Nr.347. 35.Jahrg.
Bezugspreis:
Bierteljährl. 6,76 M monati. 2.25
frei ins Haus, vorauszahlbar. Einzelne Rummern 10 Bfennig. Bostbezug: Monatlich 2,25 MI., erfL Zustellungsgebühr. Unter Kreuzband für Deutth land u. Defterreich- Ungarn 5,50 M für das übrige Ausland 9,50 ML., bei täglich einmaliger Zuftellung 7.50. Bofibeftellungen nehmen an Dänemart, Holland , Luxemburg , Schweden und die Schweiz Eingetragen in die
Bost- Bettungs- Breisliste.
Der, Bortoarts" erscheint wochentäglich zweimal Sonntags einmal
Morgen- Ausgabe.
10 Pfennig
Anzeigenpreis:
Die echtgespaltene Ronparelllezeile loftet 80 Bfg. Kleine Anzeigen", bas tettgedruckte Wort 40 Bfg.( zulässig 2 fettgebrudte Borte), jedes weitere Bort 20 Bfg. Stellengesuche und Schlafstellenanzeigen das erste Wort 80 Big., jedes weitere Bort 15 Pfg. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte. Teuerungszuschlag 50%- Familien- Anzeigen, politische und gewerkschaftliche Bereins- Anzeigen 80 Bfg. die Zeile, Anzeigen für die nächste Nummer müssen bis 5 Uhr nachmittags im Hauptgeschäft. Berlin 68.68, Lindenstraße 8, abgegeben werden, Geöffnet von 9 Uhr früh bis 6 Uhr abends.
Zentralorgan der fozialdemokratifchen Partei Deutschlands .
Redaktion und Expedition: SW. 68, Lindenstr. 3. Mittwoch, den 18. Dezember 1918. Vorwärts- Verlag 6.m. b. H., GW. 68, Lindenste. 3.
Fernsprecher: Ams- Morigplag, Nr. 15190-15197.
Fernsprecher: Amt Morigplatz, Mr. 117 53-54.
Störung des Rätekongresses.
Soldaten- Deputationen bestimmen die Cagesordnung.
Die ganze Macht den A.- und S.- Räten!?" Der Kongreß der A.- und S.- Räte ganz Deutschlands tagt feit zwei Tagen in Berlin . Hat er die Macht oder hat er sie nicht? Leider scheint es, als hatte er nicht einmal mehr die Macht, seine Geschäfte ungestört zu erledigen und seine Tagesordnung selbst zu bestimmen.
Forderungen so bedeutungsvoll und weitgehend find, daß fie reif ich überlegt werden müſſen.( Lebhafter Widerspruch und fich gegen diese zurufe und sagt, es müsse endlich einmal Schluß laute Schlußrufe bei den Linksradikalen.) Der Redner mendet gemacht werden mit der Berhebung der Heimarmee gegen die Front armee . Wir werden uns verstehen, denn wir wollen das Einigende hervorheben und nicht das Trennende.( Beifall.)
verlangt fofortige Beratung; dieser widytige Antrag sei dieses Ein Bertreter der Heimattruppen Barlaments durchaus würdig und auch fachlich durchaus gerecht fertigt.( Lebhafter Beifall bei den Linksradikalen.). Im Interesse des Sozialismus und der Bekämpfung der Gegenrevolution müsse die Sache sofort erledigt werden.( Stürmischer Beifall bei den Links radikalen.)
