Oftober, abends 8 1hr, im großen der in den Körpern von Knaben und Mädchen die Zeichen fonnigften Saal der Treptom- Sterntoarte unter Vorführung zahlreicher Sicht­Werbens versinnlicht! Slevoigt, der Stebell der Sezessionsjahre bilder über das Thema: Astronomischer Radbĺid". am Ausgang des lepten Jahrunberts, Fibus, bet, wie sein Behrer Diefenbach, im Widerspruch gegen gesellschaftliche Unnatur feinen Beg findet und treulich einhält: jeder von den beiden schreitet als ein gesonderter Teil der großen fulturellen Auswirkungen, die unser deutsches geistiges Leben feit den neunziger Jahren abtönen und die da geschahen nach dem befreierischen Gebot: Grschließen, Durch­leuchten, Strafttreisen, Lichtmachen.

Das Große der Leistung Slevoigts liegt auf dem Felbe der Malerei, bei Fidus   offenbarte fich's zeichnerisch. Sunberimal mehr als früher ist heute der Zeichnung die Möglichkeit geworden, ben Weg zum Auge von Maffen zu finden, und Fibus zumal gehört zu denen, die in begeisterten Blättern das Hohelieb des proletart­fchen Maifeiergedanfens atmeten. Aber auch Slevoigt ist feit einem

Der Biener timenftreit begann am Sonntag­mittag und wurbe nach ein paar Stunden Dauer, affo noch vor den Aufführungen, mit günstigen Ergebnis beendet. Gs handel.. sich um einen Streif ber ribabihnenfhauspieler, die um Er­höhung ihrer Gagen fämpften.

#af Gisschollen übers arttische Meer. Bei ber Rädler son seiner Poleregpedition hat defansson fünf Mann unter Beitung von Storfenfen zurüidgelaffen. Ele foffen versuchen, das auszuführen, was der Polarforscher den am meisten aufregenden Berfuch auf einer Belarreise nennt, nämlich auf Gis­schollen quer über das ismeer bon einem Punft nörblich der berschel- Insel zu den Inseln nöeblich bez tündung des Lena­Bluffes in Sibirien   zu gelangen.

N

In der Mitte der Straße wälzten sich schreiend Scharen Jesus Maria!" rief sie, die Hände verzweiflungsvo von Kindern. Aus einer der weiter abgelegenen Schenfen ringend. Bieberum fprang fie au Soschta, schüttelte sie aus schallte der Chor einrs trunkenen Liedes herüber und vereinte allen Kräften und flüsterte mit heiferer, vor Erregung ge­fich mit den längen einer Ziehharmonika, die aus einer dämpfter Stimme: Diese Fahrben zur Lante, diese Spazier­Dachlammer hervorquollen, und dem Gepolter der in der gänge, diese Theaterbefuche mit Freundinnen, diese Kleider Nähe vorbeirasenden Züge. bas alles also...' Ach, jetzt versteh' teh's, jest versteh' ich's! Und ich hab' das alles gestattet, wie blind war ich doch! Jefus Maria! Strafe mich nicht für meine Blindheit, all­mächtiger Gott, ftrafe mich nicht. Herr, für die Schulb meiner tinder!" lehte sie mit bewußtlofer Stimme und fiel in tiefer Neue vor dem Muttergottesbild, unter dem eine Dellampe brannte, auf die Anie nieder.

zu

Ber der Handlung faß der krante Antosch, in Decken ein­gehüllt, und schaute mit träumerischen, traurigen Augen auf Horn ging zu den Eltern Malinowskis, um sich nach ihm die Mondsichel, die hinter den Wolfen auftauchie und die tau­feuchten Dächer der Stadt und die Schornsteine mit filbernem Schein übergoß.

Ist Jusiu zu Hause?" fragte Horn, die ausgetrocknete, schwindsüchtige Hand des Kranken erfassend.

Ja... er ist da...," flüsterte mit großer Anstrengung der Stranke und hielt Horns Hand fest.

Fühlft du dich jetzt besser, wie im Winter?" Stommt da feiner herein?" fragte der Krante, mit weit. geöffneten Augen auf den Mond weisend.

Höchstens nach dem Tode..." warf Horn zurüď und berschwand rasch im Laden.

" Ich fühle... wie es da furchtbar still ist..." flüsterfte Antosch, schauerte am ganzen Körper, und das Lächeln einer grausamen, unüberwindlichen, schmerzhaften Sehnsucht um­strahlte fein abgemagertes Gesicht.

Jusiu Jasfulsti saß hinter dem Laden in einem einen, engen Raumt, der mit Betten und Gerät angefüllt und fo muffig war, daß man die durch Fenster und Türen herein­strömende frische Luft kaum verspürte.

Bann hast du Malinowski das lettemal gefebest?" Sind schon zwei Wochen her, daß er bei uns mar. Ge­sehen hab' ich ihn Sonntags."

