EchnMern. Die»Bierschnüffler* scheinen ei Herrn Meyerganz besonders angethan*u haben. Und sie hindern ihndoch nicht, RSsickebier und.achtes' zu trinken, so viel erwill— ja, sie zählen ihm nicht einmal die geleerten Seidelnnd Kritcje nach, obgleich dies für die Feststellung des BerlinerBierkonsums entschieden von Erheblichkeit wäre. Also warumdieser Zorn? Herr Dr. Alexander Meyer wird uns erlauben, daßwir gerade aus diesem Zorn aus die eminente Nützlichkeitder.Bierschnüffler' eine Schlußfolgerung ziehen. Oderuieint etwa Herr Dr. Meyer, wir hätten es ruhig hin-nehmen sollen, daß sein Rösicke das Ringbier unterBoykottflagge überall einschmuggle? Nein, so dummsind wir nicht, und eine solche Dummheit darf Herr Meyeruns nicht zumuthen. Wir kennen unsere Pappenheimer;und wir sehen ihnen auf die Finger. Wenn sie das für„Zwang' und„ZuchthauSstaat' erklären, je nun, so ist dasihre Sache, obgleich sie das Schimpfen über den Zucht-Hausstaat eigentlich den Spitzbuben überlasten sollten— wir meinen den offiziellen. Ein Vergnügen istdie„Bierschnüffelei' nicht, aber der Kampf mit Spitzbubenist auch kein Vergnügen— und er ist doch nothwendig.Und auch der ganze Kampf mit der bürgerlichen Ge-sellschaft ist kein Vergnügen. Es muß aber sein. Undwenn„die Welt' des Herrn Dr. Alex. Meyer, die ihm dieMehrheit deS Volkes bedeutet, mit unS nicht zufrieden ist,so können wir das um so leichter ertragen, als diese Welt,die sich bekanntlich für„ganz Berlin' hält, jetzt größten-theils aus Reisen und in der Sommerfrische sich befindet—ohne daß das wirkliche, d. h. das a r b e t t e n d eBerlin darum eine Lücke bemerkt.—Gute Nachrichten für die Grostkornwucherer.Aus Rußland, wo von unseren frommen Agrariern einereiche Ernte befürchtet wurde, kommen folgende(der„Vossischen Zeitung" von uns entnommene) Nachrichten:Petersburg. 22. Juli. Die letzten zwei Wochen machtendem Lamento der russischen Landwirthe über ihreaussichtslos« Lage infolge der allzu günstigenErnte-AuSsichten ein jähes Ende. Anhaltendeheftige Regengüsse vernichteten das schon reife wie aus-keimende Gelreide in den verschiedensten Theilen des Reichs undungewöhnlich starker Hagel that das übrige. Ein gleichesSchicksal ereilte die Wiesen. Der Saatenstand in diesem Augen-hlick befreit die Landwirthe von der Furcht, sie würden nichtdie Mittel haben, die diesjährige Ernte einzuheimsen. DieSchuld an der verwandelten Sachlage trägt in bedeutendemMaß» die üble Gewohnheit, das Ergebniß der Ernte allzu frühz» ziehen.Also die.allzugünstigen Ernte-Aussichten" sind glück-lieh in das Gegeiitheil verwandelt und die Lage der Grund-besitzer dadurch gebessert.Wir wollen hier nicht den schon oft beleuchteten Wider-sinn nochmals beleuchten, daß eine gute Ernte in derheutigen Gesellschaft als ein nationales Unglück betrachtetwerden kann. s'Es genügt uns, die Thatsache wieder einmalfestgestellt zu haben.Im vorliegenden Fall glauben wir aber, daß die Freudeunserer christlich-germanischen Großwucherer umsonst gewesenist, denn haben auch die Saaten in Rußland hier und dagelitten, so sind die allgemeinen Ernte-Aussichten dochso günstige, daß dem Volke sein Brot nicht vertheuert werdenkann.Endlich einmal anfgeraumt mit dem Schwindel desD o w e' s ch e n P a n z e r s. Die„Kreuz-Ztg.' theilt mit:Berlin, 24. Juli. Durch die Blätter geht eine Notiz,wonach der Dowe'sche Panzer bei Versuchen, die von der Ge-wehr-PrüfungSkommission in Spandau vorgenommen waren,auf 600 Meter glatt durchschossen wurde. DieseNachricht bestätigt lediglich unsere vor mehreren Wochen ge-brachte Meldung, daß der Dowe'sche Panzer für militärischeZwecke gänzlich unbrauchbar sei. Wir können dem abernoch hinzusugen, daß der Vertreter de? Herrn Dowe, nachdemder erste Panzer durchschossen war. der Gewchr-Prüfungskom-Mission einen zweiten zur Verfügung stellte, der indessendas Schicksal des ersten theilt e. Die Zustellung einesdritten„ganz sicheren" ist. trotz Zusage, nicht mehr erfolgt.Daß eine ern st haste Probe dieses Ergebniß habenwürde, stand für jeden Vernünftigen von vornherein ebensofest, wie die Thatsache, daß eine Verwendung des Panzersim Krieg einfach unmöglich gewesen wäre. Der Acht-Millimeter läßt sich nicht um seine Beute betrügen. Underst der kommende Siebenmillimeter!—I« Bulgarien waren am Sonntag Gemeinde-wählen. Da die neue Regierung den Wahlrummelebenso gut versteht wie Stambulow ihn verstand, sind lauterRegiernngssreunde gewählt, worüber auf dem offiziösenPapier der übliche.Jubel im Lande'.—DaS schweizer Slnarchifteugesetz tritt mit demheutigen Tage— 25. Juli— tn Kraft. In dem Wett-rennen um die Palme der anarchistengesetzlerischen Reaktionhat also die Musterrepublik Tell's den Sieg davon ge-tragen. Herr Casimir Perier ist noch lange nicht am Ziel,und sogar daS Crispi'fche Gesetz ist noch nicht vollständigzur Ausführung gelangt. Die Schweizer können stolz sein.—Eine Komödie zu Ende. Die belgischen Geheim-Polizisten, die nach Serbien geschickt wurden, um den dortverhafteten„Anarchisten' sich zu betrachten, haben erklärt,er sei nicht der„Baron Unger-Sternberg'.— Und wenner„Unger Sternberg' wäre, hätten sie ihn erst recht nichterkannt.—Die italienische« Sozialisten machen tüchtige Fort-schritte. Im Mailänder Gemeinderath z. B. haben sie jetztdie Mehrheit.—Das„Gesetz angeblich gegen, in Wirklichkeitfür die Anarchisten" hat in Frankreich bereits seineWirkung gechan: es hat die K a m m e r in vollständigsteAnarchie gebracht. Ter Pariser Korrespondent der.Kreuz-Zeitung' schreibt darüber:Paris, 22. Juli. Als der tragische Tod Carnot's die imvoraus hundertmal besprochen« künstige Präsidentenwahl urplötz-lich in eine brennende Frage verwandelte, hatte Dupuy beinaheebenso viel Chancen wie Casimir Perier. Wie groß ist der Ab-stand zwischen diesen beiden Männern seitdem geworden—!Der eine ist, wo nicht, wie verfaflungsmäßig, für sieben Jahr, sodoch für lange Zeit geborgen, der andere ist allen parlamen-tarischen Stürmen ausgesetzt und sein Ministerium'st. wie selbstmancher Anhänger zugeben muß, fast ein Wrack. Bei der An-archistenvorlage hat es eben dem Dupuy, der im Augenblick, wodie Bombe im Palais Bourbon platzte, kaltblütig ausrief:„MeineHerren, die Sitzung währt fort!', an Geistesgegenwartgefehlt. Alle Welt findet, daß sich die Regierung de, der Ver-lheidigung ihres Gesetzantrages doch allzusehr im Hintergrundeg« halten hat. so daß die führerlos gewordene Re-gierungs inehrheit in der Kammer nothwendig in einenEuwpf gerathen mußte, den ich nachher noch kennzeichnenwerde. Dupuy hat sich zu lange zurnckgehalren, ein überfeinerDiplomat sein wollen, und aus allerlei hinter den Kulissen ge-forderte Zugeständnisse sich einlaffend, der Berschleppungs-taktikoer Opposition willkommensten Anlaß zu neuenAnträgen gegeben.Der Widerspruch, der i» den Abstimmungen derKammcrmehrheit zu Tage tritt, spottet jeder Ve-schreibung, das Beispiel Penelope'S ist in denSchatten gestellt worden. In dem einen Paragraphen wirdder„anarchistische Zweck' als die coväitio sin» gu» non seinerAnwendung gekennzeichnet, im nächsten heißt es ausdrücklich:„selbst wenn der Zweck kein anarchistischer ist.' Bei einemsolchen Mangel an Folgerichtigkeit darf man sich nicht wundern,wenn selbst Blätter, die Herrn Dupuy sonst näherstehen, ihn auf-geben und, wie die„Debats', ausrufen:„In keinem Parla-inente irgend eines Landes hat man eine solcheVerwirrung erlebt..... Um seinen Willen annehmenzu lassen, muß man wissen, was man will...' In diesemTone schreiben verschiedene, dem Rcgierungs-Entwurfe gruudsätz-lich geneigte Blätter. Freilich muß man auch da wieder hinterdie Kulissen blicken. In der parlamentarischen Regierungsmehr-heit sitzen viele Panamaleute. Rouvier u. a. m.Als die Opposition die Regierung nach dieser Richtung hinzu verdächtige» suchte, protestirte'D npuymit seinem gutenGewissen energisch dagegen, dadurch eine große Zahl seinerAnhänger tief verletzend. Es ist also nicht ausgeschlossen, daßer ein Opfer seiner Ehrlichkeit und Anständig-keit. andererseits seiner demokratischen Illusionen wird.Das„gute Gewissen' Dupny's ist gut, und auch seine.Anständlgkeit' u. f. w.Thatsache aber ist, daß er im Sumpf steckt und daß dasMinisterium, auch wenn es sein„verbrecherisches Gesetz'noch durchdrückt, aufgehört hat eine„feste Regierung' zusein. So viel steht bereits fest: die Anarchistengcsetzelei istblos eine kurzlebige Episode, deren Wirkungen die formelleAnnahme des Schandgesetzes kaum überdauern werden.Auf einem Dolch läßt sich ebenso wenig sitzen, wie auf einerBombe.Kindisch ist eS beiläufig, von gelungenen„Kriegslisten'der Opposition zu reden. Die Opposition, namentlich diesozialistische Fraktion hat recht geschickt operirt, aber diemoralische Niederlage der Regierung ist doch nur dienatürliche und nothwendige Folge ihrer U n e h r-l i ch k e i t. Das Gesetz gegen die Anarchistenwar eine große! Heuchelei— die Urheber desselbendachten gar nicht an die Anarchisten, die ja ihreZöglinge und Schützlinge sind— was sie treffen wolltenwar die P r e s s e: sie wollten ein Knebelgefctz, um jedeOpposition mundtodt zu machen. Und diese niedrigeJahrmarktS-Komödie konnte in der französischen Kammer,die das vornehmste Theater und Komödienhaus Frankreichsist, unmöglich glatt verlaufen.—Gestern kam es zu einem charakteristischen Skandalmit den Vertretern der Presse, worüber Näheres in dennachfolgenden Telegrammen:Paris, 24. Juli. Teputirtenkammer. In Fortsetzungder Berathung des Gesetz- EntwursS zur Bekämpfung an-archistischer Umtriebe wurde nach Verwerfung zweier Ab.änderungSanträge der Artikel 4, wonach die Verurtheiltendie Strafen in Einzelhast verbüßen sollen, mit 822 gegen151 Stimmen angenommen. Bei Berarhung von Artikel 5,welcher die Wiedergabe der gerichtlichen Verhandlungen unter-sagt, weift Tenöcheau daraus hin. daß die auswärtigen Jour-nale über die Anarchistenprozesse berichten würden. Justiz-minister Guörin erwidert darauf, die Verkäufer derartigerBlätter würden gerichtlich verfolgt werden. Der Artikel de-»wecke, die Wiedergabe der Theorien, welche die Anardsifte» beiden Verhandlungen vorzulesen pflegten, zu verhindern. Minister-Präsident Dupuy machte darauf aufinirksam, daß der Ministerdie Besugniß besitzt, fremden Zeitungen den Eintritt nach Frank-reich zu verbieten. Lockroy tritt für die Freiheit der Presse ein.Bei der Zwischenirage eines Teputirten, warum die Presse eineprivilegirte Industrie sein solle, werden von derJournalisten-Tribüne Zurufe laut. Ter Präsident der Kammer ordnethieraus die Räumung der Tribüne an. Die Sitzung wird unter-Krochen.Die Qnästur der Kammer schickt die Hnissters ab, welche zu-nächst die Vertreter der auswärtigen Presse, sodann diejenigender Departementspresse und schließlich die der Pariser Presseentfernen. Die Journalisten protestiren leb-hast gegen die Maßregel, d,e sie als un-gerechtfertigt bezeichnen, mehrere weigernsich, fortzugehen niid werden mitGewalt ent-sernt. Tie Kammer lehnt die Unterbrechung der Sitzung ab,bald darauf gestattet der Präsident derPresse, die Tribünen wieder zu betreten, dieJournal» st en machen jedoch von dieser Er-laubniß zum Zwecke des Protestes keinen Ge-brauch. De Ramel(Rechte) bekämpft Artikel 2; mehrereAmendements werden abgelehnt. Schließlich wird ß 1 des Ar-likels 2 angeuommen, nachdem der Justizminister Gusrin erklärthatte, einer Mittheilung der Urtheile bei Anarchistenprozessenwerde nichts entgegenstehen. Hierauf wird die weitere Berathungauf morgen(Mittwoch) Vornnttag vertagt.—Paris, 22. Juli.(Hcrold-Burean). Mehrere Journalisten,welche sich durch die von dem Abgeordneten Demoix bei Gelegen-heit der Räumung der Jouriialiften- Tribüne in der gestrigenKammersitzung gegen die Vertreter der Presse ausgestoßenen miß-liebige» Worte beleidigt fühlten, habe» den Abgeordneten ge-fordert. Der Polizeipräfckt der See- Alpe», Henry, welcher derKammer-Schlußsitzung beigewohnt und gemeint hatte, alle Jour-nalisten müßten aus sechs Monate«ingesteckt werden, wurde voneinzelne» Journalisten in seiner Wohnung aufgesucht nnd zurRücknahme seiner Aeußerung veranlaßt. Sämmtliche Journalistenwollen an das Kammerbureau eine Reklamation richten.—Wieder eine Anarchisten-Razzia in Paris. Ge-sangen wurden natürlich keine„Anarchisten', wohl aber derrussische Flüchtling L a z a r e f f. Der französischePolizei-Anarchismus Hab es bekanntlich speziell auf dierussischen Flüchtlinge abgesehen. Es springt dabei einTonceur von„Väterchen' heraus.—Eine bessere Propaganda, als die Debatten überdie„verbrecherischen Gesetze' hätten unsere französischenGenossen sich nicht wünschen können.„Die Ehren derDebatten gehören den Sozialfften'— das ist das allgemeineUrtheil in Paris. Und nicht blos die„Ehre', auch derVortheil und praktische Nutzen. Es ist das Vcrhängnißund die Verblendung— beides ist nicht von einander zutrennen— unserer Feinde, daß sie stets für u n S arbeiten,und am meisten dann, wenn sie uns„vernichten' wollen.Die Folge des deutschen Sozialistengesetzes war, daß imReichstag zehnmal mehr über Sozialismus gesprochenwurde, als sonst der Fall gewesen wäre, und daß dieReichstagstribüne ein förmlicher Lehrstuhl desSozialismus ward. Aehnlich jetzt in Frank-reich. Während der Sozialismus vorher die fran-zösische Kamnier nur ganz sporadisch und ausnahms-weise beschäftigt hatte, nimmt er seit acht Tagendie Tribüne vollständig ein und wird sie noch aus längereZeit beherrschen. Die letzten acht Tage allein haben für diesozialistische Propaganda schon weit mehr gethan, alshundert verbrecherische Gesetze auszulöschen vermöchten.Und wir können wieder einmal ausrufen: Viveitt uosamis lös ennernis! Es leben unsere Freunde— dieFeinde!—Der Jahreskongreß der„s r a n z ö s i s ch e n Arbeiter-partei' hat soeben in D i j o n stattgefunden, und, nach Er-ledigung wichtiger Organisationsarbeiten, den Beschluß ge-faßt, statt vom Generalstreik zu reden, die Arbeiter-organisationen so zu kräftigen, daß sie auch einen Streikaushalten können. Außerdem wurde eine Resolution zugunsten der allgemeinen Entwaffnung und derAbschaffung der stehenden Heere gefaßt und zwar ein-stimmig. Wir werden auf die Verhandlungen zurück-kommen.—NeneS Organ. Seit dem l4. Juli hat der f r a n-zösische Sozialismus ein neues Tagesorgan inBordeaux, den„IPeuple'(„Das Volk'), der ähnlich wiedie„Petit Republique' von Paris die sämmtlichen Fraktionendes Sozialismus vertritt.—Norwegen. Mit der Personal-Union— dieman mit einer Vernunftehe vergliche.! hat— zwischenSchweden und Norwegen will es ebensowenig kgehen, wiemit anderen Vernunftehen. Die beiden Theile passen nichtzusammen, und ein Theil ärgert den.'andern. In seinerletzten Session faßte der norwegische Storthing(Reichstag)verschiedene Beschlüsse, um den König von Schweden zuärgern. Jetzt meldet uns ein Telegramm, daß der Königvon Schweden, um die Norweger zu ärgern, diesen Beschlüssendie Sanktion verweigert hat. So erweitert sich die Kluft,bis endlich die Trennung erfolgen muß.—-Eine neue Republik. Hawaii, oder um ver-ländlicher zu reden, die S a n d w i ch- I n s e l n habenich als selbständige Republik konstituirt,«nachdem die Ver-einigten Staaten die Annexion abgelehnt hatten.—Tie Japanesen sollen schon„im Anmarsch' gegen dieChinesen sein. Abwarten und Thee trinken.—Vavkeinerlkivichkeir:Gegenüber unserer neulichen Meldung, der Offen-burger„Volksfreund" habe der Abstimmung Dr. R übt'sim badischen Landtage Recht gegeben und diejenigeDreesbach's und Stegmüller's angegriffen, wird unsmitgetheilt, dem sei nicht so. Ter„Volkssreund" habe keinerder beiden Richtungen Recht gegeben und für die zersplitterteAbstimmung im Landtage die Landtagsfraktion verant-wörtlich gemacht. Genau so wie der„Volkssreund" habe auch,und zwar«instimmig, die Konferenz gehandelt, die am Sonntagin Offenburg über die Angelegenheit zu entscheiden hatte. Heberden Verlauf dieser Konferenz bringt der„Volksfreund" einenlängeren Bericht, den wir auszugsweise hier wiedergeben:„Zu der Konferenz hallen 33 der Landesorgcmisation ange-hörende Orte 42 Delegirte gesandt. Die 3 LandtagsabgeordnetenDr. Rüdt, Dreesbach und Slegmüller waren besonders eingeladen.Die beiden ersten hatten der Einladung Folge geleistet, währendStegmüller— wie in Karlsruhe— auch diesmal fern gebliebenwar. In einem sieben Quarlseiten großen Schreiben suchte erdie Gründe darzulegen, weshalb er der Konferenz fern bleibe.Er sei an einem Sonntag in seinem Geschäft nicht abkömmlich,lege aber auch der Konferenz keinen besonderen Werth bei, weildiese nach seiner Meinung eine Machenschaft Rüdt-Geck sei. Dasletzte Wort(in der Haltung der sozialdemokratischen Landtags-abgeordnete» in der Ordensfrage) werde und müsse der deutscheParteitag sprechen.Die Vorberathnng wurde mit Prüfung der Mandate, Fest-setznng der Tages- und Geschäftsordnung ausgefüllt. Nach-mittags halb 2 Uhr wurde dann in die eigentltche Berathungeingetreten.Adolf Geck begrüßte die erschienenen Delegirten und Gästeim Namen des Landesvorstandes, und ermahnte sie, der schwerenZeit zu gedenken, in der wir uns befinden. Der heutige Tag sei«in Gedenktag in der Geschichte der badischen Sozialdemokratie;heute soll sie zeigen, od die drohenden Gefahren, die sich inner-halb der badischen Sozialdemokratie zeigten, überwunden werdenkönnten. Der Karlsruher Arbeiterlag habe den innerhalb dersozialdemokratischen Landtagssraklion ausgebrochenen Zwist bei-zulegen versucht. Es sei ihm nicht gelungen. Heute sei man wiederwegen dieses Zwistes beisammen. Er hoffe nicht, daß man zumdritten Male zusammentreten müsse, um Einigkeit zu schaffen.Die Zeiten seien nicht darnach angethan, daß die Sozialdemo-kratie in Zwiespalt dahermarschiren könne, dazu seien sie zuernst. Die Gegner rüsteten sich, die Sozialdemokratie aufs neuezu knebeln. In einer solchen Stunde der Gefahr müßten wirfester denn je zusammenstehe», müßten wir einig sein.„LassenSie sich", schloß der Redner,„heute von diesen Gesichtspunktenleiten; betrachten Sie sich als Vertreter der sozialdemokratischenPartei, nicht als Vertreter von Sondergruppen und beurtheilei»Sie die zu entscheidenden Streitfragen vom Standpunkt der Ge-rechligkeit und Wahrheit."Nach dieser mit Beifall ausgenommenen BegrüßunaSrede gabA u t e>, r i e l h als Kasstrer der Landesorganisakion einen kurzenUeberblick über den Stand der Finanzen. Dann erhielt Dr. Rüdtlaut getroffener Vereinbarung als erster Redner das Wort, umauf grund des Wacker'schen Kommissionsberichts seine» Stand-punkt in der strittige» Ordensfrage darzulegen. Die Quintessenzseiner Anssühriingen gipfelte darin, daß er glaube, nach jederRichtung den Standpunkt der Partei gewahrt zu haben unddaß er dabei von seine» beiden Fraklionskollegen in letzterStunde im Stich gelassen worden sei. Die Ausführungen Rudt'sfanden öfteren Bdiall und wurden am Schlüsse lebhaftapplaudirt— ein Beweis, daß die Mehrzahl der Delegirtenseinen Standpunkt in der Ordensfrage billigte. Rüdt's Aus-sührungen halten etwas über eine Stunde gewährt; die gleicheZeit stand Dreesbach zu seiner Rechtfertigung zur Verfügung.Dieser gab Eingangs seiner Rede folgende Erklärung ab: Wir habenden Antrag angenommen, daß im ersten Punkt der VerHand-lungen der eigentliche Kardinalpunkt(die Haltung der sozial-demokratischen Landtagsfraktion in der Ordenssrage) z»r Debattegezogen wird. Diese Kammerverhandlungen seien aber edtaktuell geworden durch die Ausführungen in der Parteipresse. 9Jsei daher absolut unmöglich, die Stellung der Parteiorganein der jetzigen Debatte unberührt zu lassen. Er sei genöthigt,in seine» Ausführungen auch die Presse zu berühren. Wolleman ihm dies nicht gestatte», dann erkläre er, aufs Wort zuverzichten.Diese Erklärung erregte unter den Parteigenossen einigenUnwillen. Der Vorsitzende Opifizius aus Frankfurt a. M.gab sich alle Mühe, Dreesbach von diesem Standpunkt abzubringen.Er legte ihm nahe, daß ja später noch über die Presse diskntirtwerde und daß der Standpunkt Dreesbachs nicht mit der Partei-disziplin im Einklang stehe. Vergeblich! Als die Konferenz durchBeschluß kundgab, daß vorerst nur über die Haltung der Landtags-sraklion gesprochen werden solle, verließ Dreesbach unter Berufungauf feine abgegebene Erklärung die Rednertribüne.Es sprachen dann Schätzte und K a l n b a ch. Letztererersuchte Dreesdach wenigstens auf eine Interpellation zu antworten. Nach längerem Zögern erklärte er sich dazu bereit; undnun hielt Dreesbach erne einstündige Rcchtfertigungsrede, die vonder Minorität applaudirt wurde. Sie gipfelte im wesentlichen