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Nr. 301. 35. Jahrg.

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Poft- Zeitungs- Breisliste. Erscheint täglich.

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Sozialdemokrat Berlin".

Vorwärts

Berliner Volksblaff.

10 Pfennig

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Die fiebengespaltene Rolonelzeilefoflet 80 Big. Kleine Anzeigen", das fettgedruckte Wort 30 Big.( zufäffig 2 fettgedruckte Borte), jedes weitere Wort 15 Bfg. Stellengesuche und Echlafftellenanzeigen das erite Wort 20 Big., jedes meitere Wort 10 Pig. Worte über 15 Buchstaben zählen für groei Borte. Teuerungszuschlag 30% Familien- Anzeigen, politische und gewertschaftliche Bereins- Anzeigen 70 Bfg die Zeile. Anzeigen für die nächste Nummer müssen bis 5 liht nachmittags im Hauptgeschäft, Berlin B. 68, Lindenstraße 3, ab tegeben werden. Geöffnet von 8 Uhr früh bis 7 Uhr abends.

Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .

Redaktion: SW. 68, Lindenstraße 3. Fernisrecher: Amt Morisblas, Mr. 151 90-151 97.

Freitag, den 1. November 1918.

Expedition: SW. 68, Lindenstraße 3. Ferufbrecher: Amt Morizola, Nr. 151 90-151 97.

Graf Cisza erfchoffen.

Waffenstillstand mit der Türkei.- Oefterreichisch- italienische Verhandlungen.

( Meldung des ungarischen Heftige ( Meldung des ungarischen Heftige französische Angriffe füdlich der Dife: Tisza ist das Opfer eines

Budapest , 31. Oktober. Korr.- Bureaus.) Graf Stephan Attentats geworden. Auf einem Spaziergang mit einer Ber. Panzerwagen Schlacht öftlich Landifay wandten in der Herminenstraße wurde er von Soldaten Starke Angriffe bei Hervy. durch Revolverschüsse getötet. Die Begleiterin ist angeblich ver­Berlin, 31. Oftober 1918, a bend 8. Amtlich.

wundet.

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Um die Freiheit!

Zuschriften von Richard Gädke und Wolfgang Heine . Durch die neue Bestimmung, daß alle Ernennungen, Versetzungen, Beförderungen und Verabschiedungen der Offi­

Graf Stephan Tisza hat den Weltkrieg, an deffen Ausbruch Erneute Kämpfe in Flandern . Feindliche Angriffe ziere und Beamten der Marine unter Gegenzeichnung des er ein gut Stück Mitschuld trug, nicht überlebt. Ungarischer von der holländischen Grenze bis zur Schelde find vor Reichsfanglers, bei den Kontingenten des Heeres nnter Gegen­Ministerpräsident im Jahre 1914, war er der Träger einer der 2y3- Front gescheitert; zwischen der Deinze zeichnung der betreffenden Kriegsminister zu erfolgen haben, rücksichtslosen magyarischen Gewaltpolitik gegen die Südflamen und der Schelde brachten wir den Feind, der an die ihrerseits dem Reichstage verantwortlich sind, ist die gewesen. Die agrarische Schutzzollpolitik Ungarns verschärfte einzelnen Stellen in unsere Linien eindrang, sehr bald stärkste Säule des Militarismus und des Abfolutismus gefallen. den Konflikt, der in der Ermordung des österreichischen Thron- zum Stehen. folgers seinen Höhepunkt fand. Von diesem Tage ab war Tisza Auf Den Aisne Höhen nordwestlich von Denn die Kommandogewalt des Kaisers war durchaus hauptsächlichster Träger des Gedankens, daß nur ein Krieg das Chateau- Borzien wurden heftige Angriffe der feine rein militärische Angelegenheit, wie ihre heißblütigen Verfechter behaupten, sondern sie war zugleich eine poli. alte Desterreich mit seinem deutsch - magyarischen Herrschaftsbesik Franzosen abgewiesen. tische affe, um die Macht der Krone ungeachtet der retten fönnte. Mit dem Niedergang des Kriegsglücks sant auch die einstige fast unbeschränkte Macht des Chefs der soge­nannten Arbeitspartei", deren schärfster Gegner der jetzt zur dehnen und einen immer größeren Streis von Abhängigkeiten zu schaffen. Sie wurde bewußterweise dazu verwandt, um ohne Herrschaft gelangte Graf Karolyi gewesen ist. Tisza begann in Verfassungsbruch dem Absolutismus wieder Raum zu gewinnen, starken Tönen den Verständigungsfrieden zu predigen, Bei Zomergem an der Lys wurde ein Teilangriff der die bürgerliche und gesetzliche Freiheit soweit wie möglich unter und gab schließlich in seiner legten Rede mit der Offenheit, die Belgier abgewiesen. Südlich der Schelde und am Walde von den militärischen Befehl und das Gutbefinden der Militär­ihm stets eigentümlich war, zu, daß dieser Krieg verloren wormal zeitweilig Artilleriekampf und kleinere Infanterie- behörden zu beugen. Diesem Zwecke diente auch die Los. fei. Er hat den verlorenen Krieg nicht überleben sollen, und gefechte. mit der magyarischen Gewaltpolitik fant auch ihr willens­stärkster Vertreter ins Grab.