,, War Soschka schon lange nicht mehr bei ench?" ,, Sojdhta tommt nicht mehr zu uns. Mama ist bös auf fie." Horn musterte unwillkürlich das fleine Zimmer und den Zaden mit den vielen Milchnäpfen, atmete die schwüle, mit Staub, Rauch und Brotgeruch durchsättigte Buft ein und ver­abschiedete sich bald.

Der warme Juntabend hatte die Menschen aus den Häufern und den Wohnhöhlen herausgelodt. Sie saßen in den schwarzen Fluren herum, auf den Schwellen vor den Häusern, im Sand der Straße, oder an den Fenstern, durch die man die niedrigen, engen, mit Pritschen und Betten an­gefüten Räume sah.

3 erfundigen. Er kam gerade zu einer furchtbaren Gene. Die Mutter stand mitten im Zimmer und schrie mit lauter Stimme, Soschka weinte trampfhaft am Dfen und Adam Malt­nowsti saß am Tisch, das Gesicht in die Hände verbergend. Eine Lampe auf der Kommode beleuchtete den Raum.

Horn war fofort verlegen zurückgetreten. Adam sprang auf und lief ihm nach.

"

Mein Lieber, warte auf mich ein paar Minuten im Toreingang, ich bitte dich sehr darum," flüsterte er ihm fieber­haft ins Dhr und kehrte in die Wohnung zurück.

Die Mutter schrie mit scharfer, erhobener Stimme: Ich frage dich noch einmal, wo warst du diese dret Ich hab's bir ja schon gesagt, Mama, ich war bei einer Freundin in Piotrtoip."

Tage?

Soschka, lüg nicht 1" warf furz Adam etn. Zorn flackerte in seinen grünen, süßen Augen auf. Ich weiß, wo du warst!" fügte er leise hinzu.

Na, wo denn?" rief das Mädchen unruhig, bie tränen­feuchten Augen auf ihn richtend.

Bei Keßler!" erwiderte er leife. Ein solcher Schmerz Tag in seiner Stimme, daß die Mutter die Arme weit aus­streckte und Soschka vom Stuhl aussprang, eine Zeitlang in der Mitte des gimmers stehen blieb und trogig und rebellisch vor sich hin starrte.

P

Also ja, ich war bei Reßler! Ich bin feine Geliebte, also ja! rief sie schroff und mit solcher Entschlossenheit, das die Mutter ans Fenster taumelte und Adam vom Stuhl auf fprang. Sie aber stand schweigend da und schaute mit einem trogigen Blick zu ihm herüber. Dann ergriff sie aber eine mächtige Erregung. Die Veine wantten, fie fiel auf den Stuhl zurück und brach in erschütterndes Schluchzen aus.

Die Mutter fam endlich zur Besinnung, stürzte auf fle, packte ihre Hände, schleppte sie unter die Lampe und sprach haftig und fieberhaft: Die Straße hatte keine Laternen. Der Mond beleuchtete j Du bist Reßlers Geliebte? Du? Meine Tochter?" Sie und die Lichtscheine, die aus den Fenstern und aus den Sie faßte sich an den Kopf und lief boc furchtbarem offen stehenden Schenken und Läden drangen. Schmerz stöhnend im Zimmer umher.

M

Einen Augenblick war es ganz still. Adam Starrte düfter auf die Lampe, und Soschta kanerte an der Wand, unglücklich, zertnirscht. Wie große Berlen rollten ihr die Tränen über das Gesicht, tiefes Schluchzen erschütterte ihren ganzen Körper.

Die Mutter erhob sich von den Knien. Auf ihrem blaffen, angeschwollenen Geficht lag unerbittliche Strenge und Entsegen.

Bieb sofort die Seldenlumpen aus 1" rief sie und rig ihr, da Soschka es nicht zu verstehen schien und zögerte, die Bluse herunter und zertnitterte sie wütenb.

Das ist deine Schande, du Dirne 1" fchrie die Mutter unb bertel in eine Bernichtungswut. Sie riz Soschka ein Stück nach dem anderen vom Leibe, zerriß alles in geben, trat es mit den Füßen, warf den Reduel in die Kommode, fchmiß ihn wieder heraus, bolte alle Kielder Sofchtas hervor und warf fie auf den Boden. Wit verständnislojen Blicken schaute Soschta zu und flüsterte gebrochen:

21

Er liebt mich ja... Er wird mich Heiraten... Ich tonnte es nicht mehr aushalten in der Fabrik... Ich will nicht in der Spinnerei sterben... Ich will nicht das ganze Leben lang weben. Mutter, liebfle, teuerste, verzeih, Mutter, bab' Erbarmen mit mir schrie se sefits und warf sich der Mutter zu Füßen.

* Jett fannst du zu Reßler gehen, teh habe feine Tochter mehr." Die Mutter fagte es trocken, öffnete weit die Tür und riß sich von ihr los.

Bon einer plötzlichen, betäubenden Angst gepackt, die anis den Worten der Mutter und aus dem ferarzen Schlund des Rorridors auf sie eindrang, trat Soschka zurück und stürzte thr nochmals zu Füßen, mit einem unmenschlichen Schrei fürchterlicher Bangigkeit.

Corii. folgt)