beuten müssen, daß der Kongreß seine Tagesordnung felbft| Möglichkeit erfüllen werden. Aber Ihr müßt einsehen, daß Eure bestimmt und daß er auch selbst ohne Beisein nicht augehöriger Berfonen beschließen wolle, ob und wann er sich mit den von außen hereingetragenen Anträgen beschäftigen werde. Daß die Deputation, die die sofortige Annahme ihrer Vorlagen wünschte, ihre Beratung zu Beginn Wenn Ledebour durch wüste Schimpfereien gegen der heutigen Sigung durchfekte, war ein unverdienter Erfolg. Ebert neun Zehntel des Kongresses zur Empörung treibt, Eine Versammlung, die die Gesamtheit des arbeitenden wenn Barth Angelegenheiten heifler Natur, die im Bolkes repräsentieren soll und die gerade nach der Theorie Kabinett noch gar nicht erledigt find, ohne Rücksprache mit der äußersten Linten die einzig entscheidende Macht im Reiche seinen Kollegen in die Deffentlichkeit hinausschleudert, um darstellt, muß ihre Würde wahren und sich Achtung zu fie in tendenziöser Weise gegen seine Kollegen auszuschlachten, verschaffen wissen. Nachdem sie die Anträge der Deputation fo mag man das als erregte Zwischenfälle einer wildbewegten auf die Tagesordnung gefeßt hat, ist es ihre Pflicht, fie nach Zeit hinnehmen wenigstens wird dadurch die Souveränität bestem Wissen und Gewissen so zu erledigen, wie es dem bes Rongresses nicht angetastet. Wohl des Boltes entspricht. Sie muß sich gegen die Wiederholung solcher Ueberraschungseffekte schüßen, was vielleicht am besten dadurch geschieht, daß das Berfügungsrecht über das ganze Haus und seine nächste Umgebung dem! Präsidium übertragen wird. Dann aber muß fie ihre Ehre darein segen, die Tagesordnung, die fie für sich selbst beschlossen hat, in rascher, sachlicher Arbeit zu erledigen. Es muß der Termin zu den Wahlen der Nationalversammlung in feiner unbeeinflußten Abstimmung festgesetzt, es muß der neue Bentralrat gewählt werden, der den Bollzugsrat zu ersehen hat.
-
Was soll man aber dazu sagen, wenn eine Schar Solbaten, die sich mit Recht oder Unrecht als Vertretung ihrer Kameraden vorstellt, von der Straße in den Saal dringt, Anträge stellt und verlangt, diese Anträge sollten sofort in zustimmendem Sinne erledigt werden?
Es handelt sich hier gar nicht darum, ob und inwieweit Siefe Anträge berechtigt find, sondern darum, daß auf diese eise nicht berbandelt werden kann, daß der Songreß des freien Verfügungsrechts und seiner Willensfreiheit beraubt wird. Es handelt sich darum, daß die Regie einer Eleinen Gruppe am Werfe ist, Deutschland nach einem pielaitierten Wort in ein Zollhaus zu verwandeln.
-
So geht es nicht weiter!
Das Vorgehen der äußersten Linfen scheint darauf gerichtet gu fein, den Kongreß zu fprengen, weil er eine Mehrheit hat, die ihr nicht gefällt und weil er Beschlüsse fassen könnte, die ihr nicht in den Kram passen. Was Adolf Hoffmann in törichtem Uebermut der Nationalversammlung prophezeit hat man werde sie, falls das Volfsvotum nicht nach Wunsch ausfalle, mit Gewalt auseinanderjagen, das scheint man jetzt gleich am Rongreß der Arbeiter- und Soldatenräte praftigieren zu wollen. Früher hieß es: Und der König absolut, wenn er uns den Willen tut." Jetzt heißt es:„ Der Arbeiterund Soldatenrat absolut, wenn er uns den Willen tut!" Die ganze Macht den Arbeiter- und Soldatenräten, wenn fie nach ber Spartakuspfeife tanzen, aber volle Ohnmacht den Arbeiterund Soldatenräten, wenn sie sich erlauben, wider den Stachel zu löfen.
Wird etwa beabsichtigt, den Kongreß an der Faffung dieser wichtigen Beschlüsse nach seinem Willen zu verhindern? Die Regierung gegen den Willen des Volkes und des Nongreffes 3 um Rüdtritt zu goingen? Es wäre Schmach und Schande und namenloses Unglüd für unser ganzes Volt, wenn das gelänge! Bräche es über uns herein, so würden die Schuldigen vom ganzen Boll zur Berant. wortung gezogen werden! Wenn ein Rest von Gewissen, ein Rest von Liebe zu unserem schyrer leidenden arbeitenden Bolt in ihnen noch vorhanden ist, mögen sie die Folgen bedenken!
schusses, als der Vorsitzende Beinert einige Mitteilungen aur Nach Schluß der Debatte über ben Bericht bes Bollzugsaus. Geschäftsordnung machte, ereignete sich eine
dramatische Ueberraschungsszene.
Es erscheinen, wie aus dem Boden gezaubert auf der Borflands. breißig Soldaten,
empore etwa
Heckert- Chemnih berlangt gleichfalls, daß der Antrag der Ber liner Garn: son sofort in einer der Revolution würdigen Weise zum Abschluß gebracht werde.( Bereinzelter Beifall - Lärm und an
dauernde Unruhe.)
Bes
Gewiß entspricht das Verlangen der Soldaten nicht parlamentariLedebour bittet, den Wünschen der Soldaten nachzukommen. fchen Gebräuchen. Aber wir stehen im Brennpunkt ber Rebolation. G8 tommt auf Stunden an.( Lärm.) fonders die Matrofen verlangen Schuß gegen die Geve, die Lands berg gegen fie in Szene gefeht hat.( Minuten langer Lärm. Schiu rufe. Ungeheure Erregung. Lange Zeit ist jedes geordnete Vers handeln unmöglich. Der allgemeine Wirrwarr steigt, eine völlige Auflösung greift Play.)
Severing- Bielefeld , der Borfibende der Fraktion der MehrheitsSaales und zur Teilnahme an einer Fraktionssigung im Fest fozialisten, fordert seine Freunde zum Verlassen des faal auf.- Ein Teil der Mehrheitssozialisten leistet der Aufforderung unter vielstimmigen Pfui- Nufen der Radikalen und der auf den Tribünen zahlreich vertretenen radikal gesinnten Besucher Folge, während der Mehrheitsfojialist ohen von der Ministerbant aus zum Verbleiben im Saale durch Rufe und Gestikulationen auffordert.
Der Tumult nimmt von Minute zu Minute an. Di Delegierten der Berliner Regimenter ergehen sich in Taufen Verwünschungen gegen die Mehrheitssozialisten, die den Saal ver laffen. Jede Disziplin ist verloren gegangen. Schließlich gelingt es dem
Boltsbeauftragten Haase
fich Gehör zu verschaffen. Er findet die Erregung ber Soldaten begreiflich, aber auch die Erregung der Delegierten. Der Antrag folle fanellstens erledigt werden, aber ohne Aussprache tönne man zu teiner Entscheidung fommen.( Bu ftimmarng. Lärmender Widerspruch der Soldatendelegation.) aber schließlich haben sich boch die Ereignisse nicht so abgespielt, Gure Rechte werden nicht verkürzt. Gewiß, Ihr seid mißtrauisch. wie Ihr es immer befürchtet habt. Ihr fönnt ruhig noch einen
Es muß offen ausgesprochen werden: Es besteht heute die Gefahr, daß der ganze Regierungsapparat sich auflöst, die Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen abgebrochen wer- von denen jeber ein an einer Stange befestigtes Schild mit der Argabe den, weil eine verhandlungsfähige deutsche Regierung nicht be- eines der in Berlin liegenden Truppenteile( Erfaßtruppentörper) steht und daß ganz Deutschland von den Ententetruppen besett trägt. Sie nehmen zu beiden Seiten und hinter der Rednertribüne Tag warten. Ihr werdet nicht im Stich gelaffen werden. Bei der wird. Nur um dies zu verhindern, halten die Aufstellung. Ihr Führer betritt den Rednerplatz und entnimmt Erregung, die uns alle ergriffen hat, ist es beffer, wenn wir am Sozialdemokraten in der Regierung au 3. einer Mappe ein Schriftstück. Er verliest eine Erflärung Mittwoch an erster Stelle über den Antrag verhandeln. Heute Jeder noch Denffähige wird aber gebeten, wonach die auf den Schildern angegebenen Truppenteile hinter der bringen wir boch nichts zustande.( Beifall. Ein Teil der Mehr Regierung stehen, nämlich hinter der Regierung, die sich die Durchheitssozialisten zu überlegen, was es bedeuten würde, wenn führung ber sozialistischen Republik aur Aufgabe gemacht habe. heitssozialisten kehrt in den Saal zurüd.- Die Soldatendelegation die Sozialdemokraten angesichts der Un- Weiter wird in der Erklärung gegen die von reaffionärer Seite fchreit auf Saase ein, daß sie mit der Verschleppung nicht zumöglichkeit, die Geschäfte weiterzuführen, gewünschte Auflösung und Geimsendung der Voltsmarinedivision ihre Aemter niederlegen würden! Was dann( Bedebour ruft: Landsberg !), die fich als revolutionäre Truppe be über uns bereinbricht, vermag feine Bhan- fonders bewährt, und gerade in der jebigen Beit fehr notwendig sei, protestiert.( Lebhafter Beifall bet den Linksradikalen.) Ferner werden folgende erhoben:
tajie auszumalen.
Forderungen
frieden sei.)
Ledebour nimmt gleichfalls in großer Erregung gegen Haase Partei. Die Offiziere waren in den Stafernen und das Mißtrauen der Soldaten sei baher berechtigt.
Borsitzender Seeger bringt unter andauernden Protesten Ledebours und der Delegation den Antrag Haase zur Abstimmung, gegen den nur gang menige Linksradikale stimmen. Das Abund den Tribünenbesuchern mit ungeheurem Lärm aufgenommen. Der Vorsitzende schließt schnell die Situng.
Ginsehung eines obersten Soldatentats, ber bie Stommando- ftimmungsergebnis wird von den Vertretern der äußersten Linken gewalt im Reiche fu übernehmen hat; Berbot sämtlicher Nangabzeichen; Entwaffnung aller Offiziere; Entwaffnung und Abzeichenentfernung hat ftattzufinden, fobalb von den heimkehrenden Truppen die Waffen in den Stafernen niedergelegt find.
erhaltung der Ruhe und Ordnung Notwendige von den Soldaten Schließlich wird erklärt, daß alles im Interesse der Aufrecht aus geschehen werde und es wird verlangt, daß über den vor stehenden Antrag der Kongreß sofort entscheide.
Der Goal leert fich nur langsam. Die Delegation der Solbaten schwingen brohend die langen Stöde gegen um fleine Gruppen, die sich um sie gebildet haben, in schreiendem die Kongreßteilnehmer, ballen die Fäuste und halten Zone Ansprachen. Die Fraktionen traten sofort nach Abschluß der Verhandlungen zu Sonderbespredningen zusammen. unsere Befer in der Beilage.) ( Die Verhandlungen über den Bericht des Bollzugsrats finden
Die Reichsleitung kann aber nur dann weiter amtieren, menn fich eine starke geschlossene Mehrheit des Kongresses Hinter fie stellt. Wäre eine solche Mehrheit nicht vorhanden, wäre diese Mehrheit nicht imftande, einen geregelten Verlauf des Kongresses durchzusetzen und Anträge von innen oder gar bon draußen her in ruhiger Ueberlegung unter fachlicher Erwägung aller Folgen zu erledigen, dann würde den Sozialdemokraten in der Regierung gar nichts anderes übrig bleiben als zurüdutreten. Darüber soll man sich überall vollkommen flar sein. Der Kongres hat sich gestern überrumpeln lassen. Er bätte es nicht dulden dürfen, daß er von der Straße her in seiner Arbeit gestört wird. Wir fragen: Wer trägt die Schuld daran, daß der Sitzungsfaal vor dem Eindringen umberufener Personen nicht geschützt wird? Der harmlofefte Borf. Seeger erflärt unter lebhafter Buftimmung, daß der Bom Mitglied des Bollzugsrats Paul Wegmann erhalten Tribünenbesucher hat sich den umständlichsten Formalitäten Rongreß nicht sofort entscheiden könne, daß er aber den Antrag wir folgende Buschrift: entgegennehme und zunächst darüber beraten werde, an welcher" In Ihrem Bericht in der heutigen Mittagsausgabe ist meine auszufezen, wenn er Butritt erhalten will. Der Zutritt zum Stelle der Tagesordnung er zu behandeln sei.( Entrüstungsrufe Schlußausführung vollständig entstellt wiedergegeben. Ich habe fol Sigungsfaal scheint aber jedem freizustehen, vorausgesetzt, bei den Bintsradikalen, die nach sofortiger Entscheidung berlangen.) gendes gesagt: 3m Restaurant hier im Haufe ist gestern folgenbes daß fein überraschendes Erscheinen den Regisseuren baßt. Gespräch zwischen Delegierten geführt worden( Offisiere): Wir Satte der Kongreß die Störung feiner Sigung nicht berhindern können, so bötte wenigstens die Legitimation und der Südostfront begrüßen die Vertreter der Heimatstruppen. die Sache unterhöhlt haben, ist unsere Zeit gekommen. Wir haben Wir Vertreter der Frontsoldaten der Weftfront, der Offront müssen uns hinter die Mehrheitssozialisten stellen und wenn wir der Abordnungen geprüft werden müssen. Und das ist nicht wir teilen Eure Schmerzen, Ihr könnt bolles Vertrauen zu uns also die Gegenrevolution unter uns, feien Sie auf der Wacht!" geschehen und erft nachträglich ist der Verdacht entstanden, daß haben, die wir lange vor dem Kriege schon in der Partei und in Ich bitte um Berichtigung dieses sinnentstellenden Berichts. ba etwas nicht ganz flappt. Man hätte der Deputation be- der Gewerkschaft gejianden haben, daß wir alle Cure Wünsche nach
Diese Berlesung wird von den Linksradikalen mit lebhaftem Beifall und Händeflatschen aufgenommen.
Ein Mitglied der Soldatenfraktion:
Sochachtungsvoll Baul Wegmann."