Tisza war im Jahre 1861 als Sohn des berühmten un­garischen Ministerpräsidenten Koloman Tisza geboren, war 1886 zum erstenmal in den ungarischen Reichstag gewählt worden und bekleidete seitdem wiederholt das Amt des unga­rischen Ministerpräsidenten. Seine letzte Ministerpräsident­schaft endete im Jahre 1917 aus Anlaß der Wahlreform, die die Krone durchsetzen wollte, der aber Tisza Widerstand leistete.

Tisza war schon einmal das Biel eines Attentats. Im Jahre 1912 schoß der radikale Abg. Kovaca im offenen Reichs­tag auf ihn, berfehlte aber sein Biel . Tisza bewies damals große Kaltblütigkeit. Jetzt scheint der persönliche Mut, mit dem er sich in so bewegter Beit mitten unter das Volk wagte, den Attentätern die Arbeit erleichtert zu haben.

Der Waffenstillstand der Türkei abgeschlossen.

Amtlich. Großes Hauptquartier, 31. Oftober 1918. Verfassung möglichst weit in das bürgerliche Leben auszu­

Weftlicher Kriegsschauplay. Heeresgruppe Kronprinz Rupprecht.

Heeresgruppe Deutscher Kronpring.

lösung des Militärfabinetts von der Unterstellung unter das Kriegsministerium. Sie ist durchaus nicht alten Rechtes in Ein feindlicher Angriff gegen den Kanalabschnitt füdlich von Preußen, sondern erst mitten im Verfassungsstaate durch die Gatillon scheiterte. Südlich der Dise wiesen wir am Kabinetts order von 1861 erfolgt. Diese war ver­frühen Morgen heftige Angriffe der Franzosen ab Destlich von 2 an bifay zeichnete sich hierbei das Reserve- Infanterie- Regiment fassungswidrig und ist darum auch jahrelang geheimgehalten Nr. 270 besonders aus. Auch die bis zum Abend nach erneuter worden; sie war ferner in ihren Ausdrücken und Bestimmungen Feuerwirkung und unter Einsatz zahlreicher Panzerwagen mehrfach so zweideutig und absichtlich unklar, daß man sie ganz harm­Wo es dem Gegner los erklären und doch in jedem Augenblicke benutzen konnte, wiederholten feindlichen Angriffe scheiterten. gelang, vorübergehend in unserer Linien Fuß zu fassen, warfen ihn um jede Anordnung des Kaisers, die irgendwie mit dem unsere Gegenstöße wieder zurück. An der erfolgreichen Abwehr der Heere zusammenhing, der Gegenzeichnung des Kriegs­Panzerwagen haben die 2. Kompagnie Infanterie- Regiments Nr. 444, bie Minenwerferfompagnien 464 und 465, das Reserve- Feldartillerie ministers und damit der parlamentarischen Einwirkung zu Regiment Nr. 1( von ihm der Unteroffizier Kotowski der 4. Batterie) und Bizefeldwebel Hornstein der 2. Batterie Reserve- Feldartilleric­Regiments Nr. 57 besonderen Anteil. Auf dem Kampffelde zwischen izy le Comte und der Aisne blieb die Artillerietätigkeit lebhaft. Nordwestlich von Hev vy wurden am Abend erneute starte Augriffe des Gegners abgewiesen.

Heeresgruppe Gallwit.

Auf beiden Maasufern nahm die Artillerietätigkeit zu.

Wir schoffen

Die Fliegertätigkeit war gestern besonders rege. 58 feindliche Flugzeuge und 2 Fesselballone ab. Lentnant Doerr errang seinen 35., Oberleutnant Auffarth seinen 30. und Leutnant v. Hantelmann seinen 25. Luftfieg. Der Chef des Generalstabs des Feldheeres.

London , 30. Oktober. Das Reutersche Bureau erfährt, daß die türkische Regierung dem Waffenstillstand zugestimmt hat. London , 31. Oftober. Das Reutersche Bureau erfährt, daß der Waffenstillstand mit der Türkei am 31. Oktober mittage Desterreichisch- italienische Waffenstillstands­

unterzeichnet wurde.

Verhandlungen.

entziehen.

Dem Absolutismus kam dann noch die Bestimmung der breußischen Verfassung entgegen, die alle Anordnungen der Be­hörden, soweit sie in formell gültigen Formen ergangen waren, der Nachprüfung der Gerichte auf ihre Rechtmäßigkeit entzogen. Unter dem Schirme dieser Verhältnisse wurden auch die Ver­grdnungen über die Ehrengerichte einseitig von der Strone geändert und ebenfalls zunächst geheimgehalten; auch ihre Bestimmungen waren so dehnbar, entbehrten so sehr der flaren Fassung und Beschränkung, beraubten die ihr Unter­worfenen derart jeden Rechtsschutes, daß sie der militärischen Willfür und den Uebergriffen der Stommandogewalt jede, auch die undenkbarste Möglichkeit boten, jede politische Ueber­zeugung, jede staatsbürgerliche Handlung, die den Herrschenden nicht genehm war, verfemen und strafen konnte. Damit war

sich der Streis geschlossen. Je mehr die Wehrmacht des Reiches

sich ausdehnte, je größer die Zahl der Reserveoffiziere, der Landwehroffiziere, der Verabschiedeten wurde, um so aus­gedehnter auch der Kreis der Abhängigkeiten; für gewisse Laufbahnen war die Eigenschaft als Referveoffizier, wenn nicht rechtlich, so doch tatsächlich geradezu Bedingung.

Wolffs Bureau bemerkt dazu: Die Tatsache ist nicht aus- Wien , 30. Oftober. Amtlich wird verlantbart: geschlossen, eine amtliche Bestätigung liegt aber bisher nicht vor. Das Oberkommando hat bereits am 29. Oktober Das Herannahen des Ereignisses wurde durch folgende Mel- früh durch einen Parlamentar die Berbindung Bo bekam man das Beamtentum in einflußreichen Stellungen bung vorbereitet: mit der italienischen Heeres leitung hergestellt. noch fester in die Hand der Kommandogewalt. Das gesell Konstantinopel , 30. Oktober. Agentur Milli meldet: Es sollte kein Mittel zur Vermeidung weiterer unnützer Blut- schaftliche Ansehen, daß der Offizier des Beurlaubtenstandes In Ergänzung der bis jest von der Regierung auf verschiedene Art opfer zur Einstellung der Feindseligkeiten und zum Abschluß genoß, ließ strebsame Streife der Bevölkerung sich frei­eingeleiteten Berhandlungen mit der Entente sind der Marineminister eines Waffenstillstandes unversucht bleiben. Das italienische willig in die politische Knechtschaft, in die moralische Ab­Reouf Bey , der Unterstaatssekretär im Amte für auswärtige Au gelegenheiten ei chad Hikmet Bey und der Chef des General Oberkommando hat gegen diesen von den besten Absichten ge- hängigkeit begeben.

stabes der 8. Armee Sadullah Bey Donnerstagabend von leiteten Schritt zuerst eine unverkennbare ab- Man weiß, wie dieses militärische Regierungssystem zu Konstantinopel auf dem Seewege mit dem Auftrage ablehnende Haltung eingenommen. Erst am 30. Oktober arbeiten verstand: sittliche und politische Ueberzeugungen gereift, die Verhandlungen zu führen. Nach ihrer abends konnte der General der Infanterie v. Weber mit wurden unter die Aufsicht der Bezirkskommandeure, Ankunft an dem Bestimmungsorte haben sie die Verhandlungen einer Abordnung im Einverständnis mit dem die eine der solidesten Stüße des Militarismus wurden, und angefnüpft. unter die der kommandierenden Generale sowie des Ueberraschend schnell find diese Verhandlungen zum Abschluß italienischen Oberkommando die Gefechtslinie zur militärfabinetts gestellt, das seinerseits autokratisch gelangt. Man wird daraus ben Schluß ziehen dürfen, daß sie gleich Einleitung von Verhandlungen überschreiten. im Namen des Kaifers regierte. Gegner des Duellzwanges den Verhandlungen mit Bulgarien mit der Kapitulation Wenn demnach auf dem italienischen Kriegsschauplatz Kriegs- wurden ehrengerichtlich entfernt, unbequeme Zeitungsartikel grenel ihre Fortschung finden, müssen die Schuld und die Ver- gegen den klaren Wortlaut der Verfassung durch Entehrung antwortung lediglich auf Rechnung unserer Feinde geschrieben der selbständigen Charattere bestraft, ein Vizepräsident des

endeten.

Volksrepublik in Bulgarien . Boris abgedankt.

Die Bulgariste Gesandtschaft in Stiero erhielt aus Sofia über Konstantinopel folgende Drahtung:

werden.

Der Chef des Generalstabes.

Wilson antwortet Oesterreich . Washington, 30. Oktober. Wie die Associated Pres Am 25. Oftober wurde in Gegenwart einer zahlreichen erfährt, entwirft Wilson eine Antwort an Defterreich, die Menge in der alten Hauptstadt des Landes, Tirnowo , die möglicherweise heute abend veröffentlicht werden Bulgarische Volksrepublik proklamiert. König Boris verzichtete auf den Thron. An die Spitze des wird. Man erwartet, daß die Antwort sich auf den Boden Staates hat sich der Regentschaftsrat gestellt. Die Leitung der der Annahme aller Bedingungen einschließlich Bewegung liegt in den Händen des Führers der Bauernder tschechischen Unabhängigkeit der unterdrückten Nationali­partei, Stambulinski. Ein Heer von 40 000 Manu Stärke täten stellen wird. Desterreichs Ersuchen wird den hat sich zu ihm geschlagen. Alliierten überwiesen werden.

Reichstages wegen seiner Aeußerungen als Abgeordneter be­droht, bis er sich fügte, bestimmte politische Parteien entrechtet, die Aufforderung zur Wahl eines Sozialdemokraten an dem Vorwigigen geahndet. Unendliches Unrecht, um keinen schärferen Ausdruck zu gebrauchen, ist auf diesem Wege ge­schehen, der Mißbrauch der Kommandogewalt hat das ganze System befleckt. Eine Sorge der neuen demokratischen Regierung wird es fein müssen, ber jährtes Unrecht abzustellen und den Opfern des Militarismus noch nachträglich zu ihrem Rechte zu verhelfen.

Die Verantwortlichkeit des Kriegsministers hat die Wieder­unterstellung des Militärkabinetts unter das Ministerium zur selbstverständlichen Folge; sie würde sonst ein toter Buchstabe und ein Blatt Papier bleiben. Freilich fehlt noch etwas